griechischer
Plastik. Die ersten Anfänge der Prägung lassen sich chronologisch nicht feststellen. Ein sicheres
Datum ist
die Zerstörung der
Städte Siris (580) und
Sybaris (510
v. Chr.); die
Münzen
[* 2] dieser italischen und andrer benachbarter
Städte
aus derselben Zeit sind bereits sehr zierlich. Das in
Syrakus
[* 3] geprägte Zehndrachmenstück altertümlichen
Stils (um 480)
ist von feiner
Arbeit, während
MünzenAlexanders I. von
Makedonien (498-454) einen fast vollendeten, kraftvollen
Stil zeigen.
Die schönsten Werke des großen, meist noch ein wenig altertümlichen
Stils stammen aus der Zeit des Peloponnesischen
Kriegs,
so: die vorzüglichen Silberstücke von Änos und
Thasos in
Thrakien,
Akanthos in
Makedonien und der sizilischen
StädteSyrakus,
Naxos u. a. Um 400 erreicht in
Sizilien
[* 4] die
Kunst ihren Höhepunkt in den Meisterwerken der Stempelschneider
Kimon und Euänetos
(Gold
[* 5] und
Silber;
Kupfer
[* 6] in jener Zeit selten). Auch die herrlichen Silbermünzen von
Elis gehören in diese
Zeit; wenige Jahrzehnte jünger sind die berühmten Silbermünzen von
Amphipolis in
Makedonien, die der
Opuntier,
Arkadier, von Pheneos und Stymphalos, letztere drei aus
Epameinondas' Zeit.
Philipps II. (360-336)
Münzen sind oft noch schön, die
Alexanders d. Gr. aber meist von mittelmäßiger Handwerksarbeit. Auf
den
Münzen der
Diadochen finden sich schöne
Köpfe, besonders gut sind die des letzten makedonischen
Königs,
Perseus,
[* 7] und einige
der baktrischen und pontischen
Könige. Mit
Augustus hören die
Autonommünzen allmählich auf, künstlerische Erzeugnisse der
Prägekunst werden seltener. Erwähnenswert sind die schönen
Köpfe des
Antinoos
[* 8] auf griechischen Kupfermünzen aus
Hadrians
Zeit.
Musik. Von der
Musik der alten Griechen haben wir in der Hauptsache nur aus den
Schriften der Theoretiker
Kunde, die uns in ziemlich großer Anzahl erhalten sind. Daß die musikalische
Kunst im
Altertum gleich
den übrigen
Künsten im höchsten Ansehen stand und die
Musiker nicht etwa wie im
Mittelalter zu den
Vagabunden und rechtlosem
Gesindel gehörten, ist bekannt. Bei den großen
Festspielen der Griechen (den
Olympischen,
Pythischen, Nemeischen und
Isthmischen)
spielten die musischen (poetischen und musikalischen) Wettkämpfe eine hervorragende
Rolle.
Amphion,
[* 16]
Orpheus,
[* 17] welche
Steine belebten und
Tiere bezwangen,
Linos, der wegen seines schönen
Gesanges,
Marsyas,
[* 18] der wegen seines
trefflichen Flötenspiels von
Apollon aus
Eifersucht getötet wurde, sind mythische Gestalten (vgl.
Musik, Geschichte). Die
griechische
Theorie der
Musik ist eine sehr entwickelte und hat den Theoretikern des
Abendlandes viel Geistesarbeit erspart;
das Wesentlichste derselben werden wir in kurzen
Worten darzustellen suchen.
