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jedes
Ding und jede Wesenheit, die nicht
zum
Inhalt des subjektiven
Bewußtseins gehört. Dagegen kann das
Subjekt auch sich
selbst zum Gegenstand der
Reflexion,
[* 2] d. h. zum
Objekt, machen, und dieses Sich
-selbst-objektivieren ist das
Wesen des
Selbstbewußtseins
und nächst der Unterscheidung seiner selbst vom Nich
t-Ich die wichtigste Thätigkeit des Ich. Philosophisch
hat zuerst
Descartes den denkenden, sich
seiner bewußten
Geist als Ich
bestimmt. Es kam dabei besonders darauf an, zu sagen,
was eigentlich zu dem
Wesen des Ich gehört, und was sich nur zufällig daran anknüpft. Dies führte auf die Unterscheidung
vom empirischen und reinen Ich, welches in der
Philosophie
Fichtes eine so wichtige
Rolle spielt.
Das empirische Ich ist ein zeitlich entstandenes, veränderliches, neuen Zusätzen und Umbildungen entgegensehendes Subjekt. Ich ist dieses bestimmte Individuum mit diesen bestimmten Meinungen, Erinnerungen, Neigungen etc., die in beständiger Fluktuation sich befinden und für jeden andre sind. Faßt man aber die Veränderungen ins Auge, [* 3] welche in unserm Bewußtsein vorgehen, sieht man, wie es bald körperliche Zustände sind, welche den Gegenstand desselben ausmachen, bald bestimmte Bestrebungen, Gemütslagen oder Personenverhältnisse als Hauptinhalt unsers innern Lebens sich darstellen: so kann man mit Grund zweifelhaft werden, ob das Ich etwas Beharrliches sei.
Fichte [* 4] glaubte das Wesen des Ich in nichts anderm als in der Reflexion auf sich selbst suchen zu müssen; er stellte die Definition auf: »das Ich ist das mit seinem Objekt identische Subjekt«, und leitete von diesem obersten Satz sein ganzes System ab. Alles andre, was sich im Bewußtsein dieses oder jenes findet, die ganze Fülle von Vorstellungen und Empfindungen sind nur verschiedenartig modifizierte Produktionen des Ich und nicht zu seinem Wesen selbst gehörig, welch letzteres vielmehr in nichts als in der reinen Thätigkeit des Sich-selbst-erkennens besteht: »das Sein des Ich ist sein Sich-setzen und umgekehrt«, und »das Ich ist zugleich Produzent und Produkt, die Ichheit reine, absolute Produktivität«, so lauten die Formeln, in denen Fichte das reine Ich darstellte.
Aus dem Satz: »das Ich setzt sich selbst«, worin die Urthat des Ich und der Anfang alles Wissens ausgedrückt wird, leitet Fichte als zweite, mit der ersten unmittelbar verbundene und unabtrennliche Handlung des Bewußtseins die ab, daß das Ich sein Selbst jedem andern entgegensetzt, sich als Objekt einer bestimmten Vorstellung von allem andern, was nicht diese Vorstellung ist, unterscheidet. Dies wird in der Formel ausgesprochen: »das Ich setzt ein Nicht-Ich«. Zu diesen zwei Aktionen des Ich kommt, um die Thätigkeit des Ich abzuschließen, noch eine dritte.
Sollen nämlich jene beiden entgegengesetzten Vorstellungen in einem und demselben Bewußtsein vereinigt werden, so kann dies nur dadurch geschehen, daß beide sich gegenseitig beschränken und abgrenzen. Daher die dritte Aktion des Ich: »das Ich setzt sich als bestimmt (beschränkt) durch das Nicht-Ich«, d. h. das vorhin als reines oder leeres Bewußtsein noch ganz bestimmungslos gedachte Vermögen des Wissens hat in sich eine Bestimmung aufgenommen, nämlich die Vorstellung eines Nicht-Ich, eines andern (einer Welt), so jedoch, daß es sich zugleich auch dieses seines Denkens dabei bewußt bleibt; es hat sich in einer Vorstellung qualifiziert mit dem Bewußtsein, daß diese Vorstellung oder innere Selbstbestimmung nur seine eigne Vorstellung, nur eine Modifikation seiner selbst sei (Idealismus).
Herbart dagegen erklärt die von Fichte dem Ich beigelegte absolute Produktivität für eine Erschleichung, leugnet die reelle Existenz des sogen. reinen Ich, dessen Begriff nicht nur ganz leer, sondern auch in sich widersprechend sei, und weist nach, daß die Ichvorstellung ein Phänomen neben andern Phänomenen des geistigen Lebens sei und als solches, wie jede andre psychische Erscheinung, ihre Geschichte habe. Daher kann es nicht nur geschehen, daß die Ichvorstellung zeitweise aus dem Bewußtsein schwindet (wie es z. B. im Schlaf, in der Ohnmacht etc. geschieht), sondern auch, daß (allerdings nicht zugleich) mehrere verschiedene Ichvorstellungen in demselben Subjekt vorhanden sind (wie es z. B. bei dem Wahnsinnigen der Fall ist, der sich im Delirium für einen andern hält, als der er im lichten Zustand ist). Die große Wichtigkeit der Ichvorstellung erhellt daraus, weil ohne Vorhandensein derselben von seiten des Subjekts keine Aneignung der im Bewußtsein vorhandenen Zustände (Vorstellungen, Gefühle, Strebungen) als der seinigen statthaben, demselben daher irgend ein Einfluß auf diese (hemmend oder fördernd) nicht zugemutet werden kann. Zurechnungsfähigkeit (s. Zurechnung) setzt daher jederzeit das Vorhandensein des Ich voraus.