mehr
verkündete eine neue Verfassung, welche der durch Waffengewalt eingeschüchterte Reichsrat 21. Aug. annahm und beschwor. Gustav machte von der großen Gewalt, die ihm nun zu Gebote stand, anfangs einen vortrefflichen Gebrauch. Durch seine Bemühungen erhob sich der schwedische Handel zu neuer Blüte, [* 2] und auch der Gewerbfleiß stieg mit dem hergestellten Umlauf des baren Geldes. Der König richtete sein Augenmerk vorzüglich auf die Verbesserung der äußern Lage des Bauernstandes, auf das Medizinalwesen, auf Errichtung von Arbeits-, Waisenhäusern und Spitälern. Er beförderte das Bergbauwesen, Kanal- und Schleusenbauten, ordnete das Finanzwesen, errichtete eine Diskontokompanie und gab den Handel in Marstrand frei.
Auch der Ackerbau erfreute sich seiner besondern Fürsorge. Die Land- und Seemacht Schwedens erhob er zu einer achtunggebietenden Stellung und erhielt von Frankreich für ansehnliche Rückstände von Hilfsgeldern die kleine Insel Barthélemy in den Antillen, auf welcher er einen Freihafen errichten ließ. Daneben gab er freilich auch durch seine Prachtliebe und Verschwendung Anlaß zum Tadel (seine Krönung kostete allein 3 Mill., ein Turnier 400,000 Thlr.) und sah sich auch bald zu bedenklichen Finanzmaßregeln genötigt, um seine Einkünfte zu vermehren. Er verscherzte dadurch die Anhänglichkeit der niedern Stände und ermutigte den unter russischem Einfluß stehenden Adel zu neuer Opposition.
Derselbe trat auf dem Reichstag von 1786 offen gegen Gustav auf und verwarf von vier Vorschlägen desselben, welche der Finanznot abhelfen sollten, drei. Der ohne die verfassungsmäßige Zustimmung des Reichstags 1788 begonnene Krieg mit Rußland, in dem die schwedische Flotte 17. Juli nach tapferm Kampfe von der russischen unter Greigh zum Rückzug nach Sweaborg gezwungen und hier eingeschlossen wurde, brachte die Rebellion des Adels zum Ausbruch. Bei dem Angriff auf Frederikshamn weigerten sich die Obersten mehrerer finnischer Regimenter, zu stürmen; Offiziere und Adel erklärten sich 12. Aug. gegen den Krieg mit Rußland und schlossen mit demselben eigenmächtig Waffenstillstand. Bald rüstete auch, von Rußland angetrieben, Dänemark [* 3] gegen Schweden, [* 4] und während Gustav bei den Dalekarlen und in Wermland Hilfe suchte und fand, drangen die Dänen bis Gotenburg vor, wurden aber hier von Gustav zurückgetrieben, worauf durch Englands und Preußens [* 5] Vermittelung ein Friede zu stande kam.
Im Februar 1789 berief der König einen Reichstag nach Stockholm, [* 6] wo er durch einen neuen Staatsstreich den Widerstand des Adels brach, völlige Souveränität, das Recht, auch ohne Einwilligung der Stände einen Krieg anzufangen, und unbedingte Verfügung über die Staatseinkünfte erlangte, dem Bürgerstand dagegen Zutritt zu den meisten Ämtern und Gleichheit mit den Adligen im Erwerb von Grundbesitz verlieh. Gustav setzte hierauf den Krieg mit Rußland mit Nachdruck, doch mit wenig Geschick fort.
Derselbe verlief ganz unglücklich; erst gelang es Gustav, mit der in Wiborg [* 7] eingeschlossenen Flotte die feindliche zu durchbrechen und sechs Tage darauf, als der russische Admiral, ein Prinz von Nassau, die Schärenflotte im Svenskasund angriff, denselben vollständig zu schlagen. Der hierauf zu Werelä am Kymenefluß ^[richtig: Kymmenefluß] geschlossene Friede stellte den Besitzstand vor dem Krieg wieder her; ja, Gustav schloß sogar 1791 einen Freundschaftsvertrag mit Rußland, um, von diesem sowie von Preußen [* 8] und Österreich [* 9] unterstützt, einen abenteuerlichen Zug für das monarchische Prinzip gegen die französische Revolution zu unternehmen.
