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Arthur vermählt gewesen, die Ehe also eine von der Schrift verbotene), knüpfte man am päpstlichen Hofe Verhandlungen an, um eine Scheidung zu erwirken. Clemens VII., dessen Vorgänger Leo X. Heinrich wegen seiner gegen die Reformation gerichteten Schrift »Assertio septem sacramentorum« den Titel »Beschützer des Glaubens« gegeben hatte, war anfangs geneigt, die Ehescheidung zu gestatten, lehnte dies aber später aus Rücksichten auf Katharinas Neffen Karl V. ab. Nun ward Wolsey, der die Verhandlungen geführt hatte, gestürzt; als Hochverräter angeklagt, starb er auf dem Weg zum Tower Der König entschloß sich darauf, mit dem Papst zu brechen; der entscheidende Schritt dazu war die durch eine Parlamentsakte verfügte völlige Trennung der englischen Kirche von Rom, [* 2] das Verbot aller Appellationen an den Papst, die Übertragung des päpstlichen Dispensationsrechts auf den Erzbischof Primas von England, die Befreiung der Bischofswahlen von jeder Einwirkung der Kurie.
Darauf ließ Heinrich 1533 durch ein von ihm eingesetztes geistliches Gericht seine Ehe mit Katharina vernichten und vermählte sich mit Anna Boleyn. Als der Papst mit Kirchenstrafen einschritt, ging Heinrich weiter, übertrug die bisher nach Rom gezahlten Annaten auf die Krone, hob die Klöster auf, zog deren Güter ein, welche ein Fünftel des gesamten englischen Grundbesitzes ausmachten und nun mit königlicher Freigebigkeit verschenkt wurden, und schaffte den Peterspfennig ab. Endlich vollendete er sein Werk durch die Erklärung der königlichen Suprematie, indem er sich vom Parlament als »oberstes Haupt der Kirche von England auf Erden unmittelbar unter Gott« anerkennen ließ.
Die so vollzogene Umwälzung unterscheidet sich von der gleichzeitigen deutschen Reformation hauptsächlich in zweifacher Hinsicht: einmal dadurch, daß sie nicht, wie diese, unmittelbar aus dem Volk und dessen religiösem Bedürfnis entsprang, sondern vielmehr von oben ausging und durch Gesetze und Dekrete dem Volk oktroyiert wurde;
sodann dadurch, daß sie sich wenigstens unter Heinrich VIII. ganz äußerlich nur auf die Kirchenverfassung beschränkte.
Denn die Glaubenslehren der katholischen Kirche behielt Heinrich zumeist bei: seine vom Bischof Gardiner von Winchester 1539 verfaßten sechs Glaubensartikel hielten an der Lehre [* 3] von der Transsubstantiation, an Ohrenbeichte und Cölibat, an Seelenmessen und Verbot des Laienkelchs fest, und mit den blutigsten Verfolgungen wurde sowohl gegen die Katholiken, welche die königliche Suprematie nicht anerkannten, als gegen die Protestanten, welche jene sechs Artikel verwarfen, eingeschritten.
Wie der geistlichen, so suchte Heinrich sich auch der weltlichen Schranken seiner Macht zu entledigen, und die Unterwürfigkeit gegen seinen Willen, in der sich Lords und Gemeine überboten, erstere, um von der reichen Beute der Kirchengüter ihren Teil zu empfangen, letztere, weil durch die treffliche Verwaltung Heinrichs Handel und Industrie einen ungemeinen Aufschwung nahmen, leistete diesem Streben Vorschub. So legten die Gemeinen 1539 den vom König in Gemeinschaft mit dem Geheimen Rat erlassenen Proklamationen Gesetzeskraft bei und begaben sich der Macht, welche sie ehedem der Krone gegenüber besessen.
