Provinz ausgebreitet, so: Spinnereien, Webereien, Eisengießereien, Maschinenfabriken, Tuch-, Papier-, chemische Fabriken etc.
In einigen Orten ernähren sich die Bewohner vorzugsweise von Badegästen und dem Fremdenverkehr (Wiesbaden, Ems), am Ufer des
Rheins im Rheingau vom Weinbau. Die Schifffahrt ist nur in einigen Grenzgebieten von Belang. Der Handel wird durch eine Anzahl
von Eisenbahnen unterstützt, von denen einige auch für Deutschland von hervorragender Bedeutung sind: die Frankfurt-Bebra-Göttinger
und die Berlin-Koblenzer Eisenbahn vermitteln den Verkehr zwischen Berlin und Südwestdeutschland, die Linie Hannover-Kassel-Frankfurt
a. M. den Verkehr zwischen den Nordseehäfen und Süddeutschland;
andre Linien sind: Frankfurt a. M.-Niederlahnstein, Marburg-Gerstungen
von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn etc., sämtlich Staatsbahnen, während eine Anzahl von Privatbahnen
den Lokalverkehr vermittelt.
Von den beiden Regierungsbezirken zerfällt Kassel in 24 Kreise (darunter die Stadtkreise Kassel und Hanau), Wiesbaden in 18 Kreise
(darunter die Stadtkreise Wiesbaden und Frankfurt a. M.); der Oberpräsident hat seinen Sitz in Kassel. Jeder Regierungsbezirk
bildet einen kommunalständischen Verband. Die obersten Gerichtsbehörden sind die Oberlandesgerichte zu
Kassel (mit den 3 Landgerichten zu Hanau, Kassel und Marburg) und zu Frankfurt a. M. (mit den 5 Landgerichten zu Frankfurt a. M.,
Hechingen, Limburg, Neuwied und Wiesbaden); zu dem Bezirk des erstern gehört noch Waldeck, zu dem des letztern Hohenzollern und
Teile der Rheinprovinz; zu andern Oberlandesgerichtsbezirken gehören die Kreise Schmalkalden (Jena) und
Rinteln (Celle). Die Provinz, welche mit Ausnahme des Kreises Rinteln zum Bezirk des 11. Armeekorps gehört, entsendet 14 Mitglieder
in den deutschen Reichstag und 26 in das preußische Abgeordnetenhaus.
apanagierte Seitenlinie des Hauses Hessen-Kassel, 1685 von Philipp, dem dritten Sohn des Landgrafen
Wilhelm VI. und der Prinzessin Hedwig Sophie von Brandenburg, gegründet und nach dem vom Stifter erbauten Schloß Philippsthal bei
Vacha, der Residenz dieser Linie, nach dem an der Baustelle früher vorhandenen Kloster Kreuzberg auch Hessen-Kreuzberg genannt.
Landgraf Karl, geb. folgte seinem Vater Ernst Konstantin als Chef des Hauses und starb in
Philippsthal.
Sein Nachfolger wurde der ältere seiner beiden von der Herzogin Maria von Württemberg ihm gebornen Söhne, Ernst, geb. 1846. Eine
Nebenlinie dieses Hauses, Hessen-Barchfeld, wurde 1721 vom zweiten Sohn Philipps, Wilhelm, gestiftet und hat jetzt ihre Residenz zu
Augustenau bei Eisenach. Gegenwärtiger Landgraf ist Alexis, geb. folgte seinem Vater Karl Beide
Linien erhielten 1880 von Preußen aus dem kurhessischen Fideikommiß eine Rente von 300,000 Mk. und die Schlösser zu Hanau, Rotenburg
und Schönfeld als Privatfideikommiß der Philippsthaler Linien.
erloschene Nebenlinie von Hessen-Kassel, ward gegründet von Ernst, dem
jüngern Sohn des Landgrafen Moritz. Derselbe, geb. 1623, 1652 zur katholischen Kirche übergetreten, gest. 1693, erhielt nach
dem Hausvertrag vom und Rheinfels und kam nach dem Tod seiner Brüder, des Landgrafen Friedrich zu Eschwege
(gest. 1655) und des Landgrafen Hermann zu Rotenburg (gest. 1658), in den alleinigen Besitz der
sogen. Rotenburger
Quart, d. h. aller den jüngern Söhnen des Landgrafen Moritz unter Hoheit der ältesten Linie überlassenen Ämter, Städte und
Einkünfte, nämlich der niedern Grafschaft Katzenelnbogen mit der Festung Rheinfels, den Ämtern und Städten Rotenburg, Wanfried,
Eschwege, Treffurt, Ludwigstein, der Herrschaft Plesse, dem Amt Gleichen, nebst einem Viertel des Landzolles.
