mehr
Privathandel wuchs. Viele
Kompanien verzehrten ihre
Kräfte in den aus Gewinnsucht begonnenen
Kriegen mit den einzelnen
Fürsten
der
Länder, wo sie ihre Handelskreise zogen; anderseits litten sie unter den
Kriegen der Seestaaten untereinander, indem die
Kolonien und der
Kolonialhandel in dem
Streben, den zu bekriegenden Gegner zu schädigen, als beliebte
Objekte
des
Angriffs seitens der feindlichen
Staaten dienten; viele Handelskom
panien gingen endlich auch an Überschuldung zu
Grunde.
Die Handelskom
panien wirtschafteten meistenteils sehr kostspielig. Überdies wurden die in der
Regel hoch gegriffenen Gesellschaftskapitalien
durch die Gewinnsucht der
Direktoren und die Beutelust der Handelsbeamten gekürzt; Unterschleif und
Nepotismus ließen sich
schwer vermeiden. Der Warenhandel gehört nicht zu den
Geschäften, wofür sich das Kollektivunternehmen
gut eignet; namentlich bei den überseeischen
Kompanien war wegen der
Ferne, in welcher der Geschäftsbetrieb vor sich ging,
und wegen der Mannigfaltigkeit und Vielverschlungenheit der einzelnen Handelsoperationen die
Kontrolle seitens der
Aktionäre
fast ganz hinfällig geworden.
Alle diese und andre
Momente wirkten mit, daß die monopolisierten, privilegierten Handelskom
panien fast durchgängig
ein trauriges Ende nahmen. Überhaupt sind mit der
Sicherung und
Entwickelung des
Freihandels auch in den fernen
Meeren die wirtschaftlichen
Voraussetzungen geschwunden, auf
Grund deren ähnliche
Gesellschaften zu erstehen noch
Berechtigung hätten.
Haben sich aus allen
diesen
Gründen die Handelskom
panien im 19. Jahrh. überlebt, so ist
doch nicht zu verkennen, daß sie ein nützliches und bedeutsames
Element der Handelspflege in der Vergangenheit bildeten.
Dafür spricht auch die
Thatsache, daß in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum im 17. und 18. Jahrh. mehr
als 70 Handelskom
panien gegründet wurden.
Unter denselben ist zunächst die aus der Vereinigung zahlreicher seit dem Jahr 1595 entstandener und zumeist fehlgeschlagener Handelsgesellschaften durch ein Privilegium der Generalstaaten im J. 1602 begründete Holländisch-Ostindische Kompanie zu nennen, mit einem Gründungskapital von 6,600,000 Gulden und mit dem Monopol des ausschließlichen Handels jenseit des Kaps der Guten Hoffnung und der Magelhaensstraße ausgestattet. Sie gewann den Portugiesen die Molukken, Malakka, Celebes, verschiedene Punkte der malabarischen Küste ab und erlangte den Alleinhandel nach Japan. [* 2]
Gegen Ablauf [* 3] des 17. Jahrh. auf der Höhe ihrer Macht stehend, sank sie bereits im 18. Jahrh., und nach dem Krieg mit England erfolgte ihre Auflösung. Ihre tief verschuldeten Besitzungen wurden 1795 zum Nationaleigentum erklärt und ihre Schulden mit den Staatsschulden vereinigt. Nicht einmal so lange dauerte die 1621 gegründete Holländisch-Westindische Kompanie, welche das Monopol des Handels an der afrikanischen Westküste bis zum Kap der Guten Hoffnung, an der amerikanischen Küste und über alle Inseln des Stillen Ozeans bis zu den Molukken erhielt, auch an der afrikanischen und brasilischen Küste zeitweise gewinnreichen Handel betrieb, jedoch bald eine ungeheure Schuldenlast hatte und die Freigebung des Handels 1734 nicht lange überdauerte.
Die im J. 1823 unter Leitung und Garantie des Staats mit dem Namen Nederlandsche Handels-Maatschappij gegründete niederländische Handelsgesellschaft hatte vorzugsweise die Aufgabe, sich auf den Handel und die Frachtschiffahrt zu beschränken und niemals in die innere Verwaltung der überseeischen Besitzungen zu mischen; bis in die neueste Zeit ist derselben jedoch ein (wenngleich abgeschwächtes) Monopol insofern eingeräumt, als sie ausschließlich die auf den Krondomänen in den Kolonien gewonnenen Produkte in Holland gegen eine bestimmte Provision für Rechnung der Regierung verkauft.
Unter den englischen Handelskom
panien war die 1554 gegründete
Russische
[* 4] Handelskom
panie, welcher unter
Elisabeth die Privilegierung einer
Ostländischen (1579) und einer Türkisch-Levantischen (1581) folgte, die bedeutendste. Von wirklicher Bedeutung war aber
erst die 1600 durch
Freibrief begründete
Londoner
Ostindische
Kompanie, welche nach mannigfachen
Kämpfen
und wechselndem finanziellen Erfolg in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. glänzend zu prosperieren
begann, seit der Mitte des 18. Jahrh. in
Indien als politische Macht auftrat und ihre Territorialherrschaft stetig zu erweitern
verstand.