I. Das
System. Während unser ganzes modernes Musiksystem in der Auffassung im Dursinn, im
Sinn der Durtonleiter
und des
Durakkords wurzelt, war den Griechen gerade die umgekehrte Auffassungsweise die natürlichere. Den Kernpunkt ihres
Systems bildete eine
Tonleiter, welche durchaus das Gegenteil unsrer Durtonleiter ist; die Griechen dachten sich dieselbe von
oben nach unten gehend, wie wir gewohnt sind, uns die Durtonleiter nach
oben gehend vorzustellen. Die Auffassung
dokumentiert sich in beiden
Fällen durch die
Ordnung der
Tonbuchstaben (vgl. unten IV). Abgesehen natürlich von der nicht
genau nachweisbaren absoluten Tonhöhe, entsprach die mittlere
Oktave unserm e'-e:
^[img]
was, wie die
Bogen
[* 19] für die Halbtonschritte verraten, das Gegenteil unsrer Durtonleiter (C'-c) ist:
^[img]
Jene
Skala hieß die dorische. Die Auffassung im
Sinn von
Akkorden
(Klängen,
Dreiklängen, s.
Klangvertretung) war den Griechen
fremd, da sie Mehrstimmigkeit nicht kannten. Deshalb sind alle ihre
Theoreme nur auf das Melodische bezüglich. Sie faßten
diese
Skala daher, wenn sie dieselbe näher zergliederten, auf als aus zwei gleichen
Tetrachorden
(Stücken
von je vier
Tönen) zusammengesetzt. Ein solches
Tetrachord, das in absteigender
Folge aus zwei Ganztonschritten und einem Halbtonschritt
bestand, hieß ein dorisches.
Das sogen. vollständige
System erstreckte sich durch zwei
Oktaven, d. h. es trat an obige
Skala noch ein gleiches
Tetrachord
in der
Höhe und Tiefe an, aber derart, daß der Schlußton des einen zugleich den Anfangston des andern
bildete (verbundene
Tetrachorde), und in der Tiefe wurde noch ein
Ton hinzugenommen (Proslambanomenos), der die Unteroktave
des mittelsten und die Doppelunteroktave des höchsten
Tons des ganzen
Systems war; die
Tetrachorde erhielten folgende
Namen:
Die beiden mittlern
Tetrachorde waren also getrennt; indessen benutzte man für
Modulationen nach der
¶
mehr
Tonart der Unterquinte (die den Griechen ebenso das Nächstliegende war wie uns die nach der Tonart der Oberquinte) den Halbton
über dem höchsten Ton des Tetrachords der Mittlern und unterschied daher ein besonderes Tetrachord der Verbundenen (Synemmenon)
im Gegensatz zu dem der Getrennten, bestehend aus den Tönena b c' d'. Besondere Wichtigkeit legen die
Theoretiker dem höchsten Ton des Tetrachords der Mittlern bei, welcher vorzugsweise der Mittlere hieß (Mese) und Tonikabedeutung
hatte. Die vollständigen Namen der sämtlichen Stufen waren:
^[Ausdehnung
[* 21] der geschwungenen Klammern:
[* 22] siehe Bildansicht dieser Seite, meyers_b7_s0730.jpg]
Dieses System liegt den theoretischen Betrachtungen nicht nur der Griechen, sondern auch der mittelalterlichen
Musikgelehrten zu Grunde. In seiner vollständigen Gestalt wie hier hieß das System das vollkommene (Systema teleion) oder
das veränderliche, d. h. modulationsfähige (Systema metabolon), sofern die Benutzung der
Synemmenon eine Modulation nach der Unterdominante bedeutete; ohne die Synemmenon hieß es unveränderlich (ametabolon).
II. Oktavengattungen (Tonarten). Da die Griechen Harmonie in unserm heutigen Sinn nicht kannten, so sind
ihre Begriffe von Tonart, Tongeschlecht etc. rein melodischer Bedeutung, und ihre sogen.
Tonarten sind daher eigentlich nichts andres als verschiedene Oktavenausschnitte (Oktavengattungen) aus derselben Tonleiter,
nämlich der oben gegebenen von zwei Oktaven. Das Tetrachord synemmenon kommt dabei nicht in Betracht. Als
Mittelpunkt des Systems erwies sich die dorische Oktavengattung e'-e; die Oktave von d'-d hieß dagegen die phrygische, c'-c
lydisch, h-H mixolydisch.
