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Salz [* 2] lieben die Hirsche [* 3] sehr. Starke Hirsche werfen das Geweih im Februar, spätestens im April ab und ersetzen es bis Ende Juli; junge Hirsche tragen die Stangen oft bis Mai, haben aber im August ebenfalls gefegt. Mit dem neuen Geweih bildet sich das Sommerhaar.
Die Brunft beginnt mit Anfang September und dauert bis in den Oktober; die starken Hirsche, welche sich bis dahin allein gehalten haben, treten dann zum Mutterwild, treiben dasselbe, soweit möglich, zusammen und kämpfen schwächere Nebenbuhler davon ab. Der Hirsch, [* 4] welcher sich hierdurch die Alleinherrschaft errungen hat, heißt der Platzhirsch; die Stellen, an welchen der Boden durch das Treiben des Mutterwildes, um es zu beschlagen, wund getreten ist, heißen Brunftplätze.
Von Mitte September ab, besonders bei kalten Nächten, schreien (orgeln) die Hirsche, welche dann einen starken, mit langen Haaren besetzten Hals (Brunfthals) und vom Beschlagen unter dem Bauch [* 5] einen großen schwarzen Fleck (Brunftbrand) bekommen. Das weithin hörbare Schreien hat Ähnlichkeit [* 6] mit dem Brüllen eines Stiers, dasselbe dient gleichsam als Herausforderung für Nebenbuhler, und es schreien die Hirsche daher anhaltend meist nur, wenn sich solche in der Nähe befinden und sich gegenseitig antworten.
An der Tiefe und Stärke [* 7] des Tons kann man die Stärke des Hirsches erkennen, auch läßt sich ersterer auf Instrumenten (s. Hirschruf) nachahmen. Das Kämpfen, wobei bisweilen tödliche Verwundungen stattfinden, auch wohl solche Verschränkungen der Gehörne vorkommen, daß die Hirsche nicht wieder auseinander kommen können und verenden müssen, bezweckt wohl die Fortpflanzung durch die kräftigsten männlichen Individuen bei der unvermeidlichen Inzucht.
Die Tiere gehen 38-40 Wochen beschlagen, sie trennen sich Mitte Mai, Anfang Juni vom Rudel; suchen einsame, ruhige Plätze auf und setzen hier ein, selten zwei anfangs weiß gefleckte Kälber (die Tiere, welche kein Kalb bringen, heißen Gelttiere) und säugen sie bis zur nächsten Brunft. Die weiblichen Kälber heißen Wild-, die männlichen Hirschkälber. Die Wildkälber werden nach Martini, in andern Gegenden auch von Neujahr ab, Schmaltiere; nach der Brunftzeit, wenn sie beschlagen sind, Alttiere. Bei den Hirschkälbern bilden sich zuerst die Rosenstöcke aus, aus welchen dann Spieße und mit zunehmendem Alter immer stärkere Geweihe [* 8] herauswachsen; man bezeichnet sie weidmännisch nach der Gehörnentwickelung als Knopfspießer, Schmalspießer, starke Spießer, Gabler und später nach der Zahl der Enden an den Stangen des Geweihs als Sechsender, Achtender etc. Bei der Parforcejagd dagegen spricht man die Hirsche nach dem Alter an (s. Geweih).
Die einzelnen Teile des Edel-, Elch-, Dam- u. Rotwildes werden in der Weidmannssprache in folgender Weise bezeichnet: das Fell heißt Decke, [* 9] auch Haut, [* 10] der Kopf nur in Süddeutschland Grind, das Maul Geäß, die Zunge Lecker oder Weidlöffel, das Ohr [* 11] Schüssel oder Gehör, [* 12] die Augen Seher oder Lichter, die Eckzähne im Oberkiefer Granen oder Hacken, der Magen [* 13] Wanst, die edlern Eingeweide [* 14] (Herz, Lunge [* 15] und Leber) Gerausch, die Därme Gescheide, der Mastdarm Weiddarm, das Blut Schweiß oder Farbe, das Fleisch Wildbret, das Fett Feist, das männliche Glied [* 16] Brunftrute, die Hoden Kurzwildbret, die Gebärmutter [* 17] Tracht, die Zusammenfügung der Beckenknochen Schloß, die Rippen und die dornartigen Fortsätze der Rückenwirbelsäule Federn, der Schwanz Wedel, das Euter Gesäuge, die Flanken oder Dünnungen Wammen, der After Weidloch, der helle Fleck auf den Keulen am After Spiegel, [* 18] die Füße Läufe, die gespaltenen Klauen Schalen, die darüber befindlichen Afterklauen Geäfter oder Oberrücken.
