Strikturen. In letzterm
Fall kann die
Urethrotomie nicht allein von außen durch die gesunde
Haut
[* 2] hindurch, sondern auch die
sogen. innere
Urethrotomie ausgeführt werden, d. h.
Spaltung der Schleimhaut allein von innen her. Namentlich bei dieser Urethrotomia
interna besteht die
Gefahr der Urininfiltration. Nach dem äußern Harnröhrenschnitt bleibt nicht selten eine
Urinfistel (s. d.) zurück.
Diesem Zuckergehalt entsprechend, zeigt der
Harn ein hohes
spezifisches Gewicht von 1020-1050 und darüber. Bei der zweiten
Form der Harnruhr, dem
Diabetes insipidus (geschmacklose, d. h. nicht süß schmeckende, Harnruhr), steigt
die Harnmenge oft auf 10-15
Lit. täglich, der
Harn ist farblos, kaum spezifisch schwerer als
Wasser, er wiegt
ca. 1005, enthält
keine abnormen
Bestandteile. In sehr seltenen
Fällen geht die erste Form der Harnruhr in die zweite über, sonst sind es durchaus
verschiedene, nach Ursprung und
Wesen noch wenig bekannte
Prozesse.
Dennoch ist eine scharfe
Grenze nicht zu ziehen, da eine
Glykosurie bei
Neuralgien oder
Gehirnerschütterung zuweilen in wirklichen
Diabetes mellitus übergeht. Die
Krankheit betrifft vorzugsweise das höhere
Lebensalter vom 40.-60. Jahr,
kommt jedoch in besonders schwerer Form zuweilen im 10.-20. Lebensjahr vor; fast zwei Dritteile fallen auf das männliche
Geschlecht. Unter den
Ursachen gelten
Erblichkeit,
Störung der Nerventhätigkeit, heftige und dauernde
Gemütsbewegungen, Kopfverletzungen,
Erkältungskrankheiten,
Syphilis,
Gicht als nähere oder entferntere Anlässe, ohne daß über den Zusammenhang
Klarheit bestände.
Bei vielen Kranken machen sich sehr starker
Durst,
Heißhunger und ein eigentümlicher Apfelgeruch des
Atems (Acetonämie) bemerkbar.
Sobald der Zuckergehalt im
Harn festgestellt ist (s.
Zuckerprobe), richtet sich die
Aufmerksamkeit vorwiegend
auf die
Nahrung, aus welcher
Zucker und zuckerbildende
Substanzen,
Stärke,
[* 5]
Kartoffeln,
Brot
[* 6]
soweit wie möglich entfernt werden
müssen, da es wahrscheinlich ist, daß der
Zucker der
Nahrung die
Leber unverbraucht und unzersetzt passiert und direkt ins
Blut und dann in den
Harn übergeht.
Durch richtige
Diät läßt sich oft ein Zuckergehalt von 7 Proz. und mehr auf 1 Proz.
oder bis auf
Spuren herabsetzen. In leichten
Fällen verschwindet der
Zucker auch wohl ganz oder kehrt erst nach
Monaten wieder,
wenn die Kranken inzwischen die strenge
Diät verlassen haben (intermittierender
Diabetes). Die Harnruhr endet
in einer Minderzahl von
Fällen mit völliger
Heilung, meistens führt sie nach längerm Verlauf zum
Tod. Ein Teil der Kranken
erliegt einem der aufgezählten Folgezustände, namentlich der
Schwindsucht, ein andrer geht an einem Schlaganfall
(Gehirnblutung)
zu
Grunde, in den akuten
Fällen tritt der
Tod ein während eines Anfalls schwererBewußtlosigkeit
(Coma
diabeticum).
