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Diplomatische Geschichte des gräflichen
Hauses Henneberg
(Hildburgh. 1788-91, 2
Tle.
Diplomatische Geschichte des gräflichen
Hauses Henneberg
(Hildburgh. 1788-91, 2
Tle.
Henneberg,
1) Johann Wilhelm Julius, Agrikulturchemiker, geb. zu Wasserleben in der Grafschaft Stolberg-Wernigerode, studierte seit 1842 am Collegium Carolinum zu Braunschweig, [* 2] seit 1845 in Jena [* 3] und 1846 in Gießen [* 4] in Liebigs Laboratorium [* 5] physiologische Chemie. In der Absicht, sich der Agrikulturchemie zuzuwenden, widmete er die folgenden Jahre einer genauern Einsicht in den landwirtschaftlichen Betrieb und die landwirtschaftlichen Gewerbe, unterrichtete an der Ackerbauschule Badersleben und unternahm eine Studienreise nach England.
Nach einjährigem Aufenthalt in Braunschweig als Sekretär [* 6] des dortigen Landwirtschaflichen ^[richtig: Landwirtschaftlichen] Vereins und Redakteur der »Vereins-Mitteilungen« ging er 1852 als Sekretär der Königlich [* 7] hannöverschen Landwirtschaftsgesellschaft nach Celle, [* 8] begründete dort 1853 das »Journal für Landwirtschaft« und eröffnete ein Laboratorium zur Ausführung chemischer Arbeiten im Interesse der hannöverschen Landwirtschaft. 1857 siedelte er als Vorstand der neugegründeten Versuchsstation Weende-Göttingen dahin über, und 1865 wurde er, unter Beibehaltung seiner Stellung zur Versuchsstation, Professor an der Universität Göttingen. [* 9]
Hennebergs bahnbrechende Thätigkeit, durch welche er der Begründer der neuen landwirtschaftlichen Fütterungslehre geworden ist, begann in Weende, als die von Liebig ausgehenden Anregungen die ganze bisherige Landwirtschaftslehre in Frage stellten. Er wies nun die Nichtigkeit der Lehre [* 10] vom Heuwert nach und drängte auf eine Reorganisation der Fütterungslehre von Grund aus hin. Die Ausbildung der Versuchsmethoden und der chemischen Analyse der Futterstoffe [* 11] wurde mit solchem Erfolg kultiviert, daß die Weender Methoden bald überall maßgebend wurden.
Der nach Pettenkoferschem Prinzip in Weende erbaute Respirationsapparat [* 12] ermöglichte die Bearbeitung der höchsten Aufgaben der Fütterungschemie. Diese Aufgaben wurden mit größter Schärfe präzisiert und eine vollständige Beherrschung der tierischen Produktion, soweit dieselbe von der Ernährung abhängig ist, durch Aufstellung eines eigentümlichen Versuchsplans angebahnt. Er schrieb: »Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer« [* 13] (Braunschw. 1860-64, 2 Hefte),
denen »Neue Beiträge« (Götting. 1870-71) folgten, und zahlreiche Artikel im »Journal für Landwirtschaft«.
2) Rudolf, Maler, geb. zu Braunschweig, studierte in Göttingen und Heidelberg [* 14] die Rechte und arbeitete ein Jahr als Auditor in Braunschweig. Im Frühjahr 1850 jedoch ging er nach Antwerpen, [* 15] um sich in der Malerei auszubilden, und beschloß endlich, nachdem er die dortige Akademie 1½ Jahr besucht, den Staatsdienst ganz aufzugeben. Er ging nach Paris, [* 16] arbeitete dort kurze Zeit im Atelier Coutures und begann alsdann eigne Kompositionen auszuarbeiten, wobei er großen Wert auf landschaftliche Studien legte. 1857 trug ihm sein wilder Jäger (1856, Berliner [* 17] Nationalgalerie) nach Bürger, mit welchem er zuerst sein eigentliches Stoffgebiet, das einer wilden, leidenschaftlich-düstern Romantik, betrat, auf der Pariser Ausstellung eine Medaille ein.
Von einem ähnlichen
Geist ist der Verbrecher aus verlorner
Ehre nach
Schillers
Novelle (1860,
Berliner Nationalgalerie) erfüllt. 1861 ging
Henneberg
nach
Italien,
[* 18] wo er sich zwei Jahre, besonders in
Rom,
[* 19] aufhielt und sein
Kolorit durch das
Studium
Tizians zu größerm
Reichtum
entfaltete. Von 1863 bis 1865 hielt er sich in
München,
[* 20] von 1866 bis 1873 in
Berlin
[* 21] auf, woselbst er in
der
Jagd nach dem
Glück (1868, Nationalgalerie in
Berlin) seine reifste
Komposition schuf, welche seinen
Namen populär gemacht
hat.
