seinen siegreichen Scharen dort ein. Er ward zum Oberkommandanten von Tirol gewählt und stellte diesem Titel zum Wahrzeichen
seiner Treue für das Haus Österreich das »k. k.« (kaiserlich
königlicher) voran. Am 16. Aug. erschien ein Armeebefehl des Kaisers Franz, welcher in den Tirolern des alte Vertrauen wieder
erweckte.
Hofer führte unterdessen die oberste Leitung der Militär- und Zivilverwaltung unter den sonderbarsten Anomalien,
in denen aber sein schlichter Bauernverstand nicht selten den Nagel auf den Kopf traf. Seine erste Verordnung betraf die Herausgabe
aller von den Feinden geraubten und wieder verkauften oder zurückgebliebenen Effekten. Dann erließ er einen Aufruf an die
Seelsorger, dem höchsten Helfer in der Not Lob- und Dankopfer für den Sieg darzubringen und für die Aufnahme
der Religion Sorge zu tragen.
Mit großem Ernst und Eifer bekümmerte er sich auch um den Ehefrieden; den Frauenzimmern verbot er, »ihre Brust und Armfleisch
zu wenig oder nur mit durchsichtigen Hadern zu bedecken«. Im übrigen bestätigte Hofer durchaus die Verfügungen
der frühern österreichischen Verwaltung und folgte ihren Maßregeln sowohl in Zivil- als in Militärangelegenheiten. Nach
seinem besten Gewissen, schlicht und recht, vom Kaiser durch die große goldene Gnadenkette mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet,
führte er die Verwaltung fort bis zum Frieden von Wien 14. Okt., nach welchem Tirol und Vorarlberg, wenngleich
mit Vorbehalt einer allgemeinen Amnestie, der Gewalt des Feindes überlassen werden mußten.
Auf die Kunde hiervon waren und dessen Genossen im ersten Augenblick betäubt, ratlos, unentschlossen. Inzwischen hatten die
Feinde schon den Isel und die Scharnitz besetzt, und Speckbacher war 16. Okt. im Salachthal ^[richtig: Saalachthal]
nach blutigem Kampf besiegt worden. So ergab sich auch Hofer in das Unvermeidliche, unterwarf sich zu Steinach 2. Nov. und erließ
am 7. ein die Friedensbotschaft bestätigendes Schreiben an das Volk; allein durch falsche Nachrichten von Siegen und dem Einmarsch
des Erzherzogs Johann getäuscht, umgeben und gedrängt von Männern, welche mit wildem Eifer immer von
neuem den Kampf verlangten, begann er die Feindseligkeiten wieder und rief 12. Nov. vom Sand aus die Bewohner des Vintschgaues
und des Oberinnthals zu den Waffen.
Unaufhaltsam drangen indes die Feinde vor und unterwarfen sich ein Thal nach dem andern. Hofer flüchtete
mit Weib und Kind in die winterliche Einsamkeit der Berge, weil er Tirol nicht verlassen wollte. Von Ende November 1809 bis zu Ende
Januar 1810 hielt er sich in einer Alpenhütte beim Eingang ins Farteis verborgen. Hier wurde er durch einen übel berüchtigten
Landsmann, Namens Raffl, den Franzosen verraten. Am 27. Jan. 1810 wurden italienische Truppen vom General Huard
nach der Sennhütte beordert, wo nun jede Flucht unmöglich war und Hofer sich unerschrocken zu erkennen gab. Er wurde mit Stricken
gebunden und mißhandelt.
Erst in Meran ward ihm eine menschlichere Behandlung zu teil. Von da wurde er nach Mantua gebracht, vor
ein Kriegsgericht gestellt und auf Napoleons direkten Befehl zum Tode durch Erschießung binnen 24 Stunden verurteilt. Er trat
am Morgen des 20. Febr. 1810 seinen letzten Gang an; auf dem Exekutionsplatz, einem breiten Bastion der Porta Ceresa, angelangt,
weigerte er sich, die Augen sich verbinden zu lassen und niederzuknieen, und kommandierte dann selbst
»Feuer!« Erst der 13. Schuß machte seinem Leben ein Ende.
