(Hildesia), Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks (s. unten) in der preuß.
ProvinzHannover und
Stadtkreis, liegt in anmutiger Gegend an der
Innerste und an den
LinienNordstemmen-Lehrte und
Hildesheim-Grauhof der
Preußischen Staatsbahn, 84 m ü. M., besteht aus der
Altstadt und
Neustadt,
[* 8] welche seit 1583 zu einem
Gemeinwesen vereinigt sind, und der sogen.
Freiheit
(Residenz des
Bischofs). Der uralte
Ort macht mit seinen stattlichen
Türmen
und den ihn umgebenden schattigen
Alleen und Spaziergängen von außen einen freundlichen
Eindruck; das
Innere enthält viele
enge und winkelige
Straßen, besetzt mit hohen, altertümlichen
Häusern, deren obere
Stockwerke überragen
und mit
Erkern und reichem Schnitzwerk versehen sind.
Unter den 11
Kirchen (7 katholische und 4 evangelische) behauptet der 62 m lange, 30 m breite, von außen unansehnliche
Dom
die erste
Stelle. Der
Grundbau
[* 9] stammt aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrh., hat aber später manche Veränderung,
im 18. Jahrh. eine Verzopfung erfahren. Besonderes
Interesse erregen die wertvollen, aus dem frühsten
Mittelalter stammenden
Kirchengeräte (Domschatz), die merkwürdigen ehernen Thorflügel (von 1015) mit
Reliefs vom
BischofBernward
aus der Geschichte der ersten
Menschen und Jesu
Christi, ein kunstvolles ehernes Taufbecken aus dem 13. Jahrh., zwei große
metallene
Kronleuchter aus dem 11. Jahrh., zwei romanische Reliquienkasten des
heil. Godehard und des heil.
Epiphanius im
Chor, etwas winzige
Türme mit einem Geläute, das für das schönste im Land gilt.
Vor dem
Aufgang zum
Chor steht die sogen.
Irmensäule (s. d.), und an der Außenwand der Grabkapelle des
Doms breitet der berühmte
tausendjährige
Rosenstock, 8 m
hoch und 10 m weit, seine
Zweige aus; den innern
Friedhof umgibt ein romanischer
Kreuzgang. Auf dem Domhof endlich erhebt sich die 4 m hohe Christussäule (von 1022) aus
Erzguß, auf welcher in 28
Gruppen
halb erhaben die Geschichte
Christi von
seiner
Taufe bis zum Einzug in
Jerusalem
[* 10] dargestellt ist (früher
in der Michaeliskirche; vgl.
Wiecker, Die
Christus- oder Bernwardsäule, Hildesh. 1874). Von den übrigen
Kirchen verdienen
Erwähnung: die St. Godehardikirche (1133-72 erbaut, 1863 restauriert), ein Meisterwerk romanischen
Stils, mit drei pyramidenförmigen
Thüren
(Kapital daraus s. Tafel
»Baukunst
[* 11] IX«,
[* 12] Fig. 1);
dann die Michaeliskirche, eine großartige romanische
Basilika
[* 13] mit dem
Grab des
BischofsBernward und einer kunstvoll bemalten Holzdecke aus dem 12. Jahrh.;
befestigt; BischofBernward (gest. 1022) ummauerte die Stadt in ihrer damaligen ganzen Ausdehnung.
[* 22] Handel und Gewerbe gediehen
daselbst; namentlich waren die Hildesheimer Goldschmiedearbeiten bis zum Ende des Mittelalters hochberühmt. Daneben wurden
Künste und Wissenschaften gepflegt, und zahlreiche Fürstensöhne (darunter die KaiserOtto III. und Heinrich II.) sind auf der
Domschule von Hildesheim erzogen worden. Hildesheim erhielt eine bedeutende Erweiterung durch eine flandrische
Kolonie, welche sich 1196 an der Westseite Hildesheims niederließ und den 1332 von den Bürgern zerstörten Dammflecken (in der
Nähe von Moritzberg) gründete. 1249 erhielt Hildesheim vom Bischof eine schriftliche Aufzeichnung des Stadtrechts und trat später
der Hansa bei. Hildesheim lag, zuweilen von Welfen unterstützt, mit seinen Bischöfen häufig in Fehde (s. oben)
und schloß seit dem 14. Jahrh. wiederholt Schutzbündnisse mit dem HausBraunschweig-Lüneburg. Die Hildesheimer Stiftsfehde
(s. oben, S. 530) brachte mit dem Stift auch die Stadt in die Acht, doch schlug sie 1522 den Angriff der
Herzöge von Braunschweig ab. 1542 ward in derselben die Reformation eingeführt; am wurde sie von den Kaiserlichen
unter Pappenheim eingenommen, doch erhielt durch die Kapitulation vom Juli 1634 die protestantische Partei wieder die Oberhand. 1802 kam
die Stadt an Preußen, 1806 an die Franzosen, 1807 an Westfalen, 1813 an Hannover und 1866 mit dem KönigreichHannover abermals an Preußen.
Vgl. Lüntzel, Geschichte der Diözese und Stadt Hildesheim (Hildesh. 1858);
W. Wachsmuth, Geschichte
von Hochstift und Stadt Hildesheim (das. 1863);
Mithoff, Kunstdenkmale und Altertümer im Hannoverschen, Bd. 3: Fürstentum Hildesheim (Hannov.
1874);
»Urkundenbuch der Stadt Hildesheim« (Hildesh.
1880-86, Bd. 1 u. 2, hrsg.
von Döbner);
Lachner, Die Holzarchitektur Hildesheims (das. 1882);