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Verfolgung der Minister und versetzten zugleich alle Offiziere und Beamten, welche die Gewaltbefehle des Hofs ausgeführt hatten, in Anklagezustand. Karl verlor bei diesem entschiedenen Auftreten des Parlaments so sehr den Mut, daß er nicht nur ein Gesetz bestätigte, dem zufolge das Parlament alle drei Jahre, nötigen Falls auch ohne Berufung durch den König, zusammentreten sollte, sondern auch die meisten andern Forderungen der Gemeinen bewilligte. Nachdem die Hohe Kommission, die Sternkammer und das verhaßte Schiffsgeld abgeschafft und Strafford wegen Versuchs der Vernichtung der Freiheiten des Landes zum Tod verurteilt worden war, brachte das Parlament endlich den Frieden mit den Schotten zu stande.
Bald nachher, im Oktober 1641, brach in Irland eine furchtbare Verschwörung der Katholiken gegen die Protestanten aus, deren Anstiftung man, wenn auch fälschlich, dem König zur Last legte. Nachdem im Dezember d. J. zwischen dem Parlament und dem König über die Ausschließung der Bischöfe aus dem Oberhaus ein heftiger Streit ausgebrochen und das Unterhaus mit der sogen. großen Remonstranz gegen den König aufgetreten war, die alle Beschwerden vom Anfang seiner Regierung an, sowohl in der innern als auswärtigen Politik, aufzählte, kam es Anfang 1642 zu offenem Bruch zwischen dem König und seinen Getreuen, den sogen. Kavalieren, und den Anhängern des Parlaments, die man wegen ihres puritanischen Haarschnittes Rundköpfe nannte.
Ein Versuch Karls, sich der Führer der Opposition zu bemächtigen mißlang, worauf König und Königin die Hauptstadt verließen. Der Hof [* 2] begab sich im März nach York; eine Zeitlang wurde noch verhandelt, als aber der König im Juli 1642 der Forderung des Parlaments, daß die Ausübung aller militärischen, bürgerlichen und kirchlichen Gerechtsame des Königs sowie die Ernennung der Peers und der höhern Staatsbeamten von der Zustimmung beider Häuser abhängen solle, seine Genehmigung versagte, brach der Bürgerkrieg aus.
Das Resultat desselben war die Gefangennehmung und Hinrichtung des Königs Hierdurch war die Militärherrschaft begründet; das Oberhaus wurde aufgehoben, ein Staatsrat eingesetzt und durch Parlamentsbeschluß die königliche Würde abgeschafft. Über den Verlauf des Bürgerkriegs und die Geschichte der neuen Republik, zuerst unter dem Parlament als der souveränen Macht (1649-53), dann unter Oliver Cromwell als Protektor (1653-58) und endlich unter dessen Sohn, dem Protektor Richard Cromwell, bis zu dessen Abdankung bis s. die ausführliche Darstellung in dem Artikel »Cromwell«.
Nach der erzwungenen Abdankung Richard Cromwells versuchte einerseits das Rumpfparlament die republikanische Verfassung wiederherzustellen, anderseits die Armee unter Führung der Generale Lambert und Fleetwood ihre bisherige leitende Stellung zu behaupten. Allein im Volk war während der Wirren der letzten Jahre der Wunsch nach Herstellung friedlicher Verhältnisse, die man nur von der Restauration der Monarchie erwartete, immer lebhafter geworden, und der General Monk (s. d.), der Ende 1659 die in Schottland stehenden Truppen nach England geführt hatte, machte sich zum Vollstrecker dieses Wunsches. Er rückte im Februar 1660 in London [* 3] ein und veranlaßte, nachdem das Lange Parlament sich endlich aufgelöst hatte, den Zusammentritt eines neugewählten, wiederum aus Ober- und Unterhaus bestehenden Parlaments, in welchem die Royalisten das entschiedene Übergewicht hatten.
