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entstanden sogar, besonders unter dem Schutz der Königin Margarete von Navarra, der Schwester des Königs Franz I., insgeheim lutherische Gemeinden. Noch größern Anklang und Verbreitung fand die Lehre [* 2] Calvins; seine Auffassung des Protestantismus erwarb sich besonders unter dem Adel und dem Mittelstand zahlreiche Anhänger. Franz I. befahl zwar die Konfiskation aller reformatorischen Schriften und bedrohte die Teilnehmer an protestantischem Gottesdienst mit Todesstrafe, vermochte jedoch der Ausbreitung der reformierten Lehre nicht Einhalt zu thun.
Heinrich II. ahmte dem Vater mit verwandten Edikten nach trotz seiner Verbindung mit den deutschen Protestanten; er erließ 1555 ein Edikt, welches die Hugenotten mit der Strafe des Feuertodes bedrohte; nach dem Friedensschluß von Cateau-Cambrésis 1559 stellte er sich mit besonderm Eifer die Ausrottung der Ketzerei in seinem Land zur Aufgabe. Dennoch vermehrten sich die Anhänger der Lehre Calvins in Frankreich so, daß sie bei Heinrichs II. Tod 2000 Gemeinden zählten, welche sich zu einem gemeinschaftlichen Glaubensbekenntnis und Gottesdienst vereinigten.
Der ganz unter der Leitung der streng katholischen
Guisen stehende junge König
Franz II. errichtete 1559 bei jedem
Parlament
eine besondere
Kommission,
Chambre ardente genannt, welche die Vollziehung der Ketzeredikte
überwachen sollte.
Indes die allgemeine
Opposition gegen die
Guisen ermutigte die Hugenotten zum
Widerstand. Ja, ein Teil des calvinistischen
Adels unter
La Renaudie plante 1560 einen
Anschlag gegen das
Regiment der
Brüder
Guise; er beschloß, dem König ein Gesuch um freie Religionsübung
und
Entfernung der
Guisen vom
Hof
[* 3] zu überreichen; sollte beides verweigert werden, so beabsichtigte man, die
Guisen festzunehmen
und den König zu zwingen, den calvinistisch gesinnten
Brüdern
Bourbon, dem König
Anton von
Navarra und
dem
Prinzen
Ludwig von
Condé, die
Regierung zu überlassen.
Der Plan ward jedoch verraten, der König entfloh mit dem Hofe von Blois nach Amboise und ernannte den Herzog Franz von Guise zum Generalstatthalter des Reichs. Die Verschwornen wurden beim Angriff auf Amboise zurückgeschlagen und fielen teils im Kampf, teils wurden sie hingerichtet. Dennoch hob im Mai 1560 das Edikt von Romorantin die Chambres ardentes auf und verbot bloß religiöse Versammlungen und öffentlichen evangelischen Gottesdienst. Im August 1560 stellte der Admiral Coligny in der Versammlung der Notabeln den Antrag, den Reformierten Religionsfreiheit zu gewähren.
Der Beschluß der Versammlung aber verschob diese Angelegenheit ebenso wie die andern kirchlichen Fragen auf den Reichstag, der im Dezember in Orléans [* 4] stattfinden sollte. Um Beschlüsse desselben, welche die Reformierten begünstigen konnten, zu verhindern, wurden die schon Ende Oktober in Orléans erscheinenden Bourbonen auf Antrieb der Guisen verhaftet und Condé wegen Anteils an der Verschwörung zum Tod verurteilt. Der Tod Franz' II. (5. Dez.), nach welchem Katharina von Medicis für ihren unmündigen Sohn Karl IX. die Leitung des Staats erhielt, verhinderte die Vollstreckung des Urteils.
Katharina zeigte sich, den allzu großen Einfluß der Guisen fürchtend, den Hugenotten scheinbar geneigter; sie erhob Anton von Navarra zum Generalstatthalter des Königreichs, ließ Condé wieder frei und zog die gemäßigten Politiker beider Parteien in die Regierung. Im Juli 1561 erschien ein Edikt, welches die Todesstrafe für Ketzerei abschaffte, und um die Streitigkeiten zwischen Katholiken und Reformierten völlig beizulegen, wurde zu Poissy im September 1561 ein Religionsgespräch zwischen beiden Parteien gehalten.