Durch die Ereignisse von 1870/71 angeregt, malte er dann einen Cyklus von Wandgemälden patriotischen Inhalts für die Warschauersche Villa in Charlottenburg. [* 22] 1873 ging er wieder nach Rom, wo er bis 1876 blieb und eine Reihe von Reiter- und Jägerbildern schuf, deren Hintergrund die römische Campagna bildet. Neben seiner Neigung zum Phantastischen und zur Romantik reizte ihn vornehmlich die Darstellung des Pferdes, in welcher er eine große Meisterschaft erreicht hatte. Im Kolorit anfangs von Rubens und Tizian ausgehend, arbeitete er sich zuletzt zu einer sonnigen Klarheit und heitern Ruhe hindurch. Er starb in Braunschweig.
(spr. enn'bóng), Stadt im franz. Departement Morbihan, Arrondissement Lorient, am Blavet, nahe dem Ozean und an der Eisenbahn von Nantes [* 23] nach Brest gelegen, hat eine schöne Kirche (Notre Dame de Paradis) aus dem 16. Jahrh., mit gotischem Turm, [* 24] Reste von Befestigungswerken, einen Flußhafen, (1881) 3471 Einw., Sägewerke, Schiffbau und Seebäder. Hennebont war vom 14. bis 16. Jahrh. eine wichtige Festung [* 25] der Bretagne und wurde wiederholt belagert und genommen. Vor der Stadt befinden sich Reste der alten Abtei Notre Dame de la Joie.
der Pharaonen, s. Geier. ^[= # (Vulturidae, hierzu Tafel "Geier"), Familie aus der Ordnung der Raubvögel, große ...]
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Köln, [* 26] Siegkreis, an der Sieg und an der Linie Deutz-Gießen der Preußischen Staatsbahn, von welcher hier die schmalspurige Brölthalbahn (Linie Hennef-Waldbröl) abgeht, hat ein Amtsgericht, eine kath. Kirche, Maschinenfabrikation und (1885) 450 Einw.
(lat. Hannonia, franz. le Hainaut, nach dem Flüßchen Haine benannt), ehemalige Grafschaft im nordwestlichen Deutschland, [* 27] eine der 17 Provinzen der alten vereinigten Niederlande, [* 28] in dem wallonischen Teil derselben, gegenwärtig teils zu Belgien, [* 29] teils zu Frankreich gehörig, grenzte an Flandern und Artois, das Gebiet von Cambrai, die Picardie und Champagne, das Stift Lüttich [* 30] und die Grafschaft Namur. [* 31] Hennegau gehörte in der altrömischen Zeit zur Silva carbonaria und war die Heimat der Nervier.
Seit der Mitte des 9. Jahrh. war es im Besitz eines mächtigen Grafengeschlechts, der Reginar (Rainer), die unter den Frankenkönigen standen, und von denen mehrere auch das Herzogsamt in Niederlothringen verwalteten. Richilde, die Erbtochter Reginars V., der 1030 ohne männliche Erben starb, brachte die Grafschaft an ihren Gemahl, den Grafen Balduin VI. von Flandern, der sich in Hennegau Balduin I. nannte. Die Grafschaft war von alters her Allod und nur die gräfliche Gerichtsbarkeit sowie die zugehörige Abtei Mons [* 32] Reichslehen. 1070 erwarb der Bischof Theodwin von Lüttich die Lehnshoheit über die Allode und 1071 über die Reichslehen des Grafen in Hennegau, wodurch letzterm die Reichsunmittelbarkeit verloren ging.
Balduin V. von Hennegau vereinigte zum zweitenmal durch Heirat mit Margarete von Elsaß und Flandern 1191 beide Grafschaften, Flandern (mit Namur) und Hennegau, miteinander. Balduin VI. (IX. von Flandern), ein Sprößling dieser Ehe, wurde 1204 erster lateinischer Kaiser zu Konstantinopel; [* 33] seine Erblande fielen zuerst an seine älteste Tochter, Johanna, dann 1244 an deren Schwester Margarete, die zuerst mit Burchard von Avesnes und dann mit Wilhelm von Dampierre vermählt war. Im J. 1246 wurde den Kindern erster Ehe Hennegau, denen zweiter Ehe Flandern zugeteilt. Zwischen den Söhnen aus beiden Ehen kam es nun zu langwierigen ¶
Kampfen, in denen sich Margarete auf die Seite der Dampierres stellte; Gegenstand des Zwistes war vornehmlich Reichsflandern. Doch folgte 1279 nach Margaretens Tod ihr Enkel Johann II. in und erwarb 1299 auch die Grafschaft Holland. Mit Wilhelm II. erlosch 1345 die männliche Linie der Avesnes in Hennegau. Des Grafen Wilhelm I., des Guten (1304-37), Tochter Margarete, Gemahlin Kaiser Ludwigs des Bayern, [* 35] brachte Hennegau samt Holland und Zeeland 1345 an das Haus Bayern. Ihre Urenkelin, die ebenso leichtsinnige wie heroische Jakobäa von Bayern, trat 1433 ihr Erbe an Philipp den Guten von Burgund ab, und so kam Hennegau mit der burgundischen Erbschaft 1477 an das Haus Habsburg, bei welchem es (1556-1713 bei der spanischen, dann bei der österreichischen Linie) bis zur französischen Revolution blieb.
