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metrischen Form zu ersetzen suchten, was ihnen an poetischer Begabung gebrach. Im Anfang dieses Zeitraums lebte die neuere Komödie noch eine Zeitlang fort, um jedoch bald zu erlöschen, ebenso wie die Tragödie, die in dem sogen. alexandrinischen Siebengestirn oder der tragischen Plejade (7 Tragödiendichtern der Ptolemäerzeit, deren Werke jedoch verloren sind) noch eine Nachblüte hatte. Die beliebtesten Dichtgattungen dieser Periode waren die kleine epische Erzählung, das Lehrgedicht, die Elegie u. das Epigramm.
Dem eigentlichen Epos fehlte es zwar nicht an Vertretern, unter denen Apollonios von Rhodos (um 240 geboren), der Verfasser der erhaltenen »Argonautica«, einer der bedeutendsten war; doch zeigt dieses Gedicht trotz mancher Verdienste, daß das Epos keine den Verhältnissen der Gegenwart und den vorhandenen Kräften entsprechende Dichtungsart mehr war. In dieser Erkenntnis wandten sich auch die meisten Dichter der kleinen epischen Erzählung zu, für welche die eifrig betriebene Forschung der Lokalmythen reichlichen Stoff bot.
Von der didaktischen Dichtung dieser Zeit geben eine Anschauung das im Altertum vielbewunderte astronomische Lehrgedicht des Aratos von Soli (um 275), die »Phaenomena«, und des Nikandros von Kolophon (um 150) medizinische »Theriaca« und »Alexipharmaca«: verunglückte Versuche, spröde Stoffe in gelehrte, kunstgerechte Form zu bringen, ohne wirkliche Poesie. Ungleich Bedeutenderes haben die Alexandriner in der (vorwiegend erotischen) Elegie und im Epigramm geleistet, wie uns für jene weniger die erhaltenen Trümmer als die Nachahmungen der römischen Dichter, namentlich des Properz und Ovid, für diese zahlreiche Proben in der Anthologie (s. d.) erkennen lassen.
Vor allen übrigen ist hier zu nennen Kallimachos von Kyrene (um 260), gleich berühmt als Dichter wie als gelehrter Forscher, das Haupt der alexandrinischen Schule, von dessen Dichtungen sich jedoch nur sechs Hymnen und eine Anzahl Epigramme vollständig erhalten haben. Eine ganz neue Dichtgattung, eine Spielart der epischen Poesie, die bukolische oder Hirtendichtung, schuf und brachte zur unübertroffenen Vollendung Theokritos von Syrakus [* 2] (um 270) in seinen zu den vorzüglichsten Leistungen der gesamten griechischen Litteratur gehörenden »Idyllen«, ebenso kunstvollen wie frischen und lebensvollen Genrebildern teils aus dem sizilischen Hirtenleben in der Weise des seit alten Zeiten in Sizilien [* 3] geübten episch-dramatischen Hirtengesanges, teils aus dem weitern Volksleben, teils aus der mythischen Zeit. Minder bedeutend sind seine Nachahmer Bion und Moschos.
Eine ganz erstaunliche Regsamkeit hat die alexandrinische Zeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Prosa entfaltet, zunächst auf dem der Geschichte. Alexanders d. Gr. Thaten, welche bei seinen Lebzeiten namentlich schon Kallisthenes beschrieben hatte, fanden zahlreiche Darsteller, wie König Ptolemäos I. und Kleitarchos, ebenso die Ereignisse der Diadochenzeit, wie Hieronymos und Duris. Namentlich um die Chronologie erwarb sich durch die Einführung der Olympiadenrechnung ein Verdienst der Sizilier Timäos (gestorben um 256), der Verfasser eines großen Werkes über die Geschichte Siziliens.