Heinrichs Ungebundenheit zeigt sich auch in seinen Privatverhältnissen: auf Katharina und Anna Boleyn sind bald nacheinander noch vier Gemahlinnen gefolgt, von denen mehrere auf dem Schafott endeten. 1542 begann er einen kurzen Krieg mit Schottland, der aber erfolglos verlief. Später verbündete sich Heinrich noch einmal mit Karl V. gegen Franz I. von Frankreich und erschien 1544 mit 30,000 Engländern auf französischem Boden. Während aber Karl erfolgreich gegen Paris [* 4] vorwärts drang, blieb jener gegen die Verabredung zurück, hielt sich mit Belagerungen auf und eroberte Boulogne. Der Kaiser schloß hierauf den vorteilhaften Separatfrieden von Crépy, und auch Heinrich machte nach einem kurzen Seekrieg mit Frankreich und Schottland Frieden (1546).
Heinrich starb Als sein neunjähriger Sohn aus der Ehe mit Johanna Seymour, Eduard VI. (1547-53), den Thron [* 5] bestieg, hörten unter der Verwaltung seines Oheims von mütterlicher Seite, des Protektors Eduard Seymour, Herzogs von Somerset, die religiösen Verfolgungen auf. Thomas Cranmer, Erzbischof von Canterbury, der seine theologische Bildung in Deutschland [* 6] vollendet hatte, unter Heinrich aber seiner protestantischen Sympathien halber zurückgedrängt war, gewann auf die neue Regierung den größten Einfluß, und unter seiner Leitung nahm nun die Reformation auch in England einen mehr kirchlich-religiösen Charakter an. Die sechs Artikel wurden zurückgenommen, Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt beschlossen, eine neue Liturgie und ein allgemeines Gebetbuch (das Common Prayerbook) eingeführt, die Priesterehe und das Bibellesen gestattet. In 42 von Cranmer ausgearbeiteten Artikeln wurden diese Neuerungen zusammengefaßt (1552): erst jetzt wurde die englische Kirche aus einer bloß schismatischen eine wirklich protestantische. 1547 überzog der Protektor die Schotten mit Krieg, um sie zu zwingen, ihre Königin Maria Stuart dem jungen König Eduard zu vermählen. Er siegte bei Pinkie, allein Maria wurde von ihrer Mutter nach Frankreich gebracht und mit Heinrichs II. Sohn Franz verlobt.
Ungeachtet der milden Regierung des Protektors ward aber das Reich von den bedenklichsten Empörungen heimgesucht. Die durch die Einziehung des Kirchenguts hervorgerufenen Veränderungen in den Verhältnissen des Grundbesitzes und die gewaltsame Durchführung der religiösen Reform hatten doch vielfach Mißvergnügen erweckt: so kam es, daß Tausende von verarmten Pachtern und Bauern aufstanden und plündernd und mordend die Provinzen durchzogen. In diesen Wirren verdrängte der zum Herzog von Northumberland erhobene John Dudley, Graf von Warwick, den Herzog von Somerset und ließ ihn, als er seine Wiederherstellung versuchte, hinrichten. Um aber bei der Kränklichkeit Eduards VI., welche sein frühes Ende voraussehen ließ, die Durchführung der Reformation zu sichern und eine katholische Gegenbewegung unmöglich zu machen, sowie um sich und seinem Haus die leitende Stellung auch für die nächste Regierung zu bewahren, überredete Northumberland den jungen König, seine Schwestern Maria und Elisabeth von der Thronfolge auszuschließen und eine Seitenverwandte, Johanna Gray, Großnichte Heinrichs VIII., die Schwiegertochter Northumberlands und eine eifrige Protestantin, zur Nachfolgerin zu erklären. Als jedoch Eduard VI. schon starb, wurde zwar die Thronbesteigung Johannas in London [* 7] verkündet; aber gegen sie machte Maria (1553-58), die Tochter Heinrichs VIII. von Katharina von Aragonien, ihr Thronrecht geltend; der Landadel bewaffnete sich für sie, und Johanna Gray wurde nach neuntägiger Herrschaft entsetzt, Northumberland aber hingerichtet. Auch Johanna und ihr schwacher Gemahl hatten 1554, als ¶
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eine Empörung zu ihren gunsten ausgebrochen und niedergeschlagen war, dasselbe Schicksal. Als fanatische Katholikin begann Maria sogleich eine kirchliche Reaktion, die nach ihrer Vermählung mit dem Prinzen Philipp (nachmals König Philipp II. von Spanien) [* 9] in förmliche Verfolgung der Protestanten ausartete. Der katholische Gottesdienst und die Abgaben an den Papst wurden wieder eingeführt und unter Leitung der Bischöfe Gardiner und Bonner ein Ketzergericht eingesetzt: gegen 290 Personen, darunter Erzbischof Cranmer und 2 Bischöfe, aber auch 60 Frauen und 40 Kinder, wurden verbrannt;
Maria verdankt diesen Verfolgungen den Beinamen der »Blutigen«.
