besitzen, unterhalten werden. In die
Chambres de commerce können
Handel- und Gewerbtreibende unterschiedslos durcheinander
gewählt werden. Von
Frankreich aus verbreitete sich die Einrichtung derselben über die meisten andern
Länder; in einigen
(wie in
England, dann in
Baden
[* 2] 1862-78 etc.) bestehen sie lediglich aus frei gebildeten
Vereinen, in den meisten haben
sie eine gesetzlich anerkannte öffentliche
Stellung mit Beitragspflicht der Beteiligten, von denen z. B. in
Preußen
[* 3] die Beiträge
zur Kostendeckung durch
Zuschläge auf die
Gewerbesteuer erhoben werden, beratende
Stimme für Wahrung der Bedürfnisse von
Handel und
Industrie mit dem
Zweck, zwischen Handelsstand und
Regierung zu vermitteln,
Berichte,
Anträge und
Gutachten zur
Unterstützung der Behörde zu erstatten.
Vielfach sind ihnen auch gewisse
Aufsichts- und Verwaltungsbefugnisse (z. B.
Aufsicht über
Börsen und andre Handelsanstalten)
eingeräumt. In
Preußen wurden die Handelskammern 1848 und 1870 gesetzlich geregelt. Sie werden mit
Genehmigung des Handelsministers errichtet.
Die Mitglieder der Handelskammern werden von den
Inhabern der in dasHandelsregister eingetragenen
Firmen gewählt.
Ähnlich wie in
Preußen wurden 1878 die Handelskammern in
Baden eingerichtet. In einigen
Ländern
(Sachsen,
[* 4]
Bayern,
[* 5]
Württemberg)
[* 6] sind die
Handelskammern im
Interesse der kleinen Gewerbtreibenden mit
Gewerbekammern verbunden, in
Österreich,
[* 7] wo die Handelskammern ausgedehntere
Rechte und
Pflichten als in
Deutschland
[* 8] haben, bestehen sie in der
Regel aus einer
Handels- und einer Gewerbesektion.
In
Bayern, wo 1868 für jeden Regierungsbezirk eine Handelskammer in
Verbindung mit Abteilungen für die
Gewerbe eingerichtet
wurde, bilden die Bezirksgremien Unterabteilungen der Handelskammern, welche Teile des
Bezirks der letztern umfassen und in denselben
Sitz und
Stimme haben.
im engern
Sinn diejenigen
Handelsgesellschaften (s. d.), welche, mit Privilegien,
Monopolen und oft
selbst mit Territorialhoheitsrechten ausgestattet, besonders im merkantilistischen
Zeitalter und bis in unser
Jahrhundert den
Welthandel beherrschten. In ihren Anfängen waren sie notwendige
Schöpfungen kommerzieller
Selbsthilfe,
wie sie dem
Wesen und den gesamten Verhältnissen des spätern
Mittelalters entsprachen. Die Kauffahrtei entbehrte in jenen
Zeiten des nötigen nationalen
Schutzes, zumal in den fremden
Ländern; der
Handel genügte darum dem Schutzbedürfnis durch
eigne
Verbindungen, welche einen doppelten
Charakteran sich trugen.
Entweder waren es solche
Verbände, in welchen sich Kaufleute, die nach einer und derselben
RichtungHandel
trieben, zu
Genossenschaften,
Gilden,
Hansen, vereinigten, welche gemeinsam auch die Erlangung von
Handelsprivilegien an fremden
Orten erstrebten; diese
Gilden, die sich seit dem 13. Jahrh. höher entwickelten, wurden zu sogen.
regulierten
Kompanien, bei welchen sich der
Kaufmann, der auf eigne Rechnung
Handel trieb, nur den Polizeivorschriften
der
Gesellschaft, welche die Sicherheit des
Handels bezweckten,
unterwerfen mußte, für die
Erhaltung der gemeinsamen Einrichtungen
ein Eintrittsgeld und jährliche Beiträge entrichten mußte und an den Vorteilen der gemeinsamen Privilegien, des Rechtsschutzes
etc. teilnahm.
Diese Handelskompanien verfolgten in bestimmten
Zeiten politische
Zwecke und bedeuteten für die
Förderung der Handelsinteressen
dasselbe, was die
Zünfte für das Handwerkswesen. Der politische Grundzug beherrschte während des 13.-16. Jahrh.
die
Hansa (s. d.), die süddeutschen, die italienischen
Handelsgesellschaften und wohnte anfänglich auch noch den englischen
Kompanien inne. Verschieden von diesen aus dem
Mittelalter herüberreichenden waren die neuen Handelskompanien des 17. und 18. Jahrh.,
welche, auf dem Aktienprinzip beruhend, als Vereinigungen von Kaufleuten mit großem
Kapital den Betrieb und die Leitung überseeischer,
insbesondere kolonialer, Handelsunternehmungen auf monopolistischer Grundlage führten.