Außerdem nennt man den Abdruck der Schalen im Boden Fährte, [* 19] die Exkremente Losung, das Lager [* 20] Bett, [* 21] in welches das Wild sich niederthut, und aus welchem es aufsteht, das langsame Fortschreiten Ziehen, das Traben Trollen, das Wandern von einem Ort zum andern Wechseln, das Aufschlagen des Bodens mit den Läufen Plätzen, das Auseinanderwerfen von Erde und Moos sowie das Spielen zweier Hirsche durch Schieben mit dem Geweih Scherzen, das aufmerksame Betrachten eines verdächtigen Gegenstandes Sichern, süddeutsch Verhoffen und, wenn dabei ein bellender kurzer Laut mehrmals ausgestoßen wird, Schmälen oder Schrecken, das Riechen Winden, [* 22] das Hören Vernehmen, das Sehen [* 23] Äugen, das Fressen Äsen, das Wechseln der Haare [* 24] Färben, die Entfernung des Bastes von dem vereckten Geweih durch Reiben an Stangen Fegen, das Reiben an denselben aus Übermut Schlagen, das Abstreifen der Rinde von Stämmen mit den nur im Unterkiefer befindlichen Schneidezähnen Schälen etc. Das Wild ist nicht groß noch klein, sondern stark und schwach oder gering, es ist nicht fett noch mager, sondern feist, gut oder schlecht von Wildbret, auch gering, abgekümmert.
Starke Hirsche wiegen in der Feistzeit, kurz vor der Brunft aufgebrochen, 125-200 kg, während der Brunft äsen sie wenig und verlieren erheblich an Gewicht. Alte Tiere wiegen 50-75 kg, wenn sie gelt sind, auch mehr, Spießer etwa ebensoviel und Kälber zur Weihnachtszeit 20-25 kg. Die Zahl der Enden entscheidet nicht sicher über das Alter des Hirsches, er überspringt bei reichlichem Futter gewisse Stufen und kann auch eine erreichte Endenzahl wiederholen, selbst zurückgehen; mehr als 20 regelrechte Enden sind wohl selten vorgekommen, Sechsundsechzigender sind Monstrositäten, entstanden durch ungewöhnliche Zerteilung von Nebensprossen.
Übrigens vererben sich Eigentümlichkeiten des Geweihs in den Familien und sind abhängig von Örtlichkeiten. Sehr starke Geweihe erreichen ein Gewicht von 16-18 kg. Der Edelhirsch kann sehr alt werden, sicher bis 50 Jahre. Jung eingefangen, wird der Hirsch sehr zahm und zutraulich, im Alter aber wieder wild und bösartig. Wildbret, Haut und Geweih des Hirsches sind geschätzt und gut verwertbar; dennoch ist der Schade, welchen das Rotwild anrichtet, viel bedeutender als der Nutzen, welchen es gewährt. Früher benutzte man fast alle Teile des Hirsches gegen unzählige Krankheiten, trug sie als Amulette etc.
Die Jagdmethoden, welche auf dieses edelste, zur hohen Jagd gehörige Wild zur Anwendung kommen, und bei denen man weidmännisch ausschließlich die Büchse gebraucht, sind folgende: Zur Erlegung größerer Wildmassen in kurzer Zeit wurden die mit Jagdzeug (s. d.) eingestellten Jagen eingeführt. Solche Hauptjagen [* 25] (s. d.), bei welchen viele Hundert Stück geschossen werden, werden in den wildreichen königlichen Hofjagdrevieren Groß-Schönebeck, Pechteich und Grimnitz (in der Nähe von Joachimsthal), im Grunewald (bei Charlottenburg), [* 26] in der Letzlinger Heide (Regierungsbezirk Magdeburg) [* 27] sowie in der Göhrde und im Wildpark zu Springe (Hannover), [* 28] auch in den Kronfideikommißforsten bei Wusterhausen etc. jetzt noch sowohl auf Rot- und Damwild als auf Sauen für Se. Majestät den Kaiser und den Hof [* 29] vom Hofjagdamt veranstaltet und vom Oberstjägermeister nebst dem Hofjägermeister ¶
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unter Assistenz des Lokalforstpersonals geleitet. Die früher an fast allen Höfen üblichen Parforcejagden (s. d.) sind auf Rotwild wohl gänzlich abgekommen, auch die mit Hilfe des Leithundes (s. d.) bestätigten Jagden kommen deshalb nicht mehr vor, weil dieser edelste aller Hunde [* 31] wohl nirgends mehr gehalten wird. Die jetzt noch allgemein üblichen Jagdmethoden sind: der Anstand (s. d.), das Birschen (s. d.) zu Fuß (Schleichen, Weidmerken), das Birschenfahren und Birschenreiten, das Schießen [* 32] der Hirsche beim Schreien sowie die Treibjagd.
