bedrohen. Nur selten scheint die
Krankheitan sich, ohne daß eine
Komplikation hinzutritt, durch Erschöpfung zu töten; meist
schließt sich ihr eine
Lungenschwindsucht oder
Lungenentzündung an, manche Kranke sterben an Krebsgeschwülsten. Ebenso muß
es aber auch als eine Ausnahme angesehen werden, wenn einmal eine vollständige und dauernde
Heilung der geschmacklosen
Harnruhr erfolgt. Unter den vielfachen, meist erfolglos angewandten
Mitteln gegen die geschmacklose Harnruhr stehen das
Opium und der
Baldrian
in erster
Linie.
In den meisten
Fällen suchen die Kranken überhaupt keine ärztliche
Hilfe nach.
Zur
Reinigung löst man die Harnsäure in
Kalilauge, setzt 5 Proz. chromsaures
Kali zu, filtriert durch
Tierkohle, fällt die Harnsäure mit
Salzsäure und kocht sie mit konzentrierter
Salzsäure, bis sie farblos geworden ist. Harnsäure bildet ein farb-, geruch- und geschmackloses
kristallinisches
Pulver, löst sich sehr
schwer inWasser, nicht in
Alkohol und
Äther, leicht in konzentrierter
Schwefelsäure
[* 8] (und daraus durch
Wasser unverändert fällbar), auch in kohlensauren, phosphor- und milchsauren
Alkalien, reagiert
sauer und gibt bei Einwirkung chemischer Agenzien zahlreiche Umwandlungsprodukte.
Saures harnsaures
Ammoniak C5H3N4O3.NH4 ^[C5H3N4O3.NH4] ist der Hauptbestandteil der Schlangenexkremente
und findet sich auch in Fiebersedimenten, der saure harnsaure
Kalk (C5H3N4O3)2Ca ^[(C5H3N4O3)2Ca]
in
Harnsteinen,
Harnsedimenten, besonders in Gichtknoten. Auch das saure harnsaure
Natron C5H3N4O3Na kommt
in Fiebersedimenten vor. Harnsaures
Lithium ist in
Wasser leicht löslich, und deshalb trinkt man lithiumhaltige
Mineralwässer, um gichtische
Ablagerungen von Harnsäuresalzen zu lösen.
die aus dem
Harn nach dessen Entleerung sich bildenden
Ausscheidungen, welche am
Boden des
Gefäßes sich
absetzen. Die Harnsedimente bestehen entweder aus organisierten
Körpern, z. B.
Schleim,
Eiter, Faserstoffcylindern, Samenfäden, Epithelzellen
der Harnwegeschleimhaut, Geschwulstfragmenten, welche dem
Harn auf seinem Weg von den
Nieren bis zum
Austritt
aus der
Harnröhre zufällig beigemischt worden sind, oder aus nicht organisierten
Stoffen, welche gelöst im
Harn enthalten
waren oder sich durch chemische Umsetzung aus jenen gebildet haben, z. B.
Harnsäure, harnsaurem
Natron, phosphorsaurem
Kalk und Ammoniakmagnesia, oxalsaurem
Kalk etc. Zur Erkennung
der organisierten
Sedimente ist das
Mikroskop
[* 9] unbedingt erforderlich; die nicht organisierten
Sedimente dagegen verlangen eine
physikalisch-chemische Untersuchung, obschon man auch hier durch mikroskopische Bestimmung der Kristallformen etc.
zum
Ziel kommen kann. Aus sauer reagierendem
Harn scheidet sich, zumal wenn er sehr konzentriert ist, beim Erkalten ein reichliches,
meist ziegelrot gefärbtes sogen. Uratsediment (sedimentum latericium der
alten
Medizin, harnsaures
Natron) ab. Dasselbe ist ein amorphes
Pulver.
Das
Sediment verschwindet (d. h. löst sich auf), wenn man den betreffenden
Harn erwärmt. Ebenso löslich ist der in sehr
mannigfachen Kristallformen auftretende Harnsäureniederschlag. Wenn im sauren
Harn ein weißlicher oder blaßgelber amorpher
Niederschlag vorhanden ist, der sich beim Erwärmen nicht löst, dagegen bei Zusatz von etwas
Essigsäure
ohne
Aufbrausen verschwindet, so hat
man es in der
Regel mit phosphorsaurem
Kalk zu thun. Im sauren
Harn kommen ferner kleine,
glänzende
Kristalle
[* 10] (Quadratoktaeder) in Briefkouvertform vor, welche in
Essigsäure unlöslich sind; diese
Kristalle sind
oxalsaurerKalk. Selten kommen reguläre sechsseitige Tafeln vor, welche aus einem organischen
Körper,
dem sogen.
Cystin, bestehen.
Geht der
Harn in alkalische
Gärung über, so findet man phosphorsaure Ammoniakmagnesia.
