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welcher das Wahre, und als praktischer, welcher das Gute zum Produkt hat), zuletzt als Einheit des Lebens und Erkennens absolute Idee, das sich selbst wissende Leben in seiner vernünftigen Notwendigkeit und diese als die sich selbst wissende Wahrheit oder Wirklichkeit. Was aufgehoben und verändert wird, »macht nur die Oberfläche, nicht das wahrhafte Wesen der Welt aus; dieses ist der an und für sich seiende Begriff, und die Welt ist so selbst die Idee«. Das Gute, der Endzweck der Welt, ist nur, indem es sich stets hervorbringt; das Gute und Vernünftige ist stets wirklich, und alles, was wirklich ist, ist vernünftig, indem es (nämlich die Welt selbst) ewig als Zweck sich setzt und als Thätigkeit oder Prozeß sich ewig selbst hervorbringt.
Für sich betrachtet, ist daher die absolute Idee nichts andres als dieses flüssige oder lebendige Sich-selbst-bewegen und -Bestimmen selbst, die Methode, »wie sie durch den ganzen Verlauf des Systems sich bewegt und gegliedert, mit Bestimmungen erfüllt hat, Prinzip und Resultat, das Denken in seiner Selbstbewegung, die Vernunft, das genetische, ewig ruhelose Werden in und aus und zu sich selbst« (Chalybäus). Mit diesem wieder in seinen Anfang zurücklaufenden Endresultat, der Methode, die ihre Voraussetzung war, ist der Inhalt der Logik, das von Kant angestrebte »Inventar der reinen Vernunft«, erschöpft; die ihrem Inhalt nach durchsichtig gewordene logische Idee ist aber noch nicht sich selbst durchsichtig geworden; dieselbe stellt selbst ein An-sich dar, das die Bestimmung hat, in sein Anderssein (die Natur) umzuschlagen und sich aus diesem in die Einheit (ihrer selbst und der Natur), den Geist, zurückzunehmen.
Jenes ist Gegenstand der Naturphilosophie, die in aufsteigender Ordnung als Mechanik, Physik und Organik oder Biologie, in letzterer selbst als Lehre [* 2] vom geologischen, vegetabilischen und animalischen Prozeß auftritt; dieses ist Gegenstand der Geistesphilosophie, welche in die Lehre vom subjektiven (der Psychologie), vom objektiven (der Ethik entsprechend) und vom absoluten Geist zerfällt. Erstere umfaßt die Anthropologie; die Lehre vom objektiven Geiste die objektiv und real gewordene vernünftige Organisation der Rechtsidee, der Moralität und Sittlichkeit, deren Momente die Familie, die bürgerliche Gesellschaft und die Staatsverfassung sind.
Die Einheit des subjektiven (Einzel-) und objektiven (Geschichtsgeistes) ist der absolute Geist, Wissen der absoluten Substanz (der Vernunft) von sich selbst (Subjektwerden der Substanz), ein Wissen, welches selbst Prozeß ist und als solcher abermals in den drei Stufen des An-sich-, Für-sich- und An-und-für-sich-seins (Kunst, Religion, Philosophie) verläuft. In dem Begriff der Philosophie als des sich selbst wissenden Absoluten oder der sich selbst denkenden Idee, der Vernunft, welche alles in allem und in allen ist, ist »die Wissenschaft in ihren Anfang zurückgegangen und das Logische Resultat, als das Geistige, welches sich als die an und für sich seiende Wahrheit erwiesen hat«.
