Strenge aber haben die Reformatoren im Interesse ihres Schriftprinzips den Inspirationsbegriff wieder geltend gemacht, was
jedoch Luther nicht hinderte, sich auch gelegentlich freiere Äußerungen über die I. einzelner biblischer Bücher zu erlauben.
Erst von der lutherischen und reformierten Orthodoxie ward in der Polemik gegen die römische Kirche sowie gegen die
Socinianer und Arminianer, welche den herkömmlichen Begriff von der I. ermäßigten, derselbe als unmittelbare Erleuchtung (s. d.)
gefaßt und auf eine Höhe getrieben, auf welcher zuletzt der gesamte Inhalt, jedes Wort, auch die hebräische Punktation, als
vom Heiligen Geist eingegeben erschien.
Die heiligen Schriftsteller waren demnach nichts weiter als »Notarien«
des ihnen diktierenden Geistes. Diese strenge Theorie mildernd, hielten schon ältere Theologen für das
den heiligen Autoren menschlicherweise Bekannte eine bloß Irrtümer verhütende Thätigkeit des Geistes (assistentia spiritus
sancti) für hinreichend. Je mehr sich aber ein wissenschaftliches Verständnis der Heiligen Schrift Bahn brach, desto weniger
konnte der Begriff einer I., sofern er einen übernatürlichen Ursprung der biblischen Litteratur aussagte,
noch aufrecht erhalten werben, und so hat ihn selbst die Vermittelungsrichtung auf die ursprüngliche Frische der Begeisterung
oder auf den religiösen Takt zurückgeführt, welche den Aposteln und Propheten innewohnten.
die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch Anregung von seiten der Propheten
der Kamisarden (s. d.) aus Separatisten gegründeten Sekten, welche an eine fortwährend bestehende unmittelbare göttliche
Inspiration einzelner Auserwählten glaubten. Nach dem unglücklichen Ausgang der Religionskämpfe in den Cevennen wandten sich
viele der neuen Propheten nach England und Schottland und von dort, aus der bischöflichen anglikanischen Kirche ausgeschlossen
und dadurch zur Konstituierung einer besondern Kirchengemeinschaft gezwungen, nach den Niederlanden.
Sie stimmten in der Lehre im wesentlichen mit der evangelischen Kirche überein, nur verwarfen sie deren äußere Institutionen,
namentlich das Lehramt und die Sakramente. Der Heilige Geist erwählt sich nach ihrer Meinung jeweilig aus den Gläubigen seine
Werkzeuge und erteilt ihnen durch ein »inneres Licht oder Wort« (lumen sive verbum internum) besondere Offenbarungen.
Die mit der »Einsprache« Begnadigten traten sodann in den gottesdienstlichen
Versammlungen auf mit Ermahnungen zur Buße und Besserung, die unter Zuckungen und Schluchzen stoßweise sich aus der Seele
losrangen. Dann und wann fanden Liebesmahle statt, denen die Fußwaschung voranging. Dieses Inspirationswesen
fand bei den Pietisten und Separatisten im nördlichen und westlichen Deutschland einen besonders empfänglichen Boden. Schon
1713-14 entstanden in Halle und Berlin I. Sie verpflanzten sich in die Wetterau, wo sich ihnen die Führer der dortigen Separatisten,
Eberhard Ludwig Gruber (gest. 1728) und Rock (gest. 1749), anschlossen.
Inspirierte Missionäre durchzogen von der Wetterau aus das ganze westliche Deutschland und die Schweiz und
gründeten allenthalben kleinere I. Auch in Germantown in Pennsylvanien war durch Joh. Gruber, Sohn des Vorgenannten, eine separatistische
Gemeinde gestiftet worden. Streitigkeiten, teils mit den geistesverwandten Herrnhutern, teils innere, beschleunigten
aber den mit Rocks Ableben eintretenden Verfall der I. Fast erloschen, lebte seit 1816 der Inspirationsgeist
wieder
auf, und die alten Gemeinden in der Wetterau, der Pfalz und dem Elsaß reorganisierten sich, wanderten aber, vielfach
bedrückt, 1841 nach Ebenezer bei Buffalo im Staat New York aus, wo sie, etwa 2000 Seelen stark, sich unter Leitung von Christian
Metz mit Ackerbau und Tuchfabrikation beschäftigten und in teilweiser Gütergemeinschaft lebten. Auch nach Kanada haben sie
Kolonien ausgesandt. 1854 wandten sich die meisten nach dem Staat Iowa.