Alle diese
Stoffe sind normale Ausscheidungsprodukte
des Körperhaushalts, ihre Bedeutung wurde früher sehr überschätzt, während wir heute in dem reichlichen Auftreten von
Niederschlägen nur eine starke
Konzentration des
Harns, in einer absoluten
Vermehrung der festen
Bestandteile
den
Ausdruck eines gesteigerten Stoffverbrauchs erblicken. Wichtiger für die
Diagnose der
Krankheiten der Harnorgane selbst
sind die alkalische
Reaktion des frisch entleerten
Harns und namentlich die organisierten Beimischungen des
Harns.
(Calculi urinosi, Urolithi), harte, steinähnlicheKörper, verschieden nach Gestalt,
Größe und
Farbe wie nach ihrer chemischen
Konstitution, welche sich in den
Harnwegen, namentlich im Nierenbecken und in der
Harnblase, vorfinden und hier entstanden sind. Sie bestehen der Hauptsache nach aus verschiedenen Harnbestandteilen,
welche sich um einen kleinen
Kern herum abscheiden, so daß der
Stein durch schichtenartige Auflagerungen
wächst. Der
Kern, welcher
¶
mehr
oft den Anstoß zur Steinbildung abgibt, besteht bald aus einem Klümpchen Schleim, Blut, Eiter, Eier
[* 12] von Distomum haematobium
(in Ägypten),
[* 13] bald aus einem zufällig in den Harnwegen vorhandenen fremden Körper: einem Stückchen Metall, Bleikugeln, Knochensplittern
u. dgl. Die Harnsteine kommen bald vereinzelt,
bald zu mehreren und vielen bei einem Menschen vor. IhreGröße kann vom eben Sichtbaren bis Faustgröße
variieren. Die kleinsten Steine sind meist in sehr großer Anzahl vorhanden und werden als Harngrieß bezeichnet. Ihrer chemischen
Natur nach sind vorzugsweise folgende Formen von Harnsteinen zu unterscheiden:
1) Steine aus Harnsäure und harnsauren Salzen (Uratsteine) sind gewöhnlich rundlich, hart, bräunlich,
auf dem Durchschnitt meist geschichtet. Reine Harnsäuresteine können ganz weiß und mit kristallinischer Oberfläche versehen
sein.
2) Steine aus harnsaurem Ammoniak allein sind den vorigen ähnlich, kommen aber sehr selten vor.
3) Steine aus phosphorsauren Salzen (Phosphatsteine), namentlich Ammoniakmagnesia und Kalk, kommen häufig vor, sind rundlich,
fest oder kreideähnlich, weiß, glatt, auf dem Durchschnitt meist geschichtet.
4) Steine aus phosphorsaurem Kalk allein sind selten, den vorigen ähnlich.
5) Steine, welche gleichzeitig aus Harnsäure oder harnsauren Salzen und aus phosphorsauren Salzen bestehen, bald so, daß Schichten
derselben miteinander abwechseln, bald so, daß die eine Substanz den Kern, die andre die Schale bildet,
sind häufig. Außer den vorgenannten Salzen kann noch kohlensaurer Kalk, als Kern oder Schale, vorhanden sein.
6) Steine aus oxalsaurem Kalk (Oxalatsteine) kommen häufig, zumal bei jugendlichen Individuen, vor. Sie sind außerordentlich
hart und schwer. Die größern haben eine warzige, selbst stachlige Oberfläche (daher Maulbeersteine genannt) und geschichtete
Schnittfläche, sind dunkelbraun gefärbt; die kleinern sind glatt und heller gefärbt (sogen.
Hanfsamensteine). Auch Oxalatsteine, welche von einer Lage phosphorsauren Kalks oder harnsaurer Salze umgeben sind, werden beobachtet.
7) Steine aus Cystin und Xanthin sind sehr selten, klein, rundlich, hellbraun, glatt und vollkommen verbrennlich. Die Harnsteine spielten
in der Chirurgie früherer Jahrhunderte eine hervorragende Rolle; in den letzten Jahrzehnten sind sie fast
zu Raritäten geworden, ein bisher noch nicht gelöstes Rätsel!
Man unterscheidet 1) Nierensteine, welche in Kelchen und Becken der Niere liegen, meist klein, bisweilen jedoch erheblich groß
sind; die größten Nierensteine bilden manchmal einen förmlichen Ausguß des Nierenbeckens, haben die
Gestalt desselben und können mechanisch den Abfluß des Harns aus den Nieren verhindern, selbst vollständigen Schwund der
Nieren und unter Umständen Harnverhaltung, Urämie und den Tod bedingen. Nicht selten geht die durch Steine bedingte, sehr schmerzhafte
Entzündung des Nierenbeckens auf die Nieren selbst über und führt zur Nierenvereiterung mit meist tödlichem
Ausgang.