Letztere wird am erfolgreichsten in der Weise betrieben, daß man einige ortskundige Leute die Distrikte, in welchen Wild steht, abgehen läßt, wobei sie ab und zu husten und mit Stecken an Bäume schlagen. Das Wild geht dabei viel leichter vor und kommt ruhig vor die Schützen. Bei Treibjagden mit vielen Treibern, die erhebliches Geräusch machen, geht es gewöhnlich durch die Treibwehr zurück oder kommt sehr flüchtig vor, wird daher leicht vorbeigeschossen und zieht so beunruhigt nach einer Verwundung weit fort, bis es sich niederthut, wodurch die Nachsuche (s. Anschuß, Birschzeichen, Schweißhund) sehr erschwert wird. Das erlegte Wild wird »aufgebrochen« und behufs Verwendung für die Küche »zerlegt« (über die dabei zu beobachtenden Hantierungen s. die betreffenden Artikel).
Andre Hirscharten.
(Hierzu die Tafel »Hirsche«.)
Dem Edelhirsch am nächsten stehen ein nordwestafrikanischer ein stattlicher Hirsch in Persien [* 33] und der nordamerikanische Wapiti (C. canadensis Briss.), der größte aller eigentlichen Hirsche. Der Axis (Mazamahirsch, C. [Reduncina] Axis Erxl., s. Tafel) ist gedrungen gebaut, hat einen verhältnismäßig dicken Hals, kurzen Kopf, mittellange, zugespitzte Ohren; das leierförmige Geweih ähnelt dem unsers sechsendigen Edelhirsches, das Fell ist grau-rötlichbraun mit sehr dunklem Rückenstreifen, an Kehle, Bauch und der Innenseite der Läufe gelblichweiß, an den Seiten weiß gefleckt.
Der Axis lebt in den Ebenen Ostindiens und auf den benachbarten Inseln, nachts in starken Rudeln umherschweifend, und bildet einen Gegenstand der eifrigsten Jagd. Er wird vollständig zahm, pflanzt sich auch bei uns fort; doch steht seiner weitern Verbreitung eine gewisse Unregelmäßigkeit in der Fortpflanzungszeit im Weg. Der virginische Hirsch (C. virginianus Gmel., s. Tafel), 1,8 m lang, mit 30 cm langem Schwanz, 1 m hoch, sehr zierlich gebaut, mit langgestrecktem, feinem Kopf, langem Hals, mittelhohen, schwachen Beinen und ziemlich langem Schwanz.
Die Geweihe krümmen sich bogenförmig von rückwärts nach außen und vorwärts und sind in 3-7 Sprossen verästelt. Die Färbung ist schön gleichmäßig gelbrot, am Kopf und Rücken dunkler, am Bauch und an der Innenseite der Glieder [* 34] blässer. Er findet sich in allen Waldungen Nordamerikas mit Ausnahme der nördlichsten, südlich bis Mexiko, [* 35] westlich bis zu den Felsengebirgen, ist aber überall stark zurückgedrängt. Sein Leben gleicht ungefähr dem des Edelhirsches; man trifft ihn in den Prärien in Rudeln von vielen Hundert Stück, und hier, wo er nicht gestört wird, geht er auch in den Morgen- und Nachmittagsstunden seiner Äsung nach.
Das Wildbret ist äußerst schmackhaft. In der Gefangenschaft werden diese Hirsche sehr zahm und gehören
zu den anmutigsten
Geschöpfen; ihre Haltung ist aber schwierig, weil sie ungemein leicht die zarten Läufe und meist so unglücklich brechen,
daß man sie töten muß. Einbürgerungsversuche haben gute Erfolge gehabt. Zur Gattung Cervus gehört
auch das Reh
[* 36]
(s. d.). Zur Gattung Subulo H. Sm. (Spießhirsch) gehören
kleine südamerikanische
Tiere, deren Geweih nur aus zwei einfachen Stangen besteht; sie haben ziemlich langen, stark behaarten Schwanz, kleine Thränengruben
und einen Haarschopf auf der Stirn.
