Vgl. K. v. Jan,
Die Saiteninstrumente der Griechen
(Programm, Leipz. 1882).
Der
Aulos war eine Art
Schnabelflöte, die in verschiedenen
Größen gebaut wurde; die
Syrinx
(Pansflöte) war ein untergeordnetes
Instrument. Die
Weisen, welche die
Komponisten erfanden, erhielten bestimmte
Namen, ähnlich wie bei den
Meistersängern; der allgemeine
Name war
Nomos
(Gesetz,
Satz). Berühmt war z. B. der pythische
Nomos des Flötenspielers Sakadas
(585
v. Chr.), welcher es zuerst durchsetzte, daß bei den
PythischenSpielen neben der
Kithara
[* 2] auch der
Aulos zugelassen wurde.
Um die Kitharodik machte sich besonders der noch 50 Jahre ältere
Terpandros verdient, welcher wohl als
der Begründer eigentlicher musikalischer Kunstformen bei den Griechen angesehen wird.
Weiter sind als hervorragende Förderer der
Komposition zu nennen: Klonas, der vor Sakadas und nach
Terpandros blühte, der
Erfinder wichtiger
Formen der
Aulodie;
der viel ältere
Archilochos (um 700), der statt der vorher allein
üblichen daktylischen
Hexameter volkstümlichere lyrische Rhythmen einbürgerte
(Iamben);
weiter der
LyrikerAlkäos, die Dichterin
Sappho etc. Plutarch datiert in seiner dialogisch abgefaßten Musikgeschichte die
Periode der neuern
Musik von Thaletas (670),
dem Begründer der spartanischen Chortänze
(Gymnopädien), und Sakadas;
um diese Zeit soll die neuere
Enharmonik eingeführt worden sein (s.
oben V).
Zur größten Entfaltung ihrer
Mittel gelangte die griechische Musik in der
Tragödie, welche
in ähnlichem
Sinn wie das moderne musikalische
Drama eine Vereinigung von
Dichtkunst,
Musik und
Schauspielkunst
(Mimik,
[* 3] Hypokritik)
war; die
Chöre wurden durchaus gesungen, und auch viele
Monologe waren komponiert. Leider ist noch keine
Tragödienmusik aufgefunden worden, so daß wir eine konkrete
Vorstellung von einer solchen nicht haben.
VII. Musikschriftsteller.Eine große Zahl musiktheoretischer
Traktate griechischer Schriftsteller ist auf uns gekommen. Der
älteste und zugleich einer der interessantesten ist das 19.
Kapitel der
»Probleme« des
Aristoteles (gest. 322
v. Chr.),
Auch das 14.
Buch des
Athenäos und das 26.
Kapitel des
Iamblichos enthalten musikalische
Notizen. Das
»Syntagma« des Psellos gehört
ins 11., die
Harmonik des
Bryennios sowie des
NikephorosGregoras Ergänzungskapitel zum
Ptolemäos nebst demKommentar
von
Barlaam ins 14. Jahrh. Eine klassische lateinische Überarbeitung der griechischen Musiklehre
ist das Werk des
Boethius (gest. 524):
»De musica« (deutsch von O.
Paul, Leipz. 1872). Eine vortreffliche Textausgabe des
Aristoxenos
besorgte
P.
Marquard (Berl. 1868, mit Übersetzung). Im übrigen sind die Sammelwerke von
Meibom (1652) und Wallis (1682)
in den meisten größern
Bibliotheken zu finden. Einige kleine, weniger beachtete
Schriften über griechische Musik hat
Fr.
Bellermann (Berl.
1840) herausgegeben. Reste griechischer Hymnenkomposition, etwa aus dem 2. Jahrh.
n. Chr.,
s. in
Bellermanns
»Hymnen des
Dionysios
und
Mesomedes« (Berl. 1840).
Feuer wird zuerst 330 unter
Konstantin d. Gr. genannt, nach
Hoyer eine von Kallinikos aus
Heliopolis 668 erfundene,
wahrscheinlich aus
Salpeter,
Schwefel,
Kohle,
Pech,
Harz,
Erdöl
[* 6] etc. bestehende
Masse, welche als Kampfmittel gegen den Feind benutzt
wurde und besonders zum Anzünden brennbarer
Stoffe diente, selbst unter dem
Wasser gebrannt haben soll.
Bei der
Entzündung erzeugte das griechische Feuer einen dichten
Rauch, dem ein
Knall und unmittelbar darauf die
Flammen folgten.