Der Unterschied zwischen beiden
Arten hängt mit den Zeitverhältnissen zusammen und ist in den Kulturzuständen tief begründet.
Denn die Bündnisse der Handelsplätze im 13. und in den folgenden
Jahrhunderten hatten den
Schutz des
nahen
Binnenhandels zum Ausgangspunkt ihrer genossenschaftlichen Wirksamkeit; unter öffentlichen Faustrechtszuständen leidend,
sorgten sie für
Schutz gegen Land- und
Seeräuberei, hielten
Polizei zur
See, vertraten zuerst eine staatliche
Handelspolitik,
stellten
Gleichheit in
Maßen und
Gewichten her und verkörperten
in sich die Strafrechtsordnung des
Handels
in den
Zeiten des allgemeinen
Faustrechts.
Mit der allmählichen Heraufführung geordneter staatlicher Zustände hörte aber die
Notwendigkeit des
Rechts- und Interessenschutzes
des
Binnenhandels durch die Kaufleute selbst auf, und damit verloren die
Hansa und die verwandten Städtebündnisse den
Schwerpunkt
[* 11] ihres Zusammenschlußes.
Nun entstanden im Zusammenhang mit dem Aufblühen des überseeischen
Handels,
mit der merkantilistischen
Pflege desselben, mit der
Kolonisation und dem
Streben nach Monopolisierung jedes Erwerbszweigs die
großen privilegierten Seehandelsgesellschaften des 17. und 18. Jahrh. Es galt jetzt, den
Gefahren zu begegnen, welche dem
Handel in den fernen
Erdteilen drohten, und das
Streben der einzelnenStaaten
ging nun dahin, für sich einen möglichst großen
Anteil an den vermehrten Vorteilen des
Welthandels zu gewinnen und eine
aktive
Handelsbilanz zu erreichen. Deshalb stattete man Handelskompanien mit weitgehenden
Handelsmonopolen und Privilegien aus, ließ sich
für Erteilung oder
Verlängerung
[* 12] der Privilegien bezahlen, besteuerte unter dieser Form den
Handel und trug
zum
Erwerb großer Kolonialgebiete bei, indem man von seiten des
Staats die
Bildung großer Kapitalassociationen für koloniale
Handelszwecke in jeder
Weise begünstigte.
Diese modernen Handelskompanien dienten in den fernen
Meeren nationalen Wirtschaftsinteressen; sie waren überhaupt das
Produkt des Wettstreits
zwischen den am überseeischen
Handel beteiligten europäischen
Staaten und verloren an Bedeutung in dem
Maß, als auch für die fernen
Weltgegenden das
Völkerrecht sich ausbildete und staatlichen Rechtsschutz schuf. Als dann mit
der Erstarkung der staatlichen
Handelspolitik das Einzelkapital ermutigt wurde, in Privatunternehmungen überseeischen
Handel
zu betreiben, da vermochten die
Kompanien nicht mehr, dieser
Konkurrenz die
Spitze zu bieten. Die Monopolverfassung
der und ihre Privilegien wurden eine lähmende
Fessel der Kompaniehandel nahm ab in dem
Maß, als der
¶
mehr
Privathandel wuchs. Viele Kompanien verzehrten ihre Kräfte in den aus Gewinnsucht begonnenen Kriegen mit den einzelnen Fürsten
der Länder, wo sie ihre Handelskreise zogen; anderseits litten sie unter den Kriegen der Seestaaten untereinander, indem die
Kolonien und der Kolonialhandel in dem Streben, den zu bekriegenden Gegner zu schädigen, als beliebte Objekte
des Angriffs seitens der feindlichen Staaten dienten; viele Handelskompanien gingen endlich auch an Überschuldung zu Grunde.
Die Handelskompanien wirtschafteten meistenteils sehr kostspielig. Überdies wurden die in der Regel hoch gegriffenen Gesellschaftskapitalien
durch die Gewinnsucht der Direktoren und die Beutelust der Handelsbeamten gekürzt; Unterschleif und Nepotismus ließen sich
schwer vermeiden. Der Warenhandel gehört nicht zu den Geschäften, wofür sich das Kollektivunternehmen
gut eignet; namentlich bei den überseeischen Kompanien war wegen der Ferne, in welcher der Geschäftsbetrieb vor sich ging,
und wegen der Mannigfaltigkeit und Vielverschlungenheit der einzelnen Handelsoperationen die Kontrolle seitens der Aktionäre
fast ganz hinfällig geworden.
Alle diese und andre Momente wirkten mit, daß die monopolisierten, privilegierten Handelskompanien fast durchgängig
ein trauriges Ende nahmen. Überhaupt sind mit der Sicherung und Entwickelung des Freihandels auch in den fernen Meeren die wirtschaftlichen
Voraussetzungen geschwunden, auf Grund deren ähnliche Gesellschaften zu erstehen noch Berechtigung hätten. Haben sich aus allen
diesen Gründen die Handelskompanien im 19. Jahrh. überlebt, so ist
doch nicht zu verkennen, daß sie ein nützliches und bedeutsames Element der Handelspflege in der Vergangenheit bildeten.
