(spr. arflör),Seestadt im franz.
DepartementNiederseine,
Arrondissement Le
[* 3]
Havre,
[* 4] am Ausfluß
[* 5] der Lézarde
in das Mündungsbecken der Seine und an der Westbahn gelegen, hat eine schöne gotische
Kirche, wohlerhaltene Befestigungswerke
aus dem 14. Jahrh., ein
Schloß, ein
Rathaus und (1876) 1908 Einw., welche Fabrikation
von
Seife und
Öl und
Handel mit
Getreide,
[* 6]
Kohlen und Dungstoffen betreiben. Der ehemals bedeutende
Hafen ist versandet, und nur
ein kleiner Flußhafen unterhält noch den Seeverkehr während der
Flut. - Harfleur war unter dem
Namen Hareflot im
Mittelalter der
Hauptseeplatz im nordwestlichen
Frankreich und stark befestigt; mit der Verschlammung des
Hafens und dem
Aufblühen von Le
Havre sank es. 1415 wurde Harfleur von den Engländern unter
Heinrich V. erobert. 1433 erhoben sich die Einwohner
des Ländchens
Caux, denen die Einwohner von Harfleur die
Thore öffneten, worauf die
Engländer verjagt wurden. Das Andenken an diesen
Handstreich ist noch in neuerer Zeit daselbst gefeiert worden.
(spr. hárgrews),EdmundHammond, der Entdecker der Goldfelder von
Australien,
[* 7] geb. 1815 zu
Gosport, ging mit 14
Jahren
zur
See und wanderte mit 18 nach
Australien aus, von wo er sich 1849 nach
San Francisco begab, um als Goldgräber sein
Glück
zu versuchen. Die
Ähnlichkeit
[* 8] der geologischen
StrukturKaliforniens mit der von
Australien veranlaßte
ihn nach seiner Rückkehr, Untersuchungen am Westabhang der
Blauen Berge anzustellen, die im Mai 1851 zur
Entdeckung außerordentlich
reicher Goldfelder führten. Hargraves wurde zum
Kommissar der Kronländereien ernannt und erhielt später, als er seine
Stellung
aufgab, von der
Regierung eine Belohnung von 10,000 Pfd. Sterl. Seit 1854 in
England, veröffentlichte
er dort »Australia and its gold-fields« (1855).
GeorgWilhelmHeinrich, unter dem
PseudonymWilibaldAlexis bekannter Romandichter, geb. zu
Breslau
[* 9] als
Sprößling einer französischen Réfugiésfamilie aus der
Bretagne, die ihren französischen Familiennamen Hareng ins Deutsche
[* 10] übersetzt hatte, besuchte das Werdersche
Gymnasium in
Berlin,
[* 11] machte als Freiwilliger den
Feldzug von 1815 und
die Belagerungen der Ardennenfestungen mit, widmete sich hierauf zu
Berlin und
Breslau juristischen
Studien und ward
Auskultator
und Kammergerichtsreferendar in
Berlin.
Bald entsagte er jedoch der juristischen Laufbahn und widmete sich ausschließlich der schriftstellerischen Thätigkeit.
Später verwandte er einen Teil seines
Vermögens auf die Einrichtung eines großartigen Lesekabinetts,
gründete auch eine Verlagsbuchhandlung etc. Doch waren dies alles nur
Episoden in der fortgesetzt vorwiegend litterarischen
Laufbahn des
Autors, der, wie kaum ein zweiter, mitten durch das Gewirr publizistischer und litterarischer Vielgeschäftigkeit
feste poetische
Pläne trug und künstlerisch gestaltete.
Bis 1856 ununterbrochen thätig, hatte Häring das Unglück, bald nach seiner Übersiedelung nach
Arnstadt
[* 12] in
Thüringen, wo er
sich ein anmutiges
Heim gegründet, von einem
Gehirnschlag getroffen zu werden, von
dem er sich nie wieder vollständig erholte.
Er starb in
Arnstadt. Seine eigentliche litterarische Thätigkeit begann Häring mit einem idyllischen
Epos in
Hexametern: »Die
Treibjagd« (Berl. 1820),
dem die »Geächteten« (das. 1825) vorausgegangen
waren.
Bald aber trat Häring auf dem Gebiet der
Novellen- und Romanpoesie mit selbständigern
Produkten auf,
in denen sich Anklänge an
Scott und
Tieck mit seinen eignen, von der jungdeutschen
Bewegung beeinflußten
Reflexionen mischten,
ohne daß der
Objektivität der
Darstellung dadurch
Eintrag geschah. Unter seinen
Novellen, die zuerst in
Journalen und
Taschenbüchern
zerstreut, dann als »Gesammelte
Novellen« (Berl. 1830-31, 4 Bde.)
und
»NeueNovellen« (das. 1836, 2 Bde.)
erschienen, sind einzelne, wie: »Venus in
Rom«
[* 15] und
»Acerbi«, vortrefflich in Ausführung und
Darstellung.
