er zum zweitenmal nach Nowgorod verbannt. Im J. 1842 schied er aus dem Staatsdienst, beschäftigte sich in Moskau mit philosophischen
Studien und veröffentlichte mehrere geistvolle Schriften, auch zwei Romane, deren erster im dritten Band von Wolfsohns »Rußlands
Novellendichtern« (Leipz. 1851) unter dem Titel: »Wer ist Schuld?« deutsch erschien. Nach dem Tod seines
Vaters (1846) verließ Herzen Rußland, begab sich nach Deutschland, von da nach Italien und Frankreich. Seine beiden ersten aufsehenerregenden
Werke waren: »Vom andern Ufer« und »Briefe aus Italien und Frankreich«, die anonym und zuerst deutsch (von F. Kapp, Hamb. 1850)
erschienen. Da nach Bekanntwerden einiger politischer Schriften von ihm in Rußland der Druck aller seiner
Schriften verboten ward, siedelte er 1851 nach London über, gründete dort im Dienst gegen das Autokratenregiment in Rußland
eine Druckerei und gab zugleich seine Zeitschrift »Kolokol« (»Die Glocke«) heraus.
Unter seinen eignen politischen Schriften nennen wir: »Die Entwickelung der revolutionären Ideen in Rußland«
(1851);
»Das getaufte Eigentum« (d. h. die Leibeignen, 1853);
Der nützlichste Teil seiner Thätigkeit bestand in der Herausgabe moderner russischer Schriftsteller,
wie Puschkin, Lermontow, Marlinskij u. a., ohne Zensurlücken. Seine Schriften und namentlich alle Nummern der »Glocke« fanden
trotz strengen Verbots jahrelang ihren Weg über die russische Grenze; nach der Thronbesteigung des Kaisers
Alexander II. kam eine Zeit, in welcher der Flüchtling die öffentliche Meinung seines Vaterlandes fast beherrschte.
Er schien allwissend zu sein und Mitarbeiter in der Nähe des Throns zu haben.
Volle Bestätigung schien letztere Annahme zu erhalten, als er 1859 »Mémoires de l'impératrice Catherine,
écrits par elle-même« (deutsch, Hannov. 1859), eine von dem kaiserlichen Haus ängstlich bewahrte Geheimschrift, herausgab.
Keine Stimme hat die Echtheit dieser Denkwürdigkeiten angezweifelt; keine hat angeben können, wie er in ihren Besitz gekommen
ist. Seine politische Thätigkeit wurde in dieser Zeit zu einer Wohlthat für Rußland, da er die Schattenseiten
und schroffen Widersprüche der offiziellen und sozialen Verhältnisse mit warmem Herzen besprach.
Als sich aber Herzen mehr und mehr Parteiinteressen hingab, fing sein Ansehen an zu sinken, und vollends verdarb er
es mit den Russen, als er während der polnischen Resolution in der »Glocke« seine Stimme für das polnische
Volk erhob. 1863 siedelte er nach Genf
über, wo von 1865 bis 1868 auch der »Kolokol« erschien, unternahm dann mehrere Reisen und
hatte sich eben zu dauerndem Aufenthalt in Paris niedergelassen, als er starb. Mit seinen reichen Mitteln hat Herzen stets
zahlreiche Flüchtlinge unterstützt. Bis in die 50er Jahre schrieb er unter dem Pseudonym Iskander. Eine
Gesamtausgabe seiner Werke in russischer Sprache erschien zu Basel
1875 ff. (10 Bde.
und 1 Band nachgelassener Werke). In deutscher Übersetzung erschien noch: »Aus
den Memoiren eines Russen« (Hamb. 1855-56, 4 Bde.).
Eine Biographie Herzens lieferte Eckardt in »Jungrussisch und Altlivländisch« (2. Aufl.,
Leipz. 1871).
tritt bald als Entzündung des Herzfleisches, bald als solche der innern Herzhaut auf.
1) Die Entzündung des Herzfleisches (Myocarditis) wird nur selten als akute Krankheit in der Weise beobachtet, daß sich kleine
Abscesse (Herzabscesse, Herzgeschwüre) in der Herzwand bilden, welche bald in den Herzbeutel
aufbrechen,
bald durch die innere Herzhaut in die Herzhöhlen sich öffnen, worauf dann das in die Absceßhöhle eindringende Blut die
erweichte Herzwand aufwühlt und selbst zum Einreißen (Herzruptur) bringen kann. Die Ursache dieser eiterigen Herzentzündung beruht regelmäßig
auf der Einschleppung von Bakterien in die kleinern Blutgefäße des Herzens (Embolie) von irgend einem Eiter
oder Jaucheherd aus; derartige Herzabscesse kommen deshalb nur bei Wochenbett- und andern Wundfiebern vor.
