mehr
mit zahlreichem Federwild, Hasen und (in Schottland und Irland) auch Rehbraten. Kaninchen [* 2] sind überaus zahlreich (jährlich sollen 20 Mill. verzehrt werden). Wild jeglicher Art sowie auch Fische [* 3] erfreuen sich während der Brutzeit eines gesetzlichen Schutzes. Landeigentümer finden es oft vorteilhafter, ihr Land an Jagdliebhaber zu vermieten, als es von Pachtern bebauen oder abweiden zu lassen. Im J. 1885 gab es im Vereinigten [* 4] Königreich 351 Meuten Hunde [* 5] mit 9657 Koppeln.
Fischfang.
Die Fischereien sind für die Bewohner der Britischen Inseln von der höchsten Wichtigkeit, denn sie liefern ein gesundes und billiges Nahrungsmittel [* 6] und beschäftigen Tausende von Händen. Auch eine politische Bedeutung haben dieselben durch die Erziehung von Matrosen für die Kriegsflotte. Im J. 1885 beschäftigten die Fischereien 32,962 Boote mit einer Bemannung von 71,500 Fischern und Jungen außer 58,860 Personen, die gelegentlich mit Fischfang zu thun hatten.
Den
Ertrag schätzte der
Herzog von
Edinburg
[* 7] 1883 auf 620,000
Ton. im Wert
von 7,344,000 Pfd. Sterl.
Andre
nehmen 10 Mill. Pfd. Sterl. an. Im J. 1884 wurden von den Hafenstädten aus 325,104 T.
Fische ins
Binnenland versandt. Das offene
Meer und namentlich die
Nordsee liefert
Heringe und
Sprotten,
Kabeljaus,
Schellfische,
Steinbutten,
Flundern,
Seezungen etc.; der
Englische
[* 8]
Kanal
[* 9] und die
Küsten
Irlands daneben noch
Makrelen und
Pilchards (eine Art
Sardelle); die
Küsten und
Flüsse,
[* 10] namentlich in
Schottland und
Irland,
Salme.
Von eigentlichen Flußfischen sind die
Forellen und
Aale die geschätztesten. Wertvoll
sind gleichfalls die
Hummer-,
Krabben-,
Miesmuschel- und Garneelenfischereien. Der
Ertrag der englischen Austernbeete scheint abgenommen zu haben, und jährlich führt
man
Tausende von jungen
Austern aus
Frankreich ein, die im Ästuar der
Themse
(Whitstable) großgezogen und
dann als echte
Natives verkauft werden. Auch der Walfischfang ist nicht mehr von der frühern Bedeutung und lieferte in den
drei
Jahren 1883-85 einen
Ertrag von nur 477,000 Pfd. Sterl., abzüglich der Ausrüstungskosten von 87,000 Pfd. Sterl.
Vgl. Walpole, The British fish-trade (Lond. 1883).
Bergbau und Hüttenwesen.
Der Bergbau und das Hüttenwesen spielen auf den Britischen Inseln eine große Rolle in der Volksthätigkeit. Zwar ist Gold [* 11] nur in geringern Quantitäten gefunden worden und Silber nur in Verbindung mit Blei, [* 12] dafür aber ist das Land ungemein reich an Steinkohlen und den vorzüglichsten Eisenerzen und liegen in seinem Schoß Blei und Zinn, Kupfer, [* 13] Zink und andre Metalle. Diese Bodenschätze sind unbeschränktes Eigentum der Landbesitzer, die sich von den Bergbauunternehmern schwere Mieten oder Regale zahlen lassen. So erhält in Lancashire der Landbesitzer 1 Schill. 3 Pence pro Tonne Steinkohlen, während der Bergmann, der sie zu Tage fördert, nur 10 Pence erhält; in Cleveland müssen pro Tonne Roheisen 3 Schill. 3 Pence, in Schottland gar 6 Schill. abgegeben werden.
Diese im
Vergleich mit andern
Ländern drückenden
Abgaben sind infolge der billigen
Kohlen- und Eisenpreise sehr fühlbar geworden
und erklären es, daß die Bergbauunternehmer auf den
Erlaß eines billigen
Bergrechts drängen. Unter
allen
Produkten des
Bergbaues stehen die
Steinkohlen obenan, denn auf ihnen beruht in großem
Maß
Großbritanniens
Blüte
[* 14] als
Fabrik- und Handelsstaat. Die Steinkohlenfelder bedecken ein
Areal von 30,700 qkm, und 1880 soll bis zu einer Tiefe von 1200 m
ein Vorrat von 90,000 Mill.