Der Hauptverfechter der katholischen Lehre war der Kardinal von Lothringen, der der Reformierten Theodor Beza. Das Gespräch führte aber nicht die angestrebte Einigung herbei. Das sogen. Triumvirat, welches aus dem Herzog von Guise, dem Connetable von Montmorency und dem Marschall v. Saint-André bestand, arbeitete auf die gewaltsame Unterdrückung der Reformation hin und wußte auch Anton von Navarra den Hugenotten abspenstig zu machen. Als nun auf Anraten des Kanzlers L'Hôpital Katharina durch das Edikt vom den Calvinisten freie Ausübung ihres Gottesdienstes, jedoch nur außerhalb der Städte, gestattet hatte, schritten die Guisen zur That.
Franz von Guise überfiel bei Vassy eine Anzahl von Hugenotten, die in einer Scheune Gottesdienst abhielten: das Blutbad von Vassy war das Signal zum Krieg (erster Hugenottenkrieg). Die Guisen entführten den König und die Königin-Mutter von Fontainebleau nach Paris, [* 5] um sie in ihrer Gewalt zu haben. Der Prinz von Condé trat nun an die Spitze der H, und besetzte mit 3000 Edelleuten die größtenteils protestantische Stadt Orléans, um sie zu seinem Waffenplatz zu machen.
Aus allen Teilen des Reichs trafen Beitrittserklärungen ein, und in vielen Städten bemächtigten sich die Hugenotten des Regiments. Aus Deutschland [* 6] und England kam ihnen Hilfe, während den Katholiken Schweizer Söldner und spanische Truppen zugesandt wurden. Am 19. Dez. trafen die Katholiken mit den Hugenotten bei Dreux zusammen und besiegten Condés Heer. Die Katholiken verloren den Marschall v. Saint-André, der erschossen, und den Connetable von Montmorency, der gefangen genommen wurde, die Hugenotten dagegen den Prinzen von Condé, der in Gefangenschaft geriet. Der Herzog von Guise schritt nun zur Belagerung von Orléans, fiel aber vor dieser Stadt durch Meuchelmord (s. Guise 3). Katharina von Medicis schloß hierauf 12. März mit den Reformierten einen Vergleich, der durch das Edikt von Amboise vom 19. März bestätigt wurde; es war ein Religionsfriede, in welchem den Hugenotten, mit Ausnahme von Paris und einigen andern Bezirken, freie Religionsübung gestattet wurde.
Die Königin-Mutter war jedoch nicht gesonnen, die Bestimmungen des Friedens von Amboise gewissenhaft einzuhalten; sie wollte die Macht, welche die Guisen besessen, nicht an die Führer der Hugenotten übergehen lassen: durch Erläuterungen des Edikts von Amboise, wie z. B. schon in dem Edikt von Roussillon wurden die gemachten Konzessionen meistenteils illusorisch gemacht. Der Zug Albas, der 1565 mit Katharina in Bayonne eine Zusammenkunft hatte, nach Flandern und seine Gewaltmaßregeln gegen die niederländischen Protestanten erweckten in den Hugenotten die Besorgnis vor gleichem Vorgehen der französischen Gewalthaber.
Daher knüpften Condé und der Admiral v. Coligny wieder Verbindungen mit England und den deutschen Protestanten an und beschlossen, den König, der in Monceaux bei Meaux Hof hielt, in ihre Gewalt zu bringen. Der Plan ward jedoch verraten, und der Hof entfloh nach Paris. Condé belagerte ihn daselbst sechs Wochen lang und lieferte dann gegen Montmorency die Schlacht bei St.-Denis (zweiter Hugenottenkrieg). Condé zog sich darauf durch die Champagne nach Lothringen zurück, wo 10,000 Mann deutsche Hilfstruppen unter dem kurpfälzischen Prinzen Johann Kasimir zu ihm ¶
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stießen, und rückte im Februar 1568 wieder vor Paris. Die Katholiken erhielten Zuzug von Alba [* 8] aus den Niederlanden. Dennoch schloß Katharina mit den Hugenotten den Frieden von Longjumeau welcher die Bestimmungen des Friedens von Amboise bestätigte und allgemeine Amnestie verhieß. Schon nach sechs Monaten aber brach der Bürgerkrieg von neuem aus. Der Haß der katholischen Volksmassen gegen die Hugenotten, den diese durch ihre strenge Abgeschlossenheit, ihre aristokratische Haltung und ihr schroffes Auftreten gegen den katholischen Kultus erregt hatten, kam in vielen blutigen Gewaltthaten zum Ausbruch.
