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Restauration wieder auseinander, und Schottland erhielt wiederum ein eignes Parlament. Indes gewann am Hof [* 2] der Katholizismus bedenklichen Einfluß. Wenn es auch nicht wahr ist, was man behauptet hat, daß Karl schon im Exil zur katholischen Kirche übergetreten sei, so stand er doch derselben näher als seine Vorfahren, unterhielt mit dem Papst geheime Verbindungen und dachte daran, eine Wiedervereinigung seines Reichs mit Rom [* 3] herbeizuführen. Seine Vermählung mit der portugiesischen Infantin Katharina (Mai 1662) brachte zwar der Krone von England die afrikanische Festung [* 4] Tanger und den ostindischen Hafenplatz Bombay [* 5] ein, zog aber zugleich eine Menge Katholiken ins Reich. Katholische Sympathien, das Geldinteresse und geheime Umwälzungspläne, später außerdem noch der Einfluß seiner Mätresse, der zur Herzogin von Portsmouth [* 6] erhobenen Mademoiselle de Keroual, trieben den sittenlosen und verschwenderischen König in die Hände Ludwigs XIV. von Frankreich, welcher 1662 für 5 Mill. Livres den durch Cromwell erworbenen wichtigen Hafen Dünkirchen [* 7] an sich brachte.
Dynastische Interessen (der Wunsch, dem verwandten Haus Oranien wieder zur Statthalterwürde zu verhelfen) und vielfache Differenzen über Handels- und Kolonialfragen veranlaßten Karl 1665 zu einem wenig ruhmvollen Krieg mit den Niederlanden, der, nachdem die niederländische Flotte sogar in die Themse eingedrungen war und bei Chatham vier englische Kriegsschiffe verbrannt hatte, im Juli 1667 durch den ungünstigen Frieden von Breda beendet ward. Bald darauf ward der Minister Clarendon vom Parlament gestürzt und floh, um einer Anklage aus Hochverrat zu entgehen, auf den Kontinent.
Trotz des Abschlusses der Tripelallianz 1668 zwischen Großbritannien, [* 8] Schweden [* 9] und den Niederlanden, deren Zweck es war, den Übergriffen Ludwigs XIV. eine Schranke zu setzen, gewannen doch die französischen Sympathien des Königs, angeregt durch den Wunsch, sich von seinem Parlament unabhängig zu machen, durch die Hoffnung auf bedeutende Geldzahlungen Frankreichs, durch die Absicht Karls und seines Bruders, des Herzogs von York, dem Katholizismus in Großbritannien wieder Eingang zu verschaffen, immer mehr die Oberhand.
Das Cabalministerium (s. d.), vor allen der eifrig katholische Thomas Clifford, unterstützte dieselben aufs kräftigste, und schon kam es zu einem geheimen Vertrag mit Frankreich, der, durch Karls Schwester, die Herzogin Henriette von Orléans [* 10] (s. d.), vermittelt, die englische Politik vollständig von der Ludwigs XIV. abhängig machte. Infolgedessen mußte Karl an dem 1672 begonnenen Rachekrieg gegen die Niederlande [* 11] teilnehmen. Allein der Verlauf dieses Kriegs war für England wenig günstig, und als der Karl nahe verwandte Prinz von Oranien an die Spitze der Niederlande gestellt war, als in der Folge auch das Parlament neue Bewilligungen verweigerte und Spanien [* 12] für Holland in die Schranken zu treten und so den Verlust des englischen Handels zu verzehnfachen drohte, zwang die öffentliche Meinung das Cabalministerium zu dem Frieden von Westminster (Februar 1674).