Ton. vorhanden gewesen
sein. Die
Ausbeute steigt von Jahr zu Jahr. Sie betrug 1846 erst 38 Mill.
T., 1860: 80 Mill., 1870: 110 Mill., 1880: 147 Mill., 1885 aber 159,351,418 T., wovon 15,3 Mill.
in Eisenhütten verbraucht, 6,8 Mill. von nach dem
Ausland abgehenden
Dampfern verladen und 24 Mill. T.
ausgeführt wurden. Im J. 1880 hatte die
Tonne
Steinkohlen einen Wert
von 8½
Schill., im J. 1885 nur 5 1/6
Schill.
Nächst den
Steinkohlen bildet das
Eisen
[* 15] das wichtigste
Produkt des
Bergbaues in Großbritannien
[* 16] Eisengruben befinden sich vorzüglich in
Yorkshire,
Staffordshire,
Lancashire,
Cumberland, dann in
Schottland und auch in
Irland. Die
Ausbeute von
Eisenerzen
betrug 1860: 8 Mill.
Ton., 1873: 15½ Mill., 1880: 18 Mill. und 1885: 15,417,982
T. im Wert
von 3,969,719 Pfd. Sterl.
Ferner
wurden 1885 gewonnen 14,376 T.
Zinnerz (Wert
662,390 Pfd. Sterl.), 51,302 T. Bleierz (Wert
407,600 Pfd. Sterl.),
36,374 T.
Kupfererz (Wert
80,912 Pfd. Sterl.), 24,668 T. Zinkerz (Wert
67,000
Pfd. Sterl.). Dazu kommen nun noch 468,954 T.
Schiefer (Wert
1,175,772 Pfd. Sterl.), 2,531,191 T.
Thon (Wert
600,934 Pfd. Sterl.),
2,207,683 T.
Kochsalz (Wert
780,615 Pfd. Sterl.), 1,770,413 T. Ölschieferthon (Wert 447,302 Pfd. Sterl.),
30,000 T. kohlensaurer
Kalk (Wert 50,000 Pfd. Sterl.),
Bausteine im Wert von 8,849,102 Pfd. Sterl. und 215,249 T. verschiedener
Mineralien
[* 17] im Wert von 197,854 Pfd. Sterl. Insgesamt aber hatten
die geförderten
Erze und
Mineralien, einschließlich der
Steinkohlen, im J. 1885 einen Wert von 58,428,608 Pfd. Sterl. gegen
59,479,486 Pfd. Sterl. im J. 1873 und 34,657,000 Pfd. Sterl.
im J. 1860. Von der
Ausbeute des
Jahrs 1885 kamen 50,864,716 Pfd. Sterl. auf
England und
Wales, 7,084,190 auf
Schottland
und nur 388,281 Pfd. Sterl. auf
Irland. In sämtlichen
Bergwerken arbeiteten 1885: 561,676
Menschen, von denen 1212 verunglückten.
In seinen Hüttenwerken verarbeitet Großbritannien nicht nur seine eignen Erze, sondern auch die Erze aus fremden Ländern, wie namentlich spanische Eisenerze und amerikanische Kupfererze. Riesig ist namentlich die Eisenindustrie gewesen, seitdem 1827 die Steinkohle ausschließlich an Stelle der Holzkohle trat. Im J. 1827 erzeugte man erst 700,000 Ton. Roheisen, 1840 bereits 1,396,400, 1860: 3,826,762, 1873: 6,566,451, 1885 aber 7,415,469 T. Von letzterer Quantität wurden 1,247,001 T. in Bessemerstahl verwandelt und außerdem noch 613,200 T. Stahl auf offenem Herd erzeugt. Überhaupt gab es 1885: 892 Hochöfen (434 thätig), 3876 Puddelöfen, 801 Walzwerke, 105 Bessemerbirnen, 225 Öfen [* 18] für Herdstahl, 22 Converters für Thomas-Gilchriststahl.
Die Gesamterzeugung an Metallen aus britischen Erzen war 1873 und 1885:
Tonnen 1873 | 1885 | Wert in Pfd. Sterl. 1873 | 1885 | |
---|---|---|---|---|
Eisen | 6566451 | 5353524 | 18057739 | 12491556 |
Kupfer | 5240 | 2773 | 502822 | 135415 |
Blei | 54235 | 37687 | 1263375 | 433400 |
Zinn | 9972 | 9331 | 1329766 | 833803 |
Zink | 4441 | 9778 | 120099 | 146100 |
Silber | 16.2 | 8.9 | 131077 | 64938 |
Andre | - | - | 5000 | 14 |
Zusammen: | 6640355 | 5413102 | 21409878 | 14105226 |
Vgl. E. Hull, [* 19] The coal-fields of Great Britain (letzte Ausg., Lond. 1884);
R. Hunt, British mining (das. 1884);
W. Siemens, Die Eisen- und Stahlindustrie in England (Berl. 1878). ¶
mehr
Industrie.
