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und zwei Häupter der Bürgerschaft, Schnitger und Jastram, welche gegen die Herrschaftsgelüste des sich auf den Kaiser stützenden Bürgermeisters Meurer bei Dänemark [* 2] Hilfe gesucht und dadurch dessen Einschreiten veranlaßt hatten, hatte hinrichten lassen, entbrannte der Streit von neuem. Seit dem Westfälischen Frieden war nämlich der Handel Hamburgs fast ganz in die Hände der Holländer übergegangen, und nur nach dem nördlichen Spanien [* 3] und nach Portugal betrieb Hamburg [* 4] Geschäfte von einiger Wichtigkeit.
Während so die Bürger Hamburgs zum Teil geschäftslos waren, blieben die Staatslasten fortwährend die alten. Umtriebe der calvinistischen Geistlichkeit fachten die Gärung noch an, und so brach im November 1693 ein offener Aufstand aus, in welchem die Partei der niedern Klasse (Mayerianer, nach ihrem Führer Mayer, dem Hauptpastor zu St. Jakobi, genannt) den Sieg davontrug. Eine kaiserliche Kommission brachte zwar 1699 einen neuen Rezeß zu stande; die Proletarier, den Prediger Krumbholz an der Spitze, riefen jedoch ihren Anführer Mayer, den die kaiserlichen Kommissare aus der Stadt verwiesen hatten, zurück und setzten 1708 den Rat ab. Der Herzog von Braunschweig [* 5] und die Direktoren des niedersächsischen Kreises schickten nun Kreistruppen mit kaiserlichen Kommissaren nach Hamburg, wobei jedoch der britische und holländische Gesandte Garantie leisteten, daß nichts an den Grundgesetzen geändert werden solle, und so kam nach mehrjährigen Verhandlungen endlich der große Hauptrezeß von 1712 zu stande, welcher ein Einverständnis zwischen Rat und Bürgerschaft herstellte, das seitdem nicht wesentlich getrübt ward. Noch einmal rückte König Friedrich IV. von Dänemark 1712 vor die Stadt, ließ sich jedoch mit einer Summe von 250,000 Reichsthalern abfinden.
Der Handel blühte nun von neuem auf und erlangte besonders während des Siebenjährigen Kriegs große Bedeutung. Hamburgs Schiffe [* 6] gingen nach Holland, England, Spanien und Portugal und nahmen teil am Herings-, Stockfisch- und Walfischfang. Am ward zu Hamburg der Friede zwischen Preußen [* 7] und Schweden [* 8] abgeschlossen. Die durch den Krieg herbeigeführte Kornteurung veranlaßte in Hamburg einen schwunghaften Getreidehandel; aber die Nachwehen des Kriegs und die Spekulationswut, die endlich in einer beispiellosen Wechselreiterei Nahrung suchte, führten zur Katastrophe von 1763. Fast 100 der angesehensten Häuser fielen, und Hamburgs Kredit und Wohlstand wurden tief erschüttert.
Doch erholte es sich bald wieder. Der Gottorpsche Vertrag von 1768 sicherte endlich Hamburgs Unabhängigkeit für immer gegen holsteinische Angriffe, und 1770 erhielt die Stadt Sitz und Stimme auf dem Reichstag. Der Umstand, daß während des nordamerikanischen Befreiungskriegs die kriegführenden Mächte allen neutralen Schiffen die freie Fahrt nach ihren Kolonien erlaubten, erhob Hamburgs Handel zum Welthandel. Nach geendigtem Krieg blühte der Handel mit dem neuen Freistaat auf; verfehlte Spekulationen hatten zwar für Hamburg große Verluste zur Folge, aber auch das Gute, daß die Unverkäuflichkeit vieler hingesendeter Lager [* 9] zur Errichtung von hamburgischen Agenturen in allen großen Plätzen der Union Veranlassung gab, die sich später in bleibende Kommanditen, in förmliche Etablissements verwandelten.
[Revolutionszeit.]
