Havanagesellschaft. Rußland schuf die
Russisch-Amerikanische Pelzgesellschaft (1799) und die Heringsgesellschaft für das
Weiße Meer (seit 1803). Für
Deutschland
[* 2] sind außer den
EmdenerKompanien im 18. Jahrh. erwähnenswert: die Sächsisch-Elb-Amerikanische
Gesellschaft (1825-30), die Rheinisch-Westindische (1821 bis 1832) und vor allen die 1772 von
Friedrich d. Gr. gestiftete und
staatlich geleitete Seehandlungsgesellschaft, ihrer Zeit mit dem
Seesalz- und Wachshandelsmonopol ausgestattet.
Die Privilegien der
»Seehandlung« (s. d.) sind bereits gefallen, wie sie sich auch immer
mehr der industriellen
Unternehmungen entledigt.
kaufmännische
Korrespondenz, der Briefwechsel des
Kaufmanns mit seinen Geschäftsfreunden,
kennzeichnet sich durch
Bestimmtheit und
Kürze des
Ausdrucks und aus diesem
Grund häufig auch durch gewisse von der gewöhnlichen
Briefform abweichende Eigentümlichkeiten. Indessen darf die kaufmännische
Terminologie, wie
sie der Handelsverkehr geschaffen
hat, nicht verwechselt werden mit dem
Mißbrauch gewisser erkünstelter
Ausdrücke und Redeweisen, die
den allgemein gültigen Sprachgesetzen
Gewalt anthun.
Insofern im kaufmännischen
Brief die gegenseitig eingegangenen Verpflichtungen und
Bedingungen ihren
Ausdruck finden, gewinnt
er die Bedeutung einer förmlichen Willenserklärung und dient handelsrechtlich als Beweismittel; mehr als jeder andre Briefwechsel
unterliegt deshalb die Handelskorrespondenz den
Geboten der Vorsicht und Verantwortlichkeit. Die Handelsgesetze der meisten
Staaten fordern deshalb die
Aufbewahrung der empfangenen Handelsbriefe und die Zurückbehaltung einer
Abschrift der abgesandten,
welche nach der Zeitfolge in ein Kopierbuch zu übertrugen ist.
Das deutsche
Handelsgesetzbuch (§ 28 ff.) fordert zehnjährige
Aufbewahrung (s.
Kaufmann). Auf den großen europäischen
Kontoren,
namentlich an Seeplätzen, pflegt man hauptsächlich in fünf
Sprachen zu korrespondieren: deutsch, französisch,
englisch, italienisch und spanisch;
Von den zahlreichen Lehrbüchern der Handelskorrespondenz sind hervorzuheben: Schiebe-Odermann, Die kaufmännische
Korrespondenz, deutsch mit
französischer, englischer und italienischer
Phraseologie (13. Aufl., Leipz. 1881);
»Handelskorrespondenz in neun
Sprachen« (Stuttg. 1875, 9 Bdchn.);
jede tief eingreifende Erkrankung des volkswirtschaftlichen
Organismus, welche eine intensive
Störung
desGleichgewichts zwischen
Produktion und
Konsumtion mit gewissen im
Verkehr und
Handel hervortretenden Folgeerscheinungen
hervorruft. Die Bezeichnung dieser Zustände als
Krisen ist zwar allgemein üblich, aber durchaus fehlerhaft. Die
Störung
trifft nicht allein oder zuerst das Gebiet des
Handels, sondern
vorzugsweise dasjenige der
Produktion und
Konsumtion; man sollte
also vielmehr von »Wirtschaftskrisen« als von »Handelskrisen«
sprechen, und in diesem
Sinn wäre der
Ausdruck
»Absatzkrisen« (s. d.), der gewöhnlich nur zur Bezeichnung einer
Teilerscheinung dient, noch zutreffender.
