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Leute und namentlich die großen Gutsbesitzer in höherm Grad als bisher zu den Steuerleistungen heranzuziehen. Übrigens kostet die Zivilverwaltung Irlands volle 4 Mill. Pfd. Sterl., so daß also für Reichszwecke (Armee, Flotte etc.) nur 2½ Mill. übrigbleiben. Die Ausgaben betrugen in den letzten fünf Etatsjahren:
1881/82 | 1882/83 | 1883/84 | 1884/85 | 1885/86 | |
---|---|---|---|---|---|
Zinsen | 21994466 | 21955615 | 20897973 | 19742349 | } |
Annuitäten | 7192797 | 7289920 | 7938561 | 9082738 | } 23801000 |
Amortisation | 270120 | 213793 | 600173 | 508447 | - |
Verwaltungskosten | 208562 | 209766 | 214819 | 214705 | 215000 |
Staatsschuld: | 29665945 | 29679098 | 29651526 | 29548239 | 24016000 |
Zivilverwaltung | 18548476 | 18891999 | 18731582 | 19041249 | 19575000 |
Zollamt | 1000959 | 998727 | 974843 | 977516 | 977800 |
Inländisches Revenueamt | 1839796 | 1871574 | 1796906 | 1767852 | 1823100 |
Post- und Telegraphenamt | 5680542 | 6058125 | 6735600 | 7125625 | 7448260 |
Armee | 15738002 | 15133451 | 16095326 | 18600338 | 17850700 |
Flotte | 10560983 | 10259853 | 10728781 | 11427064 | 12386500 |
Kriegsunkosten | 570000 | 4395500 | 1040000 | 550000 | 11250000 |
Zusammen: | 83605503 | 87288327 | 85954564 | 89037883 | 95327360 |
Die Ausgaben für Verwaltung der Kronländereien (etwa 100,000 Pfd.) sind oben ausgeschlossen. Den Zinsen, die für die Staatsschuld gezahlt wurden, stehen mehr als 1 Mill. gegenüber, welche die Regierung für Anleihen an Lokalbehörden etc. erhält.
Unter anderm kosteten (1884-85) Rechtspflege 6,524,462 Pfd. Sterl.; Schulen, Wissenschaft und Kunst 5,164,794 Pfd. Sterl.; ausländische und koloniale Angelegenheiten 696,822 Pfd. Sterl. Die britische Staatsschuld belief sich zur Zeit der letzten Revolution (1689) nur auf 664,263 Pfd. Sterl. Kapital. Königin Anna fand bei ihrem Regierungsantritt eine Schuld von 16,4 Mill. Pfd. Sterl., die sie in zwölf Jahren um 37,7. Mill. Pfd. Sterl. vermehrte. Georg II. traf 1727 eine Schuld von 52 Mill. Pfd. Sterl. an, die bis zum Pariser Frieden (1763) bis auf 138,9 Mill. Pfd. Sterl. anwuchs. Beim Ausbruch des amerikanischen Kriegs (1774) betrug sie noch 128,6 Mill. Pfd. Sterl., hatte aber beim Friedensschluß (1784) eine Höhe von 250 Mill. Pfd. Sterl. erreicht. Nach dem Ende des französischen Kriegs (Anfang 1817) war der Stand der ganzen Schuld zu 841 Mill. Pfd. Sterl. berechnet, und sie bürdete dem Land eine jährliche Ausgabe von 32 Mill. Pfd. Sterl. auf. Seit 1792 waren z. B. über 64 Mill. Pfd.
Sterl. in Subsidien und Kriegsanleihen bewilligt, von welcher Summe bis 1853 nur 400,000 Pfd. Sterl. zurückbezahlt wurden. 1853 war die Schuld auf 771 Mill. Pfd. Sterl. gefallen, stieg aber wieder infolge des Kriegs mit Rußland und belief sich 1857 auf 836 Mill. Pfd. Sterl. 1875 betrug sie 769 Mill. Pfd. Sterl., 1879: 773 Mill. und 740,330,654 Pfd. Sterl. (nämlich: 640,181,896 fundiert, 14,033100 nichtfundiert und 86,115,658 Annuitäten zu 3 Proz., in Kapital umgerechnet). Großbritannien [* 2] hätte demnach seit 1857: 95,345,600 Pfd. Sterl. abgezahlt.