KeinOrgan zeigt eine ganz bestimmte, nur der Harnruhr eigentümliche Veränderung, namentlich erweist sich die
Leber, das Hauptorgan
für die Glykogenbildung, meist ganz normal, nur in den
Nieren findet sich eine abnorme Abscheidung von
Glykogen. In manchen
Fällen kommen
Blutungen im vierten Gehirnventrikel zur
Beobachtung nahe dem Ursprung des
NervusVagus, welcher
die
Herzthätigkeit regelt und auch die
Atmung und
Verdauung beeinflußt; dieser Befund ist deshalb besonders bemerkenswert,
als es
ClaudeBernard gelungen ist, bei
Tieren durch
Verletzung dieser
Stelle künstlich Harnruhr hervorzurufen.
Was die Behandlung der
Zuckerharnruhr betrifft, so sind die verschiedensten
Mittel und Kurmethoden in der Hauptsache
erfolglos angewendet worden. Von günstigem Einfluß (aber sehr gegen die
Neigung der Kranken) ist es, wenn sich dieselben
an eine vorzugsweise animalische
Kost halten und möglichst wenig stärkemehl- und zuckerhaltige
Nahrung zu sich nehmen. Als
Ersatz des
Zuckers ist das intensiv süß schmeckende
Saccharin empfohlen worden. Unter denArzneimitteln
bewirken neben
Opiaten die kohlensauren
Alkalien eine sichere, aber geringe Verminderung der Zuckerausscheidung. Im besten
Ruf steht der
Gebrauch der
Quellen von
Karlsbad und
Vichy. Bei einer mehrwöchentlichen Trinkkur in
Karlsbad verschwindet der
Zucker
aus dem
Harn, das Körpergewicht nimmt zu,
Durst und Urinabscheidung vermindern sich. Freilich ist dieser Erfolg
ein nur vorübergehender. Radikalmittel gibt es bis jetzt nicht.
2) Die geschmacklose Harnruhr
(Diabetes insipidus) besteht gleichfalls in überreichlicher Harnausscheidung und maßlosem
Durst,
aber der
Harn enthält weder
Zucker noch andre fremdartige
Bestandteile. Da auch diese Form der Harnruhr nicht an die Erkrankung eines
bestimmten
Organs gebunden ist, so bestehen über ihr
Wesen nur
Vermutungen; sie kommt bei Männern öfter
vor als bei
Frauen, in früher Lebenszeit öfter als im
Alter. Durch
Haut und
Lungen scheiden die Kranken nur sehr wenig
Flüssigkeit
aus.
Dabei trinken sie angeblich 60-80
Schoppen in 24
Stunden. Auch das Hungergefühl ist bei der geschmacklosen Harnruhr beträchtlich
gesteigert. Bei manchen Kranken bleiben das Allgemeinbefinden und der Zustand ihrer
Kräfte längere Zeit hindurch ungestört.
Bei andern treten frühzeitig
Verdauungsbeschwerden,
Magenschmerz,
Erbrechen, unregelmäßiger Stuhlgang,
Abmagerung und Schwächegefühl
auf. Verlauf und Dauer der
Krankheit sind verschieden.
Bald entwickelt sie sich allmählich, bald tritt sie plötzlich ein.
Häufig kommen vorübergehende Besserungen vor. Gewöhnlich dauert die
Krankheit viele Jahre an, ohne
das
Leben zu
¶
mehr
bedrohen. Nur selten scheint die Krankheitan sich, ohne daß eine Komplikation hinzutritt, durch Erschöpfung zu töten; meist
schließt sich ihr eine Lungenschwindsucht oder Lungenentzündung an, manche Kranke sterben an Krebsgeschwülsten. Ebenso muß
es aber auch als eine Ausnahme angesehen werden, wenn einmal eine vollständige und dauernde Heilung der geschmacklosen
Harnruhr erfolgt. Unter den vielfachen, meist erfolglos angewandten Mitteln gegen die geschmacklose Harnruhr stehen das Opium und der Baldrian
in erster Linie.
In den meisten Fällen suchen die Kranken überhaupt keine ärztliche Hilfe nach.