Seine Leiche ward im Gärtchen des Pfarrers der Citadelle beerdigt; von dort brachte man
sie 21. Febr. 1823 feierlich in das für
Hofer bestimmte Grabmal in der Hofkirche zu Innsbruck. Dort, dem Denkmal des Kaisers Maximilian I. gegenüber,
steht seit 1834 sein Standbild, aus Goflaner Marmor von Schaller gefertigt. Hofers Familie wurde für den Verlust ihres Vermögens 1819 vom
Kaiser entschädigt, auch des bereits 1809 geadelten Hofer Adelsdiplom 26. Jan. 1818 zu Wien ausgefertigt.
Ein Enkel Hofers (von seinem einzigen Sohn Johann), Andreas, Edler von Hofer, geb. 1833, starb als verfassungstreuer
Abgeordneter des Reichsrats 25. Juni 1881.
Vgl. v. Hormayr, Das Land Tirol und der tiroler Krieg von 1809 (Leipz. 1845);
B. Weber,
Das Thal Passeyr und seine Bewohner, mit besonderer Rücksicht auf Andreas und das Jahr 1809 (Innsbr. 1851);
Weidinger, A.
und seine Kampfgenossen (3. Aufl., Leipz. 1861);
Heigel, A. Hofer (Münch. 1874);
Stampfer, Sandwirt A. Hofer (Freiburg
1874);
Egger, Geschichte Tirols, Bd. 3 (Innsbr. 1880).
Immermann und B. Auerbach behandelten die Geschichte Hofers in Dramen.
Vgl. auch Frankl, A. Hofer im Liede (Innsbr. 1884).
2) Ludwig, Bildhauer, geb. 1801 zu Ludwigsburg in Württemberg, erhielt seine erste Ausbildung in seiner
Vaterstadt und in Stuttgart und wurde 1819 von Klenze nach München berufen, um an den Ornamenten der Glyptothek mit zu arbeiten.
Nach vierjähriger Thätigkeit daselbst ging er nach Rom, wo er 15 Jahre blieb. In Thorwaldsens Werkstatt, in der er die
ersten fünf Jahre arbeitete, führte er den von jenem entworfenen knieenden Engel mit dem Taufbecken aus. 1838 nach Stuttgart
zurückgekehrt; brachte er als eignes Werk eine Psyche mit, welche von dem König von Württemberg gekauft wurde. Mit Aufträgen
des letztern ging er wiederholt nach Italien, hauptsächlich behufs Ausführung von drei kolossalen Marmorgruppen,
zwei Rossebändigern (s. Tafel »Bildhauerkunst VIII«, Fig. 7) und dem Raub des Hylas, für den Stuttgarter Schloßgarten.
Teils aus eignem Entschluß, teils im Auftrag des Königs begann er sodann die Nachbildung einer Anzahl der berühmtesten antiken
und modernen Statuen, welche fast sämtlich zur Ausschmückung des Stuttgarter Schloßgartens sowie des
königlichen Landhauses Rosenstein verwendet wurden. An letzterm Ort befindet sich auch ein treffliches Originalwerk von ein
zorniger Amor. 1857-59 schuf er das 4 m hohe eherne Reiterstandbild des Herzogs Eberhard im Bart, im Hof des Alten Schlosses zu
Stuttgart. Sein Werk ist auch die eherne Concordia auf der Jubiläumssäule König Wilhelms daselbst. 1880 fertigte
er noch eine Marmorgruppe, Raub der Proserpina (Museum in Stuttgart). Er starb 6. März 1887 in Stuttgart.
1) Ferdinand, Schriftsteller, geb. 21. April 1811 zu Döschnitz in Schwarzburg-Rudolstadt, durchwanderte nach beendeten
Gymnasialstudien Deutschland, Holland, Belgien und schloß sich 1830 in Marseille als Freiwilliger der Expedition
zur Besetzung der Halbinsel Morea an, wurde, nach Frankreich 1831 zurückgekehrt, Lehrer, übersetzte Kants »Kritik der reinen
Vernunft« ins Französische, trieb zugleich medizinische Studien, praktizierte eine Zeitlang in Paris als Arzt, erhielt 1843 und 1846 von
seiten der Regierung Missionen nach Deutschland, um den medizinischen und ökonomischen Unterricht zu studieren,
und übernahm 1851 die Leitung der »Nouvelle biographie générale« (1851-66, 46 Bde.),
für die er selbst zahlreiche Artikel schrieb. Er starb im Mai 1878 in Brunoy (Seine-et-Oise). Außerdem veröffentlichte
Höfer: »Éléments de chimie générale«
mehr
(1841); die in mehrere Sprachen übersetzte »Histoire de la chimie« (1842-43, 2 Bde.; 2. Aufl.