Durch ihren Gemahl wurde die Königin 1557 veranlaßt, an dem Krieg Spaniens gegen Frankreich teilzunehmen, und englische Truppen halfen Philipp den Sieg von St.-Quentin gewinnen. Dagegen ging 1558 Calais, [* 10] die letzte Besitzung Englands auf französischem Boden, verloren. Der Gram hierüber beschleunigte Marias Tod
Unter der Regierung ihrer Stiefschwester, der protestantischen Elisabeth (1558-1603), der Tochter Heinrichs VIII. aus seiner Ehe mit Anna Boleyn, ward der kirchliche Zustand des Landes wiederhergestellt, wie er unter Eduard VI. gewesen. Sie forderte von der Geistlichkeit, den Beamten und Parlamentsmitgliedern den Supremateid, d. h. die eidliche Anerkennung ihrer kirchlichen Suprematie, und entfernte alle Widerspenstigen aus ihren Ämtern. Mit gleicher Strenge verfuhr sie gegen die Nonkonformisten, welche die 1571 vom Parlament aufgestellten 39 Artikel, eine revidierte Erneuerung der 42 Artikel Cranmers, nicht anerkannten.
Nachdem mit Frankreich Friede geschlossen war, durch den Calais zunächst auf acht Jahre in französischen Händen belassen wurde, entspann sich ein Krieg mit Schottland über das Wappen [* 11] und den Titel einer Königin von England und Irland, deren sich die Königin Maria Stuart (s. d.) von Schottland bediente; doch legte auch diesen ein vorteilhafter Vertrag bei. Elisabeths Verfahren gegen Maria bildet einen schwarzen Fleck in ihrer Regierung. Um so glücklicher und segensreicher für die Nation war dieselbe aber fast in allen andern Beziehungen.
Freilich war Elisabeth recht eigentlich Herrscherin, nicht bloß Königin des Landes: die Rechte des Parlaments blieben zwar formell unangetastet, aber die Bedeutung desselben war viel geringer als unter den Lancasters;
in der Regel stimmte es allen Vorschlägen der Regierung, ohne Opposition zu machen, zu, zumal die strengste Sparsamkeit im Staatshaushalt Elisabeth auch hinsichtlich der Finanzen vom Parlament unabhängig machte.
Auch die Rechtspflege stand unter dem maßgebenden Einfluß der Regierung. Die Sternkammer dehnte ihre Gewalt über alles aus, was nicht gerade ins bürgerliche Recht einschlug; die sogen. hohe Kommission richtete Ketzereien und kirchliche Vergehen, und den Kriegsgerichten wurden selbst Kriminalvergehen unterworfen. Dessenungeachtet war Elisabeths Regierung populär, da unter ihr die materielle Wohlfahrt einen bedeutenden Aufschwung nahm und der Ackerbau, das Manufakturwesen, besonders die Produktion in Metall und Seide, [* 12] zu hoher Blüte [* 13] gediehen.