Dieselbe gestaltet sich von selbst zur »Encyklopädie«, in welcher Form Hegel schon 1817 sein System dargestellt hat, und die Aufeinanderfolge der drei Teile entspricht genau dem Plane, nach welchem schon 1807, als die »Phänomenologie« erschien, die Logik den zweiten, Natur- und Geistesphilosophie den dritten und vierten Teil der Darstellung seiner Philosophie ausmachen sollten. Der erste Teil aber, die Phänomenologie, stellt als Einleitung in das Ganze sich die Aufgabe, das Werden der Wissenschaft von der untersten Gestalt des Wissens an bis zu der obersten in seiner Notwendigkeit darzuthun und zu zeigen, durch welche Gestalten die Menschheit hindurchging, ehe es in ihr, und durch welche Zustände das Individuum hindurchgehen muß (Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft, Geist, Religion), ehe es in ihm zum absoluten, d. h. begreifenden, Wissen, d. h. zu derjenigen Stufe kommen kann, welche alle frühern zu ihren Voraussetzungen hat, und auf welcher, was auf den frühern gefühlt, geglaubt etc. wird, d. h. als Substanz gewesen war, gewußt, d. h. in Thun des Subjekts verwandelt, wird. »Die Wissenschaft (nach Hegels Ausdruck) ist daher die begriffene Geschichte, die Erinnerung und Schädelstätte des absoluten Geistes, dem nur aus dem Kelch dieser Geisterwelt seine Unendlichkeit schäumt.«
Durch seine schematisierende Methode des sich selbst bewegenden Begriffs, die »Seele des Systems«, die einer universellen Anwendung fähig war, hat Hegel seinen Einfluß (wie es einst Leibniz von seinem Universalkalkül, Spinoza und Wolf von ihrer mathematischen Methode hofften) entweder persönlich oder durch seine zahlreichen Schüler auf die Darstellung fast aller besondern Wissenschaften (Religionsphilosophie, Geschichte der Philosophie, Philosophie der Geschichte, Ästhetik etc.) ausgedehnt. Zu seinen ältern Schülern gehörten Gabler, Hinrichs, v. Henning, Michelet, Hotho, Rötscher, Gans, Rosenkranz, Mußmann, Erdmann; zu seinen wärmsten Verehrern, ohne seine Schüler zu sein, Daub, Marheineke, Göschel.
Nach seinem Tod vollzog sich die Auflösung der Schule, wie Erdmann ebenso treffend wie unparteiisch nachgewiesen hat, in der Weise, daß sämtliche drei Punkte, in welchen Hegel dem »revolutionären« Einfluß der Kantschen Kritik gegenüber als »Restaurator« aufgetreten war: Wiederherstellung der Metaphysik, des Dogmas, der Staatsautorität, nacheinander innerhalb der Schule selbst wieder in Frage gestellt wurden. Gegen Hegels Behauptung, daß sein System »orthodox« sei, erhoben sich bald nach seinem Tod nicht nur Stimmen außerhalb, sondern auch innerhalb der Schule. Hegel Leo in Halle [* 3] klagte 1838 die »Hegelingen« des Strebens nach Umwälzung der bestehenden Staats- und Kirchenformen, der Leugnung eines persönlichen Gottes und einer individuellen Unsterblichkeit an. Innerhalb der Schule bestritten Feuerbach und Richter, verteidigte Göschel die persönliche Fortdauer, während Weiße und Conradi eine vermittelnde Stellung einnahmen.
Durch das Erscheinen von Strauß' [* 4] »Leben Jesu« trat eine neue Spaltung ein; die Schule zerfiel in eine Linke (Strauß), zu welcher später noch eine äußerste Linke (Feuerbach, die Brüder Bauer u. a.) kam, eine Rechte (Göschel, Gabler, Hinrichs, Erdmann) und ein Zentrum (Rosenkranz, Vatke, Conradi). Das Organ der ersten, der sogen. Junghegelianer, welche ihre Wirksamkeit bald auch auf das politische und soziale Gebiet ausdehnten, wurden die von Ruge und Echtermeyer gegründeten »Hallischen Jahrbücher«, die sich im Juli 1841 in »Deutsche [* 5] Jahrbücher« und infolge des Zensurdrucks und endlichen Verbots (1843) seit 1844 in »Deutsch-französische Jahrbücher« verwandelten; das Organ der sogen. Althegelianer blieben die »Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik«. Die extremen Ausläufer der erstern, der pseudonyme Max Stirner (Schmidt), Daumer (der später katholisch wurde), der Sozialdemokrat Karl Marx u. a., verloren sich in den Stürmen der Revolution und Reaktion während und nach dem Jahr 1848, durch welche die Aufmerksamkeit von der Hegelschen, leider ¶
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aber auch von der Philosophie als Wissenschaft überhaupt abgelenkt wurde. Hegel ist von einem seiner treuesten Schüler, Erdmann, die Stellung des »Erntenden« seinen Vorgängern gegenüber, von einem andern, Rosenkranz, bei Gelegenheit seines 100jährigen, jedoch nicht mit der gleichen Begeisterung wie Fichtes begangenen Jubiläums (1870) die eines deutschen »Nationalphilosophen« angewiesen worden.
