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den »Messias«, vollendet hatte, mußte er es für geraten halten, dasselbe nicht in London, [* 2] sondern in Dublin [* 3] zum erstenmal öffentlich aufzuführen (1741). Der dortige Erfolg dieses Oratoriums wirkte allerdings belebend auf die Teilnahme der Hauptstadt, welche nunmehr den früher entstandenen Oratorien: »Acis und Galatea« und »Athalia« (1733),
»Das Alexanderfest«, eine Verherrlichung der Macht der Musik (1736),
»Saul« und »Israel in Ägypten« [* 4] (1738),
»L'allegro, il pensieroso ed il moderato« (1740),
wie den spätern: »Samson« (1741),
»Semele« (1743),
»Herakles« [* 5] und »Belsazar« (1744),
»Judas Makkabäus« und »Joseph« (1746),
»Josua« und »Alexander Balus« (1747),
»Susanna« und »Salomo« (1748),
»Theodora« (1749) und »Jephtha« (1751), mehr und mehr ihre Gunst zuwandte. Gleichwohl sah sich Händel genötigt, seinen Oratorien-Aufführungen durch eingeflochtene Orgelvorträge, auf welchem Instrument seine Meisterschaft allgemein anerkannt war, größere Anziehungskraft zu verleihen, und diesem Brauch blieb er, selbst nachdem er in den letzten Lebensjahren völlig erblindet war, bis wenige Tage vor seinem Tod getreu. Er starb in London und wurde in der Westminsterabtei beigesetzt.
Wie sehr auch der Vokalkomponist bei Händel überwog, so hat er doch der Instrumentalmusik ebenfalls die wichtigsten Dienste [* 6] geleistet. Das Orchester seiner Opern und noch mehr seiner Oratorien zeigt die Ausdrucksfähigkeit der Instrumente durch ihn wesentlich erweitert, und in der Ausmalung einer gegebenen Situation entfaltet er eine wunderbare Stärke [* 7] und unerschöpflichen Reichtum. Alle Tonwerkzeuge führen, wie Chrysander (»Händel«, Bd. 3, S. 184) sagt, die beredteste Sprache, [* 8] und wesentlich hierdurch erhalten Händels schönste Gesänge ihre bedeutungsvolle, aber durch keine Deutung zu erschöpfende Tiefe. In demselben Maß bereicherte er die reine Instrumentalmusik, obwohl er ihre von seinen italienischen Vorgängern ausgebildeten Formen sowenig zu erweitern trachtete wie die der italienischen Oper.
Als glänzende Zeugnisse seiner kontrapunktischen Gewandtheit und nie versiegenden Erfindungskraft sind hierher gehörig zu nennen: die sogen. Wassermusik für Orchester, komponiert 1717 auf Veranlassung einer Wasserfahrt des Hofs auf der Themse;
12 Solosonaten für eine Violine oder Flöte mit Baß für Harpsichord (Klavier);
13 Trios oder zweistimmige Sonaten für zwei Violinen (Oboen oder Flöten) mit Baß, 1733 und 1738;
6 Concerti grossi für Streich- und Blasinstrumente (wegen der bevorzugten Oboenstimme auch »Oboenkonzerte« genannt), 1733, sowie 5 andre Konzerte ähnlicher Art und 12 Concerti grossi für Streichinstrumente, 1739;
vor allem aber seine Orgelkonzerte, deren in der Zeit von 1738 bis 1797 nicht weniger als 20 erschienen sind, sämtlich zugleich für das Klavier bestimmt, welches in seinem Bau wie in seinem Gebrauch zu Händels Zeit der Orgel weit näher stand als jetzt.
Speziell für Klavier veröffentlichte er 1720: »Suites de pièces pour le clavecin«, denen bis 1735 noch drei weitere Sammlungen folgten, bekannt unter dem Titel: »Harpsichord lessons« und nach der Angabe des Musikhistorikers Hawkins »für die Übung der Prinzessin Anna komponiert«. Ein annähernd vollständiges Verzeichnis von Händels sämtlichen außerordentlich zahlreichen Werken findet sich in Fétis' »Biographie universelle«. Die bis jetzt umfassendste Ausgabe derselben ist die Londoner, von Arnold besorgt; in 40 Foliobänden (1786); sie ist jedoch nicht frei von Fehlern, und Kenner ziehen deshalb die Originalausgabe von Walsh vor.
Eine korrekte Ausgabe wird unter Redaktion Chrysanders von der Leipziger Händel-Gesellschaft (gegründet 1856) herausgegeben; bisher (1886) sind davon 84 Lieferungen (25 Jahrgänge) erschienen. Die Londoner Sammlung enthält 21 Oratorien, 5 Tedeums, 12 große und viele kleinere Psalmen, 12 Klavierkonzerte, 12 Oboekonzerte, 18 Orgelkonzerte, 12 Flötensoli, 12 Kammerduette und Kammertrios, mehrere der Opern (darunter eine komische: »Der Alchimist«),
Instrumentalsätze unter den Titeln: »Fire-music« und »Water-music«, Klaviersuiten, Fugen etc. Büsten Händels wurden bereits zu seinen Lebzeiten von Roubillac angefertigt, der dann auch die Statue für sein Grabdenkmal in der Westminsterabtei schuf (1762). Eine wohlgelungene Kolossalstatue (von Heidel) wurde dem Komponisten 1859, 100 Jahre nach seinem Tod, in seiner Vaterstadt Halle [* 9] errichtet.
Vgl. Schölcher, The life of Händel (Lond. 1858);
Chrysander, G. F. Händel (Leipz. 1858 bis 1867, Bd. 1-3);
Gervinus, und Shakespeare (das. 1868);
Reißmann, G. F. Händel, sein Leben und seine Werke (Berl. 1881);
Kretzschmar, G. F. Händel (Leipz. 1883);
E. David, G. F. Händel, sa vie, ses travaux et son temps (Par. 1884).