Eigentlich ist die Staatsschuld noch geringer, denn verschiedene Lokalbehörden schulden dem Staat 27,398,765 Pfd. Sterl., die voraussichtlich zurückgezahlt werden. Der Staat besitzt Suezkanalaktien, die 3,976,582 Pfd. Sterl. kosteten, und hat 10,880,571 Pfd. Sterl. für die Telegraphen [* 3] bezahlt. Abzüglich dieser Guthaben und eines Kassenbestandes von 4,993,207 Pfd. Sterl. belief sich die Nationalschuld auf nur 693,081,529 Pfd. Sterl. Seit 1875 sind jährlich 28,800,000 Pfd. Sterl. für Zinsenzahlung und Amortisation der Staatsschuld bestimmt, deren Abzahlung ferner durch Schaffung von Zeitrenten (terminable annuities) beschleunigt wird.
Heerwesen.
Die insulare Lage Großbritanniens und die Eigenart seiner staatlichen Entwickelung sind Ursache, daß die Organisation der englischen Streitkräfte von derjenigen aller übrigen europäischen Heere abweicht, namentlich insofern, als die Ergänzung der aktiven Armee nicht auf allgemeiner Wehrpflicht, sondern auf Werbung beruht.
Heeresverfassung. Das Landheer Englands zerfällt in 1) die reguläre Armee, 2) die Auxiliartruppen; letztere bestehen aus a) der Miliz, b) der Yeomanry, c) den Freiwilligen (volunteers). Jährlich, seit 1689, wird durch Parlamentsbeschluß, den Mutiny act (Aufruhrgesetz, s. v. w. Militärstrafgesetz), an dessen Stelle 1879 der Army act getreten, das Fortbestehen der Armee in gewisser, durch das Budget festgesetzter Stärke [* 4] genehmigt. Die aktive Armee ergänzt sich durch Werbung und Übertritt von Milizrekruten.
Die
Dienstzeit dauert 12 Jahre, doch kann dieselbe auch zur Hälfte im stehenden
Heer, zur Hälfte in der
Reserve abgeleistet
werden. Für die
Miliz gilt das Rekrutierungsgesetz von 1875. Nach demselben kann jeder
Engländer zwischen
dem 18. und 30. Lebensjahr durch Ballot
ieren zur
Miliz ausgehoben werden, doch wird seit 1832 jährlich durch den
Ballot suspensions
act das Ballot
ement aufgehoben. Die Rekrutierung erfolgt auch hier durch
Werbung in der
Grafschaft, zu welcher das
Regiment
gehört, auf höchstens 6 Jahre, welche auf weitere 6. Jahre verlängert werden können.
Die Dienstzeit darf 6 Monate und die jährliche Exerzierzeit in der Regel 21-28 Tage nicht übersteigen, doch kann letztere auf besondern Befehl des Souveräns auf 56 Tage verlängert, aber auch verkürzt und aufgehoben werden. Während der Übung ist die Miliz dem Mutiny act unterworfen. Die Milizreserve besteht aus Milizmannschaften, welche sich gegen einen Mehrgehalt von 20 Mk. jährlich verpflichten, im Kriegsfall in der regulären Armee zu dienen. Der Eintritt in ein Freiwilligenkorps befreit von der Dienstpflicht im stehenden Heer oder der Miliz; die Aufstellung der Korps erfolgt in der Grafschaft, ihre Einberufung zum Schutz der Küsten und Londons erfolgt nach Erklärung des Parlaments durch den Souverän; sie stehen dann gleichfalls unter dem Mutiny act.
Organisation. Das vereinigte Königreich ist in 13 Militärdistrikte geteilt, von denen 9 auf England, 1 auf Schottland und 3 auf Irland kommen. Diese sind wieder in 67 Infanteriesubdistrikte geteilt, von denen 50 auf England und Wales, 9 auf Schottland und 8 auf Irland kommen; zu jedem ¶
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derselben gehören zwei Linien- und zwei Milizbataillone, die Freiwilligenkorps der betreffenden Grafschaft, die Infanterie der Armeereserve und das Brigadedepot. Sämtliche Truppenteile bilden eine administrative Infanterie-Subdistriktsbrigade, nur die Garde ist keinem Distrikt zugeteilt. Jeder Militärbezirk ist einem General, der Infanteriesubdistrikt einem Oberstleutnant unterstellt, welchem als Brigadedepot-Kommandanten die Rekrutierung (Werbung), die Ausbildung der Rekruten für die Infanterie der Linie und Miliz, der Auxiliar- und Reservetruppen sowie die Verwaltung aller Waffen [* 6] und sonstigen Bestände obliegen.
