wird ihr in Vogelgestalt ein
Engel (in der ursprünglichen
Sage jedenfalls eine der Zukunft kundige Schwanenjungfrau, wie deren
auch im
Nibelungenlied erscheinen) gesandt, sie zu trösten. Aber zorniges Schelten erwartet sie bei ihrer Heimkehr von seiten
der argen Gerlinde, weil
sie den ganzen
Tag mit dem
Waschen zugebracht, und am nächsten
Morgen muß sie,
wiewohl nachts ein tiefer
Schnee
[* 2] gefallen ist, barfuß am Meergestade ihre Wäsche vollenden. An ebendiesem
Morgen aber kommen
Ortwin und Herwig, um
Kunde einzuziehen, in einer
Barke in die
Nähe derselben
Stelle.
Die beiden Kriegsmänner, Gudrun nicht erkennend, erkundigen sich bei ihr nach Land und Leuten
und vernehmen von ihr, daß man wohlgerüstet sei und nur vor Einem Feinde, den Hegelingen, Besorgnis hege. Auf die
Frage
ihres
BrudersOrtwin, ob nicht eine
Jungfrau Gudrun einst als
Geraubte hierher gebracht worden sei, gibt sich letztere für eine
der mit jener geraubten
Jungfrauen aus und meldet denTod jener. Aber als der Seelandskönig ihr den
Ring
zeigt, mit dem ihm Gudrun verlobt worden, gibt sie sich zu erkennen.
Herwig will sie auf der
Stelle mit sich nehmen. Aber auf
OrtwinsMahnung, daß es sich nicht gezieme, das im
KampfGeraubte heimlich
zu entwenden, fahren beide
Fürsten zurück zu ihrer
Kriegsflotte, um den
Sturm auf die Normannenburg vorzubereiten;
Gudrun aber, im erwachten stolzen Selbstgefühl, wirft die
Leinwand, statt sie zu waschen, in die
See. Deshalb von Gerlinde mißhandelt,
stellt sie sich, als wolle sie nunmehr Hartmut heiraten. Im darauf folgenden
Kampf fällt der Normannenkönig
Ludwig unter
Herwigs
Streichen; die erboste Gerlinde will dafür Gudrun erschlagen haben, und schon ist das
Schwert über
deren
Haupt gezückt, als Hartmut edelmütig dem
Verbrechen wehrt.
Dieser wird gefangen, und der zornige
Wate dringt in das Frauengemach, um Gerlinde den verdienten
Lohn zu geben. Gudrun aber verleugnet
sie, gleichen
Edelmut wie Hartmut beweisend; dessenungeachtet weiß
Wate sie zu finden und schlägt ihr
das
Haupt ab. Hierauf folgt die Heimfahrt, Sühne und dreifache Vermählung: zwischen Herwig und Gudrun, zwischen
dem Normannenkönig Hartmut und Hildburg, einer von Gudruns Gefährtinnen, und zwischen
Ortwin, Gudruns
Bruder, und Ortrun,
der normännischen Königstochter.
Das Gedicht, das in einer derNibelungenstrophe nachgebildeten Strophenform abgefaßt ist und wahrscheinlich
von einem österreichischen Dichter (um 1190?) herrührt, ist nur in einer einzigen
Handschrift erhalten, die auf Befehl
Maximilians
I. angefertigt ist und auf
SchloßAmbras in
Tirol
[* 3] 1820 gefunden wurde. Die erste
Ausgabe des Gedichts veranstaltete
v. d.
Hagen
[* 4] im 1.
Band
[* 5] seines
»Heldenbuchs« (Berl. 1820); ihr folgten die
Editionen von Ziemann (in reines
Mittelhochdeutsch
umgesetzt, Quedlinb. 1835) und von Vollmer (Leipz. 1845). Die neuesten
und besten
Ausgaben sind die von erklärenden Anmerkungen begleiteten von
Bartsch (Leipz. 1865, 4. Aufl. 1880; auch in
Kürschners
»Nationallitteratur«, Stuttg. 1885) und von
Martin (in
Zachers »Germanistischer Handbibliothek«,Halle
[* 6] 1872),
die von Symons (das. 1883). Übersetzungen des Gedichts liegen vor von
San Marte (Berl. 1839) u.
Keller (Stuttg. 1840); besser
von
Simrock (das. 1843, 8. Aufl. 1873), von
Klee (Leipz. 1878), von
Weitbrecht (Stuttg. 1884) u. a. In neuerer Zeit sind drei
Versuche gemacht worden, auch im Gudrunlied, wie im
Nibelungenlied, die echten, auf alter Volkssage beruhenden
Teile von den Zuthaten späterer Kunstpoesie zu trennen: zuerst von
Ettmüller in: »Gudrunlieder« (Zürich
[* 7] 1841),
der von dem überlieferten
Text nur 415
Strophen übrigläßt, zuletzt
von W. v. Plönnies in:
»Kudrun. Übersetzung und Urtext mit erläuternden Abhandlungen« (Leipz. 1853).
