(früher auch Heermannie, mittellat. Heribannus, franz.
Arrière-ban), in der alten deutschen Kriegsverfassung das
Aufgebot aller waffenfähigen freien Grundbesitzer
zur
Heerfahrt, d. h. zu einem Nationalkrieg. Daneben entwickelte sich jedoch schon früh das
Lehnswesen, infolge dessen nach
Karls d. Gr.
Tode der Heerbann mehr und mehr verfiel. Da derselbe für ärmere Landeigentümer, deren
mehrere gemeinschaftlich einen
Krieger auszurüsten hatten (es kam auf je drei
Hufen ein Mann), sehr beschwerlich
ward, so suchten sie sich ihm dadurch zu entziehen, daß sie sich unter den
Schutz und in den
Dienst von Mächtigern begaben,
von welchen sie bei der
Ausrüstung unterstützt oder auch ganz vom
Kriegsdienst befreit wurden.
Dies führte gegen Ende des 10. Jahrh. zur Umgestaltung der ganzen Kriegsverfassung. Die
Heere der
Könige bestanden nämlich nun nicht mehr aus der Gesamtheit der
Freien, sondern aus den mächtigern
Reichsbeamten
oder
Vasallen und dem
Dienstgefolge derselben, und diejenigen, welche keine
Kriegsdienste leisteten, wurden zu einer
Heersteuer
verpflichtet. Bei der durch die steten
FeldzügeKarls d. Gr. nötigen Regelung des Heerbannes wurde derselbe nach
dem
Rang der Pflichtigen in sieben
Klassen oder sogen.
Heerschilde (s. d.) geteilt.
Die
Feldzüge, welche mit
Hilfe des Heerbannes ausgekämpft wurden, hießen
Heerfahrten, die
Teilnahme der
VasallenHeeresfolge.
Zur Zeit der
Kreuzzüge, wo das Lehnssystem seinen Höhepunkt erreichte, war der Heerbann in allen abendländischen
Reichen schon
fast ganz eingegangen.Konskription und allgemeine
Wehrpflicht haben in neuerer Zeit, wenn auch auf andrer
Grundlage, wieder dem altdeutschen Wehrwesen ähnliche Einrichtungen hervorgerufen (vgl.
Heer, S. 273). Heerbann hieß auch die
Strafe desjenigen, welcher dem
Aufgebot zum Heerbann nicht
Folge leistete; dann ist auch s. v. w.
Kriegssteuer (s.
Bann).
(spr. seudweik),Klemens, Freiherr von,
Abgeordneter, geb. zu Surenburg
bei Riesenbeck (Rgbz.
Münster),
[* 4] studierte in
Bonn,
[* 5]
Heidelberg
[* 6] und
Berlin
[* 7] die
Rechte, trat als
Auskultator beim Kreisgericht zu
Münster in den Staatsjustizdienst, ging dann zum Verwaltungsdienst über, war erst Regierungsassessor bei der
Regierung in
Münster und wurde dann
Regierungsrat in
Merseburg.
[* 8] Seit 1870 Mitglied des Abgeordnetenhauses, seit 1871 des
Reichstags,
schloß er sich der Zentrumspartei an und nahm daher bei Beginn des
Kulturkampfes seine Entlassung aus dem
Staatsdienst.
Heereman-Zuydwyk war einer der fleißigsten Abgeordneten und ein wirksamer, wohlunterrichteter, gemäßigter Redner.
Am ward er zum zweiten, 1881 zum ersten Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses gewählt.
Er bewirtschaftet jetzt sein Rittergut in
Westfalen
[* 9] und ist Mitglied des westfälischen
Provinziallandtags sowie
Präsident
des
Westfälischen Kunstvereins.
Nach seiner Rückkehr (1787) ward er zum außerordentlichen, 1794 zum ordentlichen
Professor der
Philosophie, 1801 zum ordentlichen
Professor der Geschichte, später zum
Hofrat und 1837 zum
GeheimenJustizrat ernannt. Als
Lehrer wirkte er in seiner ersten Zeit
sehr anregend und fruchtbringend; später schwand sein Einfluß, zumal es ihm an männlichem
Charakter
fehlte, und er hatte sich schließlich ganz überlebt. Er starb, fast verschollen, Von bedeutendem Einfluß auf
die
Entwickelung der deutschen Geschichtswissenschaft war, daß Heeren mit bahnbrechenden Werken ein Gebiet betrat,
welches den bisherigen Geschichtsforschern ferner gelegen, nämlich das desHandels undVerkehrs und des
damit in enger
Wechselwirkung stehenden
Staats- und Kulturwesens der alten
Völker.
ein nach
Inhalt und Form klassisches Werk, sichern ihm für alle Zeit eine hervorragende
Stelle unter den deutschen Historikern. Nicht weniger bedeutend waren die für die damals in
Göttingen begonnene »Geschichte
der
Künste und
Wissenschaften« unternommene Bearbeitung der »Geschichte des
Studiums der klassischen Litteratur seit dem Wiederaufleben
der
Wissenschaften«
(Götting. 1797-1802, 2
Tle.; neue Aufl. 1822),
die »Geschichte der
Staaten des
Altertums«
(das. 1799, 5. Aufl. 1828) und die »Geschichte
des europäischen Staatensystems« (das. 1800, 5. Aufl. 1830),
welch letztere noch heute trotz der großen Fortschritte der historischen
Wissenschaft ihren Wert hat. Der weite Überblick,
die klare
Erkenntnis der
Gesetze und der tiefsten
Ursachen der geschichtlichen
Entwickelung sowie die feine künstlerische
Darstellung zeichnen als
Historiker vor allem aus. Außerdem sind zu nennen seine »Untersuchungen über
die
Quellen der vorzüglichsten alten
Historiker und Geographen«, welche in den
Schriften der
GöttingerSocietät der
Wissenschaften
abgedruckt sind, seine gekrönte Preisschrift
»Versuch einer
Entwickelung der
Folgen der
Kreuzzüge«
(Götting. 1808),
Spittlers (Berl. 1812) und
Chr. Gottl.
Heynes
(Götting. 1813) sowie viele
andre in den »Vermischten historischen
Schriften« (das. 1803-1808, 3 Bde.)
gesammelte Abhandlungen. Mit
Ukert begründete er 1829 das noch heute (unter Leitung von
Giesebrecht) fortgesetzte großartige
Sammelwerk »Geschichte der europäischen
Staaten« und redigierte von 1833 bis 1840 die »Göttingischen
gelehrten
Anzeigen«. Eine Sammlung seiner
»Historischen Werke« erschien 1821 bis 1826 in 15
Bänden.