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Heinrich erkannte dies Verbot nicht an und verlieh deutschen Bischöfen die Investitur. Da der Papst den Weg friedlicher Vermittelung verwarf, vielmehr auf der Lateransynode von 1110 seine prinzipiellen Erklärungen wiederholte, zog Heinrich 1110 mit 30,000 Mann nach Italien, [* 2] ließ sich auf den Ronkalischen Feldern von den oberitalienischen Städten huldigen und rückte gegen Rom [* 3] vor. In Sutri wurde darauf zwischen und Paschalis eine Vereinbarung dahin getroffen, daß die Kirche alle vom Reich empfangenen Güter und fürstlichen Rechte zurückgeben und dafür dann der Kaiser auf die Investitur verzichten solle.
Dies sogen. Konkordat von Sutri (dessen Inhalt auf eine Trennung von Kirche und Staat hinauslief) war aber unausführbar. Als es nach dem Einzug des Königs in Rom in der Peterskirche beschworen werden sollte, erhob sich von seiten der Kirchenfürsten ein Sturm der Entrüstung dagegen. Als sich nun der Papst weigerte, Heinrich zu krönen, ließ ihn dieser nebst den meisten Kardinälen gefangen nehmen. Die Römer [* 4] vertrieben zwar die Deutschen aus Rom; aber der Papst gestand endlich dem Kaiser die Investitur der Bischöfe und Äbte zu, worauf er seine Freiheit wiedererhielt und Heinrich krönte.
Kaum aber war der Kaiser nach Deutschland [* 5] zurückgekehrt, als die Lateransynode im März 1112 das Zugeständnis des Papstes für ungültig erklärte und im September 1112 die Synode zu Vienne den Kaiser Heinrich mit dem Bann belegte. Heinrich führte damals Krieg gegen die sächsischen Großen wegen Einziehung der orlamündischen Erbschaft und wurde nach mehreren Siegen [* 6] in der Schlacht am Welfesholz an der Wipper 1115 geschlagen. Der päpstliche Bann wirkte auf die Stimmung der Deutschen; man verlangte allgemein nach Frieden mit Papst und Kirche, so daß Heinrich von seinen eignen Fürsten zu einiger Nachgiebigkeit veranlaßt wurde. 1116 zog er wieder mit Heeresmacht nach Italien, bemächtigte sich der Besitzungen der verstorbenen Markgräfin Mathilde und vertrieb den Papst aus Rom.
Nach Paschalis' II. Tod (1118) wurde dem vom Kaiser erhobenen Papst Gregor VIII. von der Priesterpartei Gelasius II. entgegengestellt, der den Bannfluch gegen Heinrich erneuerte. Unterdessen hatte in Deutschland der Bürgerkrieg fortgedauert. Zwar stellte Heinrich 1119 den Frieden her, indem er auf entgegenkommende Verhandlungen mit dem Papst einzugehen und in Deutschland den frühern Besitzstand wieder aufzurichten versprach; aber der an Gelasius' II. Stelle gewählte Papst Calixtus II. sprach nach einigen fruchtlosen Unterhandlungen ebenfalls den Bannfluch gegen aus.
Nichtsdestoweniger brach sich die friedliche Strömung jetzt allseitig Bahn. Auf dem Reichstag in Würzburg [* 7] kam 1121 endlich der Reichsfriede und eine allgemeine gegenseitige Ausgleichung zu stande. Die Fürstenpartei übernahm es darauf, den Frieden mit der Kirche zu vermitteln. Ein Kompromiß schien in der Idee möglich, die geistliche und weltliche Seite in den bischöflichen Ämtern zu unterscheiden, und auf diesem Grund errichtete man gleichzeitig auf einer Synode und einem Reichstag in Worms [* 8] das Konkordat, wonach die Wahl der Bischöfe den Domkapiteln anheimgestellt werden, dem Kaiser aber die weltliche Belehnung der Gewählten mittels des Zepters zustehen solle.
