Aschaffenburg, verlor schon in früher Jugend den rechten Arm, brachte es aber trotzdem im Zeichnen zu großer Vollkommenheit.
Er widmete sich dem Studium der Kunstgeschichte, vornehmlich des Mittelalters, wurde 1835 zum Professor der Zeichenkunst ernannt,
ward 1853 Konservator der vereinigten Kunstsammlungen zu München, 1863 Konservator des königlichen Kupferstichkabinetts und 1868 Generalkonservator
der Kunstdenkmäler Bayerns und Direktor des bayrischen Nationalmuseums, zu dessen Entwickelung er wesentlich beigetragen hat. 1886 trat
er in den Ruhestand. Hefner-Alteneck machte sich besonders verdient durch Herausgabe einer Anzahl kunst- und kulturgeschichtlicher
Bilderwerke, deren Zeichnungen größtenteils von ihm herrühren.
Sie beginnen mit dem Prachtwerk »Trachten des christlichen Mittelalters nach gleichzeitigen Kunstdenkmalen«
(Mannh., dann Frankfurt a. M. 1840-54, 3 Abtlgn. mit 366 Tafeln),
welchem als Seitenstück die in Gemeinschaft mit C. Becker herausgegebenen »Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters und
der Renaissance« (das. 1848-63, 180 Tafeln) folgten. Eine neue vermehrte Ausgabe beider Werke unter dem Titel: »Trachten, Kunstwerke
und Gerätschaften von dem frühen Mittelalter bis Ende des 18. Jahrhunderts« veröffentlichte er seit 1879 (120
Lfgn.). Es folgten: »Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen« (mit F. W. Wolfs, Frankf. 1850);
»Hans Burgkmairs Turnierbuch«
(das. 1854-56);
»Eisenwerke oder Ornamente der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance« (das. 1861-83, 2 Bde.);
»Die Kunstkammer des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen« (das. 1866-73, 8 Tle.);
»Ornamente der
Holzskulptur von 1450 bis 1820 aus dem Bayrischen Nationalmuseum« (das. 1881 ff.).
1865 publizierte er die Entwürfe deutscher
Meister für Prachtrüstungen der Könige von Frankreich. Von seinen Arbeiten, die nicht in die Öffentlichkeit drangen, sei das
»Geschlechtsbuch der freiherrlichen Familie v. Fechenbach-Lautenbach« hervorgehoben, das er als Unikum
1848-49 für den Freiherrn Fr. v. Fechenbach (gest. 1851) fertigte. Es besteht aus etwa 400 miniaturartig
ausgeführten Blättern, die Wappen, Grabdenkmäler etc. dieser Familie von 1214 bis zur Neuzeit enthaltend, und wird im Archiv
zu Lautenbach bewahrt.
2) Friedrich von, Ingenieur, Sohn des vorigen, geb. zu Aschaffenburg, zog 1852 mit seinen Eltern
nach München, besuchte dort die polytechnische Schule und später zwei Jahre das Züricher Polytechnikum. Seit 1867 als Ingenieur
bei der Firma Siemens u. Halske in Berlin thätig, lieferte er eine Reihe von Erfindungen, durch welche die Elektrotechnik
die wesentlichste Förderung erfuhr. Er konstruierte den sogen. Trommelinduktor, welcher die Grundlage der Siemensschen magnet-
und dynamoelektrischen Maschinen bildet, die Wechselstrommaschine mit rotierenden Spulen ohne Eisenkerne, ferner eine elektrische Lampe
mit eigentümlichem Regulator und die Differentiallampe, bei welcher das Problem der Teilung des elektrischen Lichts zuerst in
epochemachender Weise gelöst wurde. Außerdem konstruierte er ein Dynamometer zur Bestimmung der Arbeitsleistung
dynamoelektrischer Maschinen und viele andre elektrische und mechanische Apparate.
Friedrich, Komponist, geb. zu Basel,
empfing seine musikalische Ausbildung auf dem Leipziger
Konservatorium,
war dann nacheinander in Warschau, London, Paris thätig und wirkt jetzt als Direktor der Musikschule in Zürich.
Hegar veröffentlichte
Männerchöre, von denen namentlich einer, »Die beiden Särge«, viel verbreitet ist.
Für das Lied »In den Alpen« empfing er
vom Badischen Sängerbund einen Preis. Hegar hat auch Werke für gemischten Chor, Lieder für eine Singstimme
und Klavierstücke herausgegeben.
fruchtbarer Gau in Schwaben, zwischen dem Bodensee, dem Rhein, der Donau und den Alpen, war schon zu Karls d. Gr.