Inzwischen waren in der religiösen Frage wichtige Maßregeln getroffen. Gleich bei Beginn des Kriegs hatte die Regierung ohne Zustimmung des Parlaments eine Duldungsverordnung (Declaration of indulgence) erlassen, welche die Strafgesetze gegen die Nonkonformisten aufhob. Das Parlament jedoch erblickte in derselben eine Begünstigung des Katholizismus und erzwang 1673 vom König die Wiederaufhebung des Toleranzedikts und den Erlaß der Prüfungsakte (Test-act), nach welcher alle im Staat und in der Armee Angestellten schwören mußten, daß sie nicht an die Transsubstantiation im Abendmahl glaubten und vor dem Antritt des Amtes das Abendmahl nach dem Gebrauch der anglikanischen Kirche empfangen hätten. Infolgedessen mußte der Herzog von York, der Thronerbe, der 1671 öffentlich zur katholischen Religion übergetreten war, sein Amt als Großadmiral niederlegen. Im J. 1674 endete auch das Cabalministerium, als es vom Unterhaus wegen des holländischen Kriegs zur Rechenschaft gezogen ward; an Cliffords Stelle trat Thomas Osborne, Graf Danby, später Herzog von Leeds. [* 13]
Karls Politik in den nächsten Jahren war schwankend und unzuverlässig. Auf der einen Seite nahm er Jahrgelder von Ludwig XIV. an, für die er seine Neutralität in dem noch fortdauernden französisch-holländischen Krieg, an welchem allmählich halb Europa [* 14] teilnahm, verkaufte; auf der andern Seite willigte er in die Ehe seiner Nichte Maria, Tochter des Herzogs von York, mit dem Prinzen Wilhelm von Oranien, was dann wieder geheime Verhandlungen zwischen Frankreich und den leicht bestechlichen Führern der parlamentarischen Opposition zur Folge hatte.
Als 1678 eine von Titus Oates (s. d.) denunzierte angebliche Verschwörung der Jesuiten (das sogen. papistische Komplott) entdeckt worden war, welche die Ermordung des Königs und die Erhebung des Herzogs von York auf den Thron [* 15] zum Zweck haben sollte, bemächtigte sich Graf Shaftesbury, früher unter dem Namen Ashley Mitglied des Cabalministeriums, seit seiner Entlassung der Führer der Opposition, dieser Angelegenheit. Es gelang ihm, ein Gesetz zu stande zu bringen, welches alle Katholiken vom Parlament ausschloß; als man dann aber weiter ging, die Ausschließung des Herzogs von York von der Erbfolge forderte und Lord Danby mit einer Anklage bedrohte, löste Karl das Parlament auf Allein die Neuwahlen fielen noch ungünstiger aus: in dem neuen Unterhaus waren dem König nur etwa 25-30 Stimmen sicher.
Zunächst ward Danby nun entlassen und in den Tower gebracht. Eine der Hauptbeschwerden gegen ihn waren die ungesetzlichen Verhaftungen gewesen; denselben für die Zukunft zu steuern, ward ein Gesetz erlassen, welches mit Recht als das vornehmste Palladium der englischen Freiheit gilt, die sogen. Habeaskorpusakte, deren wichtigste Bestimmung die ist, daß jeder verhaftete Engländer die Ursache seiner Gefangenschaft sogleich erfahren, binnen 24 Stunden verhört und gegen Bürgschaft freigelassen werden muß. Bald nach Annahme dieses Gesetzes ward das Parlament, das auf die Exklusion des Herzogs von York zurückkam, aufgelöst.
Aber auch in dem neuen, im Oktober 1680 eröffneten Parlament tauchte alsbald die Exklusionsbill wieder auf; diesmal wurde sie aber infolge einer glänzenden Rede des Ministers Lord Halifax [* 16] 15. Nov. im Oberhaus verworfen. Um so feindlicher wurde die Stimmung im Unterhaus: man lehnte alle Geldforderungen ab, verlangte die Entlassung von Lord Halifax;
ein offener Konflikt drohte, als der König zunächst durch Vertagung den Debatten ein Ende machte. In dieser Zeit sind die Parteinamen Whigs und Tories (s. d.) aufgekommen: der erstere bezeichnete die Anhänger, der letztere die Gegner der Exklusionsbill.