Dies neue Parlament, welches sich versammelte, trat mit Karl II. in Unterhandlung, und nachdem derselbe von Breda aus eine fast allgemeine Amnestie, vollkommene Gewissensfreiheit und die Achtung erworbener Rechte versprochen, ward er zu London als König ausgerufen und hielt 29. Mai unter allgemeinem Jubel seinen Einzug in die Hauptstadt. Das Parlament, welches alle zum Nachteil der königlichen Würde ergangenen Verordnungen aufhob, hatte dabei vergessen, die schwankenden Grenzen [* 4] der königlichen Gewalt, um die man gestritten, für immer festzusetzen.
Hierdurch war von vornherein der Grund zu neuen Kämpfen gelegt. Während man aber so auf den Grund und Boden der alten Verfassung zurückkehrte, waren doch Land und Volk keineswegs mehr dieselben wie vor der großen Umwälzung. Inmitten der innern Kämpfe, die es durchgemacht, hatte der materielle Wohlstand von Großbritannien [* 5] einen ungemeinen Aufschwung genommen. Handel und Industrie waren in kräftigster Blüte, [* 6] die Seemacht war ungemein gewachsen, jenseit des Atlantischen Ozeans in den von politischen und religiösen Flüchtlingen der verschiedensten Richtungen gegründeten nordamerikanischen Kolonien eine neue britische Welt erstanden.
Die Litteratur hatte fast auf allen Gebieten der Poesie großartige Meisterwerke hervorgebracht, jetzt begann sich auch die prosaische Litteratur kräftig und energisch zu entwickeln. Reges politisches Interesse hatte alle Teile der Bevölkerung [* 7] ergriffen. Die schroffen Unterschiede der Stände und Sitten waren durch das Emporstreben demokratischer Elemente gemildert worden, und der leidenschaftliche Kampf um das öffentliche Interesse hatte die politische Energie der Nation bedeutend erhöht.
Mit der Berufung Karls II. (1660-85) auf den Thron [* 8] seines Vaters stürzten alle Reste des Gebäudes der Revolution zusammen, und Eduard Hyde, Graf von Clarendon, Karls erster Minister, wußte den Eifer des Parlaments für Befestigung der Monarchie zu gunsten der Krone vortrefflich auszubeuten. Die meisten Richter, welche an der Verurteilung Karls I. teilgenommen hatten und nicht entflohen waren, wurden hingerichtet; ja, selbst die Leichname Cromwells, Iretons und Bradshaws wurden aus ihren Gräbern gerissen und geschändet.
Dem König erwirkte Clarendon vom Parlament ein jährliches Einkommen von 1,200,000 Pfd. Sterl., das freilich nicht zur Bestreitung aller Ausgaben, geschweige denn zur Abtragung der Schulden, die Karl in seiner Verbannung gemacht hatte, ausreichte, so daß die finanzielle Abhängigkeit desselben vom Parlament keineswegs beseitigt ward. Die Armee wurde aufgelöst, nur zwei Regimenter als königliche Leibgarde blieben bestehen. In kirchlicher Beziehung ging man, da in dem Parlament von 1661, welches darüber beratschlagte, die Anhänger der bischöflichen Kirche in entschiedener Mehrheit waren, im wesentlichen auf die Zustände zurück, die vor der Revolution gesetzlich gewesen waren.