Zeit reich an Burgen schwäbischer Edelleute, bildete später mit benachbarten Distrikten den gleichnamigen Kanton der freien
Reichsritterschaft mit dem Kanzleisitz zu Radolfszell und gehört jetzt zum größten Teil zu Baden.
Aus dem Nagelfluh- und
Geröllgebilde der Gegend ragen wie Inseln eine Anzahl kegelförmiger Trappberge hervor, die meist mit Burgruinen gekrönt
sind, so der Hohenhöwen, Hohenstoffeln, Hohenkrähen, Hohentwiel u. a.
1) Georg Wilhelm Friedrich, lange Zeit hindurch einflußreichster Philosoph der neuern Zeit,
geb. zu Stuttgart, ward teils durch Privatlehrer, teils auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt für die Universität
vorbereitet, widmete sich auf dem theologischen Stift zu Tübingen, wo er sich mit dem um fünf Jahre jüngern Schelling befreundete,
1788-93 dem Studium der Theologie und Philosophie und lebte dann als Hauslehrer zuerst in Bern
(1793-96), später
in Frankfurt a. M. (1797-1800), in welchen Zeitraum die ersten Entwürfe seines philosophischen Systems fallen. Im J. 1800 begab
er sich nach Jena, wo er sich mit der Abhandlung »De orbitis planetarum« (Jena 1801),
deren Behauptungen durch die gleichzeitig
erfolgte Entdeckung des Planeten Ceres (durch Piazzi) widerlegt wurden, als Dozent der Philosophie
habilitierte und mit Schelling das »Kritische Journal der Philosophie« (Tübing. 1802) herausgab, nachdem er schon vorher eine
Schrift: »Über die Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems« (Jena 1801),
veröffentlicht hatte. Diese Schrift enthielt
(nach Erdmann) Hegels Programm: »entscheiden« heiße sich über die Streitenden stellen.
Indem er Schellings Identitätslehre als objektiven, Fichtes Wissenschaftslehre als subjektiven Idealismus bezeichnete, deutete
er an, daß über beide hinausgegangen und ein subjektiv-objektiver (absoluter) Idealismus (der seinige) geschaffen werden
müsse. Seit 1804 arbeitete er sein Hauptwerk, die »Phänomenologie des Geistes« (Bamb. 1807; 2. Aufl.,
Berl. 1841), aus, welcher, als dem ersten (einleitenden) Teil der Philosophie, die Logik als zweiter, die Natur- und Geistesphilosophie
als dritter und vierter Teil folgen sollten.
Nach Schellings Abgang zum außerordentlichen Professor ernannt, verließ Hegel nach der Schlacht bei Jena, wo er Napoleon, den »Weltgeist
zu Pferde«, gesehen hatte, die vereinsamte Universität und redigierte zwei Jahre hindurch die »Bamberger
Zeitung«, bis er im Herbst 1808 zum Rektor des Gymnasiums und zum Professor der philosophischen Vorbereitungswissenschaften in
Nürnberg ernannt wurde. Hier arbeitete er sein andres Hauptwerk, die »Wissenschaft der Logik« (Nürnb. 1812-16, 3 Bde.; 2. Aufl.,
Berl. 1841),
aus, wurde im Herbst 1816 auf Daubs Veranlassung als Professor der Philosophie nach Heidelberg
berufen, wo er seine »Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften« (Heidelb. 1817, 4. Aufl. 1845; neu hrsg.
von v. Kirchmann, Berl. 1870) sowie auch seine »Beurteilung
der württembergischen
mehr
Ständeverfassung« schrieb, und folgte 1818 dem Ruf als Professor der Philosophie nach Berlin, wo sich bald ein weiter Zuhörerkreis,
darunter Männer aus allen gebildeten Ständen, um ihn sammelte. Seine »Grundlinien der Philosophie des Rechts, oder Naturrecht
und Staatswissenschaft« (Berl. 1820, 3. Aufl. 1854) trugen dazu
bei, seiner Philosophie in Deutschland Anerkennung zu verschaffen, und die 1827 von ihm in Gemeinschaft mit
mehreren seiner Anhänger gegründeten »Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik« wurden ein wirksames Organ für die Verbreitung
seiner auch von der damaligen Staatsgewalt begünstigten Lehre. Mit einer neuen Ausgabe seiner Werke beschäftigt, starb er an der
Cholera. Von mehreren seiner Schüler wurde die Herausgabe seiner sämtlichen Werke (Berl. 1834-45, 18 Bde.)
besorgt. Eine pietätvolle Biographie Hegels verfaßte K. Rosenkranz (Berl. 1844). Am wurde ihm auf dem Hegelplatz
zu Berlin ein Denkmal errichtet.