Der auswärtige Handel entfaltete sich mit der Schiffahrt; neben dem lebhaftesten Verkehr mit Rußland begannen die Verbindungen mit der Levante und mit Ostindien. [* 14] Im J. 1600 erteilte die Königin der Ostindischen Kompanie den ersten Freibrief. Auch in Nordamerika [* 15] wurde unter ihr die erste englische Niederlassung begründet und zu Ehren der »jungfräulichen Königin« Virginia benannt. Auch die auswärtige Politik befand sich im Einklang mit dem Interesse des Volkes; Englands Bestrebungen richteten sich fortan hauptsächlich gegen Spanien, den Verfechter des Katholizismus und den Beherrscher der Meere, und die Zerstörung der spanischen Armada 1588 durch die neugeschaffene englische Flotte steigerte das Selbstvertrauen der Nation.
Zahlreiche Expeditionen gegen die spanischen Flotten und Häfen in allen Meeren wurden von Walter Raleigh und Franz Drake mit Glück unternommen und unermeßliche Schätze erbeutet. Der von Elisabeth mit Geld und Truppen unterstützte Aufstand der Niederlande [* 16] versetzte der spanischen Macht den empfindlichsten Schlag und schuf einen neuen protestantischen Staat, der nach vorübergehenden Rivalitäten schließlich mit Großbritannien [* 17] meist Hand [* 18] in Hand ging. Die letzten Jahre der Königin wurden durch einen Aufstand in Irland beunruhigt.
Ihn zu unterdrücken, sandte sie ihren Günstling, den Grafen Essex (s. d. 2), dorthin; als dieser aber mit den Aufständischen einen für diese günstigen Vergleich schloß, berief sie ihn 1599 zurück und ließ ihn, da er einen Aufstand plante, hinrichten. Der Gram hierüber nagte an ihrem Leben: in demselben Jahr, da die Empörung in Irland völlig niedergeschlagen war, starb Elisabeth, die letzte aus dem Haus Tudor, die eigentliche Begründerin der englischen Größe, Sie hatte den Urenkel Heinrichs VII., Jakob VI. von Schottland, den Sohn der Maria Stuart, zu ihrem Nachfolger ernannt.
England unter dem Hause Stuart.
Mit diesem, Jakob I. (1603-25), kam das Haus Stuart (1603-1714) auf den englischen Thron. Obschon die Engländer die Thronbesteigung dieses Hauses in Rücksicht auf Schottland gern sahen, so verweigerte doch gleich das erste von Jakob berufene Parlament 1604 die von ihm beabsichtigte Verschmelzung beider Reiche zu einem einzigen unter dem Namen Großbritannien mit Einer Nationalvertretung und Einer einheitlichen Verwaltung. Jakob I. war ein pedantischer Gelehrter; er besaß sehr hohe Begriffe von den königlichen Prärogativen und stand damit im entschiedenen Gegensatz zu der Stimmung des englischen Volkes.
Namentlich war die zahlreiche, im Unterhaus stark vertretene Religionspartei der Puritaner (s. d.) zu energischem Widerstand gegen kirchlichen und politischen Despotismus gerüstet. Der König hingegen war ein entschiedener Anhänger der bischöflichen Kirchenverfassung, deren strenge hierarchische Gliederung seinen politischen Grundsätzen entsprach, und die er deshalb auch in Schottland eingeführt hatte; er verfolgte die Puritaner und namentlich die Geistlichen, welche den Supremateid nicht leisten wollten.
Die Folge einer vereitelten Verschwörung, der von Guy Fawkes und andern katholischen Fanatikern angezettelten sogen. Pulververschwörung (s. d.), war eine Verschärfung der Gesetze gegen die Katholiken, indem man einen neuen religiösen Treueid (Oath of allegiance) einführte, den jeder Geistliche und seit 1610 auch jeder weltliche Beamte neben dem Supremateid schwören mußte. Die Katholiken wurden dadurch, da ihnen der Papst 1606 verbot, den Eid zu leisten, von allen Staatsämtern ausgeschlossen. Ernstliche Zerwürfnisse zwischen König und Parlament traten 1610 ein. Jakob, dessen Prachtliebe und Eitelkeit großer Summen bedurfte, verlangte Geld; die Gemeinen aber wollten dies nicht eher bewilligen, als bis die Beschwerden des Volkes gehört seien. Die kleinlichen Mittel, die der König anwandte, um sich ¶