mehr
eine Empörung zu ihren gunsten ausgebrochen und niedergeschlagen war, dasselbe Schicksal. Als fanatische Katholikin begann Maria sogleich eine kirchliche Reaktion, die nach ihrer Vermählung mit dem Prinzen Philipp (nachmals König Philipp II. von Spanien) [* 2] in förmliche Verfolgung der Protestanten ausartete. Der katholische Gottesdienst und die Abgaben an den Papst wurden wieder eingeführt und unter Leitung der Bischöfe Gardiner und Bonner ein Ketzergericht eingesetzt: gegen 290 Personen, darunter Erzbischof Cranmer und 2 Bischöfe, aber auch 60 Frauen und 40 Kinder, wurden verbrannt;
Maria verdankt diesen Verfolgungen den Beinamen der »Blutigen«.
Durch ihren Gemahl wurde die Königin 1557 veranlaßt, an dem Krieg Spaniens gegen Frankreich teilzunehmen, und englische Truppen halfen Philipp den Sieg von St.-Quentin gewinnen. Dagegen ging 1558 Calais, [* 3] die letzte Besitzung Englands auf französischem Boden, verloren. Der Gram hierüber beschleunigte Marias Tod
Unter der Regierung ihrer Stiefschwester, der protestantischen Elisabeth (1558-1603), der Tochter Heinrichs VIII. aus seiner Ehe mit Anna Boleyn, ward der kirchliche Zustand des Landes wiederhergestellt, wie er unter Eduard VI. gewesen. Sie forderte von der Geistlichkeit, den Beamten und Parlamentsmitgliedern den Supremateid, d. h. die eidliche Anerkennung ihrer kirchlichen Suprematie, und entfernte alle Widerspenstigen aus ihren Ämtern. Mit gleicher Strenge verfuhr sie gegen die Nonkonformisten, welche die 1571 vom Parlament aufgestellten 39 Artikel, eine revidierte Erneuerung der 42 Artikel Cranmers, nicht anerkannten.
Nachdem mit Frankreich Friede geschlossen war, durch den Calais zunächst auf acht Jahre in französischen Händen belassen wurde, entspann sich ein Krieg mit Schottland über das Wappen [* 4] und den Titel einer Königin von England und Irland, deren sich die Königin Maria Stuart (s. d.) von Schottland bediente; doch legte auch diesen ein vorteilhafter Vertrag bei. Elisabeths Verfahren gegen Maria bildet einen schwarzen Fleck in ihrer Regierung. Um so glücklicher und segensreicher für die Nation war dieselbe aber fast in allen andern Beziehungen.
Freilich war Elisabeth recht eigentlich Herrscherin, nicht bloß Königin des Landes: die Rechte des Parlaments blieben zwar formell unangetastet, aber die Bedeutung desselben war viel geringer als unter den Lancasters;
in der Regel stimmte es allen Vorschlägen der Regierung, ohne Opposition zu machen, zu, zumal die strengste Sparsamkeit im Staatshaushalt Elisabeth auch hinsichtlich der Finanzen vom Parlament unabhängig machte.
Auch die Rechtspflege stand unter dem maßgebenden Einfluß der Regierung. Die Sternkammer dehnte ihre Gewalt über alles aus, was nicht gerade ins bürgerliche Recht einschlug; die sogen. hohe Kommission richtete Ketzereien und kirchliche Vergehen, und den Kriegsgerichten wurden selbst Kriminalvergehen unterworfen. Dessenungeachtet war Elisabeths Regierung populär, da unter ihr die materielle Wohlfahrt einen bedeutenden Aufschwung nahm und der Ackerbau, das Manufakturwesen, besonders die Produktion in Metall und Seide, [* 5] zu hoher Blüte [* 6] gediehen.
