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ist die beste Qualität; beim slowakischen Hanf bezeichnet man die feinere Sorte als Börling, die gröbere, für Seilerarbeit geeignete als Sämling.
Nach Herodot bauten die Skythen am Kaspischen Meer und am Aralsee Hanf zur Gewinnung des Samens und des hieraus dargestellten berauschenden Genußmittels, die Thraker und die alten Griechen dagegen, um die Faser zu gewinnen, aus welcher sie Kleiderstoffe wehten und Taue darstellten. Zur Zeit der Römer [* 2] fand Hanfkultur in den Niederungsdistrikten Siziliens, Italiens [* 3] und der Rhônemündung größere Verbreitung. In den nördlichen und westlichen Ländern Europas verbreitete sich die Hanfkultur erst in den spätern Jahren teils von Asien, [* 4] teils von Italien [* 5] aus und blieb immer strichweise auf humusreichen, etwas feuchten Boden in mildem Klima [* 6] beschränkt.
Auch in Asien, Nordafrika und Amerika [* 7] wird Hanf häufig angebaut. In Italien produziert man sehr schönen und wertvollen Hanf, jährlich etwa 91 Mill. kg, besonders in den Provinzen Bologna und Ferrara. [* 8] In Österreich-Ungarn [* 9] werden jährlich 68 Mill. kg Hanf produziert, wovon etwa 43 Mill. kg auf Ungarn [* 10] und Siebenbürgen entfallen. Rußland produziert von allen europäischen Staaten die größte Masse Hanf, besonders in der Ukraine, in Weißrußland, Wolhynien und Polen. Der russische Hanf ist aber nur von mittelfeiner Qualität, dabei ist seine Zubereitung in der Regel sehr primitiv.
Die Jahresproduktion an Hanf in den europäischen Provinzen Rußlands schätzt man auf 100-120 Mill. kg Brechhanf. In Deutschland [* 11] wird Hanf hauptsächlich im Elsaß, in Baden, [* 12] Hessen-Darmstadt, Westfalen, [* 13] Hannover [* 14] und Thüringen gebaut; die Produktion beträgt 11-17 Mill. kg, doch genügt die inländische Produktion noch lange nicht, um den Bedarf zu decken. Versponnen wird der Hanf hauptsächlich in Schwaben und Baden, während in Westfalen, im Kasseler Bezirk, im Hannöverschen im Kreis [* 15] Osterholz, im Osnabrückschen sowie in den Hansestädten Seilerwaren und Segeltücher dargestellt werden. In Frankreich wird vorwiegend Hanf gebaut in den Departements Sarthe, Maine-et-Loire und Puy de Dôme; doch liefern die bessern Sorten die Picardie und Champagne und vor allem das Departement Isère, woselbst in der Gegend von Grenoble [* 16] ein dem bolognesischen Hanf ähnliches Produkt erzeugt wird.
Die Hanfproduktion, welche man auf 42 Mill. kg schätzt, bleibt jedoch weit hinter dem Bedarf zurück. Holland betreibt die Hanfkultur gegenüber dem Flachsbau in einer sehr geringen Ausdehnung [* 17] und nur für den eignen Bedarf. Die in Holland angefertigten Segeltücher zeichnen sich durch ihre Güte und Dauerhaftigkeit aus. In Belgien [* 18] wird in den Provinzen Flandern und Brabant zwar schöner Hanf gebaut, doch ist derselbe zu kurz und weniger geeignet für Tauwerk und Seile als der russische.
Meist wird derselbe im Inland selbst verarbeitet, oder er erscheint im gehechelten Zustand im Handel. Auch in England ist die Hanfkultur gering, und der Bedarf wird vorwiegend aus eingeführtem Rohmaterial gedeckt. Von den erzeugten Hanfgarnen und Webwaren wird ein großer Teil wieder ausgeführt. Die nordamerikanische Union erzeugt Hanf in immer größern Quantitäten. Die Jahresproduktion beträgt etwa 12 Mill. kg, und vorzugsweise beteiligen sich daran die Staaten Kentucky, Missouri, Tennessee, ferner Maryland, Ohio, Virginia und Pennsylvanien.
Der amerikanische Hanf ist dem russischen ziemlich gleich; er ist stark, kräftig und für Segeltücher und Tauwerk sehr geeignet. Die Gesamtproduktion von Hanf wird auf 333-395 Mill. kg geschätzt. Das Kraut des indischen Hanfes kommt als Bhang oder Guaza (Spitzen der blühenden oder im Beginn der Fruchtreife stehenden Äste oder deren Zweiglein) und als Gunjah (bis 1 m lange Stengel, [* 19] von den größern Blättern befreit, nur die stark verharzten Blüten- und jungen Fruchtstände tragend) in den Handel und ist bei uns offizinell. Wirksamer Bestandteil des Krauts ist ein Harz, welches wieder giftiges Tetanokannabin, schlafmachendes Kannabin (Haschischin) und ätherisches Öl enthält; man bereitet aus dem Kraut ein alkoholisches Extrakt und eine Tinktur und benutzt beide als schlafmachende Mittel oder in den Fällen, wo man eine mildere Opiumwirkung beabsichtigt. Auch gerbsaures Kannabin wird als schlafmachendes Mittel angewandt.
Vgl. Th. Marceau, Die Kultur und Zubereitung des Flachses und Hanfes in Frankreich, England etc. (deutsch, 2. Aufl., Weim. 1866);
F. Campbell, A treatise on the cultivation of flax and hemp (3. Aufl., Sydney [* 20] 1868);
Carcenac, Du coton, du chauvre, du lin et des laines en Italie (Par. 1869);
Lobe, Anbau der Handelsgewächse, Teil 3 (Stuttg. 1868);
Brinckmeier, Der Hanf (2. Aufl., Ilmenau 1886).