Hegels Philosophie ist mit Recht eine geistige Macht genannt worden und hat die ganze Atmosphäre deutscher
Bildung und (auch schönwissenschaftlicher) Litteratur seit der Julirevolution in durchgreifender Weise bestimmt. Dieselbe ist
jedoch sowenig wie die ihr an weitreichendem Einfluß im 18. Jahrh. ebenbürtige und auch
sonst in manchen Punkten (z. B. in ihrer bestechenden Systematik) verwandte Philosophie Wolfs als ein Werk ihrer Urheber anzusehen,
vielmehr, wie diese als die Vollendung des von Leibniz, dem ersten deutschen Originalphilosophen, eingeschlagenen
Wegs, so als die reifste Frucht des einen der beiden von Kant zuerst angebahnten und seinen Nachfolgern zur Wahl hinterlassenen
Wege, des idealistischen, zu betrachten. Um von derselben das (keineswegs leichte) richtige Verständnis zu gewinnen, muß
sie daher im genauen Zusammenhang mit ihren Vorgängerinnen bis auf Kant betrachtet und dabei das Hegel Eigentümliche
von dem ihm mit seinen Vorgängern Gemeinsamen gesondert werden.
Als Kant, um zur Erkenntnis zu gelangen, den jenem seiner Vorgänger entgegengesetzten Weg einschlug und die Erkenntnis, statt
sie, wie bisher, als Wirkung des Einflusses der Dinge (des Objekts) auf den Vorstellenden (das Subjekt der
Erkenntnis) anzusehen, vielmehr als Ausfluß, d. h. als Folge der Organisation, des Erkenntnisvermögens betrachtete, war die
Wendung, welche schließlich zur Philosophie Hegels führte, angebahnt. Das Erkenntnisvermögen verhielt sich seitdem zur wirklichen
Erkenntnis wie nach Aristoteles das Mögliche zum Wirklichen, der Keim zur Pflanze, die Anlage zu ihrer Entfaltung,
Involution zur Evolution.
Bei Kant trat diese Konsequenz noch nicht vollständig hervor, weil nach ihm das Erkenntnisvermögen nicht die ganze Anlage der
künftigen Erkenntnis enthielt, sondern dazu der Ergänzung durch einen äußern Faktor, das Ding an sich, bedurfte. Dieselbe
lag im Erkenntnisvermögen zwar der Form, keineswegs aber dem Stoff nach vorgebildet; das »Inventar der
reinen Vernunft«, welches Kant aufzunehmen unternahm und welches außer den reinen Formen der sinnlichen Anschauung (Raum und
Zeit) auch die reinen Verstandes- und ebensolchen Vernunftformen (Kategorien und Ideen) umfaßte, erstreckte sich nur über
den subjektiven (von innen), keineswegs über den objektiven (vom Ding an sich stammenden) Faktor der Erkenntnis.
Mit dem Hinwegfall des Dinges an sich, welchen nach Schulze-Änesidemus' Vorgang zuerst der subjektive Idealismus Fichtes ins
Werk setzte, fiel der Grund dieser Beschränkung hinweg. Das Erkenntnisvermögen, die »reine Vernunft«, umfaßte
in sich von
jetzt an die gesamte Anlage aller künftigen Erkenntnis; das »Inventar« derselben erstreckte sich, nachdem
der objektive Faktor (das Ding an sich) beseitigt war, auf die gesamte Erkenntnis. Die reine Vernunft (das Erkenntnisvermögen)
trug die gesamte Erkenntnis dem Keim, der Anlage, der Möglichkeit nach in sich, und es kam nur darauf an, ihren implizite enthaltenen
(in ihr gleichsam eingewickelten) Inhalt zu explizieren (aus ihr gleichsam herauszuwickeln).
Daß zu diesem Übergang aus der Anlage zur Entfaltung, aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit Bewegung erforderlich sei, hatte
schon Aristoteles gelehrt. Es kam darauf an, ob zunächst diese Heraussetzung des im Keim Enthaltenen ans Tageslicht (des Bewußtseins)
versucht oder das von Kant angestrebte »Inventar der reinen Vernunft«, die Inhaltsangabe des Keims, zum
Abschluß gebracht werden sollte. Ersteres haben Fichte und Schelling, letzteres Hegel gethan, welcher dadurch als Vollender des
von Kant betretenen Wegs in der Richtung des Idealismus erscheint.
