v. M. in Neiße. [* 2] Es liegt durchaus außerhalb unsrer Aufgabe, zu den Angaben über das Heerwesen der verschiedenen Staaten auch die geschichtliche Entwickelung derselben ausführlich zu behandeln, da dem allgemeinen Interesse mit einer zuverlässigen Darstellung der gegenwärtigen Verhältnisse doch viel mehr gedient sein muß. Indessen entsprechen wir gern Ihrem Wunsch und lassen nachstehend einen kurzen Abriß der Geschichte des englischen Heerwesens folgen.
In der angelsächsischen Zeit war jeder Mann verpflichtet, zur Verteidigung des Vaterlandes die Waffen [* 3] zu führen, Schild, [* 4] Schwert und Lanze, oder Bogen [* 5] und Speer. Diese bewaffnete Macht hieß »Fyrd«. Aber Knut d. Gr. hielt sich schon eine Leibwache von 6000 Mann, die »Huskarle«, um gegen die Überfälle der Dänen stets schlagfertig zu sein. Wilhelm der Eroberer teilte das Land in Ritterlehen. Die Ritter mit ihren Hörigen mußten sich jährlich 14 Tage bewaffnet dem König zu Diensten stellen.
Aber die hundertjährigen Kriege gegen Frankreich zwangen zum Söldnerwesen, zumal durch Gesetz von 1328 bestimmt war, daß kein Engländer zum Kriegsdienst außer Landes verpflichtet sei. Die insulare Lage Englands und die steigende Bedeutung seines Handels waren Ursache, daß es so blieb, so daß noch heute das Gesetz von 1328 als die Grundlage der englischen Kriegsverfassung gilt. Inzwischen war aus den Fyrd (1181) die Miliz durch Parlamentsbeschluß hervorgegangen, wonach jeder Freie (seit 1285) zwischen 15 und 60 Jahren sich zu bewaffnen hatte. 1352 wurde zwar durch Gesetz bestimmt, daß der König ohne Zustimmung des Parlaments keine Truppen ausheben dürfe; doch wurde in der Folge oft dagegen verstoßen, um ein stehendes Heer zu schaffen. So mußten die nach ihrer Rückkehr aus Spanien [* 6] 1625 unter Waffen gehaltenen Truppen 1628 aufgelöst werden.
Die Armeen des Bürgerkriegs waren Söldnertruppen. Nach der Restauration 1660 wurde das stehende Heer auf Antrag des Parlaments aufgelöst, und die Bill of Rights, der Vertrag Wilhelms von Oranien mit der englischen Nation, von 1683 erklärte die Errichtung oder Beibehaltung eines stehenden Heers im Königreich ohne Bewilligung des Parlaments für unzulässig. Auf Grund dieser Bill, welche keinerlei Wehrpflicht des englischen Volkes im stehenden Heer kennt, muß die Mutiny-Akte jährlich noch jetzt dem Parlament vorgelegt werden, der Act of Settlement (1706) verbietet Anstellung Fremder im Heer aus Besorgnis, daß bei der Käuflichkeit der Offizierstellen, einer das englische Heerwesen recht charakterisierenden Einrichtung, welche erst 1871 (gegen den Willen des Oberhauses) abgeschafft wurde, diese von Fremden erworben werden könnten.
Ein Haupthindernis der Unterhaltung eines stehenden Heers war das Verbot, Truppen bei den Bürgern einzuquartieren. Die Krone suchte zwar Hilfe im Barackenbau, doch wurde auch dieser vom Parlament beschränkt; 1697 waren 5000 Mann so untergebracht. 1792 lagen 20,847 Mann in 43 Festungen und Garnisonen, für Verstärkungen wurden Zeltlager errichtet. Neben dem stehenden Söldnerheer und der Miliz hatte sich schon frühzeitig die Institution der Freiwilligen entwickelt.
Nach der Vereinigung der drei Königreiche wurden bei drohender Gefahr von den Landherren und Städten mit Hilfe der Krone, welche Waffen und Ausrüstung lieferte, Freiwilligenkorps errichtet, später geschah dies in den Grafschaften durch das Parlament. Auch die Miliz war nach der Restauration reorganisiert und je nach Größe der Grafschaft in eine Anzahl Infanterie- und Kavalleriekorps geteilt worden. Die Offiziere wurden mit Genehmigung der Krone vom Lord-Lieutenant ernannt. 1786 bestätigte das Parlament die Reorganisation, durch welche nun in jeder Grafschaft eine bestimmte Anzahl Männer zu dreijähriger Dienstpflicht in der Miliz oder zur Stellung eines Stellvertreters verpflichtet wurde. Die heutige Organisation der Miliz beruht im wesentlichen auf den Gesetzen von 1802, 1859 und 1875.