Diese vier waren in ähnlicher Weise die vier Haupttonarten der Griechen, wie die vier gleichnamigen (aber nicht gleichbedeutenden)
Kirchentöne (s. d.) die vier authentischen waren. Die
zu ihnen gehörigen, durch den Zusatz »hypo-« unterschiedenen Seitentonarten
sind so vorzustellen,
daß die Lage der Quinte und Quarte, aus denen sich die Oktave zusammensetzt, vertauscht ist: e'..a..e
ist dorisch; wird die Quinte e' a eine Oktave tiefer versetzt oder die Quarte a e eine Oktave höher, so ist die
neue Oktavengattung die hypodorische.
Bei den Kirchentönen ist die Grundanschauung die entgegengesetzte, z. B. dorisch (d-d') ist aus der Quinted a und Quarte a d'
zusammengesetzt; wird die Lage der beiden Stücke vertauscht, so ist A..d..a = hypodorisch. Während also die griechischen Seitentonarten
eine Quinte unter den Haupttönen liegen, liegen die plagalen Kirchentöne nur eine Quarte unter den authentischen.
Die Kirchentöne sind eben aufsteigend gedacht, und es spielen schon harmonische Begriffe hinein. Die sieben Oktavengattungen
der Griechen sind:
Daß die Griechen durchaus nicht so, wie das später bei den Kirchentönen der Fall war, dem phrygischen etc. eine ähnliche
grundlegende Bedeutung beimaßen wie dem dorischen, d. h., daß sie nicht d oder g als Hauptton des phrygischen betrachteten
(sozusagen als Tonika oder Dominante), sondern daß sie vielmehr wirklich alle Oktavengattungen als verschiedene
Ausschnitte aus einer dorischen Skala betrachteten, geht zur Evidenz aus der Unterscheidung der Thesis (Stellung) und Dynamis
(Bedeutung) hervor. d' ist der Stellung nach (kata thesin) in der phrygischen Tonart Nete, g Mese und d Hypate; der Bedeutung,
Wirkung nach (kata dynamin) aber ist d' Paranete, g Lichanos meson, d Parhypate, d. h. die Dynamis ist immer
die der dorischen Tonart. Wenn daher Aristoteles der Mese eine besondere Bedeutung beimißt, so meint er stets die dorische
Mese.
III. Transpositionsskalen (eigentliche Tonarten in unserm Sinn). Benutzt man für die Oktavengattung d'-d das Tetrachord synemmenon
statt diezeugmenon, also b statt h, so ist dieselbe nicht mehr die phrygische, sondern die hypodorische,
denn das Eigentümliche der verschiedenen Oktavengattungen ist die verschiedene Stellung der Halbtonschritte. Da nun aber
die hypodorische Oktavengattung als von der dorischen Mese bis zum Proslambanomenos sich erstreckend anzusehen ist, so gehört
d'-d mit b in ein transponiertes System, dessen Proslambanomenos nicht A, sondern d ist.
In der That war die griechische Musik nicht wie der Gregorianische Gesang an die diatonische SkalaA-a' ohne Vorzeichen gebunden, sondern
benutzte sämtliche chromatische Zwischenstufen und auch eine Anzahl höherer und tieferer Töne. Entsprechend unsern Dur-
und Molltonarten auf 12 oder mehr verschiedenen Stufen, hatten die Griechen ihre Transpositionen des oben
(I) erklärten Systems und zwar in späterer Zeit 15, von denen die ältesten die gleichen Namen hatten wie die sieben Oktavengattungen.
Wie aus der unten gegebenen Tabelle der griechischen Notenzeichen hervorgeht, ist die Grundskala der Griechen die hypolydische:
f' e' d' c' h a g f; das SystemA-a' ohne Vorzeichen heißt daher das hypolydische; die transponierten sind benannt je nach der
Oktavengattung, welche der Ausschnitt f'-f ergibt, z. B. f' e' d' c' b a g f ist eine lydische Oktave, das
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