Fichte führte in der Wissenschaftslehre den Gedanken durch, daß das gesamte Erkenntnisobjekt nur die Gesamtheit
der (unbewußten) Thaten des Erkenntnissubjekts sei, welches in allen Objekten sich selbst setze und sich in denselben, als
seinen eignen Setzungen, wieder erkenne, oder nach Schillers treffendem Ausdruck, »daß die Welt ein Fangball sei, den das Ich
mit einer Hand wirft und mit der andern wieder fängt«. Schelling erblickte in der Natur den Inbegriff der
dem Ich unbewußten Setzungen des Ichs, d. h. der in der Natur thätigen, aber schlummernden Vernunft, der träumenden »Weltseele«,
welche bestimmt ist, zum Bewußtsein ihrer selbst gelangt, »Geist« und am Ende der die Stufen des bewußtlosen Vernunftprozesses
in der Natur als bewußter Vernunftprozeß wiederholenden Weltgeschichte »Gott« zu »werden«.
Nach der Meinung beider sollte sich dieser Selbstverwirklichungsprozeß der nach Fichte im Ich, nach Schelling im Absoluten enthaltenen
Möglichkeit in drei Stufen abwickeln, deren erste die unbewußte Setzung (Thesis), die zweite die bewußte Entgegensetzung
(Antithesis) und die dritte die gleichfalls bewußte Ineinssetzung des Setzenden und des durch dasselbe
Gesetzten darstellen, deren Inhalt (der im Ich, im Absoluten, vorgebildete Keim) aber auf allen der nämliche sein sollte.
Auch diese Dreigliederung des Fortschritts hat Hegel mit ihnen gemein, wenngleich er jene Stadien abweichend benannt
und an die Stelle des Sichsetzens und Wiederaufhebens, welches den Schein einer spontanen Thätigkeit des
»Keims« (des Ichs oder des Absoluten) erzeugt, die notwendige Fortbewegung desselben (der »reinen Vernunft«) von einem zum andern
(vom An-sich durch das Für-sich zum An-und-für-sich; Idee, Natur, Geist) gesetzt hat. Den »Keim«, welchen Fichte »Ich«, Schelling
»das Absolute« genannt hatte, bezeichnete Hegel wieder, wie Kant, als »reine (oder absolute) Vernunft« (Idee)
und nahm nach Beseitigung des Dinges an sich ebensowenig wie seine Vorgänger Anstand, zu erklären, daß (wie Fichte vom Ich,
Schelling vom Absoluten behauptete) nunmehr die Vernunft (das Denken) das einzige wahrhaft Wirkliche (Sein) und demnach nicht
nur alles Wirkliche notwendig Vernunft, sondern auch die Vernunft notwendig wirklich sei. Dieser »Keim«,
die Vernunft, ist die einzige »Substanz«, welche demnach keine reale, sondern eine rein ideale und das »Logische«, folglich
die Substanz von allem ist (Panlogismus). Diese »Substanz zum Subjekt«, d. h. die ursprünglich bewußtlose Vernunft zur
mehr
selbstbewußten, zum »Geist« und zwar, da sie absolute Vernunft ist, zum »absoluten Geist« zu erheben, ist die Aufgabe des Weltprozesses;
die Entäußerung derselben von ihrem ursprünglichen Dasein als logische Idee (»Gott vor Erschaffung der Welt«) zu ihrem »Anderssein«
als Natur und die schließliche Selbsterfassung ihrer selbst als des einzigen wahren Wirklichen, was und
wie es an sich selbst ist, sind die Stadien des Weltprozesses.
Die drei sich daraus ergebenden Teile des Systems sind:
1) die Logik, welche die Vernunft oder »Idee« in ihrem »An-sich-sein«, 2) die Naturphilosophie, welche dieselbe in ihrem »Anderssein«,
und 3) die Geistesphilosophie, welche sie in ihrem »An-und-für-sich-sein«
umfaßt. Erstere macht das eigentlich Neue der Philosophie Hegels aus; Fichte hatte die Vernunft nur als Wesen der Geschichte,
der bewußt thätigen, Schelling als jenes der Natur, der unbewußt thätigen Vernunft, dargestellt; Hegel unternahm es, den Inhalt
der unthätigen (ruhenden) Vernunft vor ihrer Entäußerung zur Natur und Selbsterfassung als Geist darzustellen.
Da die Vernunft ihm zugleich als einziges Seiendes gilt, so nimmt die Inhaltsangabe derselben zugleich die Form einer solchen
des letztern an und fällt seine Logik mit dem, was sonst Metaphysik oder Ontologie genannt worden, zusammen.
Statt aber, wie Aristoteles, die allgemeinsten Arten des Seins oder (was hier, da Vernunft [Denken] und Sein
eins sind, dasselbe bedeutet) die höchsten Gattungsbegriffe (Kategorien, s. d.) »empirisch«
aufzuraffen oder, wie Kant, dieselben aus der Tafel der Urteilsformen zu deduzieren, sollen dieselben (und damit der Inhalt
des Denkens wie des mit ihm identischen Seins) durch dieselbe Methode notwendiger Fortbewegung gewonnen werden, welche den
Fortschritt der Idee vom An-sich-sein zum Anders- und An-und-für-sich-sein bedingt.