Der Rotspießhirsch (S. rufus Cuv., s. Tafel), 1,1 m lang, am Widerrist 60 cm hoch, mit kurzem, schlankem Hals, vorn sehr schmalem Kopf und ziemlich großen Ohren, erinnert in der Färbung an unser Reh. Er bewohnt Guayana, Brasilien, [* 37] Peru, [* 38] Paraguay, [* 39] lebt in Wäldern und Gebüsch, immer paarweise, die Ricke wirft gewöhnlich nur ein Junges, welches die Alten gemeinschaftlich führen. Die Gattung Muntjakhirsch (Cervulus Blainv.) umfaßt in Indien und auf den Sundainseln heimische kleine Hirsche mit großen Thränengruben, kurzem, unverästeltem Geweih, mittellangem Schwanz mit Endquaste, ohne Haarbüschel an den Hinterfüßen.
Der Kidang (Muntjak, C. Muntjac Zimmer, s. Tafel), 1,2 m lang, 65 cm hoch, ist ziemlich schlank gebaut, mit mittellangem Hals, kurzem Kopf, hohen, schlanken Läufen, sehr langem Rosenstock und einfachem Geweih mit kurzer Augensprosse, auf der Oberseite gelbbraun, auf dem Rücken bis kastanienbraun, an der Innenseite der Ohren, an Kinn, Kehle, Hinterbauch, an der Innenseite der Beine und Hinterbacken weiß, an den Vorderbeinen dunkelbraun. Er bewohnt Sumatra, Java, Borneo, Bangka und die Malaiische Halbinsel, bevorzugt hügelige Gegenden in der Nähe der Wälder, lebt in kleinen Familien und wird von den vornehmen Javanern sehr eifrig gejagt.
Sie essen aber nur das Fleisch des Bockes, und das Fell bleibt unbenutzt. In der Gefangenschaft verlangt er einen weiten Raum und ausgewähltes Futter. Der Damhirsch (Dama vulgaris Brookes), 1,5 m lang, 0,9 m hoch, mit 20 cm langem Schwanz, hat einen verhältnismäßig stärkern Körper, kürzern Hals, kürzere und minder starke Läufe als der Edelhirsch, deutliche Thränengruben und ein mit runder Stange und Augensprosse versehenes, oben schaufelförmiges Geweih mit Sprossen am hintern Rand. Er variiert stark in der Färbung und ist im Sommer an der Oberseite, den Schenkeln und der Schwanzspitze braunrötlich, auf der Oberseite weiß gefleckt, auf der Unterseite und Innenseite der Beine weiß, im Winter an Kopf, Hals und Ohren braungrau, auf dem Rücken und an den Seiten schwärzlich, an der Unterseite aschgrau.
Schwarze und weiße Varietäten sind nicht sehr selten. Das Damwild hat im wesentlichen dieselbe Lebensweise wie der Edelhirsch, ist aber genügsamer und hält sich daher besser in Kiefernheiden, während es mehr als der Edelhirsch schält und dadurch schädlicher wird. Es ist minder scheu und vorsichtig, gibt aber an Schnelligkeit und Gewandtheit dem Edelhirsch kaum etwas nach. Der Damhirsch liebt besonders gemäßigte Gegenden und ist in Kleinasien, in den Mittelmeerländern und Algerien [* 40] am häufigsten; ob er in Deutschland [* 41] heimisch sei, ist streitig.
Jedenfalls beweisen Funde in alten Gräbern, daß er in vorhistorischer Zeit nach dem Norden
[* 42] gekommen sein muß. Er findet sich
gegenwärtig vom Nordrand der Sahara bis zum südlichen Schweden;
[* 43] Aristoteles und Plinius erwähnen ihn als einen ständigen
Bewohner ihrer Heimat. Man zieht ihn mit Vorliebe in den Parken, namentlich in England. Das Wildbret ist höchst schmackhaft,
die Haut ist dehnbarer und weicher als die des Rotwildes. Die Brunft beginnt Anfang Oktober und dauert bis
Mitte November; die Hirsche schreien dann, indem sie starke, weit schallende, orgelartige Töne hören
lassen, wobei die stärkern
die schwächern abkämpfen. Der stärkste
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