Sein eigenstes Gebiet,
das der historischen Romandichtung mit dem
Hintergrund märkisch-preußischer Geschichte, betrat Häring zuerst in seinem umfangreichsten
Werke: »Cabanis« (Berl. 1832, 6 Bde.; 6. Aufl.
1880, 2 Bde.),
einem charakteristischen
Bild aus der Zeit
Friedrichs d. Gr. Aber bereits mit dem
Roman »Das
Haus Düsterweg« (Leipz. 1835) schien Häring wieder in andre
Bahnen einzulenken. Als Reiseschriftsteller trat er in seiner »Herbstreise
durch
Skandinavien« (Berl. 1828, 2 Bde.),
den
»Wanderungen im
Süden« (das. 1828) und den
»Wiener Bildern« (Leipz. 1833) auf, welch letztere in
Preußen
[* 16] verboten, während umgekehrt seine
»Schattenrisse aus Süddeutschland« (Berl. 1834) von den
Liberalen angefeindet wurden. Seine
»Zwölf Nächte« (Berl. 1838, 3 Bde.)
leiden an einer gewissen Nüchternheit und
Breite
[* 17] des Räsonnements, die der sonst trefflichen
DarstellungEintrag thun.
Sein
»Urban Grandier« (Berl. 1843, 2 Bde.)
war als Nachtgemälde des
Fanatismus von
Interesse. Zwischen der
Folge seiner historischen
Romane erschienen noch: »Der Zauberer
Virgilius« (Berl. 1851);
»Märchen aus der Gegenwart« (das. 1852) und das Bruchstück eines unvollendet gebliebenen
Zeitromans, das
Idyll »Ja, in
Neapel«
[* 18] (das. 1860).
das Drama »Ännchen von Tharau« (1829) und den Fastnachtsschwank »Der
verschwundene Schneidergesell« (1841). Auch gab er »Balladen« (Berl. 1836) und mit E. Ferrand und A. Müller »Babiolen« (Leipz.
1837, 2 Bde.) heraus. Die längere Zeit geführte Redaktion des
»Berliner
[* 21] Konversationsblatts«, womit 1830 »Der Freimütige«
verbunden wurde, gab er 1835 auf. Das von ihm mit Hitzig begonnene Werk »Der neue Pitaval« (Leipz. 1842-63, Bd.
1-33) behauptet unter allen für ein größeres Publikum bestimmten Sammlungen von Kriminalgeschichten den Vorrang.
Seine eigentliche Bedeutung in der neuern deutschen Litteratur errang aber »WilibaldAlexis« lediglich mit den vortrefflichen
historischen Romanen, zu denen »Cabanis« der Vorläufer gewesen war. Nacheinander erschienen: »Der Roland
von Berlin« (Leipz. 1840, 3 Bde.; 4. Aufl.
1881),
welcher die letzten Kämpfe des altmärkischen Bürgertums gegen den neuaufstrebenden Hohenzollernstamm im 15. Jahrh.
zum historischen Hintergrund hat;
welcher die denkwürdigste Episode der mittelalterlichen Geschichte der MarkBrandenburg
[* 22] behandelt;
der Doppelroman »Die Hosen
[* 23] des Herrn von Bredow« (das. 1846-1848, 5 Bde.; 9. Aufl.
1881) mit den Einzeltiteln: »Hans Jürgen und Hans Jochem« und »Der Wärwolf« (5. Aufl. 1884),
aus den Tagen der Erhebung und des Aufschwunges nach 1806, und endlich »Dorothe« (das.
1856, 3 Bde.; 3. Aufl.
1879), welcher Roman wiederum in die letzte Zeit des GroßenKurfürsten zurückgreift.
Alle diese Romane, obschon nicht völlig
von prosaischen Elementen frei, erheben sich doch in der Hauptsache durch die Fülle charakteristischer Gestalten sowie durch
die Wiedergabe der Zeitstimmung und die Schilderung märkischer Landschaften, aus welchen die Eigentümlichkeiten der
Menschen erwachsen, zu wahrhaft poetischer Bedeutung. Seine »Gesammelten Werke«
erschienen in 20 Bänden (Berl. 1874),
die »Vaterländischen Romane« besonders in 8 Bänden (zuletzt das. 1884).