1869);
»Dictionnaire de chimie et de physique« (1846, 3. Ausg. 1857);
»Dictionnaire de médecine pratique« (1847);
»Dictionnaire
de botanique« (1850);
»Le Maroc et la Chaldée, etc.« (1848);
»La chimie enseignée par la biographie de ses
fondateurs« (1865);
»Le monde des bois« (1867);
»Les saisons« (1867-1869, 2 Tle.);
»L'homme devant ses œuvres« (unter dem
Pseudonym Jean l'Ermite, 1872, 2. Ausg. 1882);
»Histoire de l'astronomie«, »Histoire de la botanique, de la minéralogie et de
la géologie«, »Histoire de la physique et de la chimie«, »Histoire de la zoologie« (1873);
»Histoire des
mathématiques« (1874) u. a.
2) Albert, Sprachforscher, geb. 2. Okt. 1812 zu Greifswald, studierte hier, in Göttingen und Berlin Philologie, indem sich seine
Studien bald vorzugsweise der vergleichenden Grammatik und dem Deutschen zuwandten. 1838 in Berlin habilitiert, ward er 1840 außerordentlicher
Professor in Greifswald, begab sich aber im April 1841 mit Unterstützung der Regierung auf 18 Monate nach
London, Oxford und Paris, wo er sich ein reiches handschriftliches Material, besonders für die Prâkritsprachen, erwarb.
Nachdem er noch in London mit dem Ankauf und in Berlin mit der Ordnung der Chambersschen Handschriften beschäftigt gewesen,
kehrte er nach Greifswald zurück, wo er, 1847 zum Ordinarius befördert, ununterbrochen über Sanskrit
und vergleichende Grammatik sowie über einzelne Gebiete der deutschen Philologie Vorlesungen hielt und 9. Jan. 1883 starb. Von
seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir hier seine Erstlingsarbeit: »De Prakrita dialecto« (Berl. 1836);
die »Beiträge
zur Etymologie und vergleichenden Grammatik der Hauptsprachen des indogermanischen Stammes« (das. 1839);
»Vom Infinitiv, besonders im Sanskrit« (das. 1840);
die »Zeitschrift für die Wissenschaft der Sprache« (Berl., später Greifsw.
1845-54, 4 Bde.);
»Sanskritlesebuch« (Berl. 1849);
»Indische Gedichte, in deutschen Nachbildungen« (Leipz. 1844, 2 Bde.);
»Der alte Matrose«, nach Coleridge (Berl. 1844);
»Denkmäler niederdeutscher Sprache und Litteratur« (Greifsw.
1850-51, 2 Bde.);
»E. M. Arndt und die Universität Greifswald« (Berl. 1863);
»Über Altvile im Sachsenspiegel« (Halle 1870).
3) Edmund, Novellist, geb. 15. Okt. 1819 zu Greifswald, studierte auf der dortigen Universität sowie später in Berlin und Heidelberg
Philologie und Geschichte und begann bald nach seiner Rückkehr in die Heimat (1842) zu schriftstellern.
Nach dem Tod seines Vaters ließ er sich 1854 dauernd in Stuttgart nieder, wo er im Verein mit Hackländer die »Hausblätter«
gründete. Er starb 23. Mai 1882 in Kannstatt. Seine ersten in Zeitschriften veröffentlichten Erzählungen gab er später vereinigt
unter dem Titel: »Aus dem Volk« (Stuttg. 1852) heraus, aus welcher Sammlung eine Anzahl
Novellen als »Erzählungen eines alten Tambours« (das. 1855) wieder besonders erschien. Dann folgten: »Gedichte« (Berl. 1853; 2. Aufl.,
Leipz. 1856);
»Aus alter und neuer Zeit« (Stuttgart 1854);
»Schwanwiek, ein Skizzenbuch aus Norddeutschland« (das.