Einen Reichstag zu Gefle im Januar und Februar 1792, der die schon aufgewandten und noch zu bestreitenden Ungeheuern Kriegskosten aufbringen sollte, mußte Gustav entlassen, ohne seinen Wunsch erfüllt zu sehen. Indessen hatte sich unter dem Adel eine Verschwörung gegen das Leben des Königs gebildet, deren Hauptanstifter der General Pechlin war, dem sich einige andre, namentlich die Grafen Ribbing und Horn sowie der von Gustav persönlich beleidigte Hauptmann Anckarström, anschlossen, die durch das Los entschieden, wer den König ermorden solle.
Das Los fiel auf Anckarström. Eine Maskerade zu Stockholm in der Nacht vom 16. zum wurde zum Mord ausersehen. Der König, wiewohl gewarnt, besuchte gleichwohl den Ball. Kaum war er in den Saal getreten, als ihn eine Menge von Masken [* 10] umschwärmte, und indem ihm eine derselben (Graf Horn) mit den Worten: »Gute Nacht, Maske!« auf die Schulter klopfte, schoß ihn Anckarström mit einem Pistol in den Rücken. Mit voller Geistesgegenwart setzte Gustav für seinen unmündigen Sohn Gustav IV. von der dänischen Prinzessin Sophie Magdalena eine Regentschaft ein und starb Der Adel konnte die Früchte der That nicht ernten.
Die königliche Gewalt blieb ungeschmälert. Der Mörder wurde hingerichtet, die übrigen Verschwornen traf bloß Verbannung. Gustavs sämtliche Papiere wurden auf seinen Befehl, in Kisten verschlossen, auf der Universitätsbibliothek zu Upsala [* 11] aufbewahrt, wo sie erst nach 50 Jahren durch einen König seines Geschlechts geöffnet werden sollten. Diese Eröffnung fand statt. Geijer berichtet über die Papiere in der Schrift »Gustavs III. nachgelassene und 50 Jahre unter Siegel gelegene Schriften« (Upsala 1843-45; deutsch von Crepplin, Hamb. 1843-46, 3 Bde.). Die Ausbeute war nicht sehr erheblich. Gustav war nicht nur ein Freund der Wissenschaft, sondern auch selbst Schriftsteller. Er schrieb in schwedischer Sprache [* 12] mehrere Elegien und Schauspiele (deutsch von Eichel, Leipz. 1843); seine Gedächtnisrede auf Torstensson, welche er anonym der schwedischen Akademie überreichte, wurde mit dem ersten Preis gekrönt.
Eine Sammlung seiner »Œuvres politiques, littéraires et dramatiques« veranstaltete Dechaux (Par. 1805, 5 Bde.; deutsch im Auszug von Rühs, Berl. 1805-1808, 3 Bde.; schwed., Stockh. 1806-12, 6 Bde.). Sein tragisches Ende gab Scribe Stoff zu einer von Auber komponierten Oper.
Vgl. Posselt, Geschichte Gustavs III. (Straßb. 1793);
d'Aguila, Histoire du règne de Gustave III (Par. 1815, 2 Bde.);
Geffroy, Gustave III. et la cour de France (das. 1867, 2 Bde.);
Nervo, Gustave III, roi de Suède, et Anckarström (das. 1876);
Odhner, Sveriges politiska historia under konung Gustaf III's regering (Stockh. 1885).