Condé und Coligny flohen nach La Rochelle; in diese Stadt, die nun das Hauptquartier der Reformierten wurde, begab sich auch die Königin Johanna von Navarra mit ihrem 15jährigen Sohn Heinrich von Béarn. Zur Unterstützung der Hugenotten gab die Königin von England Geld und Geschütze; [* 9] auch kamen Hilfstruppen aus dem protestantischen Deutschland (dritter Hugenottenkrieg). Allein in der Schlacht bei Jarnac in Angoulême siegten die Katholiken unter der Führung des Marschalls von Tavannes und des Herzogs Heinrich von Anjou, spätern Königs Heinrich III. Condé wurde gefangen und von einem Offizier der Schweizergarde meuchlings erschossen.
Johanna von Navarra berief hierauf eine Versammlung der Reformierten nach Cognac, belebte deren Mut durch eine begeisternde Rede und stellte ihren Sohn Heinrich von Béarn unter Colignys Leitung an die Spitze des Heers. Dieses verstärkte sich durch ein Hilfskorps von 11,000 Deutschen, welches zuerst der Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken [* 10] und nach dessen Tode der Graf Volrad von Mansfeld befehligte, belagerte jedoch Poitiers sechs Wochen lang vergeblich und erlitt 3. Okt. bei Moncontour in Poitou durch den Herzog von Anjou eine Niederlage.
Während die Katholiken St.-Jean d'Angely belagerten und eroberten, zog Coligny aus England, Deutschland und der Schweiz [* 11] neue Verstärkungen an sich, nahm mit Hilfe derselben Nîmes und entsetzte La Rochelle. Kurz darauf schlugen Lanoue und Coligny die königlichen Truppen (Juni 1570) bei Luçon und Arnay le Duc. Nun gelangte eine gemäßigte Mittelpartei, die Politiker, zur Geltung, welche auf staatlichem Boden die Gegensätze auszusöhnen gedachte. Ihr war der Friede zu St.-Germain en Laye zu verdanken, durch welchen wiederum allgemeine Amnestie und vollkommene Glaubensfreiheit garantiert, den auch Religionsübung in ihren Besitzungen und in zwei Plätzen eines jeden Gouvernements gewährt und ihnen zu größerer Sicherheit die vier festen Plätze La Rochelle, La Charité, Montauban und Cognac überlassen wurden.
Um das Vertrauen der Reformierten zu gewinnen, wurde von seiten des Hofs die Vermählung der Schwester Karls IX., Margarete, mit Heinrich von Navarra wiederholt in Anregung gebracht; auch knüpfte Karl IX. mit der Königin von England Unterhandlungen an, welche eine gemeinschaftliche Unterstützung des niederländischen Aufstandes herbeiführen sollten. Coligny wurde der Oberbefehl über das zu diesem Zweck auszurüstende französische Heer zugesagt und er mit Ehrenbezeigungen aller Art überhäuft. In ganz Frankreich trat an die Stelle des frühern willkürlichen Verfahrens gegen die Anhänger der reformierten Kirche mit einemmal die vollste Unparteilichkeit.
