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Ludwig, luther. Theolog, geb. zu
Walsrode im Regierungsbezirk
Lüneburg,
[* 5] wurde 1844
Gehilfe seines
Vaters und 1849 dessen
Nachfolger im
Amt eines
Predigers von
Hermannsburg in
Hannover.
[* 6] Daselbst errichtete er 1849 eine im streng
konfessionellen
Geist geleitete Missionsanstalt, deren
Sendlinge es, im Vertrauen auf die Taufgnade, auf möglichst rasche
Bekehrung ganzer
Völker sowie auf Errichtung von ganzen Missionskolonien abgesehen hatten. Ein eignes Missionsschiff (Candace)
vermittelte seit 1853 den
Verkehr zwischen der Anstalt und den
Stationen in Südafrika.
[* 7] Unter seinen Predigtsammlungen
sind die berühmtesten die »Evangelienpredigten« (8. Aufl.,
Hermannsb. 1877) und die »Epistelpredigten«
(2. Aufl., das. 1875).
SeinLeben beschrieb sein
BruderTheodor Harms (4. Aufl., Hermannsb. 1874). Dieser wurde,
als
Ludwig Harms starb, sein Nachfolger;
weil er aber die
Zivilehe nicht als
Ehe anerkennen wollte,
ward er 1877 entsetzt und gründete nun die separierte
lutherische KircheHannovers, worauf das
Konsistorium 1878 die bisher
übliche
Kollekte für die
HermannsburgerMission untersagte. Er starb
(Urin, Urina,Lotium), die von den
Nieren abgesonderte
Flüssigkeit, besitzt eine höchst verwickelte
Zusammensetzung
und
zeigt bei den verschiedenen Organismen ein sehr verschiedenes Verhalten. Diese
Differenzen sind hauptsächlich
von den Ernährungsverhältnissen abhängig, und im allgemeinen zeigt der Harn von Organismen mit ähnlicher
Nahrung eine ähnliche
chemische
Zusammensetzung. Der Harn der
Fleischfresser gleicht dem menschlichen; er ist klar, hellgelb, von saurer
Reaktion, besitzt
einen unangenehmen
Geruch und ist sehr reich an
Harnstoff.
Bei den Pflanzenfressern
ist er trübe, von alkalischer
Reaktion, sehr reich an kohlensauren
Alkalien und
alkalischen
Erden, und der
Harnstoff tritt gegen die
Hippursäure zurück. Neben
Kristallen von kohlensaurem
Kalk enthält der
Pflanzenfresserharn auch solche von oxalsaurem
Kalk. In keinem
Sekret kommt der jeweilige Ernährungszustand so scharf zum
Ausdruck wie im H. Zwingt man Pflanzenfresser zur
Aufnahme von
Fleisch, oder läßt man sie kurze Zeit hungern
(beim
Hungern lebt der Pflanzenfresser vom
Fleisch und
Fett seines Leibes), so nimmt der Harn schnell den
Charakter des Fleischfresserharns
an; das Umgekehrte ist der
Fall, sobald man
Fleischfresser ausschließlich mit vegetabilischer
Kost füttert.
Der normale menschliche Harn ist bernsteingelb, vollkommen klar und durchsichtig und besitzt frisch
gelassen einen schwach aromatischen
Geruch. Er reagiert in der
Regel sauer, rötet also blaues Lackmuspapier. Die saure
Reaktion
wird hauptsächlich durch die Gegenwart von sauren phosphorsauren
Salzen bedingt; unter Umständen kann aber der auch freie
Säuren, z. B.
Hippursäure, enthalten.
Seinspezifisches Gewicht ist starken Schwankungen, etwa von 1,005-1,030,
unterworfen, beträgt aber im
Mittel etwa 1,016-1,020. Bei
Abschluß der
Luft läßt sich der Harn lange Zeit unzersetzt aufbewahren,
während er bei unbeschränktem Luftzutritt erhebliche Veränderungen erleidet.
