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er sah sich genötigt, zur katholischen Kirche überzutreten. Auch als König scheute er sich anfangs, seine katholischen Unterthanen durch Begünstigung der Reformierten vor den Kopf zu stoßen; lange zauderte er, den Hugenotten ihre Rechte durch ein neues Edikt gesetzeskräftig zu bestätigen; endlich, erließ er das Edikt von Nantes, [* 2] welches in 91 öffentlichen und 51 geheimen Artikeln die Rechte der Hugenotten teils bestätigte, teils erweiterte. Es war eine Wiederholung der frühern Friedensedikte von 1563, 1570, 1577, mit vollem Ernst auf eine definitive Befriedigung beider Religionsparteien gerichtet; es garantierte den Reformierten die freie Ausübung ihrer Religion in ganz Frankreich, einige Städte, wie z. B. Reims [* 3] und Soissons, ausgenommen, wo besondere Verträge Heinrichs mit den Katholiken die allgemeine Religionsfreiheit verhinderten; es gab ihnen ferner das Recht zum Abhalten von Synoden, bewilligte ihnen eine jährliche Staatsunterstützung von 45,000 Thlr. zur Unterhaltung ihrer Prediger, die Aufnahme ihrer Kranken und Armen in die öffentlichen Spitäler, eröffnete ihnen Zutritt zu allen Ämtern und Würden und räumte ihnen die Besetzung der Rechtskammern der Parlamente, welche die Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten entschieden (Chambres mi-parties), zur Hälfte ein; endlich sollten sie ihre Sicherheitsplätze noch acht Jahre lang behalten. Die Parlamente waren mit diesem Edikt sehr unzufrieden, es erhob sich eine lebhafte Agitation gegen dasselbe; aber König Heinrich blieb standhaft und setzte zuerst bei dem Pariser Parlament die Eintragung desselben in die Akten durch (Februar 1599).
Wiewohl Ludwig XIII., als er sich 1614 für volljährig erklärte, das Edikt von Nantes bestätigte, ließen sich die Hugenotten doch in ihrem Mißtrauen gegen den mit einer Spanierin vermählten König von dem nach politischer Macht strebenden Adel verleiten, die Empörung des Prinzen Heinrich II. von Condé zu unterstützen; sie beruhigten sich, als der Vertrag von Loudun ihnen ihre Rechte und Freiheiten von neuem garantierte. Allein schon 1617 bewog der Klerus den König zu einem Edikt, welches die katholische Religion in dem rein protestantischen Béarn wieder einführte und außerdem den Reformierten daselbst zumutete, alle seit 50 Jahren besessenen Kirchengüter wieder herauszugeben.
Als dasselbe nicht befolgt ward, zog 1620 der König selbst nach Béarn und setzte die Ausführung seines Edikts mit Gewalt durch. Die Reformierten sahen in diesem Verfahren eine Verletzung der eigenartigen Stellung Béarns, ein Attentat auf den Protestantismus; sie versammelten sich zu weiterer Beratung in La Rochelle, stellten die Prinzen von Rohan und Soubise an ihre Spitze, und im Mai 1621 begann der Krieg von neuem. Mehrere feste Plätze wurden von den untüchtigen Befehlshabern der Hugenotten ohne Widerstand an die Königlichen übergeben; nur St.-Jean d'Angely, welches Soubise verteidigte, und Nérac wurden erst nach harter Belagerung überliefert.
Den starken Platz Montauban, welchen der Marquis La Force verteidigte, belagerte der König ebenfalls lange vergeblich. Im nächsten Feldzug fielen aber wieder einige Städte teils durch Verrat, teils durch die Untüchtigkeit der Unterbefehlshaber der Hugenotten in seine Hände. Gleichwohl erhielten letztere im Frieden von Montpellier [* 4] eine allgemeine Amnestie und die Rückgabe der eingezogenen Güter zugesichert; nur sollte ihnen fernerhin nicht gestattet sein, ohne vorher eingeholte Genehmigung seitens des Königs ihre Versammlungen zu halten. Da jedoch der Hof [* 5] mehrere Friedensbedingungen nicht hielt, so suchten die Hugenotten ihr Recht mit Gewalt durchzusetzen.
