[* ] bei den Griechen die Göttin des Herdes und des Herdfeuers, eine der zwölf obern Gottheiten, Tochter des Kronos
und der Rhea, Schwester des Zeus (die jüngste von allen olympischen Gottheiten, da Homer sie noch nicht kennt), wurde von ihrem
Vater verschlungen, aber durch die List ihrer Mutter gerettet. Sie war eine jungfräuliche Göttin, die,
als Apollon und Poseidon um sie warben, ewig Jungfrau zu bleiben schwur. Wie der ihr heilige Herd der Mittelpunkt des häuslichen
Lebens war, so war sie die Göttin der Häuslichkeit und alles häuslichen Segens, und da man den Göttern auf dem Herd opferte,
so brachte man ihr, als der Vorsteherin der Opfer, beim Opferschmaus zu Anfang und zu Ende heilige Spenden
dar.
Bei dem Herd und bei dessen Göttin schwur man heilige Eide; bei Verträgen wurde Hestia vor allen Göttern angerufen. Der Herd war
ein Asyl für Schutzflehende und Hestia mit Zeus die Schutzgottheit derselben. Naturgemäß wurde die Schutzgöttin
des Hauses auch Beschützerin jeder staatlichen Vereinigung. Deshalb war in den griechischen Staaten das Prytaneion der Hestia geweiht,
und sie hatte dort einen Altar, auf dem ihr zu Ehren ein ewiges Feuer unterhalten wurde. Von diesem Altar nahmen die in die Ferne
ziehenden Kolonisten Feuer mit für den Herd ihrer künftigen Niederlassung.
Die der Hestia entsprechende Göttin der Römer ist Vesta (s. d.), die aber im öffentlichen Leben derselben eine ungleich wichtigere
Rolle spielt. Dem reinen und keuschen Wesen der Göttin entsprechend, konnte ihre künstlerische Darstellung nur den Ausdruck
der strengsten Sittlichkeit an sich tragen. Man pflegte sie sitzend oder ruhig dastehend mit ernstem Gesichtsausdruck
und stets völlig bekleidet darzustellen. Im ganzen gab es im Altertum nur wenige Statuen der Hestia, die berühmteste war die des
Skopas. In erhaltenen Statuen ist Hestia noch nicht sicher nachgewiesen; man bezieht auf sie gewöhnlich die sagen. »Giustinianische
Vesta« im Museo Torlonia in Rom (s. Abbildung), eine weibliche Gewandstatue strengen Stils, etwa aus der
Zeit der Giebelfiguren des Zeustempels zu Olympia und diesen formenverwandt. Auf römischen Münzen erscheint sie mit dem Palladium
und Simpulum.
mystische Sekte von Mönchen, vornehmlich auf dem
Berg Athos. Ihre Verirrungen sind besonders von ihrem Gegner, dem Mönch Barlaam (s. d.), geschildert worden. Sie lebten danach
ein beschauliches Leben in fortwährendem Gebet, wobei sich jeder einzelne in einen Winkel setzte, das Kinn auf die Brust legte
und das Auge unermüdet nach dem Nabel hin richtete. Sie meinten hierdurch zu einer leiblichen Anschauung
des unerschaffenen Strahlenlichts der göttlichen Herrlichkeit zu gelangen (daher der Name Nabelseelen, Omphalopsychoi). Als
Verteidiger der Hesychásten gegen die Angriffe Barlaams trat
besonders Gregorius Palamas (s. d.), Erzbischof von Thessalonich, auf, welcher
auf vier Synoden zwischen 1341 und 1351 die Anerkennung der Rechtgläubigkeit der Hesychásten durchsetzte.
1) aus Alexandria, griech. Grammatiker, verfaßte wahrscheinlich gegen Ende des 4. Jahrh. n. Chr. zum Teil
auf Grund älterer Glossographen ein griechisches Lexikon, das noch in der schweren Entstellung, in der
es auf uns gekommen ist, eine der wichtigsten Quellen für Verständnis und Kritik der griechischen Dichter, Redner, Historiker
und Ärzte ist. Ausgaben besorgten Alberti und Ruhnken (Leid. 1746-76, 2 Bde.), M. Schmidt (Jena 1857 bis 1868, 5 Bde.; kleinere
Ausg., 2. Aufl., das. 1867).
Vgl. Ranke, De lexici Hesychiani vera origine etc. (Quedlinb.
1831);
Welcker, Kleine Schriften, Bd. 2 (Bonn 1845).