Der auswärtige Handel entfaltete sich mit der Schiffahrt; neben dem lebhaftesten Verkehr mit Rußland begannen die Verbindungen mit der Levante und mit Ostindien. [* 7] Im J. 1600 erteilte die Königin der Ostindischen Kompanie den ersten Freibrief. Auch in Nordamerika [* 8] wurde unter ihr die erste englische Niederlassung begründet und zu Ehren der »jungfräulichen Königin« Virginia benannt. Auch die auswärtige Politik befand sich im Einklang mit dem Interesse des Volkes; Englands Bestrebungen richteten sich fortan hauptsächlich gegen Spanien, den Verfechter des Katholizismus und den Beherrscher der Meere, und die Zerstörung der spanischen Armada 1588 durch die neugeschaffene englische Flotte steigerte das Selbstvertrauen der Nation.
Zahlreiche Expeditionen gegen die spanischen Flotten und Häfen in allen Meeren wurden von Walter Raleigh und Franz Drake mit Glück unternommen und unermeßliche Schätze erbeutet. Der von Elisabeth mit Geld und Truppen unterstützte Aufstand der Niederlande [* 9] versetzte der spanischen Macht den empfindlichsten Schlag und schuf einen neuen protestantischen Staat, der nach vorübergehenden Rivalitäten schließlich mit Großbritannien [* 10] meist Hand [* 11] in Hand ging. Die letzten Jahre der Königin wurden durch einen Aufstand in Irland beunruhigt.
Ihn zu unterdrücken, sandte sie ihren Günstling, den Grafen Essex (s. d. 2), dorthin; als dieser aber mit den Aufständischen einen für diese günstigen Vergleich schloß, berief sie ihn 1599 zurück und ließ ihn, da er einen Aufstand plante, hinrichten. Der Gram hierüber nagte an ihrem Leben: in demselben Jahr, da die Empörung in Irland völlig niedergeschlagen war, starb Elisabeth, die letzte aus dem Haus Tudor, die eigentliche Begründerin der englischen Größe, Sie hatte den Urenkel Heinrichs VII., Jakob VI. von Schottland, den Sohn der Maria Stuart, zu ihrem Nachfolger ernannt.
England unter dem Hause Stuart.
Mit diesem, Jakob I. (1603-25), kam das Haus Stuart (1603-1714) auf den englischen Thron. [* 12] Obschon die Engländer die Thronbesteigung dieses Hauses in Rücksicht auf Schottland gern sahen, so verweigerte doch gleich das erste von Jakob berufene Parlament 1604 die von ihm beabsichtigte Verschmelzung beider Reiche zu einem einzigen unter dem Namen Großbritannien mit Einer Nationalvertretung und Einer einheitlichen Verwaltung. Jakob I. war ein pedantischer Gelehrter; er besaß sehr hohe Begriffe von den königlichen Prärogativen und stand damit im entschiedenen Gegensatz zu der Stimmung des englischen Volkes.
Namentlich war die zahlreiche, im Unterhaus stark vertretene Religionspartei der Puritaner (s. d.) zu energischem Widerstand gegen kirchlichen und politischen Despotismus gerüstet. Der König hingegen war ein entschiedener Anhänger der bischöflichen Kirchenverfassung, deren strenge hierarchische Gliederung seinen politischen Grundsätzen entsprach, und die er deshalb auch in Schottland eingeführt hatte; er verfolgte die Puritaner und namentlich die Geistlichen, welche den Supremateid nicht leisten wollten.
Die Folge einer vereitelten Verschwörung, der von Guy Fawkes und andern katholischen Fanatikern angezettelten sogen. Pulververschwörung (s. d.), war eine Verschärfung der Gesetze gegen die Katholiken, indem man einen neuen religiösen Treueid (Oath of allegiance) einführte, den jeder Geistliche und seit 1610 auch jeder weltliche Beamte neben dem Supremateid schwören mußte. Die Katholiken wurden dadurch, da ihnen der Papst 1606 verbot, den Eid zu leisten, von allen Staatsämtern ausgeschlossen. Ernstliche Zerwürfnisse zwischen König und Parlament traten 1610 ein. Jakob, dessen Prachtliebe und Eitelkeit großer Summen bedurfte, verlangte Geld; die Gemeinen aber wollten dies nicht eher bewilligen, als bis die Beschwerden des Volkes gehört seien. Die kleinlichen Mittel, die der König anwandte, um sich ¶
mehr
ohne Bewilligung Geld zu verschaffen (zu ihnen gehörte unter anderm die Schöpfung des Baronetsadels 1611, dessen Patente käuflich waren), hielten nicht lange vor, und Jakob war 1614 genötigt, doch wieder ein Parlament zu berufen. Alsbald erneuerten sich aber die alten Beschwerden; der König, aufs äußerste verletzt, zog einige der rücksichtslosesten Redner zur Strafe und löste das Parlament auf.
