Stellungein.VonAntoninusPius 140 als
Lehrer der kaiserlichen
Prinzen M. Aurel und
Verus nach
Rom
[* 2] berufen, wurde ihm 143 die
Ehre des
Konsulats zu teil. Mißhelligkeiten mit seinen athenischen Mitbürgern und häusliches Unglück trübten seine letzten
Lebensjahre. Er starb 177 in
Marathon. Seine Meisterschaft als Redner wird von seinen Zeitgenossen allgemein
anerkannt. Diesem
Ruf entspricht wenig eine unter seinem
Namen erhaltene Schulrede über ein
Thema aus der ältern Geschichte
(in den Sammlungen der griechischen Redner von
Reiske, Bd. 8, von
Bekker, Bd. 5, von
Dobson, Bd. 4), deren Echtheit jedoch zweifelhaft
ist. Von seiner einstigen Berühmtheit geben noch zahlreiche
InschriftenKunde. Unter seinen Bauten ist
namentlich das noch erhaltene
Odeion in
Athen
[* 3] zu erwähnen.
Vgl. Fuelles, Herodis Attici vita
(Bonn
[* 4] 1864);
1) Älios, griech.
Grammatiker, aus
Alexandria, Sohn des
Apollonios Dyskolos, blühte
in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh.
n. Chr. zu
Rom, wo er lange Zeit in vertrautem
Verkehr mit
Mark Aurel lebte und ein großes
Ansehen genoß. Er führte das von seinem
Vater begonnene
Werk der systematischen Erforschung und
Darstellung der griechischen
Grammatik nach allen
Richtungen weiter in einer großen Zahl von
Schriften, die teils in
Auszügen, teils
in Bruchstücken noch vorhanden und von
Lentz (»Herodiani reliquiae«, Leipz. 1867-70, 2 Bde.)
gesammelt und erklärt sind.
2) Griech.Geschichtschreiber, aus
Alexandria gebürtig, lebte um 170-240
n. Chr., bekleidete zu
Rom mehrere öffentliche
Ämter
und schrieb während seines Aufenthalts daselbst in griechischer
Sprache
[* 6] die römische Geschichte seiner
Zeit in acht
Büchern, die vom
Tode des
KaisersMarcus Aurelius (180) bis zu
Gordianus III. (238) reicht und sich durch Einfachheit
und
Klarheit der
Darstellung empfiehlt, hinsichtlich des
Inhalts aber sich zu ausschließlich auf das
Persönliche der
Kaiser
und auf die äußern Vorgänge beschränkt.
Ausgaben lieferten: Irmisch (Leipz. 1789-1805, 5
Tle.),
Wolf
(Halle 1792),
Bekker (Berl. 1826, Leipz. 1855) und
Mendelssohn (das. 1883);
Übersetzungen:
Osiander (Stuttg. 1830, 2 Bde.)
und
Stahr (das. 1858).
Nach mittelalterlichem
Aberglauben ist Herodias zu einem fahrenden
Geist in der wilden
Jagd geworden, »muß ewig tanzen«, wie
sie das
HauptJohannes' des Täufers ertanzt hatte. Vgl.
Befana.
(Herodot), gewöhnlich der
Vater der Geschichte genannt, der älteste der drei großen griechischen Geschichtschreiber,
geb. 484
v. Chr. (dies die wahrscheinlichste unter den verschiedenen Angaben über sein Geburtsjahr) zu
Halikarnassos an der Westküste von
Kleinasien, stammte aus einem angesehenen
Geschlecht, zu dem auch der Dichter
Panyasis, der
Oheim des Herodotos, gehörte, wurde aber von Lygdamis, dem
Tyrannen seiner Vaterstadt, vertrieben und lebte darauf in
Samos; später,
nachdem Lygdamis mit seinerBeihilfe gestürzt war, kehrte er zwar nach
Halikarnassos zurück, wurde aber
durch die politischen Verhältnisse wiederum genötigt, es zu verlassen, hielt sich dann eine längere Zeit in
Athen auf,
schloß sich aber von hier aus an eine
Kolonie an, welche 443 von
Athen unter dem
Namen Thurioi an der
Stelle des
alten
Sybaris in Unteritalien gegründet wurde, wo er, nachdem er noch einmal
(wahrscheinlich von 431 bis 428) einen längern
Aufenthalt in
Athen gemacht, ungewiß wann, jedenfalls aber erst im
Lauf des Peloponnesischen
Kriegs, starb.