Man faßt diese zusammen mit dem
Namen der sauren und der alkalischen
Gärung. Bei ruhigem
Stehen des Harns
an der
Luft pflegt sich zunächst ein kleines Schleimwölkchen abzusetzen, in welchem man mikroskopisch Pflasterepithelzellen
der
Harnwege, Schleimkörperchen und feinkörnige
Massen beobachten kann. Während einiger
Tage nimmt jetzt die saure
Reaktion
an
Stärke
[* 11] zu, und die
Wände des
Gefäßes sowohl als der
Boden desselben zeigen einen kristallinischen, meist gefärbten
Niederschlag.
Auf die saure
Gärung folgt bei jedem Harn regelmäßig die alkalische
Gärung.
Letztere tritt zuweilen schon unmittelbar nach
der Entleerung ein. Mit Beginn der alkalischen
Gärung verbreitet der Harn einen widerlich ammoniakalischen
Geruch und trübt
sich stark; das rötliche
Sediment von
Harnsäure und harnsaurem
Natron verschwindet allmählich, an seiner
Stelle bildet sich ein reichlicher
Niederschlag von weißer
Farbe, welcher aus
Kristallen von phosphorsaurer Ammoniakmagnesia
(Tripelphosphat) besteht, und die Oberfläche der
Flüssigkeit bedeckt sich mit einer weißlichen, irisierenden
Haut.
[* 12] Bei dieser
Gärung wird der
Harnstoff in Ammoniumcarbonat umgewandelt. Diese
Zersetzung wird durch organische
Keime eingeleitet, welche
sich mikroskopisch als kleine, runde Kügelchen von 0,0015mmDurchmesser repräsentieren und in der
Regel
in Häufchen zusammengeordnet liegen. Bei
Abschluß dieser
Keime läßt sich normaler Harn beliebig lange unzersetzt aufbewahren.
Bei Entziehung der Nahrung sinkt die Harnstoffausscheidung auf ein Minimum, um bei Verabreichung einer eiweißhaltigen Nahrung
annähernd proportional der Menge des zugeführten Eiweißes zu wachsen. Näheres über die Bedeutung der
Harnstoffausscheidung für die Ernährungslehre s. Ernährung. Der Erwachsene scheidet bei gemischter Kost durchschnittlich
30-40 g Harnstoff täglich aus. BeimHungern kann die Menge auf ca. 6 g herabsinken, während sie bei reiner Fleischkost auf 80-90
g steigen kann.
Der Harnstoff ist wohl kaum als bloßes Oxydationsprodukt der Eiweißkörper aufzufassen, sondern als das Produkt einer tiefgehenden
Spaltung der Eiweißkörper. Der Weg, auf welchem der Stickstoff der Eiweißkörper in die Form von Harn gebracht wird, ist nach
Drechsel folgender: zunächst werden die Albuminkörper gespalten, wobei Amidosäuren entstehen;
diese letztern
werden völlig verbrannt unter Bildung von Kohlensäure und Ammoniak, welche sich in dem Verhältnis von CO2:2NH3 ^[CO2:2NH3]
sofort zu karbaminsaurem Ammoniak vereinigen;
Die Überführung von verfüttertem Ammoniak, Glykokoll etc. in
Harn versteht sich hiernach von selbst. Hinsichtlich der Bildungsstätten des Harnstoffs ist ermittelt, daß sämtliche Gewebe
unter Maßgabe des in ihnen stattfindenden Eiweißumsatzes an der Harnstoffbildung beteiligt sind. Die fortwährende Ausscheidung
des Harnstoffs durch die Nieren ist durchaus notwendig, denn er ist ein gefährliches Gift, und seine Anhäufung im Blut
führt in kurzer Zeit zum Tod.