Zuweilen kommt es vor, daß der eine oder andre Harnleiter durch einen Harnstein verstopft wird. Dies gibt Veranlassung zur
Entstehung der Sackwassersucht der Nieren, indem sich das Nierenbecken zu einem großen, wasserhaltigen Sack umbildet. Werden
beide Harnleiter zugleich oder hintereinander durch Harnsteine verstopft, so kann gar kein Harn mehr abgeschieden
werden, und der Kranke muß unfehlbar an Harnverhaltung sterben. KleinereSteine können von dem Nierenbecken durch die Harnleiter
in die Blase transportiert werden.
Dieser Transport ist in der Regel mit furchtbar heftigen Schmerzen verbunden, welche von dem
Krampf der Harnleiter abhängen und
unter dem Namen der Stein- oder Nierenkolik bekannt sind. Die Behandlung der Nierensteinkrankheit und der
Nierenkolik kann sich fast nur auf Verminderung der heftigen Schmerzen richten. Hierzu dienen die Opiate, namentlich Einspritzungen
von Morphiumlösung und Einatmungen von Chloroform, warme Vollbäder, warme Breiumschläge auf die Nierengegend u. dgl.
Daneben ist eine einfache, reizlose Diät und reichlicher Wassergenuß zu empfehlen. Besonders gerühmt
werden die Alkalien und die alkalischen Mineralwässer (Ems,
[* 14] Vichy etc.), wenn es gilt, bei bestehender Disposition die Bildung
von Steinen in der Niere und Blase zu verhüten oder aufzuhalten.
2) Die Blasensteine sind meist von rundlicher, mitunter scheibenförmiger Gestalt; sind mehrere vorhanden, so schleifen sich
ihre Oberflächen zuweilen aneinander ab. Bildet ein von außen in die Blase gedrungener fremder Körper, wie z. B. ein Stück
einer Bougie oder ein Eisendraht, den Kern, so behält der Stein längere Zeit dessen Gestalt. GroßeSteine nehmen die Form der
Blase an. Die Größe ist aber sehr verschieden. Von der Größe einer Erbse sind sie bis zu der eines Hühnereies,
ja bis zu Faustgröße und darüber beobachtet worden.
Auch ihre Festigkeit
[* 15] ist je nach der chemischen Konstitution derselben eine sehr verschiedene: sie sind bald überaus hart und
fest, wie die Steine aus oxalsaurem Kalk, bald weich und zerreiblich, wie viele Phosphatsteine. Sie liegen
entweder frei in der Blase, wobei sie sich, namentlich wenn sie glatt sind, hin und her bewegen, oder sie bleiben bei stachliger
Oberfläche an der Wand derBlase festhängen, oder sie bilden sich in Ausstülpungen der Blase. Gewöhnlich ist nur ein Stein
in der Harnblase vorhanden; öfters aber hat man mehrere gefunden, und in einzelnen Fällen sind sogar
Hunderte von Steinen in der Blase angetroffen worden, die dann freilich sehr klein waren. Je nach dem Umfang der Steine wird die
Funktion der Blase durch ihre Anwesenheit mehr oder weniger gestört.
Die Blasenschleimhaut befindet sich in der Regel im Zustand der Reizung und Entzündung, um so mehr, je
größer der Stein und je rauher die Oberfläche desselben ist. Die Blasenentzündung ruft die verschiedenartigsten Beschwerden,
namentlich auch Abgang eines trüben, schleim- und eiterhaltigen, oft auch bluthaltigen Harns, hervor und verbreitet sich bei
längerer Dauer auf die Harnleiter, das Nierenbecken und die Nieren selbst. Steinkranke gehen, wenn der
Stein nicht rechtzeitig entfernt wird, in der Regel an den Folgen der Blasenentzündung und der Nierenvereiterung zu Grunde.
Die häufigste Erscheinung bei der Steinkrankheit sind Schmerzen, welche durch starke Bewegungen, z. B. beim Reiten, Gehen, gesteigert
werden. Sie sitzen am Blasenhals, in der Harnröhre, namentlich auch in der Spitze des Gliedes, strahlen
oft in die Schenkel und Hoden aus und verursachen krampfhafte Zusammenziehungen der Blase und des Mastdarms. Die Harnentleerung
ist fast immer in der einen oder andern Weise gestört, namentlich wenn frei bewegliche Steine vorhanden sind; denn diese legen
sich häufig vor die Mündung der Harnröhre und verstopfen sie. Oft wird der Urinabgang plötzlich unterbrochen
und kann nur durch Veränderung der Lage wiederhergestellt werden. Das einzig sichere Zeichen aber, um die Anwesenheit eines
Steins in der Blase festzustellen, ist die Untersuchung der Blase mittels einer stählernen Sonde, sogen. Steinsonde. Diese Steinsonden
allein erlauben, die ganze Blase zu durchforschen, und geben einen hellen Klang¶