Dies die Nachrichten, die uns von den Alten über sein
Leben überliefert sind. Aus seinem Geschichtswerk
aber ersehen wir, daß er einen großen Teil seines
Lebens auf
Reisen zugebracht haben muß. Er kannte nicht nur
Kleinasien,
das eigentliche
Griechenland
[* 7] und Unteritalien aus eigner
Anschauung, sondern hatte seine
Reisen im
Osten bis nach
Babylon, im
Norden
[* 8] bis zu den Gegenden des
SchwarzenMeers ausgedehnt, hatte
Ägypten
[* 9] bis
Elefantine bereist und überall
mit dem regsten
Interesse für alles Wissenswerte und mit der frischesten, lebendigsten Auffassung eine
Fülle von Kenntnissen
gesammelt, die er sodann mit der größten
Treue und
Gewissenhaftigkeit in seinem Geschichtswerk niederlegte.
SeinLeben fällt, wie aus den obigen Jahresangaben hervorgeht, in die Zeit, wo
Kraft
[* 10] und
Bewußtsein der
Hellenen und insbesondere der
Athener durch die gegen die
Perser verrichteten Großthaten aufs höchste gesteigert waren, wo
durch die Berührung mit den Völkern des
Ostens ihr
Gesichtskreis erweitert war, wo
Kunst und
Poesie in den Werken des
Pheidias,
Äschylos und
Sophokles ihren Höhepunkt erreichten, und wo auch die
Reflexion,
[* 11] wie namentlich die entstehenden
philosophischen
Systeme beweisen, sich zu regen anfing, wo aber die geographischen und physikalischen Kenntnisse noch äußerst
gering waren, wo die eigne
Erinnerung der
Hellenen an ihre entferntere Vergangenheit durch die Phantasiegebilde der
Sage verhüllt
und von der
Welt außer ihrem nächsten
Gesichtskreis meist nur märchenhafte
Klänge zu ihnen gelangt waren.
Der Einwirkung dieser Zeitverhältnisse konnte auch Herodotos sich nicht entziehen. Er war zwar eifrig bemüht, überall
die
Wahrheit zu ergründen, er hat auch das, was er selbst gesehen und erlebt hat, scharf beobachtet und meist richtig dargestellt,
wie denn viele seiner lange bezweifelten Nachrichten über fremde
Länder in überraschender
Weise durch
neuere Reisende bestätigt worden sind, und auch das, was er von andern gehört, hat er wenigstens in der
Regel von demjenigen
geschieden, was er aus eigner
Anschauung kannte, und insoweit mit
Kritik verwendet, als er oft aus mehrfachen nicht übereinstimmenden
Nachrichten seiner eignenErklärung nach diejenige ausgewählt hat, die ihm als die glaublichste erschien;
indes war es doch hier bei der
Beschaffenheit der umlaufenden Nachrichten und bei der Unvollkommenheit der damaligen
Kritik
nicht anders möglich, als daß sich ihm viel Märchenhaftes und Unglaubliches darbot und von ihm aufgenommen wurde.
Und während der frommeSinn, mit
dem er überall die
Hand
[* 12] der
Gottheit zu erkennen sucht, im allgemeinen
einen günstigen
Eindruck macht, so ist doch nicht zu verkennen, daß namentlich die große
Rolle, welche die
Orakel als historische
Motive bei ihm spielen, mit den höhern Anforderungen der Geschichtschreibung unvereinbar ist, und auch dies ist zuzugeben,
daß seine einen ersten Anfang philosophischer Geschichtsbetrachtung bildende
Ansicht, wonach die
Gottheit aus
Neid alles
Hohe,
das menschliche
Maß Überschreitende zu erniedrigen liebe, der
Objektivität seiner historischen Auffassung
Eintrag thut. Gleichwohl
ist das Werk nach
Inhalt und Form eins der vortrefflichsten Erzeugnisse der alten Litteratur. Dasselbe ist, wahrscheinlich
nicht von ihm selbst, in neun
Bücher eingeteilt, die von den
Alexandrinern, um damit ihre Vortrefflichkeit
auszudrücken, mit den
Namen der neun
Musen
[* 13] bezeichnet wurden, und hat zum
¶
mehr
Hauptgegenstand die Kämpfe zwischen den Barbaren und Hellenen, insbesondere die beiden großen Perserkriege. Er beginnt nach
Vorausschickung einiger früherer Berührungen zwischen dem Osten und Westen mit der Geschichte des Krösos, des Königs von
Lydien, als des ersten, der die kleinasiatischen Griechen seiner Herrschaft unterworfen, geht dann auf Kyros, den Besieger
des Krösos, über, und indem er die Geschichte der Perser weiter verfolgt, kommt er auf den Aufstand der Ionier und auf die
durch diesen veranlaßten Perserkriege, die er in den vier letzten Büchern ausführlich erzählt und bis zur Eroberung von
Sestos (479) fortführt, einem allerdings wenig bedeutenden und daher zum Endpunkt des Werkes nicht
eben geeigneten Ereignis, weshalb man auch nicht ohne Grund angenommen hat, daß er durch den Tod oder durch irgend ein andres
Ereignis an der Vollendung des Werkes verhindert worden sei.
