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ihre Zahl auf 9-10 Mill. belaufen (1875: 167,900 Hektar; Produktion im Wert von 20 Mill. Drachmen). Mit Maulbeerbäumen, welche für die Seidenzucht in Betracht kommen, waren 1875 ca. 5400 Hektar bepflanzt. Es gedeihen auch Melonen von seltener Größe, Limonen (bei Trözen und Sparta), Orangen, Quitten, Granatäpfel, Johannisbrot, Pfirsiche, eßbare Kastanien, Mandeln, Walnüsse, Süßholz (ein bedeutender Handelsartikel). Felder und Gärten liefern ferner: Sesam, Gummitragant, Anis, Kümmel, Pfriemkraut, Rosmarin, Salbei, Baldrian, Meerrettich, Rettich, Kürbisse;
eine Menge Farbepflanzen, [* 2] Judenkirschen, Nieswurz, Osterluzei, Schwarzwurzel, Zichorien;
auch Hanf und Flachs gedeihen. Zu den verbreitetsten Waldbäumen gehören: die italienische Kiefer, die Weißtanne, die italienische Eiche, die levantische oder Knoppereiche, welche die Knoppern liefert (besonders in der Maina und auf Kea), die gemeine Eiche, die Platane, [* 3] die griechische Pappel, die rauhe Ulme;
seltener sind der Ahorn, der Eibenbaum (Taxus) und die Steinlinde. Zu den gewöhnlichen Straucharten gehören: die Sandbeere, der Mastixbaum, der Wacholder und der Buchsbaum.
Schöne Wälder haben übrigens nur die Gebirge im nordwestlichen Griechenland, [* 4] das Innere von Morea und Euböa; sonst sind vielfach die Wälder gänzlich ruiniert. Manche Länder und Inseln, wie Argos und Attika, sind fast baumlos, viele Berge, wie der Helikon und Pentelikon, vom Blätterschmuck entkleidet. Die Waldfläche wird auf 8200 qkm geschätzt, wovon 2200 auf die neuen Provinzen (ausschließlich der Berge), 3300 auf Mittelgriechenland (besonders die Osthälfte), 2070 auf den Peloponnes und 630 auf Euböa entfallen. 80 Proz. sind Staatswald. Erst seit 1877 besteht eine Waldwirtschaft mit 3 Forstinspektoren und 190 Forstgendarmen unter einem Hauptmann und je einem Oberleutnant für jede Provinz.
Vgl. Chloros, Die Waldverhältnisse Griechenlands (Münch. 1884).
Tierwelt.
Was das Tierreich betrifft, so sind Raubtiere [* 5] gegenwärtig selten; hin und wieder finden sich Wölfe, häufiger Schakale. In den Wäldern von Akarnanien und Ätolien gibt es Eber; Hasen, Wachteln und Rebhühner sind häufig; Fasanen werden in der Nähe von Thermopylä und in Arkadien gefunden. Schnepfen, Steinhühner und andres Federwild geben im Herbst und Frühling einen guten Fang, und alle Zugvögel machen bei ihrem Flug über das Mittelländische Meer in Griechenland Halt.
Hier und da trifft man auch Pelikane, wilde Schwäne und Trappen, auf den Inseln besonders viele Wachteln. Nachtigallen finden sich in quellenreichen Strichen; Raubvögel [* 6] sind häufig. Die See liefert gute Fische, [* 7] Austern und Muscheln. [* 8] Bezüglich der Viehzucht [* 9] (man zählte 1875: 159,153 Rinder, [* 10] 81,984 Kühe, 794 Büffel, 37,514 Kälber, 97,176 Pferde, [* 11] 45,440 Maulesel, 97,395 Esel, 179,662 Schweine, [* 12] 2,291,917 Schafe, [* 13] 1,836,628 Ziegen) ist die Schaf- und Ziegenzucht am bedeutendsten.
Das griechische Schaf [* 14] ist eine kleine Art mit langen Hörnern und schlechter, aber reichlicher Wolle; aus der Milch bereitet man Butter und vortrefflichen Käse (für Arkadien Ausfuhrartikel). Wo die Schafzucht keinen guten Erfolg hat, treten Ziegen an ihre Stelle. Schafe wie Ziegen, welche beide die üblichste Fleischspeise liefern, bleiben immer im Freien: im Sommer auf den Gebirgen, im Winter in den Ebenen. Das Rindvieh Griechenlands ist eine kleine Gattung (das beste in Livadien) und wird fast nur zum Pflügen benutzt.
Büffel finden sich vorzugsweise auf dem Pindos, wo, man sie vor Wagen und Pflug [* 15] spannt. Die Pferdezucht [* 16] ist im Entstehen; die Rasse (ein Mittelding zwischen der arabischen und thrakischen) ist klein und unansehnlich, aber dauerhaft. Maulesel (bloß als Lasttiere benutzt) und Esel werden häufig gezogen (besonders im NW.), Maultiere dagegen sind selten. Schweine sind besonders in Arkadien häufig. Große und gefährliche Hunde [* 17] finden sich in jeder Dorfschaft. Von Belang ist ferner die Bienenzucht, [* 18] die einen vortrefflichen Honig liefert (seit alten Zeiten berühmt ist der Honig vom Hymettos bei Athen); [* 19] Honig und Wachs sind Ausfuhrartikel.