Infolge der französischen Revolution wurde Hamburg von Emigranten überschwemmt, welche zwar auf die Verfeinerung der äußern Bildung einwirkten und Geld mitbrachten, aber auch die Löhne und Preise steigerten und die Sitten verderbten. Die Eroberung Hollands durch die Franzosen (1795) brachte fast den ganzen holländischen Handel nach Hamburg, dessen Geschäfte sich außerordentlich mehrten. Aber bald ward Hamburg direkt von den kriegerischen Verwickelungen betroffen.
Die Besitznahme der Stadt Hamburg durch die Dänen unter dem Prinzen Karl von Hessen [* 10] 1801 ward schon durch Nelsons Sieg vor Kopenhagen [* 11] wieder aufgehoben. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 erhielt die Stadt das nicht unbedeutende Domgebiet; der Dom wurde abgebrochen. Durch die Besetzung Hannovers von seiten der Franzosen 1803 und 1804 ward aber nicht nur Hamburgs Verkehr mit Deutschland [* 12] fast ganz vernichtet, sondern die Stadt auch gezwungen, den hannöverschen Ständen 1,060,000 Thlr. vorzuschießen.
Nachdem 1806 das Amt Ritzebüttel von den Franzosen besetzt worden war, um so die Elbe zu sichern, erfolgte 19. Nov. auch die Besetzung der Stadt Hamburg selbst unter Mortier, infolgedessen die Briten die Elbe blockierten. Am wurde Hamburg mit Nordwestdeutschland dem französischen Reich einverleibt und zur Hauptstadt des Departements der Elbmündungen gemacht sowie für eine der bonnes villes de l'Empire erklärt. Von diesem Augenblick an lagen Hamburgs Handel und Schiffahrt danieder.
Mit Begeisterung ward daher der russische General Tettenborn bei seinem Einzug empfangen, nachdem der französische Kommandant Cara Saint-Cyr am 12. verlassen hatte. Indes weder die Streitkräfte Tettenborns noch die Geldopfer und Rüstungen, [* 13] zu denen der bedächtige Hamburger Senat sich entschloß, waren ausreichend, die Stadt gegen einen ernsten Angriff des Feindes zu verteidigen, und schon 30. Mai rückten die Franzosen wieder ein. Die Stadt wurde von Davoût als Rebellin behandelt, ihr 48 Mill. Mark Banko Kontribution auferlegt und, da sie nicht bezahlt werden konnten, alle Kassen sowie die Geldvorräte der Bank (7½ Mill. Mark Bko.) konfisziert; die angesehensten Bürger wurden verbannt oder verhaftet, die Befestigungen erneuert und erweitert, wobei die Einwohner selbst mitarbeiten mußten, und bei Beginn des Winters 20,000 ärmere Bewohner aus der Stadt vertrieben.
Die lange, hartnäckige Verteidigung Davoûts gegen Bennigsen legte der Bürgerschaft noch härtere Leiden [* 14] auf. Im Mai 1814 endlich sah sich Davoût genötigt, die Stadt zu übergeben. Die halbe Million Frank Renten, welche die französische Regierung 1818 Hamburg überließ, war nur eine geringe Entschädigung, da die Verluste der Stadt durch die Franzosen allein 1813, die geraubten Bankgelder ungerechnet, auf 57 Mill. Mark Bko. und von 1806 bis 1814 im ganzen auf 140 Mill. Mark Bko. geschätzt wurden. Die Bevölkerung [* 15] war von 100,000 auf 55,000 Einw. heruntergegangen. Die alte Verfassung wurde nun im wesentlichen wiederhergestellt, aber auf Antrag des Senats von der Bürgerschaft eine Deputation von 20 Männern gewählt, die mit jenem zur Reorganisation des Staats in beschleunigtem Geschäftsgang wirken sollte.
[Verfassungsreform.]