4) Gustav IV. Adolf, König von Schweden, Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. zu Stockholm, stand, am Todestag seines Vaters nach dessen letztwilliger Bestimmung zum König ausgerufen, während seiner Minderjährigkeit unter Vormundschaft seines Oheims, des Herzogs Karl von Södermanland, des nachmaligen Königs Karl XIII. (s. d.), der auch die Regentschaft führte, bis Gustav die Regierung selbst übernahm. Er besaß Talente und natürliche Herzensgüte, doch war seine nach Rousseauschen Grundsätzen geleitete Erziehung der Ausbildung seines Charakters nicht förderlich gewesen. Die Beharrlichkeit, die sein Vater ihm hatte einpflanzen wollen, war in Störrigkeit ausgeartet, der von seinem Vater ererbte Hang zum Ritterlichen zur Lust am Abenteuerlichen. Die von der ¶
mehr
Regentschaft aus dem Land verwiesene Armfeltsche Partei rief Gustav zurück; sowie er auch sonst manche weise Einrichtung des Oheims aufhob. Obwohl schon mit einer Prinzessin von Mecklenburg [* 14] versprochen, ließ er sich 1796 doch von der Kaiserin Katharina II. von Rußland zu einer Vermählung mit ihrer Enkelin Alexandra Paulowna bereden, verweigerte aber nachher die Unterzeichnung des Ehekontrakts, so daß die Vermählung nicht zu stande kam. Er vermählte sich hierauf mit der Prinzessin Friederike von Baden, [* 15] der Schwägerin des Kaisers Alexander I. Die Souveränität, welche sein Vater errungen, ließ er sich auf dem Reichstag von 1800 zu Norrköping bestätigen. Er schloß sich der von Rußland gestifteten bewaffneten Neutralität der nordischen Mächte an, blieb aber doch bei dem Vordringen der britischen Flotte in den Sund und bei dem Angriff derselben auf das mit ihm verbündete Dänemark unthätig; ja, nach Alexanders I. Thronbesteigung trat er 1802 dem neuen Handelsvertrag zwischen England und Rußland bei, worauf er die von den Briten besetzte Insel Barthélemy zurückerhielt.
Seitdem näherte sich Gustav immer mehr Großbritannien. [* 16] Im Juli 1803 reiste er nach Karlsruhe, [* 17] um für die Wiedereinsetzung der Bourbonen zu wirken. Vergeblich suchte er den gerade während seiner Anwesenheit auf Napoleons Befehl aus dem Badischen entführten Herzog von Enghien zu retten. Beim Reichstag zu Regensburg [* 18] gab er nachdrückliche Noten gegen jene Blutthat ein und war nebst dem Kaiser Alexander I. der einzige Souverän, welcher seinem Unwillen darüber öffentlichen Ausdruck gab.
Nach Stockholm zurückgekehrt, schloß er sich gegen britische Subsidien der Koalition gegen Frankreich an und gab auf alle Weise seine Feindschaft gegen Napoleon kund, der ihn dafür im »Moniteur« heftig angreifen ließ. Seine Handlungen wurden immer unberechenbarer: dem König von Preußen sandte er den Schwarzen Adlerorden zurück, weil Napoleon ihn auch erhalten habe und die Ritterehre es ihm verbiete, Waffenbruder eines Mörders zu sein;
auf dem Reichstag von 1806 legte sein Gesandter die Erklärung nieder, daß der König so lange an den Verhandlungen des deutschen Reichstags keinen Teil nehmen werde, als dessen Beschlüsse unter dem Einfluß der Usurpation und des Egoismus ständen.
Die ihm von Napoleon kurz vor dem Tilsiter Frieden gemachten günstigen Friedensvorschläge lehnte er ab und hob sogar den Waffenstillstand mit Frankreich auf, weshalb er nach dem Tilsiter Frieden Stralsund [* 19] und die Insel Rügen verlor. Dagegen trat er in ein engeres Bündnis mit England, unbekümmert um die zu erwartende Kriegserklärung Dänemarks und Rußlands, welch letzteres ihn vergeblich von England zu trennen und zur Schließung der Ostsee für englische Schiffe [* 20] bis zum allgemeinen Seefrieden zu bewegen gesucht hatte.
Ein russisches Heer von 60,000 Mann drang darauf 1808 in Finnland ein und eroberte es, durch den Verrat schwedischer Befehlshaber unterstützt, nach kurzem Widerstand seitens des von den Eingebornen tapfer unterstützten Generals Klingsporr. Anstatt diesem zu Hilfe zu kommen, griff Gustav Norwegen an; nach dem Treffen bei Enningdalen mußten sich jedoch die Schweden unter Armfelt über die Grenze zurückziehen. Nachdem sich auch England, das er aufs empfindlichste beleidigte, indem er die Ausschiffung des englischen Hilfskorps verbot, den Befehlshaber, General Moore, verhaften ließ und seine Friedensratschläge mit Beschlagnahme aller englischen Schiffe in schwedischen Häfen beantwortete, von ihm abgewendet, reizte Gustav noch den Adel und das Heer durch schroffe Behandlung und führte so selbst die Katastrophe herbei, die ihn des Throns beraubte.