Seit dem Pyrenäischen Frieden (1659) und dem von Nimwegen [* 36] (1678) war inzwischen der gegenwärtig zum französischen Departement Nord gehörige südliche Teil von Hennegau mit der Hauptstadt Valenciennes an Frankreich gekommen; aus dem übrigen wurde 1815 mit Einverleibung der vormals flandrischen Landschaft Tournaisis, des namurschen Distrikts Charleroi und einiger Teile von Brabant und Lüttich, welche vorher das französische Departement Jemappes ausmachten, die früher niederländische, jetzt belgische Provinz Hennegau gebildet. S. die »Geschichtskarte [* 37] von Deutschland II«.
Vgl. Duvivier, Recherches sur le Hainaut ancien (Brüssel [* 38] 1866).
Die heutige belgische Provinz Hennegau (s. Karte »Belgien«) grenzt im N. an die Provinzen West- und Ostflandern und Südbrabant, im O. an Namur und im S. und W. an Frankreich, hat einen Flächenraum von 3722 qkm (67,6 QM.) und gehört zu den fruchtbarsten und reichsten Provinzen des Königreichs. Die Oberfläche ist im allgemeinen eben; im westlichen und südlichen Teil streichen die Ausläufer der Ardennen, nämlich von Frankreich her zieht sich ein Höhenzug, welcher die Wasserscheide zwischen Maas und Schelde bildet, in nordöstlicher Richtung gegen Anderluis hin, wo er 198 m Höhe erreicht. Im äußersten Südosten, an den Quellen der Oise (Seinegebiet), steigen die letzten Ausläufer der Argonnen (bei Rinzes) zu 342 m Höhe an. Der Boden besteht aus Kalk, Thon und Sand und ist am fruchtbarsten um Tournai, am sterilsten um Charleroi, wo indes das steinige Erdreich zum Teil mit großen Waldungen bedeckt ist.
Bewässert wird Hennegau von der Schelde, welche den Westen der Provinz durchfließt und an der ostflandrischen Grenze die Ronne aufnimmt, von der Sambre, welche sich durch den östlichen Teil schlängelt und viele Gewässer Namurs empfängt, von der Dender (mit der Sille und Marcq), der Haine und den Kanälen von Charleroi (nach Brüssel) und von Mons (nach Condé). Das Klima [* 39] ist mild und gesund. Die Einwohner, deren Zahl 1886: 1,029,885 betrug, sind größtenteils Wallonen.
Gegenstand des Ackerbaues bilden vorzüglich Weizen und Flachs, letzterer besonders um Tournai; berühmt sind auch die Spargel von Kain und Froyennes. Wichtig ist der Obstbau, besonders für Tournai und die Umgegend; auch der Runkelrübenbau für die Zuckerfabrikation ist ansehnlich. Unter den Waldungen sind die Forsten von Thiérache und Fagne hervorzuheben. Die Rindviehzucht gedeiht durch den herrlichen Wiesenbau ungemein; die Pferde [* 40] sind groß und stark, die Schafe [* 41] wenig veredelt.
Das bedeutendste Produkt des Bergbaues ist die Steinkohle, welche man in drei Distrikten findet: im Borinage (zwischen Mons und der französischen Grenze), bei Mons und bei Charleroi. In mehr als 200 Gruben sind ca. 100,000 Arbeiter in diesem Zweig thätig. Daneben besteht Bergbau [* 42] auf Eisen [* 43] (an der Schelde, Trouille und Maas) und Marmor (um Charleroi). Die Industrie ist blühend; sie leistet Vorzügliches in Eisen- und Stahlwaren, Leinwand- und Spitzen-, Porzellan-, Papier-, Glas-, Fayence-, Leder-, Teppichfabrikation etc. Der Verkehr ist sehr lebhaft. Die Provinz zerfällt in die drei zur ehemaligen Grafschaft Hennegau gehörigen Arrondissements: Mons, Soignies und Ath und die neu hinzugekommenen: Tournai, Charleroi und Thuin. Hauptstadt ist Mons.
Vgl. Bernier, Dictionnaire géographique, historique du Hainaut (Brüssel 1879).