Auch die Industrie im engern Sinn und das Manufakturwesen stehen in keinem Land in solcher Blüte wie in Großbritannien. Kein Zweig der Industrie läßt sich denken, der nicht von den Briten in den Bereich ihrer Thätigkeit gezogen, keiner, der nicht von ihnen zu hoher Vollkommenheit gebracht worden wäre. Mancher Manufakturzweig, z. B. die Tuch- und Metallwarenfabrikation, ist schon seit drei Jahrhunderten berühmt; aber Qualität und Quantität der Erzeugnisse haben erst seit der Mitte des 18. Jahrh. ihren Aufschwung erhalten durch das mechanische Genie der Briten, die in der Erfindung von Maschinen und in der geschickten Anwendung von bisher unbenutzten Naturkräften unermüdlich sind.
England und Schottland sind die Werkstätten des technischen Gewerbfleißes, der einen großen Teil der Erde mit Waren aller Art versorgt. Die günstige Lage für den Weltverkehr und der Geldreichtum begünstigen in Großbritannien große Unternehmungen; bürgerliche Freiheit und leicht zu erlangende Vergünstigung durch Patente spornen zur Thätigkeit an. Die ausgedehnte Anwendung der Maschinen erspart teure Handarbeit, Rohmaterial und Lebensmittel werden durch Zollschranken nicht künstlich verteuert, und Großbritannien ist so im stande, trotz höherer Löhne mit andern Ländern zu konkurrieren.
Man ist sich recht wohl bewußt, daß diese Konkurrenz in neuester Zeit eine schärfere geworden, und fühlt, daß große Anstrengungen gemacht werden müssen, namentlich auch was technische Vorbildung betrifft, wenn Großbritannien auf die Dauer sein Übergewicht als Industrie- und Handelsstaat behaupten will. Großbritannien ist auf bedeutende Ausfuhr nach andern Staaten aller Erdteile angewiesen, und seine Blüte würde rasch vergehen, wenn dieser Absatz plötzlich aufhörte. In seinen auswärtigen wie in seinen einheimischen Verhältnissen und Beziehungen muß daher auf die Interessen der Industrie ganz besonders Rücksicht genommen werden. Nur durch Absatz seiner Industrieprodukte kann sich Großbritannien die Lebensmittel verschaffen, deren es zur Ernährung seiner Bevölkerung [* 21] bedarf.
Bereits 1880 beschäftigten der Handel und die Industrie 128,727 Dampfmaschinen [* 22] (110,000 in Fabriken und Bergwerken von 2,200,000 Pferdekräften, 13,480 Lokomotiven von 3,400,000 und 5247 Schiffsmaschinen von 2,180,000 Pferdekräften) von zusammen 7,780,000 Pferdekräften, und diese Zahl hat sich seither noch bedeutend vermehrt. Da nun eine Pferdekraft sieben Menschenkräften entspricht, so verrichten diese Maschinen eine Arbeit, zu deren Leistung 55 Mill. Menschen nötig wären.
Unter England, Schottland und Irland findet man näheres über die wichtigsten Fabrikbezirke. Hier beschränken wir uns auf einige dem Vereinigten Königreich gemeinschaftliche Angaben. Um vorerst die Vielseitigkeit der britischen Industrie zu kennzeichnen, geben wir nebenstehende Tabelle der in den wichtigsten Industriezweigen beschäftigten Arbeiter nach dem Zensus vom Jahr 1881. Diese Tabelle zeigt deutlich das gewerbliche Übergewicht Englands, dem allerdings Schottland, dessen Bevölkerung kaum den siebenten Teil von der Englands beträgt, dicht auf den Fersen folgt, ja in einzelnen Gewerbszweigen bereits voraus ist, während Irland mit Ausnahme seiner Textilindustrie noch wenig leistet.
Unter allen Zweigen der Industrie ist die Textilindustrie wohl die wichtigste, denn sie nährte 1881: 1,179,797 Menschen, abgesehen von den Tausenden, welche die ihr nötigen Maschinen bauten oder direkt von ihr abhängig waren.