Eine abermalige Auflösung des Parlaments folgte; das neue berief der König, um es von dem Zusammenhang mit der Hauptstadt zu lösen, ¶
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auf 21. März nach Oxford. [* 18] Aber die Oppositionsmitglieder waren abermals in der Mehrzahl, und die Ausschließungsbill gegen York wurde wiederum eingebracht. So schritt der König auch zur Auflösung dieses Parlaments, des fünften und letzten, das er berufen hat. Nun griff Karl, der durch einen Vertrag mit Frankreich seiner Geldverlegenheiten für die nächsten Jahre überhoben war, zu den »Mitteln, die ihm von Gott gegeben waren«, und es begann eine strenge katholisch-royalistische Reaktion.
Die unter dem Namen Ryehouse-Plot bekannte, gegen das Leben des Königs gerichtete Verschwörung von 1683, welche vor ihrem Ausbruch entdeckt wurde, kam dem Streben der Krone zu gute. Alle derselben mißliebigen Personen, gleichviel ob schuldig oder unschuldig, wie Lord William Russell, Algernon Sidney, Lord Essex etc., wurden unter skandalösen Prozessen, bei denen der Oberrichter George Jeffreys (s. d.) seinen traurigen Ruf begründete, zum Tod verurteilt und mehrere von ihnen hingerichtet. Die Universität von Oxford belegte die Grundsätze, daß die Macht im Staat vom Volk ausgehe, und daß zwischen der Regierung und den Unterthanen ein Vertrag bestehe, mit dem Bann. Im Sinn dieses Manifestes regierte Karl II. von nun an ohne Parlament bis an sein Ende. Am starb er, nachdem er tags zuvor das Abendmahl nach dem Ritus der katholischen Kirche empfangen hatte.
Der Sturz der Stuarts durch die siegreiche Revolution.
Die blutigen Verfolgungen hatten die Whigs so eingeschüchtert, daß sie sich der Thronbesteigung des Herzogs von York als Jakob II. (1685-88) nicht zu widersetzen wagten. Ein Aufstand des Herzogs von Monmouth (s. d.), eines natürlichen Sohns Karls II., und des Grafen von Argyll, bei dem man sich auf eine Erhebung der Protestanten gegen den katholischen König Rechnung gemacht hatte, ward ohne Mühe unterdrückt. Als aber der König (kraft seines vermeintlichen Rechts, von den Strafgesetzen zu dispensieren) seinen katholischen Offizieren den Testeid erließ, seinen Günstling, den Jesuitenpater Eduard Petre, zum Mitglied des Geheimen Rats erhob, Katholiken in den Universitäten Cambridge und Oxford zu Mitgliedern der Korporation machte, katholische Bischöfe und einen päpstlichen Nunzius in England zuließ, den Jesuiten in London [* 19] eine Schule eröffnete und 1687 mit der Gewissensfreiheit zugleich die Freiheit des katholischen Gottesdienstes proklamieren ließ, ward die Aufregung immer größer: sieben anglikanische Bischöfe verweigerten die angeordnete Ablesung des Toleranzedikts von den Kanzeln und ließen sich lieber in den Tower führen, als daß sie sich dem Befehl des Königs fügten Zwei Tage später ward dem König ein Prinz geboren; von vielen Seiten behauptete man, wenngleich mit Unrecht, derselbe sei untergeschoben, damit auch die nächste Regierung eine katholische sei.
Durch die Geburt dieses Prinzen von Wales (des nachmaligen »Prätendenten« Jakob [III.]) verloren die protestantischen Töchter Jakobs II., von denen die ältere, Maria, an den Prinzen Wilhelm von Oranien, die andre, Anna, an den Prinzen Georg von Dänemark [* 20] verheiratet war, die Aussicht auf die Thronfolge, und dieser Umstand bewog endlich den Prinzen von Oranien, an den sich die protestantischen Parteihäupter längst gewendet hatten, für die Rechte seiner Gemahlin auf den englischen Thron einzuschreiten.
