Sie wurde indessen gleich darauf wieder geöffnet und hat bis 1872 ungehindert fortbestanden. Die seit Anfang 1850 siegreich
vorschreitende
Reaktion gestattete auch dem
Landgrafen, Anfang 1851 alle Zugeständnisse von 1848 mit Einem
Schlag zurückzunehmen. Am erfolgte die förmliche Aufhebung der
Verfassung vom Da
LandgrafFerdinand kinderlos
starb, fiel die Landgrafschaft nach seinem
Tod an
Hessen-Darmstadt zurück, kam aber schon nach wenigen
Monaten infolge des
Friedensvertrags zwischen
Preußen
[* 15] und
Hessen-Darmstadt vom 3. Sept. d. J. an ersteres Land und bildet seitdem
einen Teil der
ProvinzHessen-Nassau.
Mit dem TodGustavAdolfs (1632) änderte sich die Lage des Landgrafen sehr zu seinem Nachteil. Ohne Rückhalt an den schwedischen
Heeren konnte Wilhelm V. mit seinen durch die Wechselfälle des Kriegs und Geldmangel geschwächten Streitkräften
bei dem noch immer starken Widerwillen der Ritterschaft gegen jede beträchtliche Leistung für das Soldheer neuen Einfällen
der Kaiserlichen nicht widerstehen. GeneralGötz drang 1636 verheerend in Niederhessen ein, und obgleich die Schweden
[* 25] unter
Banér dasselbe nach dem Sieg bei Wittstock wieder befreiten, so folgten doch den Kriegsdrangsalen Hungersnot
und Pest.
Mitten unter diesen Wirren, als die Kaiserlichen zum zweitenmal Hessen-Kassel okkupierten, starb Wilhelm, erst 35 Jahre alt, zu Leer
[* 26] in
Ostfriesland 1637 mit Hinterlassung von sechs unmündigen Kindern. Aber seine Witwe Amalie Elisabeth, eine Frau
von männlichem Geist, ergriff mit Thatkraft und Entschlossenheit die Zügel der Regierung. Von Westfalen
[* 27] aus eroberte sie die
Stammlande wieder und nahm im Bund mit Frankreich und Schweden an den weitern Kämpfen einen hervorragenden Anteil. Im Besitz eines
großenteils aus eignen Mitteln erhaltenen Soldheers von 20,000 Mann und der festen Plätze von den Quellen
der Werra und Fulda bis zur Emsmündung, wußte sie ihr eignes Gebiet, so oft es auch noch von den Durchzügen und Invasionen
überlegener kaiserlicher Heerscharen zu leiden hatte, dennoch durch die Behauptung sämtlicher fester Plätze in demselben
vor nochmaliger gänzlicher Aussaugung zu wahren und beim Friedensschluß sowohl den Forderungen der ProtestantenNachdruck zu verleihen, als auch für die Landgrafschaft die AbteiHersfeld, bisher eine Enklave des Landes, und den größten
Teil der GrafschaftSchaumburg zu erwerben.
Gleichzeitig glückte es der Landgräfin, durch ihr Entgegenkommen in dem langwierigen Erbschaftsstreit mit Hessen-Darmstadt
über den Anfall und die Teilung des durch Erbschaft beiden Linien gemeinsam
zugefallenen Ober- und Niederfürstentums
Hessen einen gütlichen Vergleich herbeizuführen. Die zur marburgischen Erbschaft nicht zugehörigen Patrimonialländer, die
niedere GrafschaftKatzenelnbogen und die Herrschaft Schmalkalden umfassend, wurden ihr ganz, von dem Oberfürstentum eine Hälfte
des marburgischen Anteils, die andre nebst dem gießenschen Teil dem LandgrafenGeorg II. von Hessen-Darmstadt
zugeteilt.
Nachdem die Landgräfin die zwei folgenden Jahre (1648-50) gänzlich der Wiederaufrichtung ihres Landes, dessen Verwaltung
sie nach dem Muster der erbverbrüderten HäuserBrandenburg
[* 28] und Sachsen
[* 29] neu regelte, gewidmet hatte, legte sie 1650 bei eintretender
Majorennität ihres ältesten Sohns, Wilhelms VI., ihre Regentschaft nieder. Ein großes Verdienst hatte
sich die Landgräfin auch dadurch um ihr Land erworben, daß sie beim WestfälischenFrieden das Primogeniturrecht für beide
hessischen Linien, Kassel und Darmstadt, als ständiges Reichsgesetz durchsetzte und damit der endlosen Zersplitterung, durch
die diese Lande schon bedeutend gelitten, für künftige Zeiten vorbeugte.
Karl starb 1730, und es folgte ihm sein Sohn Friedrich I., welcher infolge seiner Vermählung mit Ulrike Eleonore, der jüngsten
SchwesterKarls XII. von Schweden, 1720 den schwedischen Thron
[* 30] bestiegen hatte, weshalb er 1730 seinen BruderWilhelm zum Statthalter in Hessen-Kassel ernannte, der ihm, als er ohne Erben zu hinterlassen, starb, unter dem NamenWilhelm
VIII. als Landgraf folgte. Derselbe beteiligte sich als Verbündeter Englands am Siebenjährigen Krieg, in welchem sich die
hessischen Soldaten zwar mit Ruhm bedeckten, aber das Land unter den Kriegsdrangsalen außerordentlich
litt.
Der Propaganda der Jesuiten war es inzwischen (1749) gelungen, den ältesten Sohn Wilhelms, Friedrich, zum Übertritt zur katholischen
Religion zu bewegen. Dennoch wurden sie durch das energische, von Preußen und Hannover
[* 31] gestützte Vorgehen Wilhelms um die Vorteile,
die sie von diesem fünf Jahre lang verheimlichten Übertritt erhofften, gebracht. Wilhelm nämlich verordnete
(1754) in Gemeinschaft mit seinen Ständen, daß der Prinz einst als Landgraf weder einem Katholiken eine öffentliche Stellung
noch seinen Glaubensverwandten öffentlichen Kult im Umkreis seiner Lande verstatten sollte, und überwies zugleich schon
damals Friedrichs ältestem Sohn, Wilhelm (später als regierender FürstWilhelm IX.), die GrafschaftHanau
als selbständiges Fürstentum. Friedrich sah sich zur Wahrung seines Erbrechts genötigt, allen diesen Bestimmungen seine Zustimmung
zu erteilen, und hielt dieselben dann auch während
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