Konstantin IV. benutzte es 678 gegen die Araber bei der Belagerung von
Konstantinopel
[* 7] und
Alexios gegen die Pisaner. Nachdem
die Griechen 400 Jahre lang im ausschließlichen
Besitz ihres Geheimnisses geblieben waren, ging es durch
Verrat an die
Sarazenen über, welche sich desselben in den
Kreuzzügen bei
Dyrrhachium,
Ptolemais (1101) und
Damiette (1218) mit
großem Vorteil gegen die
Christen bedienten. Mit der Einführung des
Schießpulvers und der Feuergeschütze verschwand das
griechische Feuer. In späterer Zeit bezeichnete man häufig mit diesem
Namen eine aus
Pulver,
Schwefel,
Pech,
Teer,
Erdöl etc. bestehende Art von
Brandkugeln, welche aus
Mörsern geworfen wurden und im
Wasser nicht leicht erloschen.
AndreArten des sogen. neuen griechischen
Feuers s.
Feuer, flüssiges.
Sprache,
[* 9] die
Sprache der alten Griechen, wie sie sich in den Erzeugnissen ihrer Litteratur darstellt, während
man die
Sprache der modernen Griechen als
Neugriechisch zu bezeichnen pflegt. Diese alte
Sprache war zu den
Zeiten ihrer
Blüte
[* 10] und später nicht auf das eigentliche
Griechenland und die hierzu gehörigen
Inseln beschränkt, sondern
auch über einen großen Teil von
Kleinasien, Süditalien
[* 11] (daher
Großgriechenland genannt) und
Sizilien
[* 12] sowie über den weiten
Kreis
[* 13] von Gegenden verbreitet, in welchen sich griechische
Kolonien vorfanden. Ihrem Ursprung nach gehört sie zu
dem indogermanischen Sprachstamm
[* 14] und zwar unmittelbar zu dem südeuropäischen
Aste derselben, welcher sich in die griechische
und italische
Sprache verzweigte, so daß sie mit dem
Lateinischen am meisten
Verwandtschaft zeigt.
Das
Griechische hat schon vor seiner Aufzeichnung durch die
Schrift bedeutende sprachgeschichtliche Veränderungen erlitten;
in den Homerischen Gedichten, dem ersten bedeutenden Erzeugnis der Litteratur, tritt sie uns schon in
ihrer Vollendung entgegen. »Der
Ausbau der griechischen
Sprache ist die erste geschichtliche That der
Hellenen, und diese That
ist eine künstlerische. Denn als ein Kunstwerk muß vor allen Schwestersprachen die griechische betrachtet werden wegen
des in ihr waltenden
Sinnes fürEbenmaß und
¶
mehr
Vollkommenheit der Laute, für Klarheit der Form, für Gesetz und Organismus.« (Curtius.) Ist aber schon das Material der griechischen
Sprache, gleichsam ihr Körper, was Reichtum der Formen, Schönheit, Reinheit und Durchsichtigkeit der Bildung anbetrifft, bewundernswürdig,
so ist der Geist, der diese Formen belebt, ordnet und ihnen Leben einhaucht, die Syntax, von keiner andern
Sprache jemals erreicht worden. Wie alle Sprachen, deren Grenzen
[* 16] sich über weite, durch Bodenbeschaffenheit, geographische
Lage und Klima
[* 17] verschiedene Länderstriche erstrecken, hatte auch die griechische Sprache verschiedene Mundarten, und zwar sind es in historischer
Zeit drei Dialekte, welche vorherrschen, der äolische, dorische und ionische.
Der dorische Dialekt trägt das Gepräge des Stammcharakters an sich; er ist rauher und von Haus aus den Hochländern eigen,
in deren vollen und breiten Lauten man die durch Bergleben und Bergluft gestählte Brust vernimmt; Kürze
in Form und Ausdruck ist Charakter des Dorismus, der auch mit Vorliebe altertümliche Wortformen bewahrte und sich vornehmlich
durch den häufigen Gebrauch des dunkeln A-Lauts an Stelle des eta ^[η] und omega ^[ω] der andern Dialekte und seine Abneigung
gegen Diphthonge auszeichnet. Er war Volkssprache in der mittelgriechischen LandschaftDoris, seit der Einwanderung
der Dorier im größten Teil des Peloponnes sowie in Kreta, Sizilien, Unteritalien und in den dorischen Kolonien auf der Südküste
Kleinasiens.
