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dahin berufenen Kirchenversammlung klagte er Friedrich II. des Kirchenraubes, des Meineides und der Ketzerei an und beschuldigte ihn namentlich der Autorschaft eines seit jener Zeit durch das ganze Mittelalter hindurch bis in die Gegenwart vielbesprochenen Buches: »De tribus impostoribus«. Mochte der Kaiser durch seinen Kanzler Thaddäus von Suessa auch noch so klar verteidigt werden, mochten sich England und Frankreich zu Vermittlern aufwerfen: Friedrich wurde vom Papst aller seiner Kronen [* 2] für verlustig erklärt, mit einem fürchterlichen Bannfluch belegt und an die deutschen Fürsten die Aufforderung gerichtet, eine neue Kaiserwahl vorzunehmen.
Der Kampf zwischen Kaiser und Papst wurde mit furchtbarer Leidenschaft geführt. Auch auf Friedrichs II. Sohn und Nachfolger Konrad IV. vererbte I. seinen Haß. Er schloß denselben von der Kirchengemeinschaft aus und forderte zu einem Kreuzzug gegen ihn auf. Nach dem Tod Konrads IV. (1254) bemühte sich der Papst, den Hohenstaufen Neapel [* 3] und Sizilien [* 4] wegzunehmen; doch verteidigte Manfred glücklich das Land gegen die päpstlichen Truppen. I. starb bald darauf Seine umfassende Gelehrsamkeit und seine genaue Kenntnis des kanonischen Rechts erwarben ihm den Beinamen Pater et organum veritatis. I. schrieb einen Kommentar über die fünf Bücher der Dekretalen Gregors IX. (Straßb. 1478).
Vgl. »Les registres d'Innocent IV« (hrsg. von Berger, Par. 1880 ff., 3 Bde.).
6) I. V., aus Moutier in Savoyen, hieß früher Peter von Tarentaise, trat in den Dominikanerorden, wurde in Paris [* 5] als eins der gelehrtesten Mitglieder desselben Nachfolger des Thomas von Aquino auf dem Lehrstuhl der Theologie an der Sorbonne, 1272 Erzbischof von Lyon, [* 6] darauf Kardinal und Bischof von Ostia und endlich zum Nachfolger Gregors X. erwählt, starb aber schon 22. Juni d. J. Er schrieb: »Commentarius in libros sententiarum« (Toulouse [* 7] 1652, 3 Bde.) und einen Kommentar über die Briefe des Paulus (Köln [* 8] 1478).
7) I. VI., geboren zu Brissac in Limousin, früher Stephan d'Albert, ward erst zu Noyon, dann seit 1340 zu Clermont Bischof, später Kardinal, Bischof von Ostia und Großpönitentiarius. Er schlug nach seiner Erwählung zum Papst seine Residenz zu Avignon auf, ließ aber den verlornen Kirchenstaat durch den Kardinal Albornoz zurückerobern und Frieden und Ordnung herstellen. Er bemühte sich, die von den Avignonschen Päpsten eingeschlagene Bahn kirchlicher Erpressungen wieder zu verlassen, beschränkte den Aufwand seines Hofs, vermochte jedoch nicht dauernd die übermütige Weise der Papstregierung zu ändern. Er starb in Avignon.
8) I. VII., geboren zu Sulmone in den Abruzzen, vorher Cosmus Megliorati genannt, ward Bischof von Bologna, Schatzmeister Urbans VI., 1389 Kardinal und von der italienischen Kardinalspartei zum Papst erwählt, während die Gegenpartei an Benedikt XIII. festhielt. Durch einen Aufstand, welcher 1405 zu Rom [* 9] ausbrach und vom neapolitanischen König Wladislaw befördert wurde, sah sich I. zwar zur Flucht nach Viterbo genötigt, konnte aber bald dem Ruf zur Rückkehr folgen und nun Wladislaw in den Bann thun. Seine Unterhandlungen zur Beilegung des Schismas hatten keinen Erfolg. Er starb
9) I. VIII., früher Johann Battista Cibo, geb. 1432 zu Genua [* 10] aus einem Adelsgeschlecht, war unter Paul II. Bischof von Porto, erlangte 1473 die Kardinalswürde und bestieg als Sixtus' IV. Nachfolger den päpstlichen Stuhl. Er war der erste Papst, der seine hohe Würde vornehmlich zur Ausstattung seiner eignen Familie verwertete, ein lasterhafter, unsittlicher Mensch. Er führte die Hexenprozesse offiziell ein. In Verbindung mit Lorenzo de' Medici sorgte er für die Erhaltung des bestehenden politischen Zustandes in Italien. [* 11]
Nachdem er die Vereinigung aller christlichen Fürsten zu einem gemeinsamen Kreuzzug gegen die Türken vergeblich angestrebt, hielt er für eine jährliche Summe von 40,000 Dukaten den ihm vom Großmeister in Rhodos überlieferten Bruder und Nebenbuhler des Sultans Bajesid, Dschem, in Haft und ließ ihn endlich durch Gift aus dem Weg räumen. König Ferdinand von Neapel that er in den Bann und bot das Königreich Karl VIII. von Frankreich an. I. starb und hinterließ 16 Kinder, weshalb man ihn spottweise Pater patriae (»Vater des Vaterlandes«) nannte.