Durch die Bundesakte vom trat als souveräner Staat dem Deutschen Bund bei und bildete mit Bremen, [* 16] Lübeck [* 17] und Frankfurt [* 18] die Kurie der Freien Städte. Die Handelskrisen von 1825 und 1826 blieben zwar auch auf Hamburg nicht ohne nachteiligen Einfluß; doch blühte es nachher um so mehr wieder auf, und auch die Krisis von 1837 ging ohne nachhaltige Folgen ¶
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vorüber. Nach der Julirevolution von 1830 hatte auch Hamburg revolutionäre Zuckungen, allein es kam nur zu einem »Pöbelkrawall«. Im Herbst 1831 raffte die Cholera binnen 15 Wochen 500 Opfer in der Stadt hinweg. Vom 5. bis legte eine Feuersbrunst 4219 Gebäude in 75 Straßen, darunter drei Kirchen und mehrere andre öffentliche Gebäude, in Asche; der Gesamtwert derselben samt ihrem Inhalt ward auf 40,851,500 Mk. Kur. geschätzt. 19,995 Personen wurden obdachlos. Aus allen Teilen Deutschlands, [* 20] ja sogar aus den fernen Weltteilen trafen großartige Unterstützungen bis zum Belauf von 2½ Mill. Thlr. in ein, und hierdurch wie durch eine Staatsanleihe von 34 Mill. Mark Bko. ward es möglich, die augenblickliche Not zu lindern und sofort zum Wiederaufbau zu schreiten.
Gleich nach dem Brand ward dem Rat von der Patriotischen Gesellschaft eine Petition um Einsetzung einer Reformdeputation übergeben; eine aus Juristen und andern Bürgern bestehende Deputation, welche im November 1843 zur Begutachtung der nötigen Reformen eingesetzt wurde, arbeitete jedoch ohne Erfolg. Doch wuchs infolge der Maßregeln, welche die zur Leitung des Neubaues niedergesetzte Rats- und Bürgerdeputation traf, im Schoß der Bürgerschaft allmählich eine Opposition heran, die, vom Grundeigentümerverein ausgehend, immer von neuem auf Niedersetzung einer Reformdeputation drang.
Infolge der Februarrevolution von 1848 kam es 3. März zu bedeutenden Exzessen, welche sich 27. Mai besonders 9. Juni wiederholten. Die Zähigkeit des Senats in der Bewilligung von Konzessionen, die unfruchtbare Thätigkeit der vom Senat berufenen Reformdeputation und der Gang [* 21] der deutschen Verhältnisse überhaupt hatten auch hier bald eine schärfere Scheidung der Parteien zur Folge; namentlich trat das demokratische Element als politische Macht in verschiedenen Vereinen hervor.
Eine Versammlung dieser demokratischen Vereine vom 17. Aug. beschloß, beim Senat den Antrag auf Berufung einer nach den freiesten Grundsätzen gebildeten Konstituierenden Versammlung zu stellen, welche auch 7. Sept. bewilligt wurde. Durch allgemeines Stimmrecht gewählt, trat diese Konstituante, 192 Mitglieder stark, zusammen, und im Februar 1849 begann sie die Beratung des nach schweizerischen und amerikanischen Mustern abgefaßten Verfassungsentwurfs, wobei die demokratischen Tendenzen der Mehrzahl ihrer Mitglieder mit aller Schärfe hervortraten. So wollte sie das Recht der Gesetzgebung ausschließlich der Bürgerschaft von 300 Mitgliedern, welche alle 2 Jahre sich gänzlich erneuern sollte, vorbehalten und den Rat von 9 gewählten Mitgliedern, von denen alle 2 Jahre 3 austreten sollten, zum bloßen Vollstrecker der Bürgerschaftsbeschlüsse machen.
Ende Mai erklärte sich die Konstituante einstimmig für Anerkennung der Reichsverfassung. Erst der Umschlag der allgemeinen politischen Verhältnisse gab auch in Hamburg der Reaktion den Mut, entschiedener hervorzutreten. Ein Aufruf des Patriotischen Vereins forderte die Bevölkerung Hamburgs auf, vereint zu wirken für die Aufrechthaltung der von der Konstituante verworfenen Lebenslänglichkeit der Senatorenwürde, für Beschränkung des Bürger- und Wahlrechts und Teilnahme des Senats an der Gesetzgebung, und Ende Juni erließ der Senat selbst die Erklärung, daß die Konstituierende Versammlung die Grenzen [* 22] ihrer Vollmacht überschritten habe.