Das britisch-indische Kolonialreich ist die
Schöpfung dieser Handelskom
panie, und erst im J. 1858 wurde die
Regierung
Indiens durch die
India bill formell von der
Königin übernommen und die
Ostindische
Kompanie aufgelöst (s.
Ostindien).
[* 5] Die 1670 gegründete britische
Hudsonbaikompanie (s. d.) gewann das
Monopol des Pelzhandels in dem nach ihr benannten weiten
nordamerikanischen Ländergebiet, während die 1710 erstandene und wesentlich auf
Agiotage gerichtete
Südseegesellschaft schon
nach wenigen
Jahren (1748) zu
Grunde ging.
Ebenso lösten sich nach kurzem ruhmlosen Bestand auf: die
Britisch-Venezianische
Gesellschaft, die Britisch-Levantische
Gesellschaft,
die
Britische Heringsfischereigesellschaft u. a. Von den französischen Handelskom
panien entstanden
einige schon unter
Richelieu und zwar mit den mannigfachsten
Zielen und unter den abenteuerlichsten
Namen; so
gab es eine
Französisch-Afrikanische,
eine Compagnie du
Cap
Vert et du
Guinée, eine
Cap
Blanc-,
Senegal-,
Französisch-Kanadische,
-Chinesische,
Französische
San Domingo-,
Französisch-Levantische,
-Nordische, -Occidentalische
Gesellschaft etc. Die hervorragendste war die
Schöpfung
Colberts, die
Ostindisch-Französische
Kompanie, im J. 1664 gegründet, mit dem
Privilegium des gesamten
Handels nach
Ostindien
sowie auf dem
Großen
Ozean; wegen schlechter
Verwaltung und der englischen
Konkurrenz hatte sie nur vorübergehende
Erfolge und schloß ihre Thätigkeit mit bedeutenden Verlusten.
Auch die
Französisch-Westindische Handelskom
panie hatte keine bessern Erfolge, und die
Mississippi-Gesellschaft diente zumeist
der Lawschen
Agiotage als
Hintergrund. Auch die nordischen
Staaten
Europas besaßen ihre Handelskom
panien, so
Dänemark
[* 6] die
Dänisch-Afrikanische
(Marokkanische) 1751-65, die Allgemeine (Grönländische) Handelskompanie 1747 bis 1780, die Dänisch-Guineasche
1658-1785, die
Isländische 1733-88, die Levantische, 1757 hervorgerufen, aber nur von sehr kurzer Dauer, die
Ostindische, 1616 gegründet
und bis über das 18. Jahrh. hinaus bestehend, die Westindische 1671-1785, sodann die
Vereinigte Dänisch-Norwegisch-Schleswig-Holsteinische
Handlungs- und Kanalgesellschaft zur Ausbeutung des schleswig-holsteinischen
Kanals. In
Schweden
[* 7] bildeten
sich die Guineasche
Kompanie (1649-67), die kurzlebige Grönländische (1774), die Heringsfischereigesellschaft (1745), die
Ostindische (1731). In
Portugal
[* 8] erstanden die
Afrikanische Negerhandelsgesellschaft (1723), die
Asiatische (1753), die
Brasilische
Marañongesellschaft (1759-77), die
Pernambuco- und Parahybagesellschaft (1749-80), die Weinhandelskompanie (von
Oporto,
[* 9] 1756-90).
Von spanischen
Schöpfungen nennen wir: die
Caracas-, Philippinische,
Ostindische,
Domingo-,
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Havanagesellschaft. Rußland schuf die Russisch-Amerikanische Pelzgesellschaft (1799) und die Heringsgesellschaft für das Weiße Meer (seit 1803). Für Deutschland [* 11] sind außer den Emdener Kompanien im 18. Jahrh. erwähnenswert: die Sächsisch-Elb-Amerikanische Gesellschaft (1825-30), die Rheinisch-Westindische (1821 bis 1832) und vor allen die 1772 von Friedrich d. Gr. gestiftete und staatlich geleitete Seehandlungsgesellschaft, ihrer Zeit mit dem Seesalz- und Wachshandelsmonopol ausgestattet. Die Privilegien der »Seehandlung« (s. d.) sind bereits gefallen, wie sie sich auch immer mehr der industriellen Unternehmungen entledigt.
Vgl. Ad. Beer, Allgemeine Geschichte des Welthandels (Wien [* 12] 1860-85, 5 Bde.);
W. Roscher, Nationalökonomik des Handels und Gewerbfleißes (3. Aufl., Stuttg. 1882).