Unter der Führung von Soubise siegte ihre Flotte 1625 über zwei königliche Flotten, die Richelieu gegen Rochefort gesandt hatte, wurde dagegen im September von Montgomery gänzlich geschlagen. Durch die Vermittelung der Engländer und Holländer kam hierauf ein neuer Friede zu stande. Die Hugenotten brachen jedoch den Frieden bald wieder und wurden vom König von England im Juli 1627 mit einer Flotte unterstützt. Diese englische Flotte leistete nicht viel; auch konnte der Herzog von Rohan La Rochelle nicht zu Hilfe kommen, da er von dem Prinzen von Condé in Languedoc beschäftigt wurde. Am 10. Aug. begann die Belagerung von La Rochelle. Am 8. Nov. mußten die Engländer die Insel Ré räumen, und die im Mai sowie im September 1628 erscheinenden neuen englischen Hilfsflotten mußten unverrichteter Sache wieder absegeln. Am ergab sich endlich die Stadt.
Dem Fall dieser stärksten Schutzwehr der Hugenotten folgte bald der der andern, weniger bedeutenden nach. Im Süden sah sich der Herzog von Rohan genötigt, den Vertrag von Alais einzugehen, worin die Schleifung der Festungswerke von Castres, Montauban, Nîmes und Usez ausbedungen, dagegen den Hugenotten Amnestie und freie Religionsübung gewährt wurde. Mit dem Verlust ihrer Sicherheitsplätze waren aber die Hugenotten so gut wie wehrlos gemacht; die Erfüllung der andern Friedensbedingungen war ganz in die Willkür des Königs gegeben.
Richelieu, dem es nur um Vernichtung der partikulären Privilegien und der Macht des Adels sowie um Herstellung einer alles umfassenden Regierungsgewalt zu thun war, ließ allerdings die Religionsfreiheit der Hugenotten unbeschränkt, und ebenso verfuhr nach ihm auch Mazarin. Die Hugenotten wurden zu Staatsämtern zugelassen und zeigten sich als tüchtige Bürger. Die Regierung Ludwigs XIV. folgte anfangs denselben Grundsätzen. Aber als der König sich in seinem spätern Lebensalter der Frömmelei zuwandte, bewirkte der Einfluß der Frau v. Maintenon und seines Beichtvaters La Chaise, daß den Hugenotten seit 1681 die bis dahin genossene Rechtsgleichheit mit den Katholiken nach und nach wieder entzogen wurde; ja, nach Colberts Tod 1683 unterlagen sie neuen Bedrückungen.
Die
Regierung betrieb ihre
Bekehrung mit
Mitteln der
Gewalt. Militär
ische
Einquartierungen überzogen diejenigen, die widerstrebten.
Es wurden
Dragoner ausgeschickt, um die Hugenotten durch gewaltsame Verfolgung in den
Schoß der katholischen
Kirche zurückzuführen
(Dragonaden, s. d.) Viele wurden ermordet; andern wurden ihre
Kinder mit
Gewalt entrissen, um im katholischen
Glauben
erzogen zu werden. Viele protestantische
Kirchen wurden niedergerissen, die protestantischen
Prediger aber auf die
Galeeren
gebracht oder, oft auf grausame
Weise, ermordet.
Endlich ließ sich
Ludwig XIV. zur Aufhebung des
Edikts von
Nantes
bewegen. Eine große Anzahl von Hugenotten floh trotz der Besetzung der
Grenzen
[* 6] mit
Militär nach der
Schweiz,
[* 7] nach
Deutschland,
[* 8] den
Niederlanden und
England. Im ganzen verließen etwa 200,000 gewerbfleißige
Menschen
Frankreich
(»Refugiés«,
s. d.). Im
Ausland wurden sie wegen ihrer Kunstfertigkeit in
Gewerben gut aufgenommen und trugen viel zur
Hebung
[* 9] der
Industrie
in ihrer neuen
Heimat bei.
Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes wurden aber noch strengere Maßregeln gegen die Hugenotten ergriffen: die Ehen derselben wurden für ¶
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nichtig erklärt, ihre Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen oder in Klöster gesteckt etc. Diese Verfolgungssucht rief endlich 1702 in dem Gebirgsland der Cevennen, wohin sich viele Hugenotten geflüchtet hatten, den Aufstand der Kamisarden (s. d.) hervor. Trotz dieser Maßregeln erhielt sich der Protestantismus in Frankreich; es gab immer noch Hugenotten im Land. In der Provence und der Dauphiné wagten sie zuerst wieder, in ihren Häusern Gottesdienst abzuhalten. Ludwig XV. erließ zwar auf Drängen der Jesuiten neue Verfolgungsdekrete gegen die Ketzer; allein der Geist der Humanität hatte schon so tiefe Wurzeln geschlagen, daß nicht einmal die königlichen Behörden diesen Anweisungen Folge leisteten.
Das einzige Resultat war, daß die Reformierten ihren Gottesdienst wieder geheim halten mußten. 1752 machte die Regierung noch einen letzten Versuch, den Protestantismus zu unterdrücken, indem sie alle von reformierten Geistlichen vollzogenen Taufen und Trauungen für nichtig erklärte und die Wiederholung derselben durch katholische Geistliche gebot. Da diese Maßregel jedoch neue massenhafte Auswanderungen zur Folge hatte, so zwang die öffentliche Meinung die Regierung, jene Verordnungen zurückzunehmen.
Und es kam nun dazu, daß die Philosophie des 18. Jahrh. die Geister der Gewalthaber immer mächtiger ergriff: Voltaire, Montesquieu, Diderot, Rousseau u. a. bahnten die Toleranz auf religiösem Gebiet an. Die Revolution von 1789 gewährte den Reformierten endlich alle bürgerlichen Rechte, die ihnen so lange widerrechtlich vorenthalten waren. Der Code Napoléon beharrte auch bei dieser Rechtsgleichheit, und selbst die von der Restauration oktroyierte Charte respektierte die Religionsfreiheit der Reformierten und sicherte ihren Geistlichen Besoldung aus der Staatskasse zu. Freilich wurden die Reformierten unter der Restauration hier und da zurückgesetzt, und es wurden sogar im Süden von Frankreich, besonders in der Umgegend von Nîmes, auf Anstiften der Ultraroyalisten und Ultramontanen rohe Pöbelexzesse gegen sie verübt; vor dem Gesetz aber blieben sie den Katholiken gleichgestellt. Und dies Verhältnis hat auch unter allem politischen Wechsel in Frankreich sich dauernd behauptet. -
Vgl. die Beza zugeschriebene »Histoire des Églises réformées en France« (Antwerp. 1850, 3 Bde.);
Thuanus, Historia sui temporis (Par. 1604; beste Ausg., Lond. 1733, 7 Bde.);
Davila, Storia delle guerre civili di Francia (Vened. 1630; deutsch von Reith, Leipz. 1792-95, 5 Bde.);
Lacretelle, Histoire de France pendant les guerres de la religion (Par. 1814-16, 4 Bde.; deutsch von Kiesewetter, Leipz. 1815, 2 Bde.);
Duplessis-Mornay, Mémoires et correspondance pour servir à l'histoire de la réformation et des guerres civiles et religieuses en France depuis l'an 1571 jusqu'en 1623 (Par. 1825, 15 Bde.);
Capefigue, Histoire de la réforme, de la ligue et du règne de Henri IV (das. 1834-38, 8 Bde.);
Soldan, Geschichte des Protestantismus in Frankreich bis zum Tod Karls IX. (Leipz. 1855, 2 Bde.);
v. Polenz, Geschichte des französischen Calvinismus (Gotha [* 11] 1857-69, 5 Bde.);
Meaux, Les luttes religieuses en France au XVI. siècle (Par. 1879);
R. L. Poole, History of the Huguenots (Lond. 1880);
Baird, History of the rise of the Huguenots (das. 1880, 2 Bde.), Derselbe, History of the Huguenot emigration to America (New York 1885, 2 Bde.);
Derselbe, The Huguenots and Henry of Navarra (das. 1886, 2 Bde.);