Zu der Unzufriedenheit des Landes mit Jakobs Regierungsweise im Innern gesellte sich eine tiefgreifende Verstimmung über seine schwächliche auswärtige Politik. In Deutschland [* 14] war der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen. Jakob hatte ein besonderes Interesse an den deutschen Verwickelungen; seine Tochter Elisabeth war die Gemahlin des unglücklichen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, des böhmischen »Winterkönigs«. Als nun dieser aus Böhmen [* 15] vertrieben war und auch seine pfälzischen Erblande angegriffen wurden, da wünschte ganz ein entschiedenes Auftreten für den bedrohten deutschen Protestantismus und gegen die spanische Übermacht.
Das 1621 wieder zusammengetretene Unterhaus beantragte eine kräftige Unterstützung der Protestanten in Deutschland und mißbilligte unverhohlen des Königs Plan, seinen ältesten Sohn mit einer spanischen Infantin zu vermählen. Der König gab dem Parlament wegen dieser Einmischung in Dinge, die weit über dem Begriffsvermögen des Hauses lägen, einen Verweis, und als das Parlament sich auf seine Privilegien berief, löste er dasselbe auf und warf mehrere Mitglieder des Ober- und Unterhauses ins Gefängnis.
Zwei Jahre behalf er sich nun ohne Parlament. Er borgte Geld, verkaufte Adelstitel, gab die Plätze Vlissingen, Briel und Ronnekens, die Elisabeth pfandweise von den Holländern erhalten hatte, diesen gegen 250,000 Pfd. Sterl. zurück und setzte eine Kommission nieder, welche die Krongüter aufsuchen sollte, die ohne gültige Rechtstitel in fremde Hände gekommen. Erst als sein spanisches Heiratsprojekt gescheitert war und nun ein Umschwung in der auswärtigen Politik von Großbritannien einzutreten schien, berief der König 1624 ein neues Parlament und gestand diesem die Kontrolle über die Verwendung der zu bewilligenden Gelder zu, erklärte sich auch bereit, gegründeten Beschwerden abzuhelfen, und sandte den Protestanten in Deutschland 12,000 Mann Hilfstruppen. Ehe noch die nun beschlossene Vermählung des Prinzen von Wales mit Henriette, der Schwester Ludwigs XIII. von Frankreich, vollzogen wurde, starb Jakob
Sein Sohn Karl I. (1625-49) setzte den Kampf gegen das Parlament fort. Gleich mit dem ersten, das er berief, kam er in Konflikt, da dasselbe ihm nur einen Teil der verlangten Subsidien gewährte und aus Mißtrauen gegen den König und seine katholische Gemahlin das vornehmste Einkommen der Krone, den Ertrag der Zölle (das sogen. Pfund- und Tonnengeld), statt, wie bisher geschehen war, auf die ganze Lebenszeit des Königs, nur auf ein Jahr bewilligte. Ein neues Parlament war zwar etwas freigebiger, erhob aber zugleich Beschwerde gegen die Forterhebung der Zölle nach Ablauf [* 16] der Zeit, für welche sie bewilligt waren, und beschloß, den Herzog von Buckingham, den Günstling des Königs, in Anklagezustand zu versetzen, worauf der König dasselbe 1626 auflöste.