Die Bischöfe wurden ins Oberhaus zurückberufen, den Presbyterianern und Katholiken wurden die städtischen Ämter entrissen, die Gleichförmigkeitsakte (Act of uniformity), welche Gesetzeskraft erhielt, zwang den englischen Klerus zum Bekenntnis der hochkirchlichen Glaubensartikel und nötigte an 2000 presbyterianische Geistliche, welche sich dessen weigerten, zur Niederlegung ihrer Ämter. Die Union zwischen England und Schottland, welche Cromwell geschaffen, fiel mit der ¶
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Restauration wieder auseinander, und Schottland erhielt wiederum ein eignes Parlament. Indes gewann am Hof der Katholizismus bedenklichen Einfluß. Wenn es auch nicht wahr ist, was man behauptet hat, daß Karl schon im Exil zur katholischen Kirche übergetreten sei, so stand er doch derselben näher als seine Vorfahren, unterhielt mit dem Papst geheime Verbindungen und dachte daran, eine Wiedervereinigung seines Reichs mit Rom [* 10] herbeizuführen. Seine Vermählung mit der portugiesischen Infantin Katharina (Mai 1662) brachte zwar der Krone von England die afrikanische Festung [* 11] Tanger und den ostindischen Hafenplatz Bombay [* 12] ein, zog aber zugleich eine Menge Katholiken ins Reich. Katholische Sympathien, das Geldinteresse und geheime Umwälzungspläne, später außerdem noch der Einfluß seiner Mätresse, der zur Herzogin von Portsmouth [* 13] erhobenen Mademoiselle de Keroual, trieben den sittenlosen und verschwenderischen König in die Hände Ludwigs XIV. von Frankreich, welcher 1662 für 5 Mill. Livres den durch Cromwell erworbenen wichtigen Hafen Dünkirchen [* 14] an sich brachte.
Dynastische Interessen (der Wunsch, dem verwandten Haus Oranien wieder zur Statthalterwürde zu verhelfen) und vielfache Differenzen über Handels- und Kolonialfragen veranlaßten Karl 1665 zu einem wenig ruhmvollen Krieg mit den Niederlanden, der, nachdem die niederländische Flotte sogar in die Themse eingedrungen war und bei Chatham vier englische Kriegsschiffe verbrannt hatte, im Juli 1667 durch den ungünstigen Frieden von Breda beendet ward. Bald darauf ward der Minister Clarendon vom Parlament gestürzt und floh, um einer Anklage aus Hochverrat zu entgehen, auf den Kontinent.
Trotz des Abschlusses der Tripelallianz 1668 zwischen Großbritannien, Schweden [* 15] und den Niederlanden, deren Zweck es war, den Übergriffen Ludwigs XIV. eine Schranke zu setzen, gewannen doch die französischen Sympathien des Königs, angeregt durch den Wunsch, sich von seinem Parlament unabhängig zu machen, durch die Hoffnung auf bedeutende Geldzahlungen Frankreichs, durch die Absicht Karls und seines Bruders, des Herzogs von York, dem Katholizismus in Großbritannien wieder Eingang zu verschaffen, immer mehr die Oberhand.
Das Cabalministerium (s. d.), vor allen der eifrig katholische Thomas Clifford, unterstützte dieselben aufs kräftigste, und schon kam es zu einem geheimen Vertrag mit Frankreich, der, durch Karls Schwester, die Herzogin Henriette von Orléans [* 16] (s. d.), vermittelt, die englische Politik vollständig von der Ludwigs XIV. abhängig machte. Infolgedessen mußte Karl an dem 1672 begonnenen Rachekrieg gegen die Niederlande [* 17] teilnehmen. Allein der Verlauf dieses Kriegs war für England wenig günstig, und als der Karl nahe verwandte Prinz von Oranien an die Spitze der Niederlande gestellt war, als in der Folge auch das Parlament neue Bewilligungen verweigerte und Spanien [* 18] für Holland in die Schranken zu treten und so den Verlust des englischen Handels zu verzehnfachen drohte, zwang die öffentliche Meinung das Cabalministerium zu dem Frieden von Westminster (Februar 1674).