Während unter den gegenwärtig in Deutschland [* 7] Philosophierenden nur wenige (z. B. Vischer, Zeller, Kuno Fischer, G. Biedermann, v. Hasner u. a.) noch als Hegelianer bezeichnet werden können und vielleicht nicht einmal wollen, hat Hegels Philosophie außerhalb Deutschlands [* 8] Eingang gefunden: in Frankreich durch P. Leroux, Ott ( Hegel et la philosophie allemande«, Par. 1844),
Prévost ( Hegel, exposition de sa doctrine«, Toulouse [* 9] 1845),
Willm u. a.; in England durch Stirling (»The secret of und »The Hegelian system«, Lond. 1865, 2 Bde.); in Italien [* 10] durch A. Vera, den Übersetzer von Hegels Naturphilosophie, Raffaele Mariano u. a.
Vgl. über Hegels Philosophie: Michelet, Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland (Berl. 1837-38, 2 Bde.);
Chalybäus, Entwickelung der spekulativen Philosophie von Kant bis Hegel (5. Aufl., Leipz. 1860);
Erdmann, Geschichte der neuern Philosophie, Bd. 3 (das. 1848-53, 2 Tle.);
Derselbe, Grundriß der Geschichte der Philosophie, Bd. 2 (3. Aufl., Berl. 1877);
über Hegels dialektische Methode: Exner, Die Psychologie der Hegelschen Schule (Leipz. 1842-44, 2 Hefte);
J. Hegel Fichte, [* 11] Gegensatz, Wendepunkt und Ziel heutiger Philosophie (Sulzb. 1832-36, 3 Bde.);
über Hegels Stellung zur Gegenwart: Haym, und seine Zeit (Berl. 1857), womit Rosenkranz, Apologie Hegels (das. 1858) und als deutscher Nationalphilosoph (Leipz. 1870), zu vergleichen ist.
2) Karl, Geschichtschreiber, Sohn des vorigen, geb. zu Nürnberg, [* 12] machte seine Studien in Berlin [* 13] und Heidelberg, [* 14] ward 1841 als Professor der Geschichte nach Rostock [* 15] berufen und wohnte 1850 als mecklenburgischer Abgeordneter dem Erfurter Parlament bei. Seit 1856 wirkt er als Professor an der Universität zu Erlangen. [* 16] Sein Hauptwerk ist die »Geschichte der Städteverfassung von Italien« (Leipz. 1847, 2 Bde.). Als Mitglied der Historischen Kommission in München [* 17] leitet er seit 1862 die Herausgabe der »Chroniken der deutschen Städte«, in welchen er selbst die Chroniken von Nürnberg, Straßburg, [* 18] Köln [* 19] und Mainz [* 20] bearbeitete. Separatabdrücke daraus sind: »Verfassungsgeschichte von Köln im Mittelalter« (Leipz. 1877) und von Mainz (das. 1882). Andre Schriften von ihm sind: »Geschichte der mecklenburgischen Landstände bis 1555« (Rostock 1856);
»Die Ordnungen der Gerechtigkeit in der florentinischen Republik« (Erlang. 1867);
»Dino Compagni, Versuch einer Rettung« (Leipz. 1875) und »Über den historischen Wert der ältern Dante-Kommentare« (das. 1878). - Sein Bruder Immanuel, geb. zu Nürnberg, seit 1836 im preußischen Staatsdienst in Handels- und Finanzsachen thätig, wurde 1858 Kurator des Staatsschatzes, 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg; [* 21] er ist einer der Hauptführer der orthodoxen Partei.