10) I. IX., früher Antonio Facchinetti genannt, geb. 1519 aus einer Adelsfamilie zu Bologna, wurde unter Pius IV. Bischof von Nicastro, unter Gregor XIII. Patriarch von Konstantinopel, [* 12] 1583 Kardinal und auf den päpstlichen Stuhl erhoben, starb aber schon 30. Dez. d. J.
11) I. X., vor seiner Erhebung zum Papst Giovanni Battista Pamfili genannt, geb. zu Rom, ward unter Gregor XV. Nunzius in Neapel, von Urban VIII. dem Kardinal Franz Barberini nach Frankreich als Datarius beigegeben und blieb hier bis zur Erlangung des Kardinalshuts als Nunzius und Patriarch von Antiochia. Trotz des Widerstrebens des französischen Hofs wurde er zum Nachfolger Urbans VIII. erwählt. Da er aber die Familie Barberini, welcher er vorzüglich seine Wahl zum Papst verdankte, aus Rom vertrieb, so erregte er die Unzufriedenheit Mazarins und gab Frankreich Gelegenheit zu einer bewaffneten Intervention.
Umsonst protestierte er gegen den Westfälischen Frieden. Durch Einführung des Kornmonopols in den Kirchenstaat versetzte er dem Ackerbau daselbst einen empfindlichen Schlag. Er erließ die viel angefochtene Bulle »Cum occasione« gegen die »V Propositiones« des Jansenius 1653 und starb In seinem Pontifikat übte den größten Einfluß seine Schwägerin Olimpia Maidalchini aus; sie beherrschte ihn und die ganze Regierung.
Vgl. Ciampi, Innocenzo X e la sua corte (Rom 1878).
12) I. XI., geb. 1611 zu Como aus einer Adelsfamilie, hieß Benedikt Odescalchi, widmete sich zu Genua, Rom und Neapel dem Studium der Rechte und diente sodann in Polen und Deutschland [* 13] im Dreißigjährigen Krieg als Soldat. Später studierte er noch Theologie, wurde Geistlicher, apostolischer Protonotar, Geheimer Sekretär [* 14] Innocenz' X., Gouverneur von Macerata, 1647 Kardinal, Legat von Ferrara, [* 15] Bischof von Novara und Papst. Als solcher suchte er dem Luxus, der Sittenverderbnis, der Käuflichkeit der Ämter zu steuern. In einer Bulle von 1679 sprach er sich zwar gegen 65 Lehrsätze der Jesuiten aus, machte dagegen diesen anderseits ein Zugeständnis durch die Verdammung Molinos' und der Quietisten. Mit dem König Ludwig XIV. von Frankreich geriet er in Händel, weil derselbe auch von den bis dahin von der Krone unabhängigen Kirchen während der Vakanz eines Bistums die Revenuen verwalten und die dazu gehörigen Pfründen besetzen wollte. Da einige französische Bischöfe dagegen an den Papst appellierten und dieser für sie Partei nahm, ließ der König den päpstlichen ¶
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Nunzius in Frankreich in Haft setzen und Avignon in Beschlag nehmen, und eine 1681 von Ludwig XIV. berufene Versammlung des französischen Klerus stellte die gegen die Infallibilität des Papstes gerichteten »IV Propositiones Cleri Gallicani« auf. Um in seiner eignen Stadt unabhängig von den fremden Gesandten zu sein, hob I. die Quartierfreiheit (la franchise) derselben auf und rief dadurch neuen Streit mit dem französischen Hof [* 17] hervor. Trotz der protestantenfeindlichen Haltung Ludwigs XIV. war I. ein entschiedener Gegner der gewaltthätigen Politik und der Weltherrschaftspläne desselben und ließ sogar den Sturz der katholischen Stuarts in England geschehen, um die Bildung einer großen Koalition aller europäischen Mächte gegen Frankreich zu ermöglichen. Er starb
Vgl. Bonamici, De vita et rebus gestis Innocentii XI. (Rom 1776; deutsch von Le [* 18] Bret, Frankf. 1791);
Michaud, Louis XIV et Innocent XI (Par. 1882-83, 4 Bde.).
13) I. XII., vorher Anton Pignatelli, aus einem Adelsgeschlecht von Neapel, 1615 daselbst geboren, ward nacheinander Bischof von Faenza, Legat von Bologna, 1681 Kardinal und Erzbischof und Nachfolger Alexanders VIII. auf dem päpstlichen Stuhl. Unter seiner Regierung löste sich der Streit mit Frankreich dadurch, daß er an dasselbe alle beanspruchten Rechte abtrat, Frankreich dagegen die »IV Propositiones Cleri Gallicani« zurücknahm. Als Feind der Quietisten sprach er über Fénelons »Maximes des saints« das Verdammungsurteil aus. Dagegen suchte er auch dem Nepotenunwesen, der Simonie und andern kirchlichen Mißbräuchen zu steuern. Er starb
14) I. XIII., vor seiner Thronbesteigung Michael Angelo Conti, der achte Papst aus der Familie Conti, geb. 1655 zu Rom, ward 1693 Gouverneur von Viterbo, 1695 Erzbischof von Tarsos und Legat in der Schweiz, [* 19] 1698 in Lissabon, [* 20] 1706 Kardinal und bestieg den päpstlichen Stuhl. Er belehnte Kaiser Karl VI. mit Neapel, erhob gegen die Verleihung von Parma [* 21] und Piacenza als Reichslehen eine unwirksame Protestation und zeigte sich als ein entschiedener Gegner der Jesuiten. Er starb