Die erstern
(Katsch, fast ganz
Kathiawar, der größte Teil des
Festlandes), vor 30
Jahren noch unter 217,
jetzt nur noch 189 Herrscher verteilt, unter denen der
Gaikawar von
Baroda der bedeutendste ist, umfassen 163,262 qkm (2475
QM.) mit 4,737,044 Einw. und werden offiziell auf acht Gebiete
verteilt:
Katsch, Palampur, Mahi Kantha,Kathiawar, Rewa Kantha,
Cambay, Narukot und
Surate. Die britischen
Besitzungen sind 26,308 qkm (478 QM.) groß mit 2,857,731 Einw.
und umfassen die
DistrikteAhmedabad, Kaira, Pantsch Mehals,
Barotsch und
Surate.
Dazu kommen noch die kleinen portugiesischen Besitzungen
Daman an der
Küste von
Surate und
Diu an der Südspitze von
Kathiawar.
Die
HalbinselKathiawar zeigt mit
Katsch (s. d.) in der
Richtung ihrer ozeanischen
Küsten (von
NW. nach SO.)
wie in ihrem geologischen
Aufbau große
Verwandtschaft, doch ist sie höher; die Girberge im S. erheben sich zu 500 m, die
Girnaberge im
Zentrum erreichen 1067 m, beide sind mit dichten Waldungen bedeckt. Gegen N. senkt sich
das Land, der 110 km breite
Isthmus liegt höchstens 15 m ü. M. und wird noch dazu zum großen Teil von
einem Salzsumpf eingenommen.
Das
Festland wird durch den Mahifluß in zwei voneinander durchaus verschiedene
Striche geteilt. Der nördliche ist eben, kahl,
trocken und wird von oft wasserlosenFlüssen durchzogen, welche sich bis 20 m tiefe Rinnen gegraben haben,
in denen während der Trockenzeit der ganze
Verkehr der dann scheinbar ausgestorbenen
Landschaft sich bewegt. Der südliche
wird von den wasserreichen
FlüssenNarbada und
Tapti durchzogen, die in weiter Mündung sich in den
Golf von
Cambay ergießen,
und von Hügelketten erfüllt und zeichnet sich durch fruchtbare
Felder, prächtige Obstgärten, aber
auch durch undurchdringliche Dickichte aus. Das
Klima,
[* 12] im N. äußerst heiß und trocken, wird im S. von Juli bis
Oktober durch
den Südwestmonsun gemäßigt, ist dort aber wegen der verderblichen
Fieber Europäern sehr gefährlich.
Die Bevölkerung
[* 22] besteht zum größern Teil aus Hindu, zum kleinern aus Mohammedanern und Parsen. Unter den Hindu sind die Brahmanen
zahlreich; die Radschputen nehmen in Kathiawar, die Marathen auf dem Festland eine hervorragende Stelle ein.
Die kaufmännische Klasse der Banjanen ist in allen Handelsstädten vertreten. Die Sprache,
[* 23] das Gudscharati, ist eine Tochtersprache
des Sanskrits, mit einer sehr ausgedehnten Litteratur, in welcher viele Werke der altpersischen Religion auf uns gekommen sind,
und in welcher 1818 die erste Zeitung, 1872 die Geschichte des deutsch-französischen Kriegs erschien.
Die Schrift ist dem Devanagari (s. d.) nachgebildet. Außerdem wohnen in Gudscharat noch
zahlreiche halbwilde Stämme, von denen die Kol (s. d.) in Kathiawar die zahlreichsten sind; im nordöstlichen Gudscharat treffen wir
die allerdings immer mehr zurückweichenden Bhil und andre Stämme. In Kathiawar waren früher die wandernden
Horden im Innern ein Schrecken der seßhaften Bevölkerung; sie machten Raubzüge weit ins Festland hinein, während an der Südwestküste
sich das Seeräubertum entwickelte, bis eine englische Expedition 1868 dem Unwesen dauernd ein Ende setzte.
Kathiawar hat mehrere durch ihre großartigen Tempelbauten sowie durch Industrie und Handel bedeutende Städte
(Bhaunagar, Nawanagar, Dschunagarh). Der englische Aufsichtsagent sitzt aber in Radschkot im Innern der Halbinsel, mit (1881)
15,139 Einw., einer Militärstation (6013 Einw.) und einer höhern
Schule (unter europäischen Lehrern), welche alle künftigen Regenten besuchen müssen. Auf dem Festland sind Ahmedabad, Surate,
Barotsch, Cambay, Patan die wichtigsten Orte.
Arische Eroberer scheinen sehr früh nach Gudscharat gekommen zu sein; die Griechen nannten es Surachtrene und
trieben Handel mit Barygaza, dem jetzigen Barotsch. Im J. 1294 wurde Gudscharat eine Provinz des mohammedanischen Kaiserreichs Dehli;
von 1611 an gründeten Engländer, Portugiesen und FranzosenFaktoreien in Surate, Cambay, Barotsch, Gogo, Diu
und Daman. Als sich der Gaikawar unabhängig machte, wurde er von den Engländern unterstützt, die sich aber 1802 dafür die
DistrikteSurate, Barotsch, Ahmedabad und Kaira abtreten ließen und ihre Machtsphäre allmählich immer mehr erweiterten.