Die Harnsäure kommt in weit geringerer Menge im H. des Menschen vor als der Harnstoff. Außerdem ist sie
ein konstanter Bestandteil des Harns der Fleischfresser; bei den Herbivoren trifft man sie nur so lange an, als diese Tiere von der
Muttermilch leben. Die MengeHarnsäure, welche ein gesunder Mensch in 24 Stunden ausscheidet, schwankt zwischen
0,2 und 1 g. Je erheblicher die Fleischkost, desto größer die Menge der ausgeschiedenen Harnsäure. Die Harnsäureausscheidung
steht
in keinem festen Verhältnis zur Harnstoffausscheidung, wie man früher lehrte; dieses Verhältnis differiert vielmehr
von 1:50 bis 1:80. - Oxalursäure, Kreatin und Xanthin sind Glieder
[* 19] aus der Harnsäurereihe und sind konstante
Bestandteile des menschlichen Harns. - Zu den organischen Bestandteilen des Harns gehören auch seine Farbstoffe, die als Abkömmlinge
des Blutfarbstoffs zu betrachten sind.
Der wichtigste dieser Farbstoffe ist das Urobilin, welches aus dem Bilirubin der Galle künstlich dargestellt werden kann. Von
den anorganischen Bestandteilen des Harns ist das Wasser der an Menge bedeutendste. Das Quantum des durch
die Nieren ausgeschiedenen Wassers übertrifft die Summe des durch Lungen und äußere Haut austretenden Wasserdampfes sehr erheblich.
Lebhaftes Atmen und vermehrte Schweißabsonderung verringern die Wasserausscheidung durch die Nieren. Je mehr Wasser in den
Nieren abgesondert wird, desto geringer ist das spezifische Gewicht des Harns, und desto schwächer gefärbt
erscheint er. Unter den Salzen des Harns ist das Kochsalz von besonderm Interesse.
Das Blut enthält das Kochsalz in einer Konzentration, in der es befähigt ist, die Form der Gewebe zu erhalten. Dieser Konzentrationsgrad
beträgt 0,6 Proz.; Lösungen stärkerer Konzentration bewirken Schrumpfung, solche geringerer aber Quellung
der Gewebe, Veränderungen, die schwere Funktionsstörungen nach sich ziehen. Die Niere überwacht nun den Konzentrationsgrad
des Kochsalzes im Blute derartig, daß sie bei einer vermehrten Resorption von Kochsalz jeden Überschuß schnell zur Ausscheidung
bringt, während bei Verabreichung einer salzarmen Nahrung das Kochsalz mit außerordentlicher Zähigkeit im Blut
zurückgehalten wird; dem entsprechend muß die Größe der täglichen Kochsalzausscheidung hauptsächlich von der Beschaffenheit
der Nahrung abhängig sein.
Der Schwefelsäuregehalt des Harns liefert uns daher bis zu einem gewissen Grad einen Maßstab für den
Eiweißzerfall im Organismus. Hierbei ist aber im Auge
[* 20] zu behalten, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil des Schwefels der
Eiweißkörper mit der Galle in den Darmkanal ergossen wird und mit den Exkrementen zur Ausscheidung gelangt. Ähnlicher Abstammung
wie die Schwefelsäureverbindungen sind auch die phosphorsauren Salze. Die Menge der in 24 Stunden ausgeschiedenen
Phosphorsäure beträgt beim Erwachsenen 2-3 g. Unter den phosphorsauren Salzen nimmt das saure phosphorsaure Natron eine bevorzugte
Stelle ein; es ist die Hauptursache der sauren Reaktion des Harns. Ammonsalze, Eisen- und Kieselsäureverbindungen treten gegenüber
den besprochenen Körpern sehr in den Hintergrund. Außer den bisher genannten Stoffen kommen im H. noch
einige andre Substanzen vor, welche jedoch wegen ihrer geringen Menge und nicht besonders hervorragenden Bedeutung hier nicht
weiter aufgeführt werden sollen.