Die wichtigsten Industriezweige Großbritanniens.
Gewerbe etc. | Zahl der Arbeiter (1881) England u. Wales | Schottland | Irland |
---|---|---|---|
Stahl- und Eisenmanufaktur | 199877 | 38309 | 2360 |
Schmiede | 112523 | 20362 | 14576 |
Messerschmiede | 18234 | 173 | 111 |
Nagelschmiede | 18741 | 596 | 2095 |
Messingschmiede | 27874 | 3973 | 614 |
Zinnarbeiter | 36833 | 3725 | 1940 |
Gold- und Silberschmiede | 24715 | 1316 | 470 |
Waffenschmiede | 8127 | 226 | 195 |
Maschinenbau | 160797 | 32730 | 4469 |
Uhrmacher | 23351 | 2552 | 1718 |
Töpferwaren | 46596 | 3171 | 171 |
Glaswaren | 20630 | 1665 | 352 |
Chemikalien (inkl. Alkali) | 16321 | 2377 | 103 |
Küfer | 18699 | 5509 | 4781 |
Dreher und Kistenmacher | 13977 | 1418 | 742 |
Papier | 18630 | 7975 | 507 |
Gerber und Zurichter | 25799 | 2419 | 780 |
Sattler | 23866 | 2150 | 2802 |
Textilindustrie | 876893 | 199476 | 59691 |
Strumpfwirkerei | 40372 | 2965 | 347 |
Hüte | 22689 | 852 | 492 |
Strohhüte | 30984 | 409 | 201 |
Handschuhe | 15524 | 46 | 87 |
Brauer | 24567 | 1674 | 955 |
Brenner etc. | 9528 | 1456 | 784 |
Kornmüller | 23462 | 3420 | 3834 |
Zuckersieder | 3870 | 1337 | 77 |
Tabaksfabrikation | 19734 | 2059 | 1249 |
Schiffbau | 51219 | 17704 | 4270 |
Wagenbau | 52698 | 3337 | 2497 |
Eisenbahnwagenbau | 7570 | 294 | 48 |
Buch- und lithograph. Drucker | 66971 | 9146 | 4312 |
Der Stand der Fabriken im J. 1885 war folgender:
Fabriken | Spindeln | Mechan. Webstühle | Arbeiter | |
---|---|---|---|---|
Baumwolle | 2635 | 41346609 | 560955 | 504069 |
Wolle | 1918 | 3285085 | 57990 | 139316 |
Kunstwolle (Shoddy) | 108 | 95988 | 1981 | 4709 |
Worsted | 725 | 2763521 | 79931 | 138230 |
Flachs | 388 | 1220377 | 47641 | 111837 |
Hanf | 107 | 46495 | 779 | 9946 |
Jute | 120 | 264203 | 12083 | 41674 |
Haar | 48 | 1486 | 378 | 2239 |
Seide | 691 | 1062748 | 11966 | 42995 |
Spitzen | 431 | - | - | 15886 |
Strumpfwaren | 227 | - | - | 19536 |
Elastische Gewebe | 67 | - | - | 3824 |
England und Wales | 6359 | 49725814 | 675953 | 813824 |
Schottland | 776 | 2369104 | 72279 | 152279 |
Irland | 330 | 993906 | 25472 | 61158 |
Vereinigtes Königreich | 7465 | 53088824 | 773704 | 1034261 |
Ausgeschlossen sind hierbei die Tausende von Arbeitern, die zu Hause als Strumpfwirker, Spitzenklöppler etc. arbeiten. Von den Arbeitern waren 629,248 weiblichen Geschlechts, und 130,174 waren Kinder unter 13 Jahren, welche die halbe Zeit arbeiteten. Gegen 1871 hat die Zahl der Spindeln um 7,418,702 und die der Webstühle [* 23] um 58,439 zugenommen, dagegen war zur Zeit der jüngern Aufnahme in 259 Fabriken die Arbeit eingestellt. Die Rohmaterialien für diese Fabriken bezieht Großbritannien fast ausschließlich vom Ausland, namentlich aber Baumwolle [* 24] (Konsum 1872: 5,2 Mill., 1884: 6,6 Mill. Doppelzentner) aus den Vereinigten Staaten, Indien, Ägypten, [* 25] Brasilien; [* 26]
Wolle (Konsum 1873: 0,8 Mill., 1884: 1,1 Mill. Doppelzentner) aus Australien, [* 27] Südafrika [* 28] etc.;
Flachs und Hanf (Konsum 1884: 1,9 Mill. Doppelzentner) aus ¶