Diese, die dialektische Methode besteht darin, daß jedes Gesetzte in sein Gegenteil »umschlägt«
und beide, Gesetztes und Entgegengesetztes, sich zu einem Dritten als »höherer
Einheit« vereinigen. Diese Methode, nach welcher nicht nur die logische Idee selbst in ihr Gegenteil, die
Natur, umschlägt und sich mit dieser zum Geist als »höherer Einheit« zusammenfaßt, sondern auch jeder Teil des Inhalts der
Vernunft (jedes »Moment der logischen Idee«) sein Gegenteil aus sich erzeugt und sich mit diesem zu einem »Höhern« vereinigt,
macht jenes von Kant angestrebte »Inventar der reinen Vernunft«, d. h. die Explizierung des in der logischen
Idee implizite enthaltenen Vernunftgehalts, möglich, welcher, da die Natur nur das Anderssein der Idee ist, zugleich der Vernunftgehalt
der Natur und, da der Geist die höhere Einheit beider repräsentiert, zugleich in diesem enthalten ist.
Kants grandioses Vorhaben, den Inhalt der Vernunft auszuschöpfen, ist durch die Hegelsche Logik buchstäblich
auszuführen versucht worden. Da durch den Wegfall des Dinges an sich jede nicht idealistische Erkenntnisquelle beseitigt,
das Denken (wovon Kant freilich ebensowenig wie vom Idealismus etwas wissen wollte) das einzige Sein ist, so bleibt, wenn dasselbe
gelingt, eigentlich nichts zu thun übrig; das an sich mögliche Wissen (die Totalität des Wißbaren) ist
erreicht (nicht, wie der für das menschliche Erkennen Grenzen steckende Kritizismus meinte, subjektiv, sondern objektiv). In
diesem Sinn darf Hegels Logik sich allerdings rühmen, die höchste denkbare Aufgabe sich gestellt zu haben. Um sie zu lösen,
stellte Hegel den denkbar unbestimmtesten Begriff, das »Sein«, welches sonst nichts und daher identisch mit
»Nichts« ist, an den Anfang, um es in
dieses sein Gegenteil »umschlagen«
und beide als identisch sich in der »höhern Einheit« des »Werdens« aufheben zu lassen. In diesem sind Sein und Nichts »aufgehoben«
in dem charakteristischen Doppelsinn, durch dasselbe beseitigt und in demselben aufbewahrt zu sein; das
unbestimmteste Sein ist als Schlußresultat des abgelaufenen Prozesses ein bestimmteres geworden als »Dasein« (Hier- oder Jetzt-
oder Dies-sein), welches als dieses ebensosehr die positive Bejahung eines (allerdings noch ganz unbestimmten) Inhalts wie
die Verneinung eines andern (seinerseits ebenso unbestimmten), also zugleich etwas an sich (Endliches) wie begrenzt durch
ein andres (Ganzes) ist, welche Antithesen zu einer neuen Synthesis und zwar, da Endliches immer wieder von Endlichem begrenzt
wird, zur endlosen Endlichkeit, d. h. zur (wahren) Unendlichkeit (im Gegensatz zur sogen. »schlechten«, durch
das Endliche begrenzten, also nicht unendlichen Unendlichkeit),
führen. Dieselbe, die »Wahrheit des Daseins« und des in das
letztere »aufgelösten« Seins, stellt als unaufhörliches Sichverendlichen das beständige Sichverwandeln, d. h.
als Resultat des zweiten abermals das des ersten Prozesses, das Werden, dar, nur mit dem Unterschied, daß es ein bestimmtes,
ein Sich-in-sich-selbst-bestimmen (Qualieren) ist, dessen Resultat (wie oben aus dem ersten Werden das Dasein, so aus dem zweiten
das Für-sich-sein, die unendliche Beziehung auf sich selbst ist, durch welche das Für-sich-seiende als
Eins (als alles andre von sich ausschließende Einfachheit), das ursprünglich ganz unbestimmte Sein näher bestimmt als Qualität
erscheint. Im weitern Verlauf des dialektischen Prozesses reihen sich an die Qualität Quantität und Maßprozeß, womit der
erste logische Cyklus, die Sphäre des Seins, vollendet und dessen Resultat, das Wesen, gesetzt ist.