Das englische Landheer ist somit geblieben, was es seit Jahrhunderten war, ein Söldnerheer, und nimmt in dieser Beziehung eine Sonderstellung unter den Heeren Europas ein, die in der sozialen und politischen Entwickelung des Landes ihre Begründung und in den Handelsrepubliken Karthago [* 7] und Venedig [* 8] ihre geschichtlichen Vorbilder hat. Allerdings ist England dadurch, daß es von jeher verstand, den Hauptteil seiner Kriegsarbeit durch Fremde verrichten zu lassen, militärisch zurückgeblieben, wie seine Kriege in Südafrika [* 9] und im Sudân beweisen; aber durch Geld wußte es zu erreichen, was den Waffen nicht gelang. Ob dies bei der fortschreitenden moralischen Entartung der Armee auf die Dauer möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
England ist durch seine insulare Lage auf den Seeverkehr angewiesen, aus dem sich naturgemäß der Seehandel entwickeln mußte. Es ist ein besonderes Verdienst Heinrichs VIII., durch einsichtsvolle Unterstützung der seemännischen Erziehung des englischen Volkes die Entwickelung des Seehandels sehr gefördert zu haben. Auch für die Beförderung zum Seeoffizier machte er die seemännische Ausbildung von unten herauf zur Vorbedingung. Das durch die Entdeckung Amerikas und die Bildung der Ostindischen Kompanie erweiterte Seehandelsgebiet unter Gründung überseeischer Kolonien hatte mit der Vermehrung der Handelsflotte auch naturgemäß die der Kriegsflotte zu deren Schutze zur Folge.
Die Königin Elisabeth wurde so zur Begründerin der englischen Seemacht. Bei ihren Unternehmungen gegen Spanien konnte sie bereits eine Flotte von 42 größern Kriegsschiffen mit 8526 Mann Besatzung in See gehen lassen. Die Handelsschiffe der Ostindischen Kompanie erhielten eine Ausrüstung wie Kriegsschiffe, um die Kriegsflotte unterstützen zu können 1689, bei der Vertreibung Jakobs II., zählte die Kriegsflotte 173 Schiffe [* 10] mit 6930 Kanonen und 43,000 Mann Besatzung und gelangte unter Wilhelm III. zu einer die Meere beherrschenden Machtstellung, die sie in den bis in den Anfang unsers Jahrhunderts fortdauernden Kämpfen mit Frankreich sich zu erhalten vermochte, obgleich auch die französische Marine durch Richelieu und Seignelay zu hoher Blüte [* 11] entwickelt wurde. In jenen Zeiten gewann die englische Marine den volkstümlichen Charakter, der sich bis heute erhalten. Im J. 1755 zählte sie 263 Schiffe, darunter 121 Linienschiffe und Fregatten, mit 11,720 Kanonen und 80,200 Mann Besatzung.
Unter der genialen Führung Nelsons im Kampf gegen die französische Republik erreichte sie dann um 1800 das Maximum ihrer Stärke [* 12] von 1108 Kriegsschiffen, darunter 293 Linienschiffe, 258 Fregatten mit 29,000 Kanonen und 175,000 Mann. In der Folgezeit erwarb sich die englische Kriegsflotte Ruhm im Dienste [* 13] der Wissenschaft auf Erforschungsreisen und der Humanität zur Unterdrückung des Sklavenhandels. Größere Umwälzungen bahnten sich dann an durch Einführung der Dampfschiffe und des Panzers. Dem Vorgang Frankreichs, wo 1858 das erste Panzerschiff [* 14] auf Stapel gelegt wurde, mußte Großbritannien, [* 15] trotzdem es dem Bau der ¶
Panzerschiffe, [* 17] die man ein kostspieliges Experiment nannte, wenig Sympathie entgegenbrachte, doch zu folgen sich entschließen und legte im Mai 1859 das erste Panzerschiff, den Warrior, auf Stapel. Hiermit beginnt der Wettstreit zwischen England und Frankreich im Bau immer stärkerer Panzerschiffe, der wahre Unsummen Geldes verschlang. Das Bestreben, allen andern Marinen den Vorrang abzulaufen, brachte der englischen Flotte die zahllosen Schiffstypen, die ihr nicht nur als ein taktischer Mangel an Kampfstärke angerechnet werden müssen, sondern auch deshalb nicht immer ein Zuwachs an Kampfkraft wurden, als sie, wie die Erfahrung lehrte, nicht selten keinen Fortschritt im Schiffbau bekundeten.
