namentlich in
Preußen
[* 2] ist kein günstiges
Zeugnis für die Kräftigkeit und das
Selbstbewußtsein dieser Berufsschicht. Auch
die zugelassene
Verbindung der höhern
Bürgerschulen mit mittlern gewerblichen
Fachschulen, welche in zwei aufsteigenden
Klassen
die
Schüler, welche die erstern durchlaufen haben, für maschinen-technische oder chemisch-technische
Gewerbe vorbildet, ist
nur an wenigen
Orten verwirklicht worden. Im allgemeinen
Interesse ist den höhern
Bürgerschulen die weiteste
Verbreitung und der kräftigste Aufschwung zu wünschen. Der
Lehrplan (in
Stunden) der höhern
Bürgerschule ist in
Preußen
seit folgender:
Eine Erweiterung des Zeichenunterrichts ist durch Ansetzung von zwei besondern
Stunden für Linearzeichnen gestattet, die
auch als fakultative eingerichtet werden können. Für
Turn- und Singunterricht in je zwei wöchentlichen
Stunden ist außerdem Sorge zu tragen.
Gewalt (lat.
Vis major, franz.
Force majeure), Bezeichnung für denjenigen schädigenden
Zufall (casus), welchem
der einzelne nicht zu widerstehen vermag, und dessen
Folgen durch keine Vorkehrungen abgewendet werden können (elementare
Ereignisse,
Krankheit, Feindesgewalt u. dgl.). Der
Begriff der höhern
Gewalt gehört dem modernen, insbesondere dem französischen,
Recht an.
In den neuern
Gesetzen findet er sich namentlich angeführt:
1) im allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuch, § 395, nach welchem der
Frachtführer für den Verlust oder die
Beschädigung
des Frachtguts haftet, soweit sie nicht durch höhere Gewalt entstanden sind (vgl.
auch § 64 des Betriebsreglements für die
EisenbahnenDeutschlands
[* 3] vom
2) im
Reichsgesetz vom betreffend die Verbindlichkeit zum
Schadenersatz für die bei dem Betrieb von
Eisenbahnen,
Bergwerken etc. herbeigeführten
Tötungen und
Körperverletzungen (dem sogen. Haftpflichtgesetz), nach welchem (§
1) der Betriebsunternehmer, wenn bei dem Betrieb einer
Eisenbahn ein
Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, für den
dadurch entstandenen
Schaden haftet, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden
des Getöteten oder Verletzten verursacht ist (s.
Haftpflicht).
Nach vielen
Versuchen, den
Begriff der höhern
Gewalt allgemein zu definieren, ist man zu dem
Resultat gelangt,
und das vormalige
Reichsoberhandelsgericht zu
Leipzig
[* 4] hat in diesem
Sinn erkannt, daß nur im einzelnen
Fall und nach konkreten
Voraussetzungen zu entscheiden, ob ein Ereignis als höhere Gewalt zu betrachten ist. Es ist also im einzelnen
Fall zu prüfen, ob der eingetretene
Zufall durch Vorkehrungen, welche zu dem durch dieselben zu erreichenden
Erfolg nach der allgemeinen Verkehrsanschauung in
vernünftigem
Verhältnis stehen, vermieden werden konnte oder nicht.
Neuerdings hat Grünhut die höhere Gewalt definiert als »ein Ereignis,
welches erstens, außerhalb des Betriebskreises der betreffenden Verkehrsunternehmung entsprungen, durch Hereinwirken in
diesen Betriebskreis einen
Schaden an Leib oder
Gut verursacht hat, welcher zweitens vermöge der Art und
Wucht seines Auftretens die im ordentlichen
Lauf desLebens zu gewärtigenden
Zufälle augenscheinlich übersteigt«. höhere Gewalt ist
übrigens nicht bloß eine von höherer
Hand
[* 5] gesendete
Gewalt, sondern kann auch von Menschenhänden ausgehen
(Diebstahl,
Raub,
Brandstiftung u. dgl.).
Immer aber ist es notwendig, daß der
Eintritt des in
Frage stehenden zufälligen
Ereignisses von dem Betroffenen nicht verschuldet worden sei.