Daher das Weiche, Melodische und Liebliche der ionischen Mundart, die ihren Ursprung dem glücklichen Himmel
[* 19] Kleinasiens und jenem
heitern Volksstamm verdankt, den wir den ionischen nennen. Diese Weichheit wird vorzüglich in der Häufung der Vokale
und in der zunehmenden Abneigung gegen die Aspiration fühlbar. Wie sehr die Ias (so hieß der ionische Dialekt bei den Grammatikern)
auch die unvermittelte Fülle der Vokale liebte, zeigt ihr geduldiges Verhalten gegen den Hiatus und unzusammengezogene Formen.
Die Vokale sind weicher, aber dünner; häufiger sind e und u als a und o. Die Formen der Sprache wie des
Ausdrucks neigen sich zu einer gewissen behaglichen Breite;
[* 20] es herrschen Fülle der Formen, mehr Freiheit und eine größere Flüssigkeit
der Laute vor. Die ältesten Erzeugnisse dieser Mundart, die wir besitzen, sind die Homerischen Gedichte. Der Geschichtschreiber
Herodot u. der ArztHippokrates sind unsre Hauptquellen für ionische Prosa. Besonders bemerkenswert ist
die SpracheHomers.
Auf die Ausbildung dieses
sogen. epischen oder ältern ionischen Dialekts hat ebensowohl der allgemeine Charakter des Ionismus
eingewirkt wie der Rhythmus des epischen Verses, des Hexameters. Diesen epischen oder Homerischen Dialekt adoptierten nicht nur
die Epiker nach Homer, sondern auch Elegiker, philosophische und didaktische Dichter. Zu diesen drei Dialekten,
welche zur Zeit der großen griechischen Völkerwanderung schon ausgebildet waren, tritt nun noch als vierter der früher
von dem ionischen nicht wesentlich verschiedene attische (die Atthis) hinzu. Er steht in der schönen Mitte zwischen dorischer
Härte und ionischer Weichheit. Er bringt den von den Ioniern zurückgesetzten Vokal a neben e wieder zu
Ehren und mäßigt die allzu üppige Vokalfülle; aber auch er ist nicht ein für allemal starr abgeschlossen, sondern
hat seine Entwickelung.
Man unterscheidet einen (bis zum Beginn des Peloponnesischen Kriegs währenden) ältern und einen jüngern Attizismus, ohne
daß jedoch die Unterschiede erhebliche wären; z. B. verwandelt der letztere die Lautverbindungen
rs in rr, tt in ss. Der attische Dialekt zeichnet sich aus durch die vollendete Abrundung in der Formenbildung wie durch die
Gewandtheit und Biegsamkeit der syntaktischen Verbindungen und gewann unter allen die weiteste Verbreitung. Auch für uns
ist dieser Dialekt unstreitig von der größten Bedeutung, da uns derselbe vermöge der Anzahl und Trefflichkeit der noch
erhaltenen Schriften zur Grundlage des griechischen Sprachstudiums zu dienen hat.
Als endlich die griechische Freiheit dem makedonischen Usurpator unterlegen war und nicht mehr jene Mannigfaltigkeit freier,
wenn auch kleiner hellenischer Staaten bestand, welche eine so reichhaltige und fruchtbringende Entfaltung der Stammeseigentümlichkeit
befördert oder eigentlich erst möglich gemacht hatte, da verschwand auch der Reichtum an dialektischen Nüancen, und die
Sprache gehorchte, wie die übrigen Zweige des Volkslebens, dem Prinzip des Nivellierens, am schnellsten der ionische, am zähsten
der dorische Dialekt. Am Hof
[* 21] der makedonischen Herrscherfamilie war der attische Dialekt die gewöhnliche Sprache und wurde somit
Umgangssprache der gebildeten Stände und allgemein angenommene Schriftsprache.
Durch diese allgemeine Verbreitung mußte jedoch der Dialekt notwendig von seiner Eigentümlichkeit einbüßen
und dagegen Neues und teilweise Fremdartiges in sich aufnehmen. So wurde aus dem attischen Dialekt der allgemeine oder hellenische,
welcher auch die Schriftsprache der folgenden Zeiten war, nur daß einzelne Schriftsteller, namentlich die sogen. Sophisten
des 2. Jahrh. n. Chr., wie besonders Lukianos von Samosata, auf die Reinheit der attischen Sprache zurückzugehen
versuchten. Neben dieser Gemeinsprache der Gebildeten und der Litteratur entstanden zu derselben Zeit zwei neue Mundarten,
die makedonische und alexandrinische, die aber nur Volkssprachen blieben und sich nie zu der Sprache der feinern Litteratur
erhoben. Beide weichen von der Gemeinsprache
¶