Von den in Band [* 18] I-VII aufgenommenen Personen starben bis Ende Dezember 1886:
Abd ul Kerim Pascha, türk. General (Februar 1885)
Abercorn, James Hamilton, Herzog von
Abich, Wilh. Herm., Geolog und Reisender
Äby, Christoph Theodor, Anthropolog
Adam, Franz, Schlachten- u. Pferdemaler
Adams, Charles Francis, Jurist und Staatsmann
Aksakow, Iwan Sergéjewitsch, Schriftsteller
Alexander Karageorgewitsch, ehemaliger Fürst von Serbien [* 19]
Alexander, Sir James Edward A. of Westerton, engl. Offizier und Reiseschriftsteller (April 1885)
Alfons XII., König von Spanien
Ansdell, Richard, engl. Tiermaler (April 1885)
Arthur, Chester Allan, Präsident der Vereinigten Staaten [* 20] von Nordamerika [* 21]
Assolant, Alfred, franz. Schriftsteller (Mai 1886)
Avellaneda, Nicolas, Präsident der Argentinischen Republik
Baeyer, Jos. Jakob, preuß. Generalleutnant und Geodät
Baschet, Armand, franz. Schriftsteller (Februar 1886)
Bauer, Edgar, philosoph. Schriftsteller
Baumgärtner, Karl Heinrich, Mediziner
Becker, Hermann Heinrich (der rote B.), Politiker
Beckmann, Adele, Soubrette, Gattin von Friedrich B. (November 1885)
Beecher, Harriet: ihr Gatte Calvin E. Stowe starb im August 1886
Berndal, Karl Gustav, Schauspieler
Bert, Paul, franz. (Gelehrter und Politiker, seit Anfang 1886 Generalresident von Tongking [* 22] und Anam in Hanoi)
Bertani, Agostino, ital. Politiker
Beust, Friedrich Ferdinand, Graf von, sächs. und österreich. Staatsmann
Bianchi, Nicomede, ital. Historiker (Anf. Febr. 1886)
Birch, Samuel, engl. Sprachforscher und Archäolog
Bitter, Karl Hermann, ehemaliger preuß. Finanzminister
Bludow, Andrei, Graf, russ. Gesandter
Borghese, Marco Antonio, Fürst, Sohn von Francesco B.
Bosboom, Anna Lucia Gertrude, niederländ. Romanschriftstellerin (April 1886)
Boyen, Hermann, preuß. General, Sohn von Leopold Herm. Ludwig v. B.
Breier, Ed., österreich. Romanschriftsteller
Bressant, Jean Baptiste Prosper, franz. Schauspieler (Januar 1886)
Brown, Henry Kirke, nordamerikan. Bildhauer
Bürde-Ney, Jenny, Opernsängerin
Burnitz, Karl Peter, Landschaftsmaler
Cardwell, Edward, Lord, engl. Staatsmann
Carpenter, William Benjamin, Physiolog
Chambord, Maria Theresia, Prinzessin von Modena, Gattin des Grafen von Chambord
Chimay, Joseph de Riquet, Fürst von Caraman und C., belg. Diplomat (März 1886)
Colomb, Enno v., preuß. General
Corvin-Wiersbitzki, Otto Julius Bernhard v., Schriftsteller
Cunitz, August Eduard, protest. Theolog
Czajkowski, Michael, poln. Emigrant und Novellist
Decazes, Louis Charles Elie Armanieu, Herzog D. und von Glücksbjerg
Desjardins, Erneste, Archäolog und Historiker
Duncker, Maximilian Wolfgang, Geschichtschreiber
Eichthal, Gustave d', franz. Hellenist und Ethnograph
Elvenich, Peter Joseph, kathol. Theolog und Philosoph, Verteidiger des Hermesianismus
Flegel, Eduard Robert, Afrikareisender (starb, auf einer Forschungsreise begriffen, in der Oase Ain-Salah
Forsyth, Thomas Douglas, engl. Diplomat und Reisender
Frieb-Blumauer, Minona, Schauspielerin
Garcia Gutierrez, Antonio, span. Dramatiker (August 1884)
Herold, Friedrich, Buchhändler
Golownin, Alexander Wasiljewitsch, Sohn von Wasilij Michailowitsch ¶