Die Kavallerie ist auf 2, die Artillerie auf 12 Distrikte verteilt, welche unter eignen Kommandanten stehen. An der Spitze der Armee steht die Königin, welche 2 persönliche und 40 Adjutanten im Oberstenrang hat, an der Spitze des Kriegsamtes (War office) der Kriegsminister (Secretary of State for war), eine Zivilperson, die mit der Regierung wechselt und dem Parlament für den Zustand der Armee verantwortlich ist. Unter ihm stehen außer den Sekretären auch der Höchstkommandierende, der Kommandeur en chef, ein Berufssoldat, gleichzeitig Direktor des Militärdepartements. Er erläßt Befehle (general orders) im Namen des Souveräns. Die Generalität zählt nach dem Etat 6 Feldmarschälle, 10 Generale, 35 Generalleutnants und 95 Generalmajore, nach der »Army-List« vom Dezember 1885 in Wirklichkeit 4 Marschälle, 25 Generale, 54 Generalleutnants und 135 Generalmajore aktiv.
1) Infanterie. 70 Regimenter, von diesen 3 Garde- (1 à 3, 2 à 2 Bataillone),
67 Linienregimenter, von denen stehen:
58 | Bataillone im Mutterland | |
83 | " außerhalb desselben | |
Zusammen: | 141 | Bataillone. |
Zu den Regimentern gehören ferner 135 Milizbataillone, außerdem 2 Regimenter Rifles (Riflebrigade) zu je 4 regulären und 5 Milizbataillonen, insgesamt 301 Bataillone, von denen 156 reguläre, 145 Miliz. Die Garden und die Rifles (Schützen) rekrutieren aus dem Königreich, die übrigen Regimenter aus den Bezirken, deren Namen sie tragen. In der Regel befinden sich 1 oder 2 Bataillone eines Regiments außerhalb, der Rest im Mutterland. Jedes Bataillon besteht aus 8 aktiven und 2 Depotkompanien.
Der Friedensetat der Bataillone schwankt nach dem Budget für 1885 zwischen der Stärke von 600 und 850 Mann. Die Bataillone in Indien sollen 820, die in Ägypten [* 7] und den Kolonien 800 Mann stark sein. Die Stärke der Milizbataillone ist je nach der Bevölkerungszahl ihres Bezirks sehr verschieden, sie haben gegenwärtig 4, 5, 6, 8, 10 oder 12 Kompanien; jedoch wird beabsichtigt, sie gleichmäßig auf 8 Kompanien zu bringen, jede Kompanie soll 100 Mann stark sein.
2) Kavallerie. Sie zählt 3 Garde- (Kürassiere), 10 Dragoner-, 13 Husaren-, 5 Lancier-, zusammen 31 Regimenter. Die Garde-, 1., 2., 4. und 5. Dragoner- (Garde-) Regimenter, die, ebenso wie die Gardeinfanterie, nur im Kriegsfall außerhalb des Mutterlandes dienen sollen, rechnen zur schweren, die übrigen Dragoner und Lanciers zur mittlern, die andern Regimenter zur leichten Kavallerie. Jedes Linienregiment besteht aus 6 Troops (Eskadrons), 384 Gemeinen, 436 Dienstpferden.
3) Artillerie, insgesamt nach altherkömmlichem Brauch »das königliche Regiment Artillerie« benannt, besteht aus 3 Brigaden (A, B, C) reitender, 6 Brigaden (1-6) Feld-, 5 Brigaden (7-11) Garnison-, 1 Brigade Küsten- und 35 Regimentern Miliz- (Garnison-) Artillerie. Die 3 reitenden Brigaden zählen 28 aktive und 3 Depot-, die 6 Feldbrigaden 80 aktive und 6 Depotbatterien; von den aktiven Batterien stehen 14 reitende und 41 Feldbatterien in Indien, die übrigen im Mutterland. Die fünf Garnisonbrigaden (Festungsartillerie) zählen 102 aktive und 5 Depotbatterien, von erstern 33 in Indien, 32 in den Kolonien, 37 im Mutterland. Die Küstenbrigade ist in 10 Divisionen formiert und in den Küstenforts [* 8] stationiert. Die Milizartillerie besteht in 35 Regimentern aus im ganzen 198 Batterien.
