gebrauchen, hat aber den größten Einfluß auf die Gestalt der
Knochen
[* 2] und der
Gelenke. Durch fehlerhaften Muskelzug können
die
Knochen sich ganz allmählich, zumal während der Wachstumsperiode, aber auch noch später bei dem Erwachsenen, verkrümmen,
die Gelenkköpfe und Gelenkgruben eine fehlerhafte Gestalt und falsche
Stellung zu einander annehmen. So wie
nun hier die falsche Thätigkeit der
Muskeln
[* 3] gegen den
Willen des Kranken zu
Verkrümmungen der
Glieder
[* 4] etc. führt, so wird
eine absichtliche, methodisch fortgesetzte Übung der entsprechenden
Muskeln auch das Gegenteil, nämlich Rückbildung der
falschen
Haltung zur normalen
Stellung und Form, zu bewirken vermögen.
Dasselbe
Ziel verfolgt die schwedische Heilgymnastik, deren systematische Anwendung auf den
Schweden
[* 5] Pehr Henrik
Ling
(s. d.) zurückzuführen ist; nur legt sie einen besondern Wert auf die passiven,
d. h. durch den
Arzt mit den
Gliedern des
Patienten methodisch ausgeführten,
Bewegungen gewisser Muskelgruppen, durch welche
sie auf die Blutverteilung und überhaupt auf die Kreislaufsverhältnisse in allen Körperteilen einzuwirken
sucht, um auf diese
Weise die Ernährungsvorgänge, somit auch krankhafte
Prozesse, zu beeinflussen und je nach
Lage des
Falles
im
Sinn derHeilanzeige zu regulieren.
Dieses
Prinzip der schwedischen Heilgymnastik ist ein ganz richtiges, und es kommt nur darauf an, wie
man es ausführen, gegen welchen
Teil
man es richten, mit welchen
Bewegungen man auf denselben einwirken will. Man sieht leicht ein, daß
nur ein wissenschaftlich durchgebildeter
Arzt im stande sein wird, das
an sich richtige
Prinzip auf jeden Einzelfall richtig
anzuwenden. Außerdem benutzt die schwedische auch noch andre
Methoden; namentlich sucht sie durch methodisches Kneten
(Massage,
s.Knetkur),
Drücken und
Klopfen der äußerlich zugänglichen Teile die
Bewegungen ganzer
Glieder in den
Gelenken zu ersetzen.
von
Heil, also s. v. w. in seiner Vollkommenheit nicht nur noch unverletzt, sondern auch unverletzlich,
unantastbar, dann s. v. w. schlechthin gut, sittlich vollkommen, makellos.
Seine
Wurzeln hat dieser
Begriff teils im römischen
Kultus, wo er das dem gemeinen
Gebrauch Entzogene, höhern
Zwecken Gewidmete
(sacer, sanctus), teils im Alttestamentlichen, wo der
Ausdruck (kadosch), von Gott ausgesagt, dessen Unterschiedenheit von
allem Irdischen, seine Unvergleichlichkeit und Erhabenheit, von Irdischem ausgesagt, dessen Zugehörigkeit
zu Gott, Gottgeweihtheit bedeutet.
Hatten ferner schon seit Ende des 2. Jahrh. ganze
Gemeinden das Andenken ihrer
Blutzeugen (ihre Dies depositionis, s. d.) gefeiert,
an ihren
Gräbern die Geschichte ihres Bekenntnisses und
Leidens vorgetragen, so ging diese Gedächtnisfeier bald in Verehrung
über, und zwar waren es gerade die angesehensten
Kirchenlehrer und
Bischöfe des 4. und 5. Jahrh., welche
die Martyrolatrie empfahlen. Als die Gelegenheit, zum
Martyrium zu gelangen, verschwand, wurden
Eremiten und
Mönche seit dem
Anfang des 5. Jahrh. schon bei ihren Lebzeiten zu
Heiligen gestempelt.
Bereits im Anfang des 5. Jahrh. eiferte
Vigilantius in
Barcelona
[* 7] vergeblich gegen die Heiligenverehrung;
Hieronymus, der als ungestümer Verteidiger derselben auftrat, hatte die
Sympathien des
Volkes auf seiner Seite, welches in
den
Heiligen eine
Entschädigung für seine Untergottheiten,
Genien,
Heroen etc. gefunden hatte. Man ordnete nicht nur in den
einzelnen
Kirchen besondere
Feste an zum Andenken gewisser
Heiligen, sondern es ward auch schon im 4. Jahrh.
in der orientalischen
Kirche, wo die Zahl der
Heiligen überhaupt früher zum
Abschluß kam, später auch im
Abendland das
FestAllerheiligen (s. d.) gefeiert.
Der Papst untersuchte entweder selbst, unter Zurateziehung einer Versammlung von Bischöfen und später von Kardinälen, den
ihm übersandten Bericht über das Leben und die als unentbehrlich zur Kanonisation geltenden Wunder des Heiligzusprechenden,
oder er übertrug dies auswärtigen Klerikern. Seit der Reformation nahm man vornehmlich auf solche Personen
Rücksicht, die sich durch ihren Eifer gegen die Sache des Protestantismus ausgezeichnet hatten. In diesem Sinn lieferte der
Jesuitenorden eine Anzahl neuer Heiligen.
Die Reformatoren verwarfen den ganzen Heiligenkult als im Widerspruch stehend mit der Lehre
[* 16] des Christentums,
daß nur Gott angebetet werden solle, und daß Christus der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen sei. Den in dieser
Richtung erfolgenden Angriffen wich das Tridentinum aus, und die katholischen Kirchenlehrer suchten zwischen Anbetung (adoratio),
die wir nur Gott und Christo schuldig seien, und Ehrerbietung (veneratio), die wir auch der Kreatur erweisen
dürften, einen Unterschied zu machen, welcher natürlich für den Volksgebrauch wertlos ist. Die Legenden der Heiligen wurden
frühzeitig gesammelt und nach dem Kalender geordnet; daraus entstanden die Kalendarien, Menologien und Martyrologien, dergleichen
von Beda Venerabilis, Hrabanus Maurus, Notker u. a. auf uns gekommen sind. Zahlreich sind auch die Vitae
Sanctorum, von denen es im Mittelalter mehrere Sammlungen gab, darunter besonders die des Simeon Metaphrastes im Morgenland
und die »Legenda aurea«, von Jacobus de Voragine (gest. 1298) veranstaltet, im Abendland bemerkenswert
sind. Gedruckte »Vitae
Sanctorum« gibt es von Aloys Lipomanus
(Rom 1551-1560, 8. Bde.),
Laurent. Surius (3. Ausg., Köln
[* 17] 1618, 12 Bde.) u. a.
Das ausführlichste Werk sind die »Acta Sanctorum«, von Joh. Bolland (Antwerp. 1643) angefangen und von den sogen. Bollandisten
(s. d.) fortgesetzt. Ein »Vollständigeres
Verzeichnis der Heiligen, ihrer Tage undFeste« enthält auch der Supplementband von Potthasts »Bibliotheca
historica medii aevi« (Berl. 1868).