2) aus Milet, byzantin. Geschichtschreiber, im Anfang des 6. Jahrh. n. Chr., schrieb eine allgemeine Weltgeschichte, von der
Zeit des Belos in Assyrien bis 518 n. Chr., und eine alphabetisch geordnete biographische Übersicht der vorzüglichsten griechischen
und namentlich philosophischen Schriftsteller. Von ersterer ist nur der Anfang der letzten Abteilung
übrig, herausgegeben in Labbes »Eclogae historicorum de rebus byzantinis«
(Par. 1647),
einzeln von Douza (Heidelb. 1598). Ausgaben beider Werke des Hesychios hat man von Meursius (Leid. 1613) und Orelli (Leipz.
1820, Par. 1851).
ungefähr seit der Zeit des Perikles euphemistische Bezeichnung der Buhlerinnen bei den Griechen. Schon
Solon hatte, um die Heiligkeit der Ehen vor den Leidenschaften einer sinnlichen Jugend zu schützen, öffentliche Bordelle (Porneia)
unter Aufsicht des Staats einrichten lassen, dazu schöne Sklavinnen aufgekauft und, wie berichtet wird, sogar von dem erzielten
Ertrag der Aphrodite Pandemos einen Tempel gebaut. Seinen Zweck hatte er auch erreicht, denn die Sitte verurteilte
streng den Besuch von Ehemännern in diesen Häusern, und besondere Gesetze beschützten die Rechte der etwa verletzten Ehefrauen.
Erst zu Perikles' Zeit wurde das Hetärengewerbe verfeinert und dadurch für die öffentliche Moral ungleich gefährlicher.
Es waren nicht mehr bloß Sklavinnen, die in den Instituten des Staats oder im Besitz von Privaten für Geld
sich preisgeben mußten, sondern auch freie, meist aus der Fremde herbeigekommene, durch Schönheit und oft auch durch geistige
Bildung ausgezeichnete Mädchen, die in eigner, zum Teil glänzender Haushaltung lebten, zogen die Männer an sich, oftmals
ihr heimliches Gewerbe durch die Künste des Tanzes, Zitherspielens, Paukenschlagens verdeckend. Mag auch Aspasia (s. d.), die
Geliebte des Perikles, nicht eine eigne Hetärenschule gestiftet haben, so eigneten sich doch durch ihren Umgang und ihr Vorbild
viele
mehr
junge Mädchen jene feine Bildung und gesellschaftlichen Formen an, welche das Verächtliche ihres Treibens verdeckten und selbst
ernste Männer bethörten, um so mehr, als die griechischen Hausfrauen ihrer beschränkten Bildung wegen nicht im entferntesten
sich mit ihnen in geistiger Beziehung messen konnten. Daß die Künste, mit denen die Hetären ihre Liebhaber
ins Netz lockten, und die Herzlosigkeit, mit der sie die Umgarnten aussogen, dieselben waren wie zu allen Zeiten, würde vermutet
werden können, auch wenn es nicht namentlich in den Hetärengesprächen Lukians und den Briefen Alkiphrons mit zahlreichen
Beispielen berichtet wäre.
Daneben zeigen sich freilich auch Züge einer uneigennützigen Liebe und hochsinniger Aufopferung. Die
edle Leäna ließ, auf Hippias' Befehl gefoltert, ihr Leben, ohne den Geliebten zu verraten. Timandra blieb ihrem Alkibiades
auch nach seinem Tode treu und bestattete den von Freund und Feind gehaßten, heimatlosen Flüchtling. Einige Hetären erwarben sich
ungeheure Reichtümer und große Berühmtheit und wurden selbst durch Bildsäulen verherrlicht. Eine Lais
verkaufte ihre Gunst nur zu den höchsten Preisen, eine Phryne (bekanntlich für Praxiteles das Musterbild seiner Aphrodite) konnte
den Thebanern anbieten, die zerstörten Mauern ihrer Stadt auf eigne Kosten wieder aufzubauen.
Eine Pythionike und Glykera genossen am Hof des Harpalos königliche Ehren, und eine Myrrhina teilte mit
dem Demetrios alles, bis auf das Diadem. Eine Thais, die Geliebte Alexanders, gab dem Thron der Ptolemäer einen Erben und den Kypriern
eine Königin. Die Tänzerin Aristonike und die Paukenschlägerin Önanthe traten, wie Plutarch sagt, königliche Diademe mit
Füßen. Neben Athen war es namentlich das von Fremden viel aufgesuchte Korinth, wo das Hetärenwesen am
meisten in Blüte stand. Über das Hetärenwesen bei den Römern s. Meretrices.