Vgl. Göbel in Niedners »Zeitschrift für historische
Theologie« 1854-57.
(lat.),
besichtigen, beaufsichtigen.
Das militärische Inspizierungsrecht ist durch Art. 63 der deutschen
Reichsverfassung dem Kaiser beigelegt.
Derselbe ist berechtigt, »sich jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen
Kontingente zu überzeugen und die Abstellung der dabei gefundenen Mängel anzuordnen«.
Auch den Bundesfürsten und Senaten
ist durch Art. 66, soweit nicht besondere Konventionen anders bestimmen, das Inspizierungsrecht vorbehalten.
Außerdem hat
jeder höhere Vorgesetzte das Inspizierungsrecht über die ihm unterstellte Truppe.
(mittellat., v. altdeutschen stal, d. h.
Stelle, mittellat. stallus), Einweisung in ein Amt, besonders in ein geistliches, an Ort und Stelle der Wirksamkeit des Berufenen,
in Stiftskirchen mit Anweisung eines besondern Platzes (stallus) im Kapitel und im Chor (s. Investitur).
I. heißt auch die äußere
Einrichtung eines Geschäfts, die Beschaffung des nötigen Inventars für ein gewerbliches Etablissement;
daher Installationskonto,
das hierüber geführte Konto.
(lat., von instare, »auf
etwas bestehen, eine Sache eifrig betreiben«),
in der Rechtswissenschaft Bezeichnung einmal für die einzelnen Abschnitte des
vor dem nämlichen Gericht geführten Rechtsstreits (in welchem Sinn man von I. des ersten Verfahrens, Beweisinstanz und Exekutionsinstanz
spricht), sodann für das durch Einwendung eines Rechtsmittels vor einem Obergericht entstandene nochmalige Verfahren über
den schon vorher (»in erster I.«) beurteilten Rechtsstreit (I. der Rechtsmittel), endlich für die zu einander in dem Verhältnis
der Überordnung stehenden Gerichte.
Die Parteien können nämlich sowohl gegen Endurteile als auch gegen manche Verfügungen im Lauf des Prozesses, durch welche sie
sich beeinträchtigt erachten, Rechtsmittel einwenden. Diese Rechtsmittel müssen in bestimmter Frist, nach
der deutschen Zivilprozeßordnung meist binnen Monatsfrist und in Strafsachen nach der Strafprozeßordnung binnen einer Woche
von Eröffnung der beschwerenden Verfügung an, eingewendet werden und hindern deren Übergang in Rechtskraft und Vollziehbarkeit.
Indessen ist manchen Rechtsmitteln dieser sogen. Suspensiveffekt entzogen, und auch nach Ablauf der gewöhnlichen Frist
sind unter Umständen noch außerordentliche Rechtsmittel (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Wiederaufnahme der Untersuchung)
möglich. Über das Rechtsmittel entscheidet regelmäßig ein übergeordneter Richter (devolutive Rechtsmittel), dessen Spruch
den ersten Richter bindet. Während aber früher der Grundsatz der drei
mehr
Instanzen sogar durch die deutsche Bundesakte den einzelnen deutschen Staaten garantiert war, ist man neuerdings mit Recht auf
Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, namentlich auch in Ansehung des sogen. Instanzenzugs, bedacht (s.
Berufung und Revision). Übrigens wird der Ausdruck »Instanzen« auch von andern Behörden gebraucht, welche zu
einander im Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, nicht bloß von den Gerichtsbehörden, so
im militärischen Schriftenverkehr Waffeninstanz, d. h. die Reihenfolge der Behörden einer
Waffe, Verwaltungsinstanz etc. Entbindung von der I. (absolutio ab instantia) nannte man im ältern Strafprozeß die Einstellung
der Untersuchung, ohne daß es zu einer Freisprechung oder Verurteilung des Angeklagten kam (s. »Ab instantia«
absolvieren). I. wird endlich auch die Eingabe eines Rechtsanwalts genannt, durch welche um Beschleunigung einer Prozeßsache
gebeten wird. In der Rhetorik und Logik bezeichnet I. ein Beispiel oder einen Fall, den man zur Widerlegung eines falschen Schlusses
(einer falschen Induktion), einer zu weiten oder zu engen Erklärung etc. anführt (s. Induktion).