Karl erhob die Zölle nichtsdestoweniger weiter und suchte sich mit Domänenverkäufen, Zwangsanleihen u. dgl. durchzuhelfen; aber ein verunglückter Zug Buckinghams nach Frankreich (1627), welcher den Hugenotten in La Rochelle Hilfe bringen wollte, stürzte ihn in so tiefe Finanznot, daß er 1628 ein drittes Parlament berufen mußte. Das Unterhaus gewährte zwar Subsidien, allein es erhob Beschwerde wegen der willkürlichen Verhaftung mißliebiger Parlamentsmitglieder, forderte Sicherheit vor ähnlichem Vorgehen für jeden Engländer und verwahrte sich gegen die Erhebung von Abgaben und Zwangsanleihen ohne Bewilligung.
Diese Forderungen wurden in einer Bittschrift an den König, der berühmten Petition of rights, formuliert, welche man demselben zur Bestätigung vorlegte. Die Antwort, die der König nach langen Beratungen gab, war ausweichend; als dann aber die Aufregung aufs höchste stieg, gab Karl nach und erhob die Petition of rights durch seine Bestätigung zum Gesetz, worauf das Unterhaus die verlangten Gelder bewilligte und vertagt wurde. Bald darauf ward der Herzog von Buckingham ermordet.
Schon 1629 kam es zu neuem Hader zwischen König und Parlament. Die Petition of rights war nicht unbedingt, sondern mit den zweideutigen Erklärungen, die der König zuerst gegeben, verkündet, und ihre Bestimmungen waren nicht beobachtet worden. Es kam zu tumultuarischen Auftritten, endlich löste Karl das Unterhaus auf. Er regierte nun elf Jahre lang ohne Parlament; in Staatssachen war Thomas Wentworth, Graf von Strafford (früher Führer der Opposition im Unterhaus), in Kirchensachen der Erzbischof von Canterbury, William Laud, sein einflußreichster Ratgeber. Mit Frankreich schloß er 1629, mit Spanien 1630 Frieden, ohne irgend einen Vorteil durch seine Kriege errungen zu haben. Die eigenmächtig verhängten Steuern, besonders das sogen. Schiffsgeld, wurden von den Widerspenstigen, unter denen sich besonders John Hampden (s. d.) berühmt gemacht hat, mit Militärgewalt eingetrieben, und die Richter der Sternkammer erklärten dies Verfahren für berechtigt.
Eine Zeitlang schien sich dies unparlamentarische Regierungssystem in der That zu bewähren; aber während der König zu triumphieren meinte, bemächtigte sich eine tiefe Gärung aller Schichten der Bevölkerung, [* 17] und es bedurfte nur eines äußern Anstoßes, um dieselbe in offene Empörung ausbrechen zu lassen. Dieser Anstoß kam von Schottland. Als Karl den presbyterianischen Schotten 1637 eine von Laud verfertigte neue Liturgie aufdrängen wollte, kam es in der Kathedrale von Edinburg [* 18] zu tumultuarischen Auftritten, die sich bald durch das ganze Land verbreiteten. 1638 wurde von den Führern des Widerstandes gegen die kirchlichen Neuerungen der sogen. Covenant entworfen, eine Akte, welche das alte Glaubensbekenntnis der Presbyterianer von 1581 erneuerte und bald von dem ganzen Volk angenommen wurde.
Die Covenanters rüsteten sich zu bewaffnetem Widerstand; 1639 brach der Krieg aus, und Karl sah sich genötigt, 1640 ein neues, das sogen. kurze Parlament zu berufen. Aber auf seine Forderung einer Geldunterstützung gegen die Schotten antwortete das Unterhaus mit den Klagen und Beschwerden der Engländer. Wieder ward es aufgelöst, aber nun rückten die Schotten in England ein und verdrängten das englische Heer aus seinen Stellungen am Tyne. Karl, der anfangs daran gedacht hatte, sich auf das Oberhaus allein zu stützen, mußte auf das Drängen der Peers selbst und der City von London [* 19] auf diesen Plan verzichten. Mit den Schotten ward im Oktober ein Vergleich geschlossen, zufolge dessen sie auf Kosten Englands unterhalten werden sollten, und trat das sogen. lange Parlament (es saß 20 Jahre) zusammen. Die Gemeinen brachten zuvörderst alle Beschwerden des Landes zur Verhandlung, schritten dann zu einer gerichtlichen ¶