LehranstalteninDeutschland.
[* 8]Für den
Begriff und die
Einteilung der höhern Lehranstalten ist im
DeutschenReich
entscheidend die in Gemäßheit des § 90,
Tit. 1. der
Wehrordnung vom in verschiedenen Abstufungen eingeräumte
Berechtigung hinsichtlich des einjährig-freiwilligen
Dienstes. Da nur solche Anstalten, die überhaupt
im
Besitz eines derartigen
Rechts sind, zu den höhern Lehranstalten gezählt werden, faßt man, wenigstens in
Preußen, im
strengen amtlichen
Sinn die höhern
Mädchenschulen, die
Lehrerseminare etc. nicht mit darunter.
Nach der
Wehrordnung gibt es vier
Arten von höhern Lehranstalten: I. solche, die gültige Zeugnisse über die wissenschaftliche
Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst auf
Grund des einjährigen erfolgreichen Besuchs
der zweiten
Klasse (von
oben gerechnet) ausstellen dürfen; II. solche, bei denen der erfolgreiche einjährige Besuch der ersten
Klasse zur Erlangung dieses Zeugnisses erforderlich ist; III. solche, bei denen dasselbe nur auf
Grund der wohlbestandenen
Entlassungsprüfung gewährt wird, und IV. solche, bei denen für die Erlangung des Zeugnisses besondere
Bedingungen vereinbart sind.
Außerdem gibt es bisher eine Anzahl von solchen
Schulen, denen das
Recht, auf
Grund wohlbestandener
Entlassungsprüfung die
wissenschaftliche Befähigung für den einjährigen
Dienst zu bescheinigen, vorläufig und bis weiter eingeräumt ist. Wie
auch bei den unter III. aufgeführten Anstalten, ist dabei vorausgesetzt, daß die
Prüfung unter Leitung
eines staatlichen
Kommissars stattfindet. Da das
Zeugnis für den einjährigen
Dienst nur nach sechsjährigem Besuch einer höhern
Lehranstalt, d. h. sechs Jahre nach dem Beginn des fremdsprachlichen
Unterrichts, erteilt werden soll, folgt, daß die Anstalten
bei I. neunjährigen, die bei II. siebenjährigen, die bei III. sechsjährigen
Lehrgang haben müssen.
Nach der in
Preußen mit den neuen
Lehrplänen der höhern Lehranstalten vom festgestellten Bezeichnung gehören
daher folgende
Arten von Anstalten in die bezeichneten
Gruppen: Ia. Gymnasien
(Griechisch,
Lateinisch,
Französisch);
2) andre ähnliche Anstalten. - Unter IV. fallen gegenwärtig nur noch zwei Gewerbeschulen von besonderer
Einrichtung. In der folgenden Übersicht ist dem entsprechend die Anzahl sämtlicher höherer Lehranstalten im DeutschenReich
nach den einzelnen Staaten und sämtlicher preußischer höherer Lehranstalten nach den einzelnen Provinzen zusammengestellt,
wie sie sich nach der letzten maßgebenden Bekanntmachung des Reichskanzlers vom (»Zentralblatt für
das Deutsche
[* 10] Reich«, Nr. 16) stellt. Unter V. sind diejenigen Anstalten gezählt denen nach
einer zweiten Bekanntmachung des Reichskanzlers vom selben Tag das Freiwilligenrecht analog der Gruppe III. einstweilen eingeräumt
worden ist. Bei der Aufstellung dieser amtlich maßgebenden Verzeichnisse wird der Reichskanzler von der Reichsschulkommission
(s. d.) beraten.
Übersicht der höhern Lehranstalten im DeutschenReich (April 1886).
1
Darunter eine (Brieg)
[* 11] inzwischen eingegangen. - 2 Darunter eine inzwischen aufgehoben. - 3 Darunter vier evangelisch-theologische
Seminare. - 4 Die Berechtigung inzwischen durch Tod des Inhabers erledigt. - 5 Darunter 20 Landwirtschaftsschulen
und 25 Privatanstalten.