Festnahme
(Detention, Verwahrung) kann auch von der Staatsanwaltschaft und von
Polizei- und Sicherheitsbeamten angeordnet werden,
wenn die Voraussetzungen der
Verhaftung vorliegen und
Gefahr im
Verzug schwebt. Der Festgenommene ist unverzüglich dem
Amtsrichter
des
Bezirks, in welchem die
Festnahme erfolgt ist, zuzuführen. Jeder Verhaftete muß spätestens am
Tag nach der Einlieferung
in das Gefängnis durch einen
Richter über den Gegenstand der Beschuldigung verhört werden. Wird jemand auf frischer That
betroffen oder verfolgt, so ist jedermann befugt, ihn auch ohne richterlichen Befehl vorläufig festzunehmen, wenn er der
Flucht verdächtig, oder wenn seine Persönlichkeit nicht sofort festzustellen ist.
II.
BürgerlicheRechtsstreitigkeiten. Auf dem Gebiet der Streitigkeiten über das
Mein und
Dein und zur
Erfüllung rechtlicher Verbindlichkeiten kommt die Haft
(Schuldhaft, Personalhaft, Contrainte par corps) nur ausnahmsweise vor.
Das moderne
Recht schränkte die Zulässigkeit der Haft gegen einen säumigen
Schuldner wesentlich ein. Das nachmals auf das
Reichsgebiet ausgedehnte norddeutsche Bundesgesetz vom erklärte nach dem Vorgang des englischen
und französischen
Rechts den
Personalarrest für ungültig insoweit, als dadurch die Leistung einer
Quantität von vertretbaren
Sachen oder von
Wertpapieren erzwungen werden solle.
Damit ist insbesondere die sogen.
Wechselstrenge beseitigt, d. h. die Wechselhaft als Exekutionsmittel zur Beitreibung von
Wechselschulden. Ebendasselbe ist für
Österreich
[* 2] durch
Gesetz vom und für
Italien
[* 3] durch
Gesetz
vom verfügt worden. Gleichwohl kommt die auch jetzt noch in bürgerlichen
Rechtssachen sowohl als Sicherungsmittel
(Sicherheitsarrest) wie als subsidiäres Vollstreckungsmittel
(Vollstreckungs-, Exekutionsarrest) vor.
1) zur Erzwingung der Vornahme einerHandlung, welche durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann
und ausschließlich vom
Willen des
Schuldners abhängt;
2) als
Strafe der Zuwiderhandlung wider die Verpflichtung, eine
Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer
Handlung zu
dulden;
(Haftbarkeit,Haftung,Haftverbindlichkeit), im allgemeinen die Verpflichtung, für gewisse
Schäden und
Nachteile aufzukommen, sei es für
bereits eingetretene, sei es für zukünftige.
In dem letztern
Fall
heißt es von demjenigen, welchem die Haftpflicht obliegt: er trägt die
Gefahr oder haftet für die
Gefahr (s. d.);
doch bezieht sich
dieser
Ausdruck eigentlich nur auf solche
Schäden, welche einen Gegenstand ohne Verschulden des Haftpflichtigen treffen. Im
allgemeinen gilt nämlich die Rechtsregel, daß jeder für den durch sein schuldhaftes
Handeln verursachten
Schaden haftbar ist (s.
Culpa), sei es, daß er vorsätzlicher- oder fahrlässigerweise einen andern schädigte.
Der
Umfang
der Haftpflicht ist teils durch
Gesetz oder Herkommen allgemein oder durch
Vertrag für den einzelnen
Fall bestimmt. Besonders wichtig
sind die
Fälle, in denen mehrere Verpflichtete solidarisch, d. h.
einer für alle und alle für einen,
haftbar sind. In diesen
Fällen spricht man von einer
Solidarhaft (s.
Korrealverbindlichkeit). Für zufällige schädigende
Ereignisse ist man nur auf
Grund besonderer Gesetzesvorschrift oder Vereinbarung haftbar. Im engern
Sinn ist Haftpflicht die Verpflichtung,
den nicht aus eignenHandlungen oder Unterlassungen entstandenen
Schaden (s. d.) zu ersetzen.
Namentlich handelt es sich dabei nicht nur um zufällig entstandenen, sondern vorzugsweise um solchen
Schäden, welcher durch
dritte
Personen verschuldet wurde, für welche der Haftpflichtige eintreten muß. Diese Verpflichtung, den nicht aus eignen
Handlungen oder Unterlassungen entstandenen
Schaden zu ersetzen, beruht entweder auf dem
Gesetz, oder sie
wird im einzelnen
Fall vertragsmäßig durch Auftrag oder
Bürgschaft (s. d.) übernommen. Verschiedenartig wird die
Frage beantwortet,
ob auch
Empfehlungen und Ratschläge eine Haftpflicht begründen.