Inzwischen waren in der religiösen Frage wichtige Maßregeln getroffen. Gleich bei Beginn des Kriegs hatte die Regierung ohne Zustimmung des Parlaments eine Duldungsverordnung (Declaration of indulgence) erlassen, welche die Strafgesetze gegen die Nonkonformisten aufhob. Das Parlament jedoch erblickte in derselben eine Begünstigung des Katholizismus und erzwang 1673 vom König die Wiederaufhebung des Toleranzedikts und den Erlaß der Prüfungsakte (Test-act), nach welcher alle im Staat und in der Armee Angestellten schwören mußten, daß sie nicht an die Transsubstantiation im Abendmahl glaubten und vor dem Antritt des Amtes das Abendmahl nach dem Gebrauch der anglikanischen Kirche empfangen hätten. Infolgedessen mußte der Herzog von York, der Thronerbe, der 1671 öffentlich zur katholischen Religion übergetreten war, sein Amt als Großadmiral niederlegen. Im J. 1674 endete auch das Cabalministerium, als es vom Unterhaus wegen des holländischen Kriegs zur Rechenschaft gezogen ward; an Cliffords Stelle trat Thomas Osborne, Graf Danby, später Herzog von Leeds. [* 19]
Karls Politik in den nächsten Jahren war schwankend und unzuverlässig. Auf der einen Seite nahm er Jahrgelder von Ludwig XIV. an, für die er seine Neutralität in dem noch fortdauernden französisch-holländischen Krieg, an welchem allmählich halb Europa [* 20] teilnahm, verkaufte; auf der andern Seite willigte er in die Ehe seiner Nichte Maria, Tochter des Herzogs von York, mit dem Prinzen Wilhelm von Oranien, was dann wieder geheime Verhandlungen zwischen Frankreich und den leicht bestechlichen Führern der parlamentarischen Opposition zur Folge hatte.
Als 1678 eine von Titus Oates (s. d.) denunzierte angebliche Verschwörung der Jesuiten (das sogen. papistische Komplott) entdeckt worden war, welche die Ermordung des Königs und die Erhebung des Herzogs von York auf den Thron zum Zweck haben sollte, bemächtigte sich Graf Shaftesbury, früher unter dem Namen Ashley Mitglied des Cabalministeriums, seit seiner Entlassung der Führer der Opposition, dieser Angelegenheit. Es gelang ihm, ein Gesetz zu stande zu bringen, welches alle Katholiken vom Parlament ausschloß; als man dann aber weiter ging, die Ausschließung des Herzogs von York von der Erbfolge forderte und Lord Danby mit einer Anklage bedrohte, löste Karl das Parlament auf Allein die Neuwahlen fielen noch ungünstiger aus: in dem neuen Unterhaus waren dem König nur etwa 25-30 Stimmen sicher.
Zunächst ward Danby nun entlassen und in den Tower gebracht. Eine der Hauptbeschwerden gegen ihn waren die ungesetzlichen Verhaftungen gewesen; denselben für die Zukunft zu steuern, ward ein Gesetz erlassen, welches mit Recht als das vornehmste Palladium der englischen Freiheit gilt, die sogen. Habeaskorpusakte, deren wichtigste Bestimmung die ist, daß jeder verhaftete Engländer die Ursache seiner Gefangenschaft sogleich erfahren, binnen 24 Stunden verhört und gegen Bürgschaft freigelassen werden muß. Bald nach Annahme dieses Gesetzes ward das Parlament, das auf die Exklusion des Herzogs von York zurückkam, aufgelöst.
Aber auch in dem neuen, im Oktober 1680 eröffneten Parlament tauchte alsbald die Exklusionsbill wieder auf; diesmal wurde sie aber infolge einer glänzenden Rede des Ministers Lord Halifax [* 21] 15. Nov. im Oberhaus verworfen. Um so feindlicher wurde die Stimmung im Unterhaus: man lehnte alle Geldforderungen ab, verlangte die Entlassung von Lord Halifax;
ein offener Konflikt drohte, als der König zunächst durch Vertagung den Debatten ein Ende machte. In dieser Zeit sind die Parteinamen Whigs und Tories (s. d.) aufgekommen: der erstere bezeichnete die Anhänger, der letztere die Gegner der Exklusionsbill.
Eine abermalige Auflösung des Parlaments folgte; das neue berief der König, um es von dem Zusammenhang mit der Hauptstadt zu lösen, ¶