Die ganze Geschichte der hellenischen Welt bis auf seine Zeit verfaßte Phylarchos (um 210). Von allen diesen Historikern besitzen wir nur einzelne Fragmente; dagegen hat sich ein bedeutender Teil der allgemeinen Geschichte der damaligen Welt vom Beginn des zweiten Punischen Kriegs bis zur Zerstörung Karthagos von dem staatsmännisch und militärisch hochgebildeten Polybios von Megalopolis (um 210-128) erhalten. Von den alexandrinischen Gelehrten sind hier zu nennen Eratosthenes von Kyrene (um 276-195) als Begründer der wissenschaftlichen, d. h. auf mathematisch-astronomischer Grundlage beruhenden, Chronologie, und Apollodoros von Athen [* 4] (um 144) als Verfasser der metrisch abgefaßten »Chronica«, des bedeutendsten Werkes des Altertums über Chronologie.
Auch um die Geographie machten sich in dieser Zeit viele verdient, indem sie teils die neuen Entdeckungen der Zeit Alexanders d. Gr. und der Diadochen darstellten, wie Nearchos, Megasthenes und Agatharchides, teils, wie die sogen. Periegeten, als deren bedeutendster Polemon zu nennen ist, in Form von Reisehandbüchern topographische Schilderungen von einzelnen Landschaften gaben. Eine zusammenfassende wissenschaftliche Behandlung erfuhr die Geographie zuerst durch den genannten Eratosthenes.
Den Glanzpunkt der alexandrinischen Periode bilden die Leistungen auf dem Gebiet der Grammatik, die sich jetzt erst zu einer besondern Wissenschaft entwickelte und die gesamten philologischen Disziplinen umfaßte. Die Hauptstätten der grammatischen Studien waren Alexandria und Pergamon, [* 5] deren große Bibliotheken den Forschern die vielseitigste Anregung gaben. Fortgang und Entwickelung dieser Studien knüpft sich an die Namen der in Alexandria thätigen Gelehrten Zenodotos von Ephesos, [* 6] Aristophanes von Byzanz und Aristarchos von Samothrake (gestorben um 153), des Stifters der bis in die ersten Jahrhunderte der Kaiserzeit fortbestehenden Schule der Aristarcheer, und des Hauptes der pergamenischen Schule, Krates von Mallos, des Zeitgenossen und Gegners des Aristarchos.
Nicht mindere Anerkennung verdienen die Leistungen der Alexandriner auf dem Gebiet der exakten Wissenschaften, deren einzelne Fächer [* 7] jetzt zu selbständigen Disziplinen ausgebildet wurden. Wir erwähnen Eukleides (um 300 in Alexandria lehrend), den Schöpfer der wissenschaftlichen Geometrie, Apollonios von Perga (um 250), berühmt durch sein Werk über die Kegelschnitte, [* 8] den großen Archimedes von Syrakus (gest. 212), den Begründer der wissenschaftlichen Mechanik, die noch an Ktesibios, Heron (beide von Alexandria) und Philon von Byzanz namhafte Vertreter hat, und Hipparchos von Nicäa (gestorben um 123), den Schöpfer der wissenschaftlichen Astronomie. [* 9]
Auch die medizinischen Wissenschaften kamen in Alexandria zu hoher Blüte [* 10] durch Herophilos von Chalkedon und Erasistratos von Kos. Unbedeutend sind die Leistungen der alexandrinischen Periode in der Philosophie; wenigstens fand kein Fortschritt in der philosophischen Spekulation statt, sondern nur eine Ausbildung der einzelnen Schulsysteme. Die eigentlich philosophische Litteratur bestand hauptsächlich in populär oder polemisch gehaltenen Schriften. Als hervorragender philosophische Schriftsteller dieser Zeit sind zu nennen die Stoiker Panätios von Rhodos (gestorben um 111) und Posidonios von Apamea (gestorben um 45) und der Epikureer Philodemos von Gadara. Vgl. Alexandrinische Schule.