Ohne Argwohn begab sich daher die Königin Johanna im Frühjahr 1572 mit dem Prinzen Heinrich von Condé (s. Condé 2) und mit Heinrich von Navarra nach Paris, um der Vermählung des letztern mit der Schwester des Königs beizuwohnen. Johanna starb jedoch plötzlich 4. Juni, wie die Hugenotten später behaupteten, infolge von Vergiftung. Die Vermählung wurde vollzogen. Eine Menge vornehmer Hugenotten waren dazu eingeladen und fanden sich bereitwillig in Paris ein. Ihr Haupt Coligny verkehrte mit dem jungen König sehr intim, die Leitung der französischen Politik schien ihm zuzufallen.
Die Katholiken sahen mit wachsendem Ingrimm diesen Vorgängen zu; Katharina wollte vor allem Coligny beseitigen, der ihre Herrschaft über den König gefährdete. An Coligny ergingen einigemal Warnungen, allein er beachtete sie nicht. Selbst als ihm 22. Aug. beim Nachhausegehen durch einen Büchsenschuß, der aus einem guisischen Haus kam, der Zeigefinger der rechten Hand [* 12] zerschmettert und der linke Arm verwundet ward, schöpfte er kein Mißtrauen, zumal ihm der König die herzlichste Teilnahme bezeigte; er selbst beruhigte die aufgeregten Gemüter seiner Glaubensgenossen.
Jede Vorsichtsmaßregel wurde außer acht gelassen. Katharina fürchtete aber die Rache der und beschloß, ihnen zuvorzukommen. Am 23. Aug. hielt die katholische Partei die letzte Beratung über ihren Mordplan. Der König, seine Mutter, die Herzöge von Anjou, von Guise, von Nevers, von Angoulême, der fanatische Marschall von Tavannes, der Graf von Retz und der Großsiegelbewahrer Birago nahmen an derselben teil. Man einigte sich über die Ermordung aller Hugenotten, nur Heinrich von Navarra und der Prinz von Condé sollten verschont bleiben; die Massen des Pariser Pöbels sollten zur Vollbringung der Blutthat aufgerufen werden.
In der Nacht vor dem 24. Aug. (einem Sonntag), der Bartholomäusnacht (la Saint-Barthélemy), fand das unerhörte, gräßliche Ereignis, die sogen. Pariser Bluthochzeit, statt. Der Herzog von Guise hatte im Namen des Königs den Chefs der Pariser Bürgerwachen den Befehl erteilt, ihre Mannschaft gegen Mitternacht vor dem Stadthaus zu versammeln, und teilte ihnen dort den Mordplan mit. Sobald um Mitternacht die Sturmglocke von St.-Germain l'Auxerrois ertönte, eilte der Herzog von Guise an der Spitze von 300 Soldaten nach der Wohnung des an seinen Wunden noch leidenden Admirals von Coligny und ließ diesen niederstechen.
Unter dem Läuten der Sturmglocken durchstreiften die Mörderbanden die Straßen der Stadt. Auf die Straße gescheucht, fielen viele Hugenotten durch Schüsse aus den Fenstern; die andern wurden in den Häusern aufgesucht und niedergemacht. Selbst im Louvre wurden blutige Greuelszenen in Menge aufgeführt. Vor dem Schloßthor bildeten die königlichen Garden ein Spalier und töteten jeden, der entfliehen wollte. König Karl selbst schrie seinem Schwager Heinrich und dem Prinzen von Condé entgegen: »Messe, Tod oder Bastille!« Beide schwuren ihren Glauben ab. Ja, Karl soll sogar selbst aus einem Fenster seines Schlosses auf die fliehenden Hugenotten geschossen haben.
Mehrere Tage lang dauerte das Morden. Es kamen auch nicht wenige Katholiken durch das Schwert ihrer Glaubensgenossen um, denn Raubgier, Eifersucht und andre niedrige Leidenschaften hatten in jenen Tagen den freiesten Spielraum. Der König und seine Mutter durchwanderten mit den Hofleuten die mit Leichen angefüllten Straßen. Die meisten Statthalter in den Provinzen setzten auf des Königs Befehl das Pariser Blutbad fort; etwa 20-30,000 Hugenotten wurden in ganz Frankreich innerhalb der nächsten sechs Wochen umgebracht. Der Papst Gregor XIII. veranstaltete zu Ehren dieser Ketzervertilgung Dankfeste und ließ ¶