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im eigentlichen Griechenland [* 2] sind selten. In Asien, [* 3] abgesehen von den an der Küste gelegenen altgriechischen Kolonien, sowie überhaupt in den Ländern, die erst durch Alexander d. Gr. und seit dieser Zeit dem hellenischen Einfluß erschlossen sind, finden sich griechische I. auch erst seit dieser Zeit, darunter ebenfalls wenige lateinische. Im Westen und Norden [* 4] überwiegen die lateinischen I. Sizilien [* 5] hat dagegen ziemlich viele wichtige griechische und nur wenige lateinische; in Süditalien [* 6] stellt sich das Verhältnis schon anders.
In den übrigen Teilen von Italien [* 7] finden sich natürlich lateinische I. häufig, griechische nur vereinzelt; eine Ausnahme macht die Stadt Rom [* 8] mit ihrer Umgebung. Wie diese an lateinischen I. unglaublich reich ist, so hat sie auch eine große Zahl griechischer I., aber fast nur aus der Zeit der Herrschaft der Römer [* 9] über Griechenland. In allen übrigen Ländern, die zum römischen Reiche gehörten, in Nordafrika, Spanien, [* 10] Frankreich, England, den Provinzen am Rhein und an der Donau, sind die griechischen I. selten. Die verschiedene Dichtigkeit, in welcher die lateinischen auftreten, entspricht dem größern oder geringern Grade der Romanisierung, wie z. B. Britannien fast nur I. von römischem Militär aufzuweisen hat.
[Sammlungen von I.]
Sammlung und wissenschaftliche Benutzung ist für die griechischen I. schon aus dem Altertum selbst bezeugt. So verwerteten gelegentlich Herodot und Thukydides das inschriftliche Material für ihre Geschichtswerke, ebenso der Historiker Theopompos, der auch schon epigraphische Quellenkritik übte, indem er die berühmte Urkunde des sogen. Kimonschen Friedensvertrags für untergeschoben erklärte. Ferner erkannte Aristoteles die Wichtigkeit der inschriftlichen Urkunden über die dramatischen Aufführungen für die Litteraturgeschichte, wie denn sein Werk »Didascaliae« ganz auf solchen I. beruhte.
Auch werden ganze Sammlungen einzelner Klassen von inschriftlichen Denkmälern erwähnt, wie des Krateros Sammlung der Volksbeschlüsse und die Sammlung der attischen Epigramme des Philochoros. Endlich benutzten auch die alten Grammatiker, wie Pollux, die I. für ihre Zwecke. Für die lateinischen I. dagegen ist aus dem Altertum selbst mehr als gelegentliche Benutzung nicht bekannt. Aber wie durch neuere Forscher, namentlich G. B. de Rossi, ermittelt ist, sind schon im 6. bis 9. Jahrh. n. Chr. vielfach antike I., besonders der Stadt Rom, abgeschrieben und zu Sammlungen vereinigt worden.
Diese Sammlungen waren verschiedenartig; teils enthielten sie I. antiker Denkmäler jeder Art, teils wesentlich christliche, für nach Rom kommende Pilger interessante, teils metrische, die als Vorbilder dienen konnten. Von der ersten Gattung ist der wichtigste Rest die sogen. Sammlung »Anonymus von Einsiedeln«, die uns in einer Handschrift des Klosters Einsiedeln erhalten ist und etwa 80 I. aus Rom enthält. Im 10. bis 12. Jahrh. ist das Verständnis antiker I. fast völlig erloschen. In gewissem Sinn beginnt die Beschäftigung mit ihnen und damit die moderne Wissenschaft der Epigraphik mit der Sammlung, die der bekannte Volkstribun Roms, Cola di Rienzi, kurz vor 1347, in welchem Jahr er sein Tribunat antrat, anlegte.
Auch diese Sammlung, die von den Spätern viel benutzt ist, enthält fast nur I. der Stadt Rom. In der ersten Hälfte des 15. Jahrh. sind es dann namentlich zwei Männer, deren Beispiel die epigraphischen Studien in Aufnahme brachte: der Humanist Poggio (1380-1459) und der Kaufmann Cyriacus (1391-1450). Ersterer, der Reisen nach Deutschland [* 11] und der Schweiz [* 12] unternahm, um antike Schriftsteller aufzufinden, und in der That seltene Schätze zu Tage förderte, veranstaltete auch eine Sammlung alter I., in deren erstem Teil er die I. des »Anonymus von Einsiedeln«, von denen er ein Exemplar aufgefunden, verwertete.
Auch seine reiche Sammlung, die lange verschollen war und erst in unsrer Zeit unter den Handschriften des Vatikans wieder entdeckt ward, besteht zum größten Teil aus stadtrömischen I.; daneben enthält sie vereinzelte aus andern italienischen Städten. Cyriacus, mit dem Familiennamen de' Pizzicolle, aus Ancona, [* 13] verband Reiselust mit Begeisterung fürs Altertum. Auf seinen ausgedehnten Reisen nach Asien, Griechenland, Dalmatien, nach Rom und den meisten Städten Ober- und Mittelitaliens zeichnete er allerlei Reste des Altertums, Bauten, Statuen, Gemälde, schrieb griechische und lateinische I. ab und trug alles in seine Tagebücher ein.