4) Das Ingenieurkorps, direkt vom Höchstkommandierenden ressortierend, besteht nach der Reorganisation von 1885 aus 35 aktiven Kompanien;
von diesen sind 4 Topographen-, 2 Eisenbahn-, 9 Torpedo- (Submarine Mining), 6 Feld- (jede mit einem leichten Ingenieurpark), 14 Garnison- (Festungs-) Kompanien;
sie führen die Nrn. 1 bis 35;
ferner 9 Ersatz-, 3 Kadrekompanien in Indien, 1 malaiisches Torpedobataillon (4 Kompanien), 1 Küstenbataillon, 1 Telegraphenbataillon zu 2 Divisionen, von diesen eine stets kriegsbereit, 1 fahrende Pontonierkompanie, 1 Ersatz-Sappeurabteilung, 1 Feldpark mit 2 Luftschiffahrtsabteilungen, von denen 1 in Südafrika. [* 9] Es bestehen 3 Regimenter Milizingenieure mit zusammen 15 Kompanien.
5) Der Train (Army Service Corps) besteht aus 11 Proviant- und 12 Transportkompanien für die Armee und dem Truppentrain, bei jedem Infanteriebataillon eine Kolonne von 12 Wagen.
6) Das Sanitätskorps besteht aus 893 Ärzten, wovon 38 Generalärzte als Distriktsärzte, die übrigen bei den Truppen und in den Lazaretten fungieren. Außerdem besteht ein Hospitalkorps von 52 Offizieren, 460 Unteroffizieren (Lazarettgehilfen) und 1817 Gemeinen als Krankenwärtern, auf die Lazarette verteilt.
7) Das Kolonialkorps und die Miliz der Kanalinseln. Ersteres besteht aus der Royal Malta Fencible-Artillerie von Malta in 6 Batterien und 2 westindischen Regimentern (Art Zuaven) von je 10 Kompanien, die aus Eingebornen gebildet sind. Die Miliz der Kanalinseln besteht aus 15 Batterien Artillerie und 6 Bataillonen zu 6 Kompanien Infanterie.
Höhere Truppenverbände (Brigaden, Divisionen etc.) bestehen in der englischen Armee nicht, die Regimenter bei der Infanterie und Brigaden der Artillerie haben nur administrative Bedeutung, Bataillon und Batterie sind die selbständigen Truppenabteilungen.
Bewaffnung: Die Infanterie führt das Henry-Martini-Gewehr, die Kavallerie den Henry-Martini-Karabiner, Säbel in Stahlscheide, die Ulanen eine Lanze, die Kürassiere Stahlküraß. Die Feldartillerie ist mit 9pfündigen (7,62 cm) und 16pfündigen (9,14 cm) Vorderladerkanonen bewaffnet. Aber schon seit Jahren befinden sich Hinterladerkanonen im Versuch, doch hat man sich (bis Anfang 1886) für ein bestimmtes System noch nicht entschieden. Uniformierung. Infanterie: scharlachrote Waffenröcke, die englischen Regimenter weiße, die schottischen gelbe, die irischen grüne, die Garden blaue Aufschläge und Kragen, die Schützen dunkelgrüne Waffenröcke mit roten, schwarzen oder hellgrünen Aufschlägen;
blaue Beinkleider, Korkhelm, mit blauem, bei den Schützen mit grünem Tuch bezogen.
Kavallerie: Kürassiere, 2 Regimenter scharlachrote, 1 blaue Waffenröcke mit blauen, bez. roten Aufschlägen;
Dragoner, 9 Regimenter rote, 1 Regiment blaue Waffenröcke mit verschiedenfarbigen Aufschlägen, Bronzehelm, 1 Regiment Bärenmützen;
Lanciers, 4 Regimenter blaue, ¶