Viel häufiger ist die chronische Entzündung des Herzfleisches. Sie gesellt sich oft zum akuten Gelenkrheumatismus hinzu,
ihre Ursachen sind unbekannt. Anatomisch ist sie dadurch charakterisiert, daß im Herzfleisch zumal des
linken Ventrikels sich kleine weiße Flecke und Streifen bilden, welche durch entzündliche Wucherung des Bindegewebes entstehen
und die Muskelfasern an der betroffenen Stelle zum Schwinden bringen. Solche weiße Stellen im Herzfleisch hat man als rheumatische
Schwielen bezeichnet. Sind sie sehr groß, so kann sich die Herzwand an Stelle der Schwiele durch Schrumpfung
der letztern hautartig verdünnen, und solche verdünnte Stellen werden durch den Druck des Bluts sackartig hervorgedrängt.
Dergleichen häufige Anhänge am Herzen führen den Namen des chronischen partiellen Herzaneurysmas. Die Symptome der Myocarditis
sind oft gar nicht bemerkbar zuweilen aber steigern sie sich zu vollendeter Herzlähmung.
2) Die parenchymatöse Herzentzündung besteht in einer trüben Schwellung der Muskelfasern
des Herzens und kann in Fettmetamorphose und Schwund der Muskeln übergehen. Diese Herzentzündung kommt bei hohen Fiebern und in ausgesprochenem
Grad bei Phosphorvergiftung vor.
3) Die Entzündung der innern Herzhaut (Endocarditis) ist ebenfalls meist eine Begleiterin des akuten Gelenkrheumatismus. Sie
ist niemals über das ganze Herz ausgedehnt, sondern nur auf kleine Strecken des Endocardiums beschränkt.
Lieblingssitz sind die Klappen, selten die der rechten, häufig die der linken Kammer (Endocarditis valvularis) oder deren
Sehnenfäden (E. chordalis). Man unterscheidet akute und chronische Entzündungen, die sich freilich ganz gewöhnlich miteinander
kombinieren. a) Die akuten Prozesse beginnen mit Verdickungen des Klappengewebes, welche entweder in die
Bildung kleiner, warziger Thromben und Wucherungen übergehen (E. verrucosa), oder zerfallen und zur Zerreißung der
Klappe oder Sehnenfäden führen (E. ulcerosa), oder endlich Anfang einer chronischen Schwielenbildung mit Fettmetamorphosen
und Verkalkungen werden.
Die verruköse Form ist die häufigste, sie entwickelt sich sehr oft auf dem Grund einer abgelaufenen
chronischen Entzündung, welche schon dicke Bindegewebsbildungen gebildet hatte; sie wird gewöhnlich verhängnisvoll durch
Niederschläge von Faserstoff auf den rauhen Oberflächen, Abreißen derselben und Einkeilen in die Arterien, namentlich des
Gehirns, wo sie eine der häufigsten Ursachen der sogen. Apoplexia sanguinea werden (s.
Embolie). Die ulceröse Form muß wiederum in zwei Abteilungen geschieden werden, deren eine mit einiger Reserve als gutartige,
die andre als bösartige zu bezeichnen ist. Sie sind dadurch unterschieden, daß die gutartige mehr chronisch zur Zerreißung
von Sehnenfäden oder Klappenaneurysmen durch Verfettung der Gewebe führt, daß bei ihr etwanige embolische
Pfropfen sich wie indifferente Körper verhalten, während die bösartige ulceröse Entzündung stets durch Pilzansiedelungen
(Mikrokokken) bedingt wird und bei Verschleppung kleinster Partikeln mit dem Blutstrom in andern
mehr
Organen Abscesse verursacht. Sie ist stets in Begleitung einer akuten Infektionskrankheit, namentlich oft des Wochenbettfiebers,
und obgleich ihre Erkenntnis erst den letzten Jahren angehört, so ist sie doch schon so genau erforscht, daß der erfahrene
Arzt sie sicher zu beurteilen vermag. Dem Laien kann als Anhaltspunkt neben hohem Fieber das (freilich nicht
konstante) Vorkommen flohstichähnlicher Flecke in der Haut dienen, das von Blutungen herrührt, welche durch eingeschleppte
kleinste Pilze (Mikrokokken) bedingt werden.
Die bösartige E. ulcerosa ist, soweit die Erfahrungen reichen, immer tödlich. b) Die chronischen Prozesse am Endocardium führen
zur Verdickung der Klappenränder und entweder zur Verkürzung oder zur Verwachsung der Segel untereinander.
Im ersten Fall ist die Folge für das Ostium eine Erweiterung, unvollständige Schlußfähigkeit (Incontinentia, Insufficienta),
im andern Fall eine Verengerung (Stenosis) mit oder ohne Schlußfähigkeit. Diese Zustände mit ihren Modifikationen nennt man
gemeinhin Herzfehler (s. d.).