Die westliche Armee, die unter Cederström an der norwegischen Grenze stand, gab das Zeichen zur Empörung und setzte sich unter Adlersparre gegen Stockholm in Marsch. Der König, der vom Schloß Hage nach der Hauptstadt geeilt war, beschloß, den Aufständischen entgegenzuziehen, und verlangte von der Bank 2 Mill. Thlr. zu Rüstungen. [* 21] Als ihm die Summe verweigert wurde, drohte er mit Gewalt. Jetzt glaubten die Verschwornen nicht länger zögern zu dürfen.
Klingsporr und Adlercreutz verlangten 13. März von Gustav Änderung seiner Politik, derselbe antwortete mit beleidigenden Vorwürfen. Adlercreutz entfernte sich, um den Hofmarschall Silfversparre und fünf Adjutanten herbeizuholen, und erklärte, in deren Begleitung zurückgekehrt, den König im Namen der Nation verhaften zu müssen. Entrüstet zog Gustav den Degen, ward aber überwältigt und entwaffnet. Neue Verschworne, auch treue Diener des Königs eilten herbei, und während diese miteinander rangen, stürzte Gustav aus dem Zimmer, um die auf dem Schloßhof versammelten Truppen zu seiner Verteidigung aufzufordern, ward aber angehalten und zurückgeführt.
Nachts 1 Uhr [* 22] wurde er nach Drottningholm und 24. März nach Gripsholm in Haft gebracht. Hier stellte er 29. März eine Entsagungsurkunde aus, die dem Reichstag zur Bestätigung vorgelegt ward. Dieser erklärte in seiner ersten Sitzung (19. Mai) den König und seine leiblichen gebornen und ungebornen Erben der Krone Schwedens für immer verlustig und übertrug dieselbe 5. Juni an den Herzog von Södermanland als Karl XIII., der die Regierung schon am Tag von Gustavs Verhaftung übernommen hatte. Dem entthronten König ward für sich und seine Familie ein jährliches Einkommen von 66,666 ⅔ Thlr. ausgesetzt, statt dessen 1824 seiner Familie eine Abfindungssumme von 721,419 Thlr. ausgezahlt wurde. Gustav selbst hat von Schweden nie etwas angenommen, so daß er später bei seinem geringen Privatvermögen in Armut geriet. Den ihm angewiesenen Aufenthalt auf der Insel Wissings-Ö bezog er nicht, sondern ging 6. Dez. nach Deutschland [* 23] und von da nach der Schweiz, [* 24] wo er unter dem Namen eines Grafen von Gottorp lebte. Später trennte er sich von seiner Familie, begab sich 1810 nach Petersburg, [* 25] 1811 nach London, [* 26] ließ sich 1812 von seiner Gemahlin scheiden und trat 1814 eine Reise nach Jerusalem [* 27] an, kehrte aber von Morea aus zurück. Auf dem Wiener Kongreß suchte er vergeblich die Rechte seines Sohns auf den schwedischen Thron [* 28] geltend zu machen. Später ward er als Oberst Gustavsson Bürger zu Basel, [* 29] lebte höchst bescheiden, ja kümmerlich, privatisierte 1827-29 in Leipzig, [* 30] ging dann nach Holland und lebte später in Aachen, [* 31] zuletzt in St. Gallen, wo er starb. Er hinterließ einen Sohn (s. Gustav 6) und zwei Töchter; die älteste, Sophie Wilhelmine, gest. war seit 1819 mit dem Großherzog Leopold von Baden, die jüngere, Cäcilie, gest. mit dem Großherzog von Oldenburg [* 32] vermählt. Gustav schrieb in französischer Sprache: »Betrachtungen über meine ersten Kriegsthaten« (deutsch, Jena [* 33] 1817);
»Memorial des Obrist Gustavsson« (deutsch, Leipz. 1829);
»Über die unbeschränkte Preßfreiheit« (deutsch, Aach. 1833);
»Der 13. März oder die wichtigsten Thatsachen der Revolution von 1809« (deutsch, St. Gallen 1835).
5) Gustav Erichson, Prinz von Schweden, Sohn Erichs XIV., geb. 1568, war erklärter Thronerbe ¶