Aber auch das
WortKrisis ist falsch angewendet, denn unter
Krisis versteht
man in der
Medizin nur ein gewisses
Stadium der
Krankheit
und zwar im
Sinn der alten
Ärzte solche Wendungen derselben, welche durch wirkliche Abscheidung krankhafter
Stoffe und deren
Entfernung aus dem
Körper herbeigeführt werden, im
Sinn der neuern
Heilkunde aber
»Entscheidungen, welche eine
rasche Besserung mit sich bringen«.
Keins von beiden paßt auf die wirtschaftlichen
Krisen. Der Zustand einer vollkommenen
Gesundheit wäre derjenige, in welchem
Produktion und
Konsumtion sich vollkommen das
Gleichgewicht
[* 6] halten,
der Fortschritt in beiden
Richtungen sich stetig, ohne
Unterbrechung und ohne Überstürzung, vollzieht. Ein solcher idealer
Zustand ist erfahrungsgemäß nie vorhanden und kann auch nicht bestehen. Einzelne
Zweige der menschlichen Thätigkeit, einzelne
Gegenden sind wenigstens jederzeit irgend einem
Leiden
[* 7] ausgesetzt. Aber nur da, wo diese
Leiden in einer
gewissen Verbreitung und mit einer gewissen Heftigkeit auftreten, spricht man von einer
Krise.
Eine exakte
Theorie der Handelskrisen ist nicht aufzustellen, da jede
Krise von der andern in ihren
Ursachen, ihrem Verlauf
und ihren Nachwirkungen irgendwie spezifisch abweicht. Indessen lassen sich doch gewisse gemeinsame Merkmale
der Entstehung und des Verlaufs der
Krisen ableiten. Die
Krisis kann in erster
Linie durch ein weitverbreitetes Mißverhältnis
zwischen Erzeugung und Verbrauch oder durch große Veränderungen in den
Verkehrs- und Marktzuständen mit Einschluß des
Geldumlaufs oder endlich durch allzu rasche Kapitalfixierungen veranlaßt werden.
Das Mißverhältnis zwischen Erzeugung und Verbrauch, welches im weitern Verlauf jeder
Krise wahrnehmbar
wird, kann als erste
Ursache in doppelter Hinsicht auftreten: entweder die
Konsumtion wird plötzlich in starkem
Maß eingeschränkt
aus
Gründen, die dem wirtschaftlichen
Leben fern liegen, z. B. infolge eines
Kriegs oder einer
Epidemie, ohne daß die
Produktion
Gelegenheit hatte, sich einzuschränken;
Dann ist eine
Überproduktion
vorhanden; in beiden
Fällen spricht man von
Absatzkrisen. Es können aber auch Ereignisse von wirtschaftlichem
Charakter eintreten,
die mehr oder weniger tief eingreifende Abänderungen im
Umsatz zum
Gefolge haben. Hierher gehören die
Einrichtung neuer Verkehrsstraßen, die Aufschließung neuer Absatzwege durch
Eröffnung bisher unzugänglicher
Länder, umgekehrt
die Verschließung der bisherigen Wege durch handelspolitische Maßregeln; ferner gewisse umfassendere Veränderungen im
Geld- und Umlaufswesen durch
Vermehrung oder Verminderung des Edelmetalls,
Papiergeldes, der Krediteinrichtungen etc. In solchen
Fällen hat
man es mit Handelskrisen im engern
Sinn,
Geld- und
Kreditkrisen, zu thun. Oder endlich kann der
erste
Anlaß darin liegen, daß ein starkes Spekulationsfieber eintritt, welches zur raschen Entstehung großer
Anlagen in
Industrien,
Eisenbahnen,
Banken etc. lenkt, das
Betriebskapital aufsaugt, zu einer
Erhöhung der
Produktionskosten und gleichzeitig
auch zu einer
¶
mehr
Überproduktion führt, und dann spricht man von Spekulationskrisen im eigentlichen Sinn. Derartige Erscheinungen pflegen stets
an einen besondern Anlaß anzuknüpfen, an Änderungen der Gesetzgebung, neue Verkehrsmittel etc. Wie der Krieg die Absatzkrisen,
so ruft sehr häufig die glückliche Beendigung eines Kriegs die Spekulationskrisen wach.