1856);
»Bewegtes Leben« (das. 1856);
»Wie das Volk spricht«, eine Sammlung von Sprichwörtern (8. Aufl.,
das. 1876),
und »Vergangene Tage« (Prag 1859).
Mit seinem Roman »Norien, Erinnerungen einer alten Frau« (Stuttg. 1858, 2 Bde.)
widerlegte er entschieden die Meinung, daß seine Begabung bloß für den kleinen Raum der Novelle ausreiche. Leider blieb
ihm aber nicht erspart, sein Talent in einer zu schnellen
Folge von Produktionen einigermaßen verflüchtigen
zu müssen. Rasch nacheinander erschienen die Romane und Novellen: »Deutsche Herzen« (Prag 1860);
»Auf deutscher Erde« (Stuttg.
1860, 2 Bde.);
»Die Honoratiorentochter« (das. 1861);
»Eine Geschichte von damals« (Prag 1861);
»Die Alten von Ruhneck« (Stuttg.
1862);
»In Sünden« (Wien 1863);
»Altermann Ryke« (Berl. 1865, 4 Bde.);
»Unter der Fremdherrschaft« (Stuttg. 1863, 3 Bde.);
»Neue Geschichten« (Bresl. 1867, 2 Bde.);
»Die gute alte Zeit« (das. 1867, 3 Bde.);
»Ein Findling« (Schwer. 1868, 4 Bde.);
»Zwei Familien« (Bresl. 1869, 2 Bde.);
»Der verlorne Sohn« (Stuttg. 1869);
»Land und See«, Novellen (Bresl. 1871, 2 Bde.);
»In der Welt verloren« (Leipz. 1869, 4 Bde.);
»Unter fliegenden Fahnen« (Bresl. 1872, 2 Bde.);
»Zur linken Hand« (Leipz. 1874);
»Der Demagoge« (Jena 1872, 3 Bde.);
»Kleines Leben« (das. 1873, 3 Bde.);
»Treue siegt« (Stuttg. 1874);
»Erzählungen aus der Heimat« (Jena 1874, 2 Bde.);
»Stille Geschichten« (das. 1874, 3 Bde.);
»Die Bettelprinzeß« (Brem. 1876);
»Allerhand Geister« (Stuttg. 1876);
»Fünf neue Geschichten« (das. 1877);
»Dunkle Fenster« (das. 1877);
»Der Junker« (das. 1878, 3 Bde.);
die plattdeutsche Erzählung »Pap Kuhn« (das. 1878);
»In der letzten Stunde« (das. 1881, 2 Bde.).
Höfers Vorzüge sind in seiner energischen und lebendigen Charakteristik, in seiner Lebensfülle und der
stimmungsvollen Schilderung von Landschaften und häuslichen Umgebungen seiner Gestalten zu suchen. Eine wahrhaft dichterische
Ader offenbart sich namentlich in der Darstellung trotziger, spröder, verschlossener, aber echter und herzenswarmer norddeutscher
Naturen sowie in der lebendigen Wiedergabe ausgebreiteter Familienbeziehungen und erblicher Familieneigentümlichkeit.
In seinen ältern Büchern (»Aus dem Volk«, »Schwanwiek«, »Norien«
u. a.), wo diese Vorzüge noch ganz und voll wirken, aber auch in einzelnen
Partien der neuern Romane erhebt er sich dadurch hoch über die Masse der Dutzenderzähler. Selbst seine minder vorzüglichen
Produktionen zeichnen sich in der Regel durch eine treffliche Anlage aus. Höfer schrieb außerdem: »Deutsche Litteraturgeschichte
für Frauen« (Stuttg. 1876) und »Goethe und Charlotte v. Stein« (das. 1878). Eine Sammlung seiner frühern
»Erzählenden Schriften« hatte er selbst veranstaltet (Stuttg. 1865, 12 Bde.);
nach seinem Tod erschienen »Ausgewählte Schriften« von ihm in 14 Bänden (Jena 1882).