Technische Verwendung findet vorzüglich die
Wolle (s. d.), und so wie diese wird auch, wenngleich in viel geringerer
Menge, das feine tibetische und persische
Ziegenhaar verarbeitet. Auch die Haare der
Bisamratten,
Hasen,
Lamas und
Kamele,
[* 3] der Angoraziege,
der
Vicuña, des Alpako finden ähnliche Verwendung. Haargeflechte, Haarschnüre,
Stricke undHaargewebe
werden aus verschiedenen Haaren und zu mannigfachen
Zwecken dargestellt. Die Menschenhaare dienen meist zur
Bedeckung kahl
gewordener
Köpfe, seltener zur
Darstellung der im engern
Sinn sogen. Haararbeiten. Zu letztern verwendet man meist Haare von Verstorbenen,
welche für
Perücken etc. zu brüchig sind.
In der
Regel ist das
Haar
[* 4] 60
cm lang; doch kommt bisweilen auch doppelt so langes vor. Das
Gewicht des
Haars
von einem
Kopf beträgt selten mehr als ¼ kg. Die Hauptproduktionsorte sind oft wechselnde; neuerdings
lieferten
Böhmen,
[* 5]
Mähren,
Ungarn,
[* 6]
West- und Norddeutschland,
Dänemark,
[* 7]
Schweden,
[* 8]
Norwegen,
Italien
[* 9] und
Spanien
[* 10] bedeutende
Mengen
Menschenhaar. Sehr viel wird aus
China
[* 11] exportiert, doch ist diese
Ware geringwertig. Das rohe
Haar wird
sortiert, mit kochendem
Wasser, mit schwacher Sodalösung und
Ammoniakflüssigkeit gewaschen, auch vielfach gefärbt und büßt
bei dieser Behandlung 15-25 Proz. ein.
Haupthandelsplätze sind in
Deutschland
[* 12]
Frankfurt,
[* 13]
Fulda,
[* 14]
Heilbronn,
[* 15]
Leipzig
[* 16] etc.
Frankreich verarbeitet jährlich
ca. 130,000 kg,
die fast ausschließlich vonEngland und
Amerika
[* 17] konsumiert werden. Ein
Surrogat der Menschenhaare für
diesen
Zweck ist die rohe
Seide,
[* 18] welche man blond, braun oder schwarz färbt und zu
Locken und
Perücken verarbeitet. Aber auch
Bast,
[* 19] Jutehanf etc. finden vielfach Verwendung. Die Haararbeiten aus Menschenhaar sind zum
Teil sehr künstlich; es sind teils Flechtarbeiten, teils werden die Haare aufgeklebt, um
Landschaften,
Medaillons
u. dgl. herzustellen. Derartige
Arbeiten nennt man Haarmosaik oder Haarmalerei und, wenn man auf
Seide arbeitet, wohl auch
Haarstickerei.
[* 1]derPflanzen
(Trichome), alle auf der
Epidermis
[* 20] (s. d.) der
Pflanzen befindlichen mehr oder weniger haarähnlichen
Bildungen, welche
meist auf der ganzen
Epidermis des Pflanzenteils verbreitet sind und einen haarartigen
Überzug der
Pflanze hervorbringen (s.
Behaarung der Pflanzen). Die Haare der Pflanzen können an den verschiedensten mit einer
Epidermis versehenen
Pflanzenteilen auftreten und sind unter den
Phanerogamen (Landpflanzen) sehr allgemein verbreitet, während die meisten
Wasserpflanzen
[* 21] keine Haare der Pflanzen besitzen.
Jedes
Haar entsteht aus einer einzelnen Epidermiszelle dadurch, daß die Außenwand der letztern sich
papillenartig ausstülpt und die
Papille durch Wachstum an ihrer
Spitze schlauchartig zu einem haarförmigen Gebilde sich verlängert.
Einfache Haare der Pflanzen bilden mit der Epidermiszelle, aus welcher sie erwachsen sind, eine einzige
Zelle,
[* 22] also einen kontinuierlichen,
nicht durch Scheidewände geteilten Hohlraum, wie die langen, cylindrischen, mit verhältnismäßig dünner
Membran versehenen, daher weichen und biegsamen Wollhaare auf den Blättern und
Stengeln vieler
Pflanzen sowie die
Wurzelhaare
und die
Baumwolle.
[* 23]
Die an den grünen Teilen vieler
Pflanzen vorkommenden
Borsten sind ebenfalls einfache aber meist durch eine Querwand von der
Epidermiszelle abgegrenzt, kürzer als die Wollhaare und zugespitzt, mit dicker, verkieselter
Membran.
Das einfache
Haar kann auch mit
Stacheln besetzt sein
[* 1]
(Fig. Bbc), sich auch verzweigen, wodurch eigentümliche
Formen entstehen,
wie z. B. die
Gabel-,
Stern- und Spindelhaare (D), bei denen die Teile auch noch ein kontinuierliches
Lumen bilden; eine besondere
Form der Spindelhaare mit hakig gekrümmten
Enden bilden die Klimmhaare des
Hopfens.