Dieselben gingen später verloren, sind aber in der nächsten Zeit vielfach benutzt worden. Es folgt dann eine große Zahl handschriftlicher Sammlungen von Italienern, bald auch von Deutschen, im ganzen nicht aus den Kreisen der eigentlichen Philologen. Die erste gedruckte Sammlung von I. ist wohl die von Ravenna in der 1489 zu Venedig [* 14] gedruckten Schrift von Desiderio Spreti über Ravenna. Es folgt der Druck der antiken I. von Augsburg [* 15] durch Konrad Peutinger (zuerst 1505), von Mainz [* 16] durch Huttichius (1520), dann die mit dem Namen des Buchdruckers Mazochi ^[richtig: Mazocchi] bezeichnete Sammlung der I. der Stadt Rom (1521). Die erste allgemeine Sammlung von (größtenteils lateinischen) I. des Altertums ist gleichfalls in Deutschland (Ingolst. 1534) durch Apian und Amantius veröffentlicht worden.
In der Mitte des 16. Jahrh. blühten die epigraphischen Studien sehr; namentlich sind es italienische, deutsche und holländische Gelehrte, welche nach Italien kamen, wie Martin Smetius, Stephanus Pighius, Justus Lipsius. Unter den italienischen Epigraphikern dieser Zeit ist der Architekt Pirro Ligorio aus Neapel [* 17] bekannt als das auffallendste Beispiel des Hanges zum Fälschen. Seine handschriftlichen Werke befinden sich in mehreren Bibliotheken, namentlich in denen zu Neapel und Turin. [* 18]
Das in der letztern befindliche Hauptwerk, eine alphabetisch geordnete Encyklopädie alles Wissenswürdigen in 26 Foliobänden, enthält in den Erläuterungen der einzelnen Artikel neben sehr vielen echten Urkunden Tausende, die er erfunden hat. Die handschriftliche und gedruckte Litteratur wird in den folgenden Jahrhunderten immer reicher, namentlich in fast allen italienischen Städten durch patriotische Lokalgelehrte gefördert. Für die griechischen I. ist sie unverhältnismäßig geringer, weil in den früher von den alten Hellenen bewohnten Ländern wenig geistiges Leben mehr herrschte und unter der Türkendespotie Fremden meistens der Zutritt verschlossen war.
Erst durch die sich allmählich ausbildenden diplomatischen Beziehungen zwischen dem Osten und Westen von Europa [* 19] wurden auch die griechischen Örtlichkeiten den Forschern und gelehrten Reisenden (etwa seit dem 16. Jahrh.) erschlossen, und von da an datiert eine Reihe von Sammlungen griechischer I., von denen hier nur die des Franzosen Michael Fourmont aus dem 18. Jahrh., der sich auch als Fälscher von I. berüchtigt gemacht hat, genannt werden soll. Die beiden größten allgemeinen Sammelwerke von lateinischen und griechischen I. sind das von Gruter (»Inscriptiones antiquae totius orbis romani«, Heidelb. 1603),
das auf Anregung und unter Mithilfe von Joseph ¶
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Scaliger entstanden ist, und das von Muratori (»Novus thesaurus veterum inscriptionum«, Mail. 1739-42, 4 Bde.). Streng wissenschaftliche Bearbeitung und Verwertung der I. für die Zwecke der Altertumskunde haben für die lateinischen zuerst hautsächlich ^[richtig: hauptsächlich] zwei Italiener angebahnt und begründet: Gaetano Marini aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. und Bartolommeo Borghesi aus dem 19. Jahrh. Für die griechischen I. wurde der eigentliche Schöpfer und Begründer der epigraphischen Disziplin August Böckh (s. d.). Auf seine Veranlassung unternahm die Berliner [* 21] Akademie der Wissenschaften die Herausgabe sämtlicher griechischer I. in dem »Corpus inscriptionum graecarum«.
Die Bearbeitung besorgte Böckh anfangs allein, später unter Mitwirkung von Ernst Curtius und Kirchhoff, und mit dem 4. Band [* 22] (Berl. 1856-59; Bd. 1 erschien 1825) war das Werk vorläufig abgeschlossen. Die darauf durch zahlreiche Ausgrabungen und Reisen erfolgte außerordentlich bedeutende Bereicherung des inschriftlichen Materials hat den Plan zu einer neuen Sammlung veranlaßt, und fürs erste ist die der attischen I. in Angriff genommen worden. Von dieser, dem »Corpus inscriptionum atticarum«, sind bis jetzt 4 Bände (bearbeitet von Kirchhoff, Köhler und Dittenberger, Berl. 1873-82) erschienen, welchen sich eine Sammlung der ältesten griechischen I. nicht attischen Fundortes: »Inscriptiones graecae antiquissimae«, von Röhl anschließt.