Nach Beendigung dieses langwierigen Streits wurde des Kaisers Thätigkeit noch von einzelnen Fehden im Innern in Anspruch genommen, namentlich in Meißen, [* 9] wo Konrad von Wettin dem Grafen Wiprecht v. Groitzsch die diesem vom Kaiser verliehene Markgrafschaft streitig machte, und durch die Belagerung und Eroberung der Stadt Worms, die sich gegen den Kaiser aufgelehnt hatte; doch starb er schon in Utrecht. [* 10] Sein Leichnam ward zu Speier [* 11] beigesetzt. Er war in kinderloser Ehe vermählt mit Mathilde, Tochter des Königs Heinrich I. von England, die später den Grafen von Anjou heiratete und Stammmutter der Plantagenets wurde (s. Mathilde 2). Heinrich war ein Mann von hartem, herrschsüchtigem Geist und starkem Charakter, unerbittlich und streng, mißtrauisch und selbst unzuverlässig für andre, daher keineswegs beliebt. Mit ihm erlosch das salische oder fränkische Kaisergeschlecht.
Vgl. Gervais, Geschichte Deutschlands [* 12] unter Heinrich V. und Lothar II., Bd. 1 (Leipz. 1841).
6) Heinrich VI., ältester Sohn Kaiser Friedrichs I. von dessen zweiter Gemahlin, Beatrix von Burgund, geb. 1165, wurde zum König erwählt. Von zartem, nicht großem Körperbau und ernsten Gesichtszügen, dabei mit klarem Verstand und großer Willensstärke ausgestattet, besaß er eine bedeutende Geistesbildung. In allen ritterlichen Künsten geübt, hat er sich auch als Minnesänger versucht. In frühster Jugend nahm er an den italienischen Kriegsfahrten des Vaters Anteil, und 1186 wurde er durch seine Vermählung mit Konstanze von Sizilien, [* 13] der Tochter des Königs Roger, in entscheidender Weise an die Schicksale und die politischen Verhältnisse Italiens [* 14] gefesselt.
Durch die Erwerbung von Sizilien sollte den Staufern der in Oberitalien [* 15] verloren gegangene Einfluß auf die Halbinsel und vor allem auf Rom gesichert werden. Als Friedrich 1189 nach Palästina [* 16] zog, übertrug er Heinrich die Verwaltung des Reichs, dessen Frieden dieser sofort gegen Heinrich den Löwen [* 17] zu verteidigen hatte. Durch seines Vaters Tod wurde er wirklicher Beherrscher Deutschlands und zog sofort nach Italien, wo er zu Rom von Cölestin III. zum Kaiser gekrönt ward.
Nun wollte er nach dem Tode des Königs Wilhelm II. von Sizilien des letzten männlichen Sprosses des normännischen Königshauses, 1191 die Regierung des Königreichs antreten; allein es erstand ihm in Tancred von Lecce, dem illegitimen Sohn Wilhelms, ein von den Normannen unterstützter Gegner. Neapel [* 18] konnte trotz mehrmonatlicher Belagerung nicht erobert werden; eine furchtbare Seuche vernichtete einen großen Teil des deutschen Heers, und Konstanze geriet in die Gefangenschaft des Feindes.
Inzwischen hatte in Deutschland Heinrich der Löwe die Gegner der Staufer gesammelt, während Richard Löwenherz sich auf der Heimreise von seinem Kreuzzug befand, auf dem er deutsche Fürsten und vornehmlich den Herzog von Österreich [* 19] schwer beleidigt hatte. Da geschah es, daß König Richard dem mit Heinrich eng verbündeten Herzog Leopold bei Wien [* 20] in die Hände fiel und von diesem dem Kaiser ausgeliefert wurde. So große Verwickelungen durch die Gefangenschaft und harte Behandlung Richards auch entstanden, und so sehr sich die päpstliche Politik der englischen und welfischen Gegner des Kaisers annahm, so wurde doch durch einen glücklichen Umstand die Sache gelöst, indem eine Wechselheirat zwischen Heinrichs des Löwen Sohn und des Kaisers Base Agnes den Gegensatz der feindlichen Häuser in Deutschland ausglich und der englische König 1194 gegen hohes Lösegeld aus der Gefangenschaft entlassen wurde. Heinrich kehrte darauf nach Italien zurück, wo Tancred und sein ältester Sohn, Roger, gestorben waren, und nahm mit Waffengewalt von seinem sizilischen Erbreich Besitz; jeder Widerstand wurde mit unbarmherziger Strenge niedergeschlagen, zahlreiche normännische ¶