III. Römische Periode (30 v. Chr. bis 500 n. Chr.).
Die Eroberung Ägyptens durch Oktavian 30 v. Chr. bezeichnet für die einen griechische Litteratureinen neuen Wendepunkt. Schon seit der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. war Rom [* 11] der Sammelplatz zahlreicher gelehrter Griechen gewesen; jetzt wurde es neben Alexandria, Athen und Pergamon ein neues Bildungszentrum auch des Hellenismus, indem die Vertreter aller Zweige ¶
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griechischer Bildung nach der Welthauptstadt zusammenströmten, um dort Ehre, Existenz und auch mannigfache Anregung zu finden. Die Leistungen dieser sogen. römischen Periode auf dem Gebiet der Poesie bieten wenig Hervorragendes dar. Eine Wiederbelebung des Dramas war um so weniger möglich, als der Pantomimus (s. d.) eine Teilnahme an edlern Erzeugnissen der dramatischen Kunst nicht aufkommen ließ. Die lyrische Poesie vertreten die Hymnen des Mesomedes, Synesios, Proklos und der Orphiker sowie anakreontische Spielereien.
Das Lehrgedicht fand auch in dieser Zeit mannigfache Bearbeitung, so durch den sogen. Manetho, den Verfasser eines wüsten astrologischen Gedichts aus dem Anfang der Kaiserzeit, Oppianos von Anazarbos (zweite Hälfte des 2. Jahrh.) mit seinen wohlstilisierten »Halieutica« und seinen unbekannten Nachahmer aus Apamea mit den etwas schwülstigen »Cynegetica«. Unter den epischen Dichtungen sind als eine unverächtliche Leistung anzuerkennen die umfangreichen »Posthomerica« (14 Bücher) des Quintus Smyrnäos (Ende des 4. Jahrh.). Der bedeutendste Epiker der ganzen Zeit ist der Ägypter Nonnos von Panopolis (um 400) mit seinen »Dionysiaca« in 48 Büchern, der Begründer einer eignen Schule, zu der außer den wenig bedeutenden Dichtern Triphiodoros und Kolluthos der Verfasser der reizenden Dichtung »Hero und Leander«, Musäos, gehört. Kaum Erwähnung verdienen die aus den Kreisen der Orphiker hervorgegangenen mystischen »Argonautica« und »Lithica«. Wie die alexandrinische, so leistete auch diese Zeit Wertvolles im Epigramm, dessen zahlreiche Vertreter den Hauptbestand der sogen. Anthologie (s. d.) bilden. Die äsopische Fabel schließlich fand einen poetischen Bearbeiter in Babrios (wahrscheinlich Anfang des 3. Jahrh.).
Die litterarische Hauptthätigkeit auch dieser Periode liegt auf den verschiedenen Gebieten der wissenschaftlichen Prosa, welche zuerst als die unmittelbare Fortsetzung der alexandrinischen Periode mit ihrer Gelehrsamkeit und Polyhistorie erscheint, um bald einen neuen, selbständigen Charakter anzunehmen. Auf dem Gebiet der Geschichte gingen zunächst mehrere Schriftsteller darauf aus, für das praktische Interesse der Zeitgenossen die gesamte Weltgeschichte in übersichtlichen Kompilationen zu bearbeiten. So verfaßte der Sizilier Diodoros um 40 v. Chr. zu Rom seine »Historische Bibliothek«, eine Universalgeschichte in 40 Büchern, deren umfängliche Überreste einigermaßen für den Verlust der bedeutendsten Geschichtschreiber der vorigen Periode entschädigen.
Ansehnliche Bruchstücke sind auch von der großen Weltgeschichte (in 144 Büchern) des wenig spätern Nikolaos von Damaskus erhalten. Geschmackvolle Form und sorgfältige Forschung vereinigte Dionysios von Halikarnassos, der Verfasser von zahlreichen und wertvollen litterarisch-ästhetischen Schriften über die alten Redner, in seiner »Römischen Archäologie« (um 8 v. Chr. verfaßt), einer etwa zur Hälfte erhaltenen Darstellung der ältern römischen Geschichte.
In der zweiten Hälfte des 1. Jahrh. n. Chr. schrieb der Jude Josephos griechisch seine jüdische Archäologie und die Geschichte des jüdischen Kriegs. Aus dem Anfang des 2. Jahrh. sind uns die vortrefflichen Parallelbiographien berühmter Griechen und Römer [* 13] des geist- und gemütvollen Platonikers Plutarchos von Chäroneia erhalten, von dem wir auch zahlreiche philosophische Abhandlungen besitzen, aus dem Verlauf desselben die nach den besten Quellen geschriebene und für den Untergang der Geschichtschreiber.