Die Folge hiervon war ein längerer Kompetenzstreit, in welchem die Bürgerschaft zu dem Senat hielt. Gleichwohl nahm die Konstituante 11. Juli die ganze Verfassungsurkunde an. Der Senat legte jedoch 5. Aug. gegen die neue Verfassung als eine unmögliche feierlich Verwahrung ein, beantragte hingegen eine Revision der Verfassung durch die Konstituante selbst, welche diese ablehnte. Doch vertagte sie sich 31. Aug., trat nicht wieder in Thätigkeit und ward im Juni 1850 aufgelöst.
Im August 1849 entschloß sich der Senat zum Anschluß an das Dreikönigsbündnis unter der Voraussetzung von Zugeständnissen für den Handel, wogegen die großdeutsche wie die demokratische Partei alle Hebel [* 23] in Bewegung setzten. Dessenungeachtet entschieden sich bis 25. Aug. alle bürgerlichen Kollegien für den Beitritt, ebenso am 27. die Bürgerschaft mit großer Majorität, und Ende Dezember wurde die Vornahme der Wahlen zum Erfurter Parlament genehmigt. Am trat eine aus vier Senatoren und fünf Mitgliedern der Bürgerschaft bestehende Kommission, der Neunerausschuß, zusammen, um den neuen Verfassungsentwurf der Konstituante den Umständen gemäß abzuändern und ausführbar zu machen.
Die 29. Okt. von ihm beim Senat eingereichten Vorschläge hinsichtlich der Verfassungsänderungen bezogen sich hauptsächlich auf das Wahlsystem, die Lebenslänglichkeit des Senats, die Zusammensetzung der Bürgerschaft und die Teilung der Gewalt zwischen Rat und Bürgerschaft. Der Senat beschloß Anfang Dezember, den so umgestalteten Verfassungsentwurf gutzuheißen und an die Bürgerschaft zu bringen. Am ward der revidierte Entwurf der Verfassung von dem Sechziger-Kollegium, am 15. von dem Hundertundachtziger-Kollegium und am 23. endlich auch von der Bürgerschaft samt dem transitorischen Wahlgesetz angenommen.
Die Neunerkommission legte bis zum Schluß des Jahrs dem Senat eine große Reihe organischer Gesetze (Organisation des Senats, der Verwaltung und Justiz, Kriminalgesetzbuch, Kriminalprozeßordnung, Zivilprozeßordnung) vor, die im Juni 1851 auch von der Bürgerschaft angenommen wurden. Nur das Kollegium der Oberalten, in welchem die althamburgische Partei die Mehrheit hatte, weigerte sich hartnäckig, die neue Verfassung anzuerkennen, und veranlaßte sogar eine Einmischung des Bundestags, der am mehrere Punkte in der neuen Verfassung als unvereinbar mit den Bundesprinzipien bezeichnete.
Die Bürgerschaft gab 22. Juli auf Antrag des Senats zu der Revision ihre Zustimmung. Nachdem der revidierte Entwurf vom Senat und auch vom Sechziger-Kollegium genehmigt worden, erging von seiten der Oberalten ein neuer Protest an den Senat und zugleich eine abermalige Beschwerde an den Bundestag. Zwar ließ sich ersterer dadurch in der Veröffentlichung der organischen Gesetze zu der neuen Verfassung nicht hindern. Doch erfolgte nun 7. Juni von seiten der erbgesessenen Bürgerschaft, welche Ausführung ihres Beschlusses vom verlangte, die Ablehnung des Verfassungsentwurfs und der übrigen Senatspropositionen, des Wahlgesetzes, der Geschäftsordnung der Bürgerschaft etc. Der abgelehnte Entwurf wurde von der Neunerkommission nochmals umgearbeitet und namentlich mit Zusätzen versehen, die auf Repräsentation der Zünfte und Gewerbe in der künftigen Bürgerschaft abzweckten. Erst 1859 genehmigten die Oberalten und die Bürgerschaft die Umwandlung der erbgesessenen Bürgerschaft in eine Volksvertretung. Im November fanden die allgemeinen, direkten Wahlen statt, und 6. Dez. trat die neue ¶