Außerdem sind in dem großen von den Franzosen Le [* 23] Bas und Waddington herausgegebenen Werk »Voyage en Grèce et en Asie Mineure« zahlreiche griechische I. publiziert. Neben andern Inschriftwerken, in welchen der Bestand einzelner Museen niedergelegt ist, kommen für die griechischen I. noch zahlreiche Zeitschriften in Betracht, namentlich die vom kaiserlich deutschen archäologischen Institut herausgegebenen »Mitteilungen« und das von der französischen Schule in Athen [* 24] publizierte »Bulletin de correspondance hellénique«. Eine für Studienzwecke empfehlenswerte Auswahl bietet Dittenbergers »Sylloge inscriptionum graecarum« (Leipz. 1883).
Eine allgemeine Sammlung der lateinischen I. beabsichtigte im Anfang der 40er Jahre die Pariser Akademie, doch kam der Plan nicht zur Ausführung. Aufgenommen und durchgeführt hat auch diesen Gedanken die Berliner Akademie der Wissenschaften und dem »Corpus inscriptionum graecarum« ein »Corpus inscriptionum latinarum« zur Seite gestellt. Die Seele dieses Unternehmens war Th. Mommsen (s. d.), welcher den Plan entworfen, die Bearbeitung geleitet und zum großen Teil selbst ausgeführt hat. Zu Grunde gelegt ist, wie bei den griechischen I., die geographische Einteilung, so daß die inschriftlichen Denkmäler einer jeden Stadt vereinigt sind.
Das Werk geht in nächster Zeit seiner Vollendung entgegen. Bei dem für eine kritische Herausgabe notwendigen Prinzip, für alle noch vorhandenen Denkmäler Abschrift durch einen Sachkundigen zu erhalten, für die nicht mehr vorhandenen aber die letzten Originalabschriften aufzufinden, um danach den ursprünglichen Text wiederherzustellen, war es nötig, alle Bibliotheken zu durchsuchen und die nach Tausenden von Nummern zählende gesamte gedruckte und handschriftliche Litteratur durchzuarbeiten.
Erschienen sind bis jetzt Bd. 1 (Berl. 1863), enthaltend die I. aus der Zeit der Republik, bearbeitet von Mommsen (dazu ein von Fr. Ritschl herausgegebener Tafelband, welcher die noch vorhandenen Denkmäler dieser Zeit in Faksimiles gibt);
Bd. 2 (das. 1869), mit den I. von Spanien, bearbeitet von E. Hübner;
Bd. 3 (das. 1873), mit den I. des Orients und der Donauprovinzen, bearbeitet von Mommsen;
Bd. 4 (das. 1871), mit den Wandinschriften (Dipinti und Graffiti) von Pompeji, [* 25] von K. Zangemeister;
Bd. 5 (das. 1872-77, 2 Tle.), mit den I. von Oberitalien, [* 26] gleichfalls von Mommsen;
Bd. 6 (das. 1876 ff.), mit I. der Stadt Rom, von Henzen, de Rossi u. a.;
Bd. 7 (das. 1873), mit den I. von England, von E. Hübner;
Bd. 8 (das. 1881, 2 Tle.), mit den afrikanischen I., von G. Wilmanns;
Bd. 9 und 10 (das. 1883), mit den I. in den süditalischen Landschaften und in Sizilien und Sardinien, [* 27] wiederum von Mommsen.
Der Veröffentlichung harren die Schlußbände: Bd. 11, mit den I. aus Mittelitalien, von E. Bormann;
Bd. 12 u. 13, mit denen aus Frankreich und den Landschaften am Rhein, von O. Hirschfeld;
Bd. 14, mit den I. der Umgegend von Rom, von H. Dessau. [* 28]
Für die christlichen I. der Stadt Rom tritt als Ersatz ein das besondere Werk von de Rossi (s. d.), der in einem Band bisher die zeitlich bestimmten herausgegeben hat. Ein Supplement zu dieser Sammlung der lateinischen I. bildet die »Ephemeris epigraphica«, herausgegeben von Henzen, Mommsen, de Rossi u. a. (bis jetzt 6 Bde. Berl. 1872-85). Zur Einführung in das Studium der lateinischen I. bestimmt ist die Sammlung von G. Wilmanns (»Exempla inscriptionum latinarum«, Berl. 1873, 2 Bde.). Von der Akademie der Wissenschaften zu Paris [* 29] herausgegeben, erscheint zur Zeit auch ein »Corpus inscriptionum semiticarum« (Par. 1881 ff.); römische I. in Algerien [* 30] gab Léon Renier heraus (das. 1886). - Über die altpersischen Keilinschriften in Asien s. Keilschrift; die hieroglyphischen I. in Ägypten [* 31] s. Hieroglyphen; die etruskischen in Italien s. Etrurien.