Ernsts Söhne Wilhelm (gest. 1725) und Karl (gest. 1711) stifteten die Linien Rotenburg und Wanfried, welch letztere 1755 schon
wieder erlosch. In der Linie Rotenburg folgte auf Wilhelm dessen Sohn Ernst Leopold, der 1749 starb. Dessen Sohn Ernst Konstantin
(geb. 1716) brachte nach dem Aussterben der Linie Wanfried 1755 alle Besitzungen seines Hauses wieder zusammen
und suchte dieselben durch Einführung der Primogenitur zusammenzuhalten; nur Rheinfels war 1735 an Hessen-Kassel abgetreten
worden, weswegen die Linie sich fortan bloß Hessen-Rotenburg nannte. Konstantin hatte bei seinem Tod 1778 seinen Sohn Karl Emanuel
und dieser 1812 seinen Sohn Viktor Amadeus (geb. zum Nachfolger.
Inzwischen war durch den Frieden von Lüneville 1801 der auf dem linken Rheinufer gelegene Teil der Grafschaft Katzenelnbogen
an Frankreich abgetreten worden, wofür der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 den Landgrafen durch eine Rente entschädigte.
Unter der westfälischen Herrschaft blieb Hessen-Rotenburg im Besitz der zur Quart gehörigen Lande. Nach
den Bestimmungen des Wiener Kongresses aber trat Hessen-Kassel 1815 den Rest der niedern Grafschaft Katzenelnbogen, die Herrschaft
Plesse und das Amt Neuengleichen an Preußen ab, welches dafür dem Landgrafen Viktor die Abtei Korvei in Westfalen und die Herrschaft
Ratibor in Schlesien überließ.
Außerdem war der Landgraf noch im Besitz des in Kurhessen gelegenen Teils der Rotenburger Quart, die auf Grund des Vertrags von 1627 beim
Erlöschen des Mannesstamms der Rotenburger Linie der ältern Linie wieder zufallen sollte. Da der Landgraf Viktor Amadeus von
seiner Gemahlin Eleonore, einer Prinzessin von Salm-Reifferscheidt-Krautheim, keine Kinder und nur noch
eine Schwester, Klothilde, am Leben hatte, die mit dem Fürsten Karl August von Hohenlohe-Bartenstein vermählt war, aber ebenfalls
keine Kinder besaß, so vermachte er durch Testament und mit Genehmigung der preußischen Regierung die in Preußen gelegenen
Güter, die Herrschaft Ratibor, das Fürstentum Korvei und die Herrschaft Treffurt, seinem Paten, dem Prinzen
Viktor von Hohenlohe-Schillingsfürst, und dessen Bruder, dem Prinzen Chlodwig, Neffen seiner zweiten, 1830 verstorbenen Gemahlin
Elisabeth, Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg.
Nachdem Landgraf Viktor gestorben, übernahm Prinz Viktor, seit 1845 Herzog von Ratibor, die rotenburgische Erbschaft.
Über die in Kurhessen gelegene und nun heimgefallene Rotenburger Quart erhob sich aber ein Streit zwischen
den kurhessischen Ständen und der Regierung. Die Stände nämlich nahmen dieselbe als Staatsgut in Anspruch; die Regierung dagegen
wollte die Quart als eine dem regierenden Haus zugefallene Erwerbung, auf welche der Staat kein Recht habe, betrachtet wissen
und ließ sie als dem Regenten angehöriges Fideikommiß des Kurhauses jahrelang trotz aller von seiten
der Stände dagegen erhobenen Proteste durch eine besondere Kammer verwalten. Nachdem sich die Streitfrage über die Rotenburger
Quart durch viele Landtage durchgeschleppt hatte, während der
mehr
Kurprinz-Mitregent faktisch die Nutznießung derselben hatte, brachte erst das Jahr 1848 eine den Landesinteressen günstigere
Wendung. Regierung und Stände verglichen sich nämlich dahin, daß unter Verzichtleistung auf die Rückerstattung der vom
kurfürstlichen Haus bereits bezogenen Summen die Einkünfte der Quart fortan unter den Staatseinnahmen verrechnet werden sollten.
Obwohl dem Kurfürsten der Rechtsweg offen gelassen ward, ist es doch bei diesem Vergleich geblieben.