Jakob II. entschloß sich nun freilich zur Zurücknahme seiner antiprotestantischen Maßregeln. Doch es war zu spät. Am landete Wilhelm von Oranien mit 500 Schiffen und 15,000 Mann an der Küste von Devonshire in der Bucht Torbay; der Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg [* 21] und andre protestantische Fürsten hatten ihn aufs kräftigste unterstützt, der erstere namentlich seinen großen Feldherrn, den Marschall Schönberg, zu seiner Verfügung gestellt.
Nach einigem Zögern fiel ihm nicht nur das Volk, sondern auch das Heer und die Flotte zu. Jakob entfloh 11. Dez. auf der Themse, ward aber bei Feversham aufgehalten und nach London zurückgebracht. Am 18. Dez. zog Wilhelm in London ohne Schwertstreich ein und erlaubte Jakob, sich nach Rochester zurückzuziehen, von wo man ihn entfliehen ließ; er erreichte 25. Dez. die französische Küste. Der Prinz von Oranien übernahm nun 28. Dez. nach dem Willen einer Versammlung von Peers und Vertretern der Stadt London die Regentschaft und rief das Parlament auf zusammen.
Diese Parlamentsversammlung, welche, weil ihre Berufung nicht von der Krone ausging, den Namen einer Konvention führte, erklärte nach langen Debatten, »daß König Jakob II., da er dahin gestrebt, die Verfassung des Landes zu fälschen, indem er den ursprünglichen Vertrag zwischen König und Volk gebrochen; da er, dem Rate der Jesuiten und andrer gottloser Leute gemäß, die Grundgesetze verletzt und das Königtum verlassen, abgedankt habe und somit der Thron erledigt sei«. Darauf sprach das Parlament, da Wilhelm sich weigerte, nur im Namen seiner Gemahlin zu herrschen, ihm und der Prinzessin Maria zugleich die Krone zu mit der Bestimmung, daß nach beider unbeerbtem Tode die Prinzessin Anna folgen solle.
Der Sieg der Whigs wurde vollständig durch die Erklärung der Rechte (Declaration of rights), die das Parlament beschloß und die der neue König in dem Gesetz der Rechte (Bill of rights), das seitdem als der Grundpfeiler der englischen Volksfreiheit betrachtet wird, bestätigte. Dasselbe erklärte die von Jakob II. beanspruchten und ausgeübten Befugnisse, die Gesetze zu suspendieren oder von ihrer Befolgung zu dispensieren, desgleichen die Einrichtung eines stehenden Heers oder die Erhebung von Geldern für die Krone ohne Bewilligung des Parlaments und jede Verfolgung wegen der Ausübung des Petitionsrechts für ungesetzlich und verfassungswidrig, knüpfte das Thronfolgerecht an das protestantische Glaubensbekenntnis, sicherte den Bürgern das Recht der Waffen [* 22] sowie der freien Wahl zum Parlament und erklärte die Richter für unabsetzbar.
Ganz ähnlich gingen die Dinge in Schottland. Auch hier trat eine Konvention zusammen, erklärte das Recht Jakobs II. auf den Thron für verwirkt und stellte eine der englischen nachgebildete Akte auf, die man Rechtsforderung (Claim of rights) nannte, und nach deren Annahme Wilhelm und Maria die Regierung antraten. Damit war in Großbritannien endlich eine feste Grundlage für die Regelung der Verhältnisse zwischen König und Volk geschaffen, indem ein beide Teile bindender Vertrag geschlossen war.
An Wilhelms III. (1689-1702) Regierung knüpfen sich mehrere Akte des Parlaments; welche für das Verfassungsleben von Großbritannien, die Zivilisation und den nationalen Wohlstand von Bedeutung waren. Des Königs großherziger Plan, alle protestantischen Dissenters mit den Bekennern der bischöflichen Kirche gleichzustellen, ging freilich nicht durch; aber es hörten doch die religiösen Verfolgungen auf, die Preßfreiheit ward angebahnt, die Verantwortlichkeit der Minister festgestellt, 1694 die Einführung dreijähriger Parlamente durchgesetzt, mit der Trennung der ¶