In der Mehrzahl der Fälle sind die Ursachen so verwickelt, und es treten so allseitige Wechselwirkungen
auf, daß man kaum mehr die Unterscheidungsmerkmale festhalten kann. Bisweilen allerdings sind ganz bestimmte örtliche Veranlassungen
vorhanden, welche die Art der Krisen kennzeichnen. Gewöhnlich aber ist der Verlauf einer Krisis in folgender Weise zu denken.
Nach einer längern Periode eines im allgemeinen normalen Verkehrs haben sich Arbeitskräfte und Kapitalien
bedeutend vermehrt. Es werden neue Unternehmungen und zwar leicht im Übermaß geschaffen, was ein starkes Sinken der Preise
zur Folge hat. In der Periode der Überproduktion jagen die Produzenten einander die günstig gelegenen Grundstücke, Arbeiter
und Kapitalien ab und steigern so die Preise, Arbeitslöhne und Diskontsätze. Um sich bei dem Beginn der
rückgängigen Konjunktur möglichst zu halten, nehmen sie denKredit übermäßig in Anspruch, verteuern sich denselben, bis
endlich das Kartenhaus zusammenbricht, Güterpreise und Löhne fallen und ein allgemeines krankhaftes Mißtrauen die seitherige
Leichtgläubigkeit ablöst.
Wenn diese Vorgänge auf einzelne Gebiete der Wirtschaft beschränkt bleiben, so rufen sie örtliche und
partielle Krisen hervor, die verhältnismäßig leicht überwunden werden. Gelingt aber die Lokalisierung nicht, sondern wird
die Störung von einem Unternehmen auf die andern, etwa von der Eisenindustrie auf die Hütten- und Kohlenwerke überhaupt
oder von der Spinnerei auf die ganze Gruppe der Textilindustrien, übertragen, so geht gewissermaßen der
Krankheitsstoff in den ganzen volkswirtschaftlichen Körper über, und die allgemeinen, zuerst akuten, später chronischen
Erscheinungen nehmen nun unaufhaltsam ihren Verlauf. Die Ursache der raschen und weiten Ausbreitung von Krisen in neuerer Zeit
und die zunehmende Schwierigkeit ihrer örtlichen Begrenzung hängen mit der Entwickelung des ganzen Verkehrswesens
und der großartigen Rolle des Kredits zusammen.
Im Zusammenhang mit den Ursachen kann man von Symptomen in dem Sinn sprechen, daß sich aus dem Eintreten gewisser äußerlicher
Erscheinungen auf das Herannahen einer Krise schließen läßt. Die Erfahrung bezeichnet als die wesentlichsten Symptome:
1) große Unternehmungslust und Kühnheit der Spekulation;
4) bedeutendes und rasches Steigen der Warenpreise, Arbeitslöhne, Realitätenwerte, Kapitalzinsen und Diskontsätze;
5) zahlreiche Überführung von Einzelunternehmungen in Aktienunternehmungen. Beim Zusammentreffen dieser
Symptome ist der Ausbruch von Krisen mit größter Wahrscheinlichkeit vorauszusehen. Als Wirkungen und Folgen schwerer Handelskrisen
sind zunächst große Verschiebungen in den Preisen der verschiedenen Warenarten, dann rasches Sinken von Lohn und Zins (Diskontsätze)
und Lahmlegung oder auch völliger Verlust großer Kapitalsummen zu beobachten. Es folgen
Zahlungseinstellungen
und Bankrotte, an Stelle des kritiklosen Vertrauens tritt dann eine ebensolche Entmutigung ein, jeder sammelt Kassenbestände,
und es läßt sich eine förmliche Entkräftung des wirtschaftlichen Organismus beobachten.