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Große grausam hingerichtet, geblendet und in den Kerker geworfen; Tancreds Familie ward gefangen nach Deutschland geführt. Heinrich beschloß nun, das Kaisertum wieder zu gebietender Weltstellung zu erheben. Aber ein Versuch des Kaisers, sein Übergewicht zur Herstellung einer erblichen Monarchie und Abschaffung des Wahlreichs zu benutzen, scheiterte an dem Widerstand der deutschen Fürsten auf den Reichstagen zu Worms und Würzburg 1196. Obwohl Papst Cölestin gegen den in Italien übermächtigen Heinrich den Bannstrahl geschleudert hatte, unterstützte dieser doch die neue Kreuzpredigt, welche die deutschen Fürsten zu einer Fahrt nach dem Orient aufrief. An der Spitze der deutschen Fürsten kam der staatskluge Erzbischof Konrad von Mainz [* 22] mit einem Heer nach Italien, durch welches der Kaiser zugleich in den Stand gesetzt ward, einen neuen Aufstand in Sizilien mit blutiger Gewalt zu unterdrücken. Aber durch seinen frühen Tod wurde Heinrich verhindert, die großen Weltherrschaftspläne auszuführen, die er in Absicht auf die griechische Halbinsel und den Orient hegte. Sein Sarkophag [* 23] steht in der Kathedrale zu Palermo. [* 24] Sein einziger Sohn war Friedrich II., damals dreijährig.
Vgl. Toeche, Kaiser Heinrich VI. (Leipz. 1867);
Mücke, Heinrich VI. nach Otto von St. Blasien, Arnold von Lübeck und den Kölner [* 25] Annalen dargestellt (Erfurt [* 26] 1876);
Ficker, Über das Testament Kaiser Heinrichs VI. (Wien 1871).
7) (als römischer König Heinrich VII.), ältester Sohn Kaiser Friedrichs II. von dessen erster Gemahlin, Konstanze von Aragonien, geb. 1211, ward schon als Kind zum König von Sizilien gekrönt. Hierauf ließ ihn Friedrich II. zu Frankfurt [* 27] 1220 auch zum deutschen König wählen, obgleich die Päpste die Trennung Siziliens von Deutschland zur Bedingung ihrer Freundschaft für den Kaiser gemacht hatten. Nachdem Heinrich von dem Kölner Erzbischof Engelbert in Aachen [* 28] gekrönt worden, blieb er in Deutschland als Reichsverweser des Kaisers unter Leitung eines Fürstenrats und vermählte sich 1225 mit der sechs Jahre ältern Tochter Leopolds von Österreich, Margareta von Babenberg.
Bei dem Kampf des Lombardenbundes gegen Friedrich II. nahm er, aufgereizt von mehreren Ministerialen, seinen Räten, mit mehreren deutschen Fürsten auf Antrieb Gregors IX. eine drohende Stellung gegen den Vater an und verharrte in Unbotmäßigkeit, nachdem ihm schon einmal verziehen worden war. Er wollte sich zum selbständigen Beherrscher Deutschlands machen. Als aber Friedrich II. nach Deutschland kam, verließ alles den unglücklichen Sohn, welcher im Juli 1235 vom Vater gefangen und nach Apulien, endlich nach Martirano in Kalabrien geführt wurde, wo er starb; er ist in Cosenza beigesetzt. Aus seiner Ehe stammten zwei Söhne, Friedrich und Heinrich, deren erstern Kaiser Friedrich II. nach dem Aussterben des babenbergischen Mannesstamms mit den österreichischen Herzogtümern testamentarisch belehnte, ohne daß er sich in den Besitz derselben zu setzen vermochte. Beide Brüder starben um 1251 in Italien.
8) Heinrich Raspe, s. Heinrich 49).
9) Heinrich VII. von Luxemburg, [* 29] Begründer der luxemburgischen Kaiserdynastie, Sohn des in der Schlacht bei Worringen 1288 gefallenen Grafen Heinrich III. von Lützelburg und der Beatrix von Avesnes, geb. 1269, war zunächst Graf von Luxemburg, seit 1292 vermählt mit des Herzogs Johann von Brabant Tochter Margareta, wodurch der frühere niederrheinische Dynastenstreit seinen beruhigenden Abschluß gefunden. Heinrich verdankte seine Erhebung dem Erzbischof Peter von Aspelt von Mainz und dem Erzbischof Balduin von Trier, [* 30] seinem Bruder.