Die Lehre von diesem bildet den zweiten, jene vom Begriff, unter welchem von Hegel etwas ganz andres als die gewöhnlich mit diesem
Wort bezeichnete abstrakte und inhaltslose Gedankenform verstanden wird, den dritten Teil der Logik. Unter Begriff versteht
Hegel die Einheit der drei Momente der Allgemeinheit (des Genus), des Besondern (der Art) und des Einzelnen (des definierten Gegenstandes
selbst); derselbe im engern Sinn (rein seiner Form nach betrachtet) gibt die formale (richtiger subjektive) Logik, welche zeigt,
wie der Begriff sich zum Urteil dirimiert und im Schluß wieder zur Totalität seiner Momente zusammengeht.
Durch das »notwendige« Umschlagen des bloß Subjektiven in das bloß Objektive entsteht die »Lehre vom Objekt«, in welcher der
Inhalt der sogen. objektiven Logik, der Sein- und Wesenlehre, unter einem »höhern« Gesichtspunkt wiederkehrt, und welche in
»Mechanismus, Chemismus und Teleologie« verläuft. Synthese dieser beiden, d. h. als Identität der Subjektivität
und Objektivität, ist der Begriff nunmehr als Idee, d. h. als höchste Wahrheit, in der alle andern niedern Standpunkte der
Logik aufgehoben sind, die aber, wie jede andre Synthesis, da sie die Stelle der ersten derselben, des Werdens, einnimmt, nichts
weniger als Ruhe, Neutralisierung der beiden Seiten (der Subjektivität und Objektivität, Unendlichkeit
und Endlichkeit, des Denkens und Seins), sondern vielmehr wesentlich Unruhe, Prozeß ist. Dieselbe ist, dem allgemeinen Schema
des Objektiven, Subjektiven und Subjektiv-Objektiven als Identität beider Momente entsprechend, zuerst als bloße Realität, Leben,
sodann als deren Gegenteil, Idealität (Tod, d. h. Aufhebung und Umsetzung der Realität in Idealität),
Erkennen (und zwar als theoretischer Prozeß,
mehr
welcher das Wahre, und als praktischer, welcher das Gute zum Produkt hat), zuletzt als Einheit des Lebens und Erkennens absolute
Idee, das sich selbst wissende Leben in seiner vernünftigen Notwendigkeit und diese als die sich selbst wissende Wahrheit oder
Wirklichkeit. Was aufgehoben und verändert wird, »macht nur die Oberfläche,
nicht das wahrhafte Wesen der Welt aus; dieses ist der an und für sich seiende Begriff, und die Welt ist
so selbst die Idee«. Das Gute, der Endzweck der Welt, ist nur, indem es sich stets hervorbringt; das Gute und Vernünftige ist
stets wirklich, und alles, was wirklich ist, ist vernünftig, indem es (nämlich die Welt selbst) ewig
als Zweck sich setzt und als Thätigkeit oder Prozeß sich ewig selbst hervorbringt.
Für sich betrachtet, ist daher die absolute Idee nichts andres als dieses flüssige oder lebendige Sich-selbst-bewegen und
-Bestimmen selbst, die Methode, »wie sie durch den ganzen Verlauf des Systems sich bewegt und gegliedert,
mit Bestimmungen erfüllt hat, Prinzip und Resultat, das Denken in seiner Selbstbewegung, die Vernunft, das genetische, ewig
ruhelose Werden in und aus und zu sich selbst« (Chalybäus). Mit diesem wieder in seinen Anfang zurücklaufenden Endresultat,
der Methode, die ihre Voraussetzung war, ist der Inhalt der Logik, das von Kant angestrebte »Inventar der
reinen Vernunft«, erschöpft; die ihrem Inhalt nach durchsichtig gewordene logische Idee ist aber noch nicht sich selbst durchsichtig
geworden; dieselbe stellt selbst ein An-sich dar, das die Bestimmung hat, in sein Anderssein (die Natur) umzuschlagen und sich
aus diesem in die Einheit (ihrer selbst und der Natur), den Geist, zurückzunehmen.
Jenes ist Gegenstand der Naturphilosophie, die in aufsteigender Ordnung als Mechanik, Physik und Organik oder Biologie, in letzterer
selbst als Lehre vom geologischen, vegetabilischen und animalischen Prozeß auftritt; dieses ist Gegenstand der Geistesphilosophie,
welche in die Lehre vom subjektiven (der Psychologie), vom objektiven (der Ethik entsprechend) und vom absoluten
Geist zerfällt. Erstere umfaßt die Anthropologie; die Lehre vom objektiven Geiste die objektiv und real gewordene vernünftige
Organisation der Rechtsidee, der Moralität und Sittlichkeit, deren Momente die Familie, die bürgerliche Gesellschaft und die
Staatsverfassung sind.