Daneben aber nimmt er überall Gelegenheit, aus der Fülle seines Wissens anderweite Erzählungen und insbesondere auch
Länderbeschreibungen (die ausführlichsten sind die von Ägypten im zweiten und von Skythien im vierten Buch) einzuflechten,
so daß sein Werk gewissermaßen den ganzen Umfang der historischen Kenntnis nicht nur Herodotos', sondern seiner Zeit überhaupt
repräsentiert. Und wie sonach der Inhalt, so ist auch die Form von besonderm Wert und Interesse, die durch
die lichtvolle, anschauliche Darstellung und durch den Wohllaut und die Weichheit des ionischen Dialekts, in dem er, der Sitte
seiner Zeit hinsichtlich historischer Darstellungen folgend, obgleich selbst Dorier, sein Werk geschrieben hat, einen ungemeinen
Reiz ausübt.
Wann er das Werk verfaßt hat, ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Es wird zwar berichtet, daß
er es 456 zu Olympia und 446 zu Athen öffentlich vorgelesen habe, und bei einer dieser Vorlesungen soll Thukydides zugegen
gewesen und durch dieselbe zur Abfassung seines eignen Geschichtswerkes begeistert worden sein, indes sind diese Nachrichten
nicht ohne Grund bezweifelt worden, und jedenfalls könnten nur Stücke oder Vorarbeiten des Ganzen den
Gegenstand der Vorlesung gebildet haben, da sich in dem Werk mehrfach Hindeutungen auf Ereignisse einer spätern Zeit finden.
Noch gibt es eine BiographieHomers (hrsg. von Westermann in »Biographi graeci minores«, Braunschw. 1845), die Herodotos' Namen trägt
und vom Altertum für sein Werk gehalten worden zu sein scheint; neuere Kritiker ziehen seine Autorschaft
in Zweifel. Ausgaben von Herodotos' Geschichtswerk sind: die erste von Aldus (Vened. 1502), mit den Anmerkungen der frühern Herausgeber
von Schweighäuser (Straßb. 1816, 6 Bde.),
ferner von Gaisford (Oxf. u. Leipz. 1824 ff., 4 Bde.),
Bähr (Leipz. 1830-35, 4 Bde.; 2. Ausg.
1856-61), Stein (Berl. 1869-71, 2 Bde.) und
die kleinern erklärenden Ausgaben von K. W. Krüger (2. Aufl., Leipz. 1881), von Abicht (4. u. 5. Aufl.,
das. 1883, 5 Bde.) und von Stein (Berl. 1864-68). Von deutschen Übersetzungen sind hervorzuheben: die von Jakobi (Düsseld.
1799-1801, 3 Bde.), Lange (2. Aufl., Bresl. 1824, 2 Bde.),
Schöll (neue Ausg., Stuttg. 1855, 3 Bde.),
Bähr (das. 1867, 9 Bde.), Stein (2. Aufl., Oldenb. 1884, 2 Bde.)
und Abicht (Stuttg. 1885). Die englische Übersetzung von Rawlinson (Lond. 1858-60, 4 Bde.)
enthält einen wertvollen Kommentar. Ein »Lexicon Herodoteum« besitzen wir von Schweighäuser (Straßb. u. Par.
1824, 2. Bde.; Lond. 1841).