Gewählt wurde er zu Aachen gekrönt. Die neben Heinrich in Betracht gekommenen Bewerber von Brandenburg [* 31] und Sachsen [* 32] schlossen sich der rheinischen Kurfürstenverbindung und ihrem Erwählten ehrlich an. Die österreichischen Herzöge, die Söhne Kaiser Albrechts I., waren nicht eigentlich als Thronkandidaten aufgetreten und verständigten sich rasch mit dem Luxemburger. Nur in Böhmen [* 33] war der dort herrschende Streit über die Nachfolge der Przemysliden noch nicht geschlichtet und der von einem Teil der Stände zum König erwählte Heinrich von Kärnten dem neuen Herrscher feindlich.
Aber in wunderbar glücklicher Weise löste sich die böhmische Frage zu gunsten des luxemburgischen Hauses. Wenzels III., des letzten przemyslidischen Königs, jüngere Schwester, Elisabeth, suchte Schutz und Hilfe bei Kaiser Heinrich gegen ihren eignen Schwager, den kärntnischen Herzog, und vermählte sich mit Heinrichs Sohn Johann von Luxemburg, welchem der Kaiser als oberster Lehnsherr 1310 Böhmen übertrug, und welchem die Geistlichkeit (besonders die mächtigen Cistercienser), die Städte und ein großer Teil der Herren in Böhmen rasch sich zuwandten.
Der Erzbischof von Mainz, mit den böhmischen Verhältnissen aus frühern Zeiten genau vertraut, ebnete dem jugendlichen Paar die Wege nach Prag, [* 34] wo sich Böhmens glänzendste Epoche unter der neuen Dynastie vorbereitete. Heinrich nahm seinerseits den gesicherten Zustand des Reichs und den innern Frieden zum Anlaß der Wiederherstellung des Kaisertums in Italien und der Erneuerung des deutschen Ansehens in der europäischen Politik. Nachdem er den Grafen von Württemberg, [* 35] den einzigen unbotmäßigen Fürsten, gedemütigt, brach er im September 1310 von Kolmar [* 36] nach Burgund auf und ging über den Mont Cenis nach Italien, wo ihm ghibellinische Hoffnungen, in Dantes Worte und Sprache [* 37] gekleidet, überall entgegenkamen.
Seine Stellung war schwierig. Von den Legaten des Avignonschen Papstes Clemens V. begleitet, von der französischen Politik eifersüchtig bewacht, von den Anjous in Neapel offen und heimlich befehdet, mußte er zunächst die Guelfen schonen, die Gegensätze der Parteien auszugleichen suchen. Hierdurch entfremdete er sich aber die Ghibellinen. Die Kriege und Wirren nahmen erst recht zu, und das Ansehen Heinrichs und seine Macht schwanden mehr und mehr. Nach seiner Ankunft in Rom (Mai 1312) folgten Aufstand u. Kampf.
Über Barrikaden und Leichen schritt Heinrich in den Lateran zur Kaiserkrönung Von Rom ging er nach Florenz [* 38] und warf sich nun in raschem Entschluß den Ghibellinen ganz in die Arme, in deren Hauptplatz Pisa [* 39] er Residenz nahm. Hier ächtete er Robert von Neapel und rüstete sich trotz der Drohung des Papstes mit dem Bann zum Zuge gegen Neapel. Auf dem Marsch dahin versuchte er vergeblich Siena zu erstürmen. Im August 1313 kam er krank nach Buonconvento, wo er bald nach dem Genuß des Abendmahls starb.
Dieser Umstand gab zu der unbegründeten Behauptung Anlaß, daß ihn ein Predigermönch, den man mit Namen bezeichnen zu können meinte, vergiftet habe. Heinrichs Leiche ward in Pisa beigesetzt.
Vgl. Dönniges, Kritik der Quellen für die Geschichte Heinrichs VII. (Berl. 1841);
Barthold, Der Römerzug Heinrichs von Lützelburg (Königsb. 1831, 2 Bde.);
Kopp, Geschichte der eidgenössischen Bünde, Bd. 4, Abt. 1 (Luz. 1854);