Bejaht wird die Haftpflicht für die
Fälle, wo
Amt,
Beruf oder
Gewerbe zu Erteilung von Ratschlägen besonders verpflichten, und außerdem,
woArglist oder grobe
Fahrlässigkeit erwiesen worden ist. In Bezug auf die gesetzliche Haftpflicht ist die
Frage
viel erörtert, wie weit der
Staat aus den
Handlungen seiner Beamten verpflichtet werde. Die bestehende
Gesetzgebung verneint
die Haftpflicht des
Staats für die Thätigkeit seiner Beamten bei der
Verwaltung von Hoheitsrechten. Dagegen tritt dieselbe in
beschränktem
Maß ein:
1) bei den
Versehen der Grundbuchbeamten, wenn von den letztern
Schadenersatz nicht zu erlangen ist;
2) bei der gerichtlichen
Hinterlegung zum Teil mit der gleichen Beschränkung;
3) die Postverwaltung haftet für den Verlust oder die
Beschädigung von Sendungen mit Wertangabe, von eingeschriebenen Sendungen
und von Paketen, nicht aber für gewöhnliche
Briefe, nach Maßgabe des Postgesetzes vom
4) die Telegraphenverwaltung leistet keinerlei
Schadenersatz außer der Erstattung der
Gebühren für verlorne oder durch
Schuld
des Telegraphenbetriebs mit bedeutender
Verzögerung in die
Hände des Empfängers gelangte oder verstümmelte verglichene
Depeschen (Telegraphenordnung vom § 24). In privatrechtlicher Hinsicht war schon im
römischen
Recht begründet: eine Haftpflicht des
Hausvaters für den Haussohn, jedoch nur, soweit das
Peculium (s. d.), nicht aber der
Auftrag (jussus) ging oder der Haussohn die
Geschäfte des
Vaters geführt hatte, also nicht für
Delikte, es müßte denn der
Erwerb durch das
Delikt das väterliche
Vermögen bereichert haben; ferner eine Haftpflicht für
Beschädigungen durch
Tiere (Noxaklage, actio de pauperie). Eine weitere Haftpflicht ist die der
Gastwirte (s. d.). Im französischen
Recht ist die Haftpflicht für
dritte
Personen besonders ausgedehnt, indem gemäß Art. 1384 haftbar sind: der
Vater und nach
¶
mehr
seinem Tode die Mutter für den Schaden, welchen ihre minderjährigen, bei ihnen wohnenden Kinder verursacht haben; Hausherren
und Auftraggeber für den Schaden, welchen ihr Hausgesinde und die von ihnen Beauftragten in den ihnen aufgetragenen Geschäften
veranlaßten; Lehrer und Handwerker für den Schaden, welchen ihre Zöglinge und Lehrlinge während der Zeit,
wo dieselben unter ihrer Aufsicht sind, verursachten. Es können sich diese haftbaren Personen durch den Beweis befreien, daß
sie die beschädigende Handlung nicht verhindern konnten. Das deutsche Handelsgesetzbuch, Art. 395, legt dem Frachtführer die
unbeschränkte Haftpflicht für den Verlust oder die Beschädigung des Frachtguts auf, soweit sie nicht durch die
Beschaffenheit desselben oder durch höhere Gewalt entstanden sind. Er haftet zugleich für die Versehen seiner Gehilfen.
Eine besondere (und diese Haftpflicht ist jetzt zumeist gemeint, wenn man von Haftpflicht schlechthin spricht)
ist durch das Reichsgesetz vom betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb
von Eisenbahnen, Bergwerken, Fabriken, Steinbrüchen und Gräbereien herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen (Haftpflichtgesetz)
geregelt worden. Den Anstoß zu diesem Gesetz gaben die sich stets mehrenden Unglücksfälle bei industriellen Etablissements,
in Bergwerken (Katastrophe im Plauenschen Grund) und bei Eisenbahnen.
Dies Gesetz macht einen wichtigen Unterschied zwischen dem Eisenbahnbetrieb und sonstigen industriellen Unternehmungen.
Wird nämlich bei dem Betrieb einer Eisenbahn (also nicht bloß bei der Beförderung auf der Bahn) ein Mensch getötet oder
körperlich verletzt, so haftet der Betriebsunternehmer für den dadurch verursachten Schaden. Dabei ist in Ansehung der Eisenbahnunfälle
[* 7] die Beweislast abweichend von den allgemeinen Rechtsregeln bestimmt. Nicht der Beschädigte hat seinen
Entschädigungsanspruch durch die Behauptung u. durch den Nachweis eines Verschuldens auf seiten
der Bahnverwaltung zu begründen, sondern der Betriebsunternehmer haftet schlechthin für jenen Schaden, sofern nicht er den
Nachweis erbringt, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden des Getöteten oder Verletzten entstanden.
Der Beweis der Verschuldung liegt jedoch in solchem Fall dem Verunglückten oder seinen Hinterbliebenen ob. Die Schwierigkeit
einer solchen Beweisführung, die Umständlichkeit und Kostspieligkeit des gerichtlichen Verfahrens machten nun freilich die
Wohlthaten, welche das Haftpflichtgesetz namentlich dem Arbeiterstand bringen sollte, vielfach gegenstandslos, und
ziemlich allgemein ward schon wenige Jahre nach dem Erlaß des Haftpflichtgesetzes dessen Verbesserungsbedürftigkeit anerkannt.
Der große Aufschwung der modernen industriellen Verhältnisse mit ihrer Massenproduktion und ihrem Maschinenbetrieb schien
eine größere Sicherung der Arbeiter gegen die Unfallsgefahr zu erheischen. In dem Bestreben, damit auch zur Lösung der Arbeiterfrage
überhaupt einen Schritt vorwärts zu thun, entschloß man sich zur Einführung einer allgemeinen Unfallversicherung
für
die Arbeiter mit gesetzlichem Versicherungszwang, und so entstand das Unfallversicherungsgesetz vom welches
das Haftpflichtgesetz in Ansehung der Arbeiterbevölkerung im wesentlichen gegenstandslos macht (s.
Unfallversicherung).
Für die Unfallentschädigung für dritte Personen, also bei dem Eisenbahnbetrieb insbesondere in Ansehung
der Reisenden, ist das Haftpflichtgesetz nach wie vor maßgebend.
Vgl. Endemann, Die Haftpflicht (3. Aufl., Berl. 1885);