Dafür spricht auch die Thatsache, daß in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum im 17. und 18. Jahrh. mehr
als 70 Handelskompanien gegründet wurden.
Gegen Ablauf
[* 15] des 17. Jahrh. auf der Höhe ihrer Macht stehend, sank sie bereits im 18. Jahrh., und nach dem Krieg mit England
erfolgte ihre Auflösung. Ihre tief verschuldeten Besitzungen wurden 1795 zum Nationaleigentum erklärt
und ihre Schulden mit den Staatsschulden vereinigt. Nicht einmal so lange dauerte die 1621 gegründete Holländisch-WestindischeKompanie, welche das Monopol des Handels an der afrikanischen Westküste bis zum Kap der Guten Hoffnung, an der amerikanischen
Küste und über alle Inseln des StillenOzeans bis zu den Molukken erhielt, auch an der afrikanischen und
brasilischen Küste zeitweise gewinnreichen Handel betrieb, jedoch bald eine ungeheure Schuldenlast hatte und die Freigebung
des Handels 1734 nicht lange überdauerte.
Die im J. 1823 unter Leitung und Garantie des Staats mit dem Namen Nederlandsche Handels-Maatschappij gegründete niederländische
Handelsgesellschaft hatte vorzugsweise die Aufgabe, sich auf den Handel und die Frachtschiffahrt zu beschränken
und niemals in die innere Verwaltung der überseeischen Besitzungen zu mischen; bis in die neueste Zeit ist derselben jedoch
ein
(wenngleich abgeschwächtes) Monopol insofern eingeräumt, als sie ausschließlich die auf den Krondomänen in den Kolonien
gewonnenen Produkte in Holland gegen eine bestimmte Provisionfür Rechnung der Regierung verkauft.
Unter den englischen Handelskompanien war die 1554 gegründete Russische
[* 16] Handelskompanie, welcher unter Elisabeth die Privilegierung einer
Ostländischen (1579) und einer Türkisch-Levantischen (1581) folgte, die bedeutendste. Von wirklicher Bedeutung war aber
erst die 1600 durch Freibrief begründete LondonerOstindischeKompanie, welche nach mannigfachen Kämpfen
und wechselndem finanziellen Erfolg in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. glänzend zu prosperieren
begann, seit der Mitte des 18. Jahrh. in Indien als politische Macht auftrat und ihre Territorialherrschaft stetig zu erweitern
verstand.
Das britisch-indische Kolonialreich ist die Schöpfung dieser Handelskompanie, und erst im J. 1858 wurde die
RegierungIndiens durch die India bill formell von der Königin übernommen und die OstindischeKompanie aufgelöst (s. Ostindien).
[* 17] Die 1670 gegründete britische Hudsonbaikompanie (s. d.) gewann das Monopol des Pelzhandels in dem nach ihr benannten weiten
nordamerikanischen Ländergebiet, während die 1710 erstandene und wesentlich auf Agiotage gerichtete Südseegesellschaft schon
nach wenigen Jahren (1748) zu Grunde ging.
Auch die Französisch-Westindische Handelskompanie hatte keine bessern Erfolge, und die Mississippi-Gesellschaft diente zumeist
der Lawschen Agiotage als Hintergrund. Auch die nordischen StaatenEuropas besaßen ihre Handelskompanien, so Dänemark
[* 18] die Dänisch-Afrikanische
(Marokkanische) 1751-65, die Allgemeine (Grönländische) Handelskompanie 1747 bis 1780, die Dänisch-Guineasche
1658-1785, die Isländische 1733-88, die Levantische, 1757 hervorgerufen, aber nur von sehr kurzer Dauer, die Ostindische, 1616 gegründet
und bis über das 18. Jahrh. hinaus bestehend, die Westindische 1671-1785, sodann die Vereinigte Dänisch-Norwegisch-Schleswig-Holsteinische
Handlungs- und Kanalgesellschaft zur Ausbeutung des schleswig-holsteinischen Kanals. In Schweden
[* 19] bildeten
sich die Guineasche Kompanie (1649-67), die kurzlebige Grönländische (1774), die Heringsfischereigesellschaft (1745), die
Ostindische (1731). In Portugal
[* 20] erstanden die Afrikanische Negerhandelsgesellschaft (1723), die Asiatische (1753), die Brasilische
Marañongesellschaft (1759-77), die Pernambuco- und Parahybagesellschaft (1749-80), die Weinhandelskompanie (von Oporto,
[* 21] 1756-90).
Von spanischen Schöpfungen nennen wir: die Caracas-, Philippinische, Ostindische, Domingo-,
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