Titel
Heinsius,
1) Daniel (in den frühern Schriften auch Heynsius, eigentlich Heins oder Heyns), holländ. Philolog und Dichter, geb. zu Gent, [* 2] trieb seit 1595 in Franeker, sodann in Leiden [* 3] juristische, besonders aber, unter dem Einfluß Jos. Scaligers, humanistische Studien, erhielt 1602 in Leiden die Erlaubnis, über alte Dichter zu lesen, wurde 1605 daselbst Professor der griechischen Sprache [* 4] und Politik, 1607 Kustos der Universitätsbibliothek, 1609 Sekretär [* 5] des akademischen Senats, 1613 auch Professor der Geschichte, nahm als eifriger Gomarist an der Synode zu Dordrecht [* 6] (1618-19) teil und starb Gustav Adolf ernannte ihn 1618 zum Reichshistoriographen, später noch zum königlichen Rat; auch die Republik Venedig [* 7] und Papst Urban VIII. zeichneten ihn aus. Als Gelehrter hat er sich bleibende Verdienste erworben um die griechischen Autoren Hesiod, Aristoteles, Theophrast, das Neue Testament (»Exercitationum sacrarum libri XX«, Leid. 1639) u. a.; weniger bedeutend sind seine Ausgaben zahlreicher römischer Schriftsteller. Von seinen Gedichten sind die lateinischen hervorragend, dagegen die griechischen ohne höhern Wert; am vollständigsten sind sie gesammelt von seinem Sohn Nikolaas in »Poemata auctiora« (Leid. 1640). Seine »Nederduytsche poemata« gab Scriverius heraus (Amsterd. 1616). Die gleichfalls oft aufgelegten »Orationes« sind schwülstig.
2) Nikolaas, Staatsmann und bedeutender Philolog, Sohn des vorigen, geb. zu Leiden, daselbst gebildet, durchforschte nach kleinern Reisen die Bibliotheken von Paris [* 8] und Italien [* 9] 1645 bis 1648, trat 1650 in die Dienste [* 10] der Königin Christine von Schweden, [* 11] bereiste in deren Auftrag 1651 bis 1653 von neuem Italien, wurde 1654 niederländischer Resident zu Stockholm, [* 12] 1656 Stadtschreiber in Amsterdam, [* 13] 1661 wieder Gesandter zu Stockholm, ging 1669 in außerordentlicher Mission nach Moskau, [* 14] privatisierte seit 1671 in seiner Heimat, zuletzt in dem Städtchen Vianen und starb im Haag. [* 15] Im Besitz eines handschriftlichen Materials wie wenige, unterstützt durch umfassende Gelehrsamkeit, reiche Phantasie, geläuterten Geschmack, poetisches Talent, ist er nicht ohne Grund der Sospitator poetarum latinorum genannt worden. Auf seinen Ausgaben des Claudian (Leid. 1650), Ovid (das. 1652), Vergil (Amsterd. 1664), Prudentius (das. 1667), Valerius Flaccus (das. 1680) beruht die Vulgata dieser Dichter. Mannigfache Beiträge zu andern Dichtern und auch zu Prosaikern finden sich zerstreut, besonders in den »Adversariorum libri IV« (hrsg. vom jüngern Burman, Harling. 1742, mit Lebensbeschreibung). Seine lateinischen Gedichte erschienen gesammelt Amsterdam 1666.
Vgl. ten Brink, Dr. Nicolaas Heinsius jun. (Rotterd. 1885).
3) Anthony, niederländ. Staatsmann, geb. aus einer alten Patrizierfamilie zu Delft, studierte die Rechte in Leiden und ward 1679 Pensionär seiner Vaterstadt. 1682 in einer diplomatischen Mission nach Frankreich geschickt, wurde er am dortigen Hof [* 16] so rücksichtslos behandelt, daß er Frankreich leidenschaftlich zu hassen begann, von der aristokratischen zur statthalterlichen Partei überging und ein eifriger Anhänger und später Freund des Prinzen Wilhelm III. von Oranien wurde. 1687 übernahm er eine Gesandtschaft nach England und 1688 nach Kaspar Fagels Tode das schwierige Amt eines Ratspensionärs von Holland. Er leitete in dieser Stellung die Republik ganz im Sinn Wilhelms, dessen politische Pläne er mit allem seinem Einfluß unterstützte.
Seit dessen Tod 1702 stand er im Mittelpunkt der europäischen Politik und besorgte die Unmasse der auf ihm lastenden Geschäfte mit geräuschloser, aber unermüdlicher Thätigkeit, großer Sachkenntnis und Umsicht, in kühler Bescheidenheit unbeirrt durch Schmeicheleien und Umwerbungen. Im spanischen Erbfolgekrieg spielte er eine der ersten Rollen [* 17] und bildete mit Prinz Eugen und Marlborough das sogen. Triumvirat; das von ihm für die Niederlande [* 18] erreichte Resultat desselben, der Barrieretraktat, hat denselben jedoch nicht zum Heil gereicht; Heinsius hatte sich von seinem Haß gegen Frankreich verblenden lassen. Er starb Seine wichtige politische Korrespondenz wurde von Heinsius J. ^[Hendrik Jacob] van der Heim herausgegeben (»Het archief van den raadpensionaris A. Heinsius«, Haag 1867-80, 3 Bde.).
4) Otto Friedrich Theodor, Sprachforscher, geb. zu Tschernow in der Neumark, wirkte seit 1795 als Lehrer an verschiedenen Gymnasien in Berlin, [* 19] zuletzt als Professor und Rektor am Grauen Kloster und starb daselbst. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: »Deutsche [* 20] Sprachlehre« (Berl. 1798, 3 Bde.; 5. Aufl., Leipz. 1835);
»Kleine deutsche Sprachlehre« (das. 1804, 13. Aufl. 1834);
»Teut, oder theoretisch-praktisches Lehrbuch der deutschen Sprachwissenschaft« (das. 1807-12, 5 Bde.; die einzelnen Teile oft aufgelegt);
»Der Bardenhain« (Berl. 1808, 4 Bde.; 3. Aufl. 1820): »Volkstümliches Wörterbuch der deutschen Sprache« (Hannov. 1818-22, 4 Bde.).