Die am meisten in die Augen fallenden und empfindlichsten Folgen sind natürlich, daß zahlreiche Vermögensverluste eintreten
und meist die Unschuldigen mit den Schuldigen leiden. In sozialer Hinsicht bedeutsam ist es, daß starke
Handelskrisen in der Regel den Unterschied zwischen Reichtum und Armut sowie die Abhängigkeit der letztern noch schroffer gestalten.
Anderseits darf man nicht verkennen, daß große Krisen »die großen Weltmarktsgewitter« sind und einen Reinigungsprozeß
bedeuten.
Krisen kommen in allen Zeitaltern vor; so brach nach Livius vor mehr als 2000 Jahren eine Handelskrisis im Lager
[* 10] des ältern Scipio vor Karthago
[* 11] aus, weil die Kaufleute zu viele Waren herbeigeschleppt hatten, und durch die große Florentiner
[* 12] Krisis von 1345, wo die Gesellschaften
der Scali, Peruzzi und Bardi fallierten, wurde der ganze Staat erschüttert. Mit bestimmtem Charakter treten
sie jedoch erst im 17. und 18. Jahrh. auf, und man führt hier als die beiden ersten eigentlichen
Handelskrisen jene von Lübeck
[* 13] im J. 1603 und die holländische Tulpenmanie 1634-1637 an; letztere ist dadurch merkwürdig,
daß sie sich nicht an Gegenstände des gemeinen Gebrauchs heftete, sondern an einen Artikel (Haarlemer
Tulpenzwiebeln), dem ein übermäßig hoher Wert beigelegt wurde; dieser folgte bald die englische Geldkrise von 1696, hervorgerufen
durch eine Veränderung im englischen Münzwesen
[* 14] und den dadurch vorübergehend eingetretenen Mangel an Zahlungsmitteln.
Ungleich tiefer gehend waren die Wirkungen des »Systems«, welches JohnLaw (s. d.) in Frankreich eingeführt
hatte, und durch welches zuerst der Irrtum Gestalt gewann, daß man durch Vermehrung der papierenen Umlaufsmittel das Gleichgewicht
der Güterpreise aufrecht erhalten und das Kapital eines Landes steigern könne. Dasselbe erfüllt den Zeitraum von 1716 bis
1720; es charakterisiert sich durch das erste Auftreten großartiger Gründungen, einer förmlich organisierten
Agiotage mit allen Ausschreitungen wilder Spekulationslust und durch den darauf folgenden Zusammenbruch mit vollständiger
Vermögensverschiebung.
Etwa gleichzeitig (1711-20) fand der Südseeschwindel in England statt, zu welchem einerseits der Aufschwung des Verkehrs mit
den transatlantischen Ländern, anderseits die mißbräuchliche Anwendung der Form der Aktiengesellschaften auf schwindelhafte
Projekte den Anstoß gab, und welcher in den als Bubbles (Seifenblasen) bezeichneten Aktien und andern Effekten
des Gründungsschwindels sein eigentliches Objekt besaß. Schon in dieser ersten Zeit zeigt sich, daß die Krisen nur in hoch
entwickelten Volkswirtschaften zur Entstehung gelangen.
Dasselbe gilt von den Hamburger Handelskrisen der Jahre 1763 und 1799, deren erstere durch die Beendigung
des Siebenjährigen Kriegs, deren letztere durch die Umwälzungen im Gefolge der großen französischen Revolution und des Seekriegs
der Franzosen mit den Engländern, durch die Überfüllung des westindischen Marktes mit europäischen Waren und die Ansammlung
unabsetzbarer angehäufter Vorräte in Hamburg
[* 15] verursacht war. Endlich darf im 18. Jahrh. in gewissem Sinn
jene Reihe von Folgeerscheinungen zu den Krisen gerechnet werden welche die französische Assignatenwirtschaft von 1790
¶