Die Einheit des subjektiven (Einzel-) und objektiven (Geschichtsgeistes) ist der absolute Geist, Wissen
der absoluten Substanz (der Vernunft) von sich selbst (Subjektwerden der Substanz), ein Wissen, welches selbst Prozeß ist und
als solcher abermals in den drei Stufen des An-sich-, Für-sich- und An-und-für-sich-seins (Kunst, Religion, Philosophie) verläuft.
In dem Begriff der Philosophie als des sich selbst wissenden Absoluten oder der sich selbst denkenden Idee,
der Vernunft, welche alles in allem und in allen ist, ist »die Wissenschaft in ihren Anfang zurückgegangen und das Logische
Resultat, als das Geistige, welches sich als die an und für sich seiende Wahrheit erwiesen hat«.
Dieselbe gestaltet sich von selbst zur »Encyklopädie«, in welcher Form Hegel schon 1817 sein System dargestellt
hat, und die Aufeinanderfolge der drei Teile entspricht genau dem Plane, nach welchem schon 1807, als die »Phänomenologie«
erschien, die Logik den zweiten, Natur- und Geistesphilosophie den dritten und vierten Teil der Darstellung seiner Philosophie
ausmachen sollten. Der erste Teil aber, die Phänomenologie, stellt als Einleitung in das Ganze sich die
Aufgabe, das Werden der Wissenschaft von der untersten
Gestalt des Wissens an bis zu der obersten in seiner Notwendigkeit darzuthun
und zu zeigen, durch welche Gestalten die Menschheit hindurchging, ehe es in ihr, und durch welche Zustände das Individuum
hindurchgehen muß (Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft, Geist, Religion), ehe es in ihm zum absoluten,
d. h. begreifenden, Wissen, d. h. zu derjenigen Stufe kommen kann, welche alle frühern zu ihren Voraussetzungen hat, und auf
welcher, was auf den frühern gefühlt, geglaubt etc. wird, d. h.
als Substanz gewesen war, gewußt, d. h. in Thun des Subjekts verwandelt, wird. »Die Wissenschaft (nach Hegels
Ausdruck) ist daher die begriffene Geschichte, die Erinnerung und Schädelstätte des absoluten Geistes, dem nur aus dem Kelch
dieser Geisterwelt seine Unendlichkeit schäumt.«
Durch seine schematisierende Methode des sich selbst bewegenden Begriffs, die »Seele des Systems«, die einer universellen Anwendung
fähig war, hat Hegel seinen Einfluß (wie es einst Leibniz von seinem Universalkalkül, Spinoza und Wolf von
ihrer mathematischen Methode hofften) entweder persönlich oder durch seine zahlreichen Schüler auf die Darstellung fast aller
besondern Wissenschaften (Religionsphilosophie, Geschichte der Philosophie, Philosophie der Geschichte, Ästhetik etc.) ausgedehnt.
Zu seinen ältern Schülern gehörten Gabler, Hinrichs, v. Henning, Michelet, Hotho, Rötscher, Gans, Rosenkranz,
Mußmann, Erdmann; zu seinen wärmsten Verehrern, ohne seine Schüler zu sein, Daub, Marheineke, Göschel.
Nach seinem Tod vollzog sich die Auflösung der Schule, wie Erdmann ebenso treffend wie unparteiisch nachgewiesen hat, in der
Weise, daß sämtliche drei Punkte, in welchen Hegel dem »revolutionären« Einfluß der
Kantschen Kritik gegenüber als »Restaurator« aufgetreten
war: Wiederherstellung der Metaphysik, des Dogmas, der Staatsautorität, nacheinander innerhalb der Schule selbst wieder in
Frage gestellt wurden. Gegen Hegels Behauptung, daß sein System »orthodox« sei, erhoben sich bald nach seinem Tod nicht nur
Stimmen außerhalb, sondern auch innerhalb der Schule. Hegel Leo in Halle klagte 1838 die »Hegelingen« des Strebens
nach Umwälzung der bestehenden Staats- und Kirchenformen, der Leugnung eines persönlichen Gottes und einer individuellen
Unsterblichkeit an. Innerhalb der Schule bestritten Feuerbach und Richter, verteidigte Göschel die persönliche Fortdauer, während
Weiße und Conradi eine vermittelnde Stellung einnahmen.