Zusammengesetzte Haare der Pflanzen oder Gliederhaare heißen diejenigen, bei denen der Innenraum durch Scheidewände
in mehrere
Zellen abgeteilt ist
(Aa). Dabei können sie unverzweigt bleiben bei beträchtlicher
Länge oder, wenn die Gliederzellen
solcher
Haare seitliche
Sprossungen treiben, baumartig verzweigte
Formen mit quirlig oder abwechselnd stehenden
Ästen annehmen.
Schwillt die Endzelle kugelig an, so entstehen die köpfchenförmigen Haare der Pflanzen, zu denen
auch die
Drüsenhaare (Ab, Bd; s.
Drüsen) gehören, welche aus der angeschwollenen Endzelle ein
Sekret absondern. Bisweilen
ist der die kopfige Endzelle tragende Teil des
Haars so kurz, daß jene fast auf der
Epidermis aufsitzt (Ac); bei
Chenopodiaceen trennen sich diese großen
Zellen leicht ab und stellen an den jungen Teilen den mehlartigen, abwischbaren
weißlichen Überzug dar. Wenn in den
Zellen eines zusammengesetzten
Haars
Haarfärbemittel - Haar
* 25 Seite 7.977.
[* 1]
^[Abb.: Verschiedene Pflanzenhaarformen. A
Haare vom
Blatt
[* 24] einer
Labiate: a kegelförmiges, zusammengesetztes
Haar, b gestieltes Kopfhaar, c sitzendes Kopfhaar
(Drüsenhaar). - B
Haare von Cajophora: a
Brennhaar,
b und c mit
Stacheln verschiedener Form besetzte
Haare, d Kopfhaar. - C
Haare von
Hieracium: a fadenförmige Zotte, b mehrzelliges Sternhaar, c kopfige Zotte. - D Spindelhaar von
Cheiranthus. In allen
Figuren bedeutet e die
Epidermis des Pflanzenteils, welcher die
Haare trägt.]
¶
mehr
auch Längsteilungen auftreten, so entwickelt sich ein flächenförmig ausgebreitetes Gebilde (Haarschuppe), das schildförmig
(z. B. bei Elaeagnus) erscheint oder einseitig angeheftet wird, wie bei den Spreublättern der Farne.
[* 26] Treten zahlreiche Zellen
zur Bildung haarförmiger Körper zusammen, so bezeichnet man dieselben als Haarzotten, die wieder sehr verschiedene Gestalten
(Cabc) annehmen können und in ihren höchst entwickelten Formen als die aus vielen Zellen zusammengesetzten
Stacheln auftreten, bei deren Bildung sich außer der Epidermis in der Regel auch unter derselben liegende Gewebepartien beteiligen
(Emergenzen).
Bei den Brennhaaren der Brennessel und vieler andrer Pflanzen, z. B. Cajophora (Ba), beteiligt sich das subepidermale Gewebe
[* 27] an der
Bildung, indem das Haar selbst von einer Protuberanz des Stengels oder Blattes getragen und dieser mit seiner
Basis eingewachsen ist; die Spitze dieses übrigens einfachen Haars ist starr und leicht zerbrechlich; beim Abbrechen dieser
Spitze wird der brennende Saft aus dem Innern der Zelle auf die berührende Stelle ergossen. Die Haare der Pflanzen sind,
wie die Epidermis (s. d.), mit der Cuticula überzogen;
ihre Zellen enthalten Protoplasma und Zellensaft, der bisweilen, wie
der der Epidermiszellen, gefärbt ist;
Andre Haare der Pflanzen dienen als Haft- oder Klammerorgane, z. B. beim Hopfen,
[* 29] oder auch als Verbreitungsmittel für Früchte und Samen.
[* 30] In
andern Fällen wird vermittelst der Haare der Pflanzen die Oberfläche der Pflanzenteile mit einem schützenden klebrigen
Überzug von harz- oder schleimartigen Stoffen versehen; dies findet besonders an jungen Teilen, in den
Knospen
[* 31] statt, deren Blätter bei vielen Pflanzen mit Haarbildungen versehen sind, deren Zellen sich auflösen und dadurch das
ebengenannte Sekret erzeugen, welches die Knospenschuppen und die innern Teile miteinander verklebt (s. Drüsen). Sogar als
Fruktifikationsorgane werden Haare der Pflanzen verwertet, wie dies bei den Farnkräutern der Fall ist, deren Sporangien
nichts sind als metamorphosierte Haarbildungen auf der Unterseite der Wedel (s. Farne, S. 51). Mitunter treten auch als krankhafte
Bildungen auf, verursacht von tierischen Parasiten (s. Erineum).