Alexanders d. Gr. entschädigende »Anabasis Alexanders« von Arrianos aus Nikomedia, der zugleich als philosophischer und geographischer Schriftsteller zu nennen ist, und ein Teil der nach ethnographischen Gesichtspunkten geordneten römischen Geschichte des wenig geistvollen und sorgfältigen Alexandriners Appianos. Eine bedeutende Leistung ist die großartig angelegte, leider nur sehr unvollständig erhaltene römische Geschichte des Dio Cassius von Nicäa aus dem Anfang des 3. Jahrh., von dessen jüngerm Zeitgenossen Herodianos eine interessante Kaisergeschichte vom Tod Mark Aurels bis Gordian vorhanden ist. Von den spätern Schriftstellern verdient noch Erwähnung Zosimos mit seiner Kaisergeschichte von Augustus bis 410. Um die Chronologie erwarben sich Verdienste Phlegon von Tralles unter Hadrian und der Kirchenschriftsteller Eusebios von Cäsarea (4. Jahrh.) mit seinem freilich nur in Übersetzungen vorhandenen »Chronikon«. - In der Geographie leistete Hervorragendes der Kappadokier Strabon mit seiner 19 v. Chr. in Rom verfaßten allgemeinen Erdbeschreibung und der um 150 n. Chr. in Alexandria thätige Ägypter Klaudios Ptolemäos, dessen Werke für die mathematische Geographie ebenso epochemachend sind wie für die Astronomie. Gleichzeitig verfaßte der Lydier Pausanias seine Periegese Griechenlands, eine unerschöpfliche Fundgrube für religionsgeschichtliche und archäologische Forschung. - Auch auf dem Gebiet der exakten Wissenschaften herrschte eine rege Thätigkeit, deren Mittelpunkt Alexandria bleibt.
Außer Ptolemäos ist unter den zahlreichen mathematischen Schriftstellern, wie Nikomachos von Gerasa, Theon von Smyrna und der gleichnamige Mathematiker von Alexandria, Pappos von Alexandria, besonders hervorzuheben Diophantos von Alexandria (um 360), der bedeutendste Arithmetiker der Griechen. Über die Konstruktion der Kriegsmaschinen schrieb Apollodoros von Damaskus, der berühmte Baumeister des Kaisers Hadrian. Als medizinische Schriftsteller sind zu nennen Pedanios Dioskorides aus Anazarbos (um 60 n. Chr.), Soranos von Ephesos (um 140) und vornehmlich der vielseitige Klaudios Galenos aus Pergamon (geb. 131), auch Oribasios von Pergamon (um 360) und Aëtios von Amida (Anfang des 6. Jahrh.), der Verfasser großer medizinischer Sammelwerke.
Für die grammatischen Studien war auch in dieser Periode Alexandria der Mittelpunkt. Am meisten ragen auf diesem Gebiet hervor Didymos (geb. 63 v. Chr.), Apollonios Dyskolos und sein Sohn Herodianos (2. Jahrh. n. Chr.), alle drei aus Alexandria gebürtig und in Rom thätig. Das schon früher betriebene Sammeln und Erläutern seltener und veralteter Ausdrücke (Glossen) fand auch jetzt Vertreter, so besonders an Pamphilos (um 60 n. Chr.), auf dessen großes Glossenwerk das Lexikon des Hesychios (4. Jahrh.) zurückgeht.
Das Wiederaufblühen der Sophistik im 2. Jahrh. n. Chr. richtete die Aufmerksamkeit der Grammatiker speziell auf die attischen Schriftsteller und veranlaßte die Richtung der Attizisten, welche den streng attischen Sprachgebrauch in lexikalischen Werken festzustellen suchten, wie der Bithynier Phrynichos, der berühmteste Attizist, Harpokration von Alexandria, Julius Pollux von Naukratis u. a. Von unschätzbarem Wert für die Kenntnis des Altertums in den verschiedensten Beziehungen ist die in Form von Tischgesprächen angelegte Sammlung gelehrter Notizen des Athenäos von Naukratis (um 170-230). Nicht minder ¶