Durch das Erscheinen von Strauß' »Leben Jesu« trat eine neue Spaltung ein; die Schule zerfiel in eine Linke
(Strauß), zu welcher später noch eine äußerste Linke (Feuerbach, die Brüder Bauer u. a.) kam, eine Rechte (Göschel, Gabler,
Hinrichs, Erdmann) und ein Zentrum (Rosenkranz, Vatke, Conradi). Das Organ der ersten, der sogen. Junghegelianer, welche ihre Wirksamkeit
bald auch auf das politische und soziale Gebiet ausdehnten, wurden die von Ruge und Echtermeyer gegründeten
»Hallischen Jahrbücher«, die sich im Juli 1841 in »Deutsche Jahrbücher« und infolge des Zensurdrucks und endlichen Verbots
(1843) seit 1844 in »Deutsch-französische Jahrbücher« verwandelten; das Organ der sogen. Althegelianer blieben die »Jahrbücher
für wissenschaftliche Kritik«. Die extremen Ausläufer der erstern, der pseudonyme Max Stirner (Schmidt),
Daumer (der später katholisch wurde), der Sozialdemokrat Karl Marx u. a., verloren sich in den Stürmen der Revolution und Reaktion
während und nach dem Jahr 1848, durch welche die Aufmerksamkeit von der Hegelschen, leider
mehr
aber auch von der Philosophie als Wissenschaft überhaupt abgelenkt wurde. Hegel ist von einem seiner treuesten Schüler, Erdmann,
die Stellung des »Erntenden« seinen Vorgängern gegenüber, von einem andern,
Rosenkranz, bei Gelegenheit seines 100jährigen, jedoch nicht mit der gleichen Begeisterung wie Fichtes begangenen Jubiläums
(1870) die eines deutschen »Nationalphilosophen«
angewiesen worden.
Während unter den gegenwärtig in Deutschland Philosophierenden nur wenige (z. B. Vischer, Zeller, Kuno Fischer, G. Biedermann,
v. Hasner u. a.) noch als Hegelianer bezeichnet werden können und vielleicht nicht einmal
wollen, hat Hegels Philosophie außerhalb Deutschlands Eingang gefunden: in Frankreich durch P. Leroux, Ott ( Hegel et la philosophie
allemande«, Par. 1844),
Prévost ( Hegel, exposition de sa doctrine«, Toulouse 1845),
Willm u. a.; in England
durch Stirling (»The secret of und »The
Hegelian system«, Lond. 1865, 2 Bde.);
in Italien durch A. Vera, den Übersetzer von Hegels Naturphilosophie, Raffaele Mariano u. a.
Vgl. über Hegels Philosophie: Michelet,
Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland (Berl. 1837-38, 2 Bde.);
Chalybäus, Entwickelung der spekulativen Philosophie von Kant bis Hegel (5. Aufl., Leipz. 1860);
Erdmann, Geschichte der neuern
Philosophie, Bd. 3 (das. 1848-53, 2 Tle.);
Derselbe, Grundriß der Geschichte der Philosophie, Bd. 2 (3. Aufl.,
Berl. 1877);
über Hegels dialektische Methode: Exner, Die Psychologie der Hegelschen Schule (Leipz. 1842-44, 2 Hefte);
J. Hegel Fichte, Gegensatz, Wendepunkt und Ziel heutiger Philosophie (Sulzb. 1832-36, 3 Bde.);
über Hegels Stellung zur Gegenwart: Haym, und seine Zeit (Berl. 1857), womit Rosenkranz, Apologie Hegels (das. 1858) und als
deutscher Nationalphilosoph (Leipz. 1870), zu vergleichen ist.
2) Karl, Geschichtschreiber, Sohn des vorigen, geb. zu Nürnberg, machte seine Studien in Berlin
und Heidelberg, ward 1841 als Professor der Geschichte nach Rostock berufen und wohnte 1850 als mecklenburgischer Abgeordneter
dem Erfurter Parlament bei. Seit 1856 wirkt er als Professor an der Universität zu Erlangen. Sein Hauptwerk ist die
»Geschichte der Städteverfassung von Italien« (Leipz. 1847, 2 Bde.).
Als Mitglied der Historischen Kommission in München leitet er seit 1862 die Herausgabe der »Chroniken der deutschen Städte«,
in welchen er selbst die Chroniken von Nürnberg, Straßburg, Köln und Mainz bearbeitete. Separatabdrücke daraus sind: »Verfassungsgeschichte
von Köln im Mittelalter« (Leipz. 1877) und von Mainz (das. 1882). Andre Schriften von ihm sind: »Geschichte
der mecklenburgischen Landstände bis 1555« (Rostock 1856);
»Die Ordnungen der Gerechtigkeit in der florentinischen Republik«
(Erlang. 1867);
»Dino Compagni, Versuch einer Rettung« (Leipz. 1875) und »Über
den historischen Wert der ältern Dante-Kommentare« (das. 1878). - Sein Bruder Immanuel, geb. zu
Nürnberg, seit 1836 im preußischen Staatsdienst in Handels- und Finanzsachen thätig, wurde 1858 Kurator des Staatsschatzes, 1865 Präsident
des Konsistoriums der Provinz Brandenburg; er ist einer der Hauptführer der orthodoxen Partei.