Auf der Kermeseiche kommt der Kermes vor, am meisten um Tripolitsa. Einen hohen Aufschwung hat die Seidenzucht genommen. Die meiste Seide [* 20] wird in Morea gewonnen und im Land selbst abgehaspelt. Der durchschnittliche Ertrag der Kokons hat gegenwärtig einen Wert von mehr als 6 Mill. Drachmen, während er sich 1840 nur auf 650,000 Drachmen belief. Nennenswert sind endlich die Zucht von Blutegeln und die Gewinnung von Badeschwämmen (bei den Inseln Kalymnos und Symi sowie an den Küsten von Tripolis, Tunesien und Kreta). 1883 gab es 723 Boote mit je 5-7 Mann Besatzung, die jährlich für ca. 2½ Mill. Drachmen Schwämme [* 21] fischen.
Bergbau, Industrie, Handel und Verkehr.
Der Bergbau hatte bis in die neueste Zeit eine geringe Ausdehnung, [* 22] obwohl es, wie man schon aus dem Altertum wußte, an Eisen, [* 23] Blei [* 24] und Kupfer [* 25] nicht fehlt. Die einzigen mineralischen Produkte von Wichtigkeit, welche man gewann, waren der berühmte Marmor von Paros und vom Pentelikon, Schmirgel von Naxos, Puzzolanerde von Santorin, Braunkohlen von Euböa, Mühlsteine [* 26] und Gips [* 27] von Milos. Seit neuerdings (1864) das antike Silberbleibergwerk am Lauriongebirge mit Erfolg wieder aufgenommen wurde und eine weitere Prüfung der von den Alten bearbeiteten Minen ergab, daß die daliegenden Erzschlacken noch stark metallhaltig und die Minen selbst aus Mangel an passenden Werkzeugen nur sehr wenig tief ausgearbeitet waren, ist ein übergroßer Unternehmungsgeist auf montanem Gebiet erwacht.
Die Regierung wurde mit Gesuchen um Bergbaukonzessionen bestürmt, und 1882 bestanden über 20 Aktiengesellschaften zur Ausbeutung der Minen, von denen aber die meisten 1883 infolge der Finanzkrisis ihre Arbeiten einstellten. Für 1880 wurde die Gesamtproduktion (namentlich an Zink, Marmor und silberhaltigem Bleierz) auf ca. 7¼ Mill. Drachmen geschätzt. 1884 betrug die Bleiproduktion der griechischen Gesellschaft für Hüttenindustrie im Laurion 7786 Ton.; die französische Bergwerkskompanie förderte daselbst 1883: 106,630 T. Erze (besonders Galmei).
Die gewerbliche Industrie der Griechen lag bei Gründung des Königreichs gänzlich danieder und steht auch heute noch auf keiner sehr hohen Stufe. Indessen gelang es doch den Bemühungen der Regierung, unter Beiziehung auswärtiger Gewerbsleute innerhalb eines Vierteljahrhunderts fast alle Arten von Gewerben in Gang [* 28] zu bringen, so daß 1859 in Athen sogar eine Industrieausstellung veranstaltet werden könnte. 1875 bestanden in Griechenland 108 Fabriken mit Dampfbetrieb (zu 2884 Pferdekräften), die meisten (33) in Piräeus und (11) in Athen;
darunter 44 Mahlmühlen, 12 Kokonspinnereien, 6 Seidenspinnereien, 11 Ölmühlen, 10 Maschinenfabriken, 10 Wein- und Alkoholfabriken etc. Besondere Erwähnung unter den einzelnen Industriezweigen verdienen: das Leder von Syra (besonders Maroquin in roter und gelber Farbe);
Seife von ¶
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Piräeus, Syra und Patras; Konfitüren von Athen wie von allen größern Städten. Allein bei allem Vorwärtsstreben ist in Bezug auf Industrie noch immer vom Ausland abhängig. Dagegen hat sich unter allen kriegerischen Unruhen der Schiffbau behauptet und eine große Ausbildung erlangt. Die Hauptwerften sind auf Paros, Hydra, Syra und in Galaxidi am Golf von Lepanto. Jährlich werden etwa 200 Fahrzeuge (darunter nicht selten Schiffe [* 30] von 150-300 Ton. Gehalt) vom Stapel gelassen.
[Handel und Verkehr.]
Das wahre Lebenselement für Griechenland ist der Handel, zu welchem es durch seine günstige Lage und Küstenentwickelung schon von Natur im hohen Grad berufen erscheint. Derselbe dürfte an Umfang gewinnen, wenn der 1882 begonnene Durchstich des Isthmus von Korinth [* 31] beendet sein wird, was man für das Jahr 1890 erwartet. Von dem Kanal, [* 32] welcher bei einer Länge von 6,2 km eine Tiefe von 8 m (unter der Wasserlinie) und eine Breite [* 33] von 22 m besitzen wird, ist jedoch erst ein Viertel vollendet.
Durch den mangelhaften Zustand seiner Industrie und seines Ackerbaues gezwungen, eine Menge von Artikeln sowie Getreide [* 34] vom Ausland zu beziehen, gibt Griechenland diesem dafür seine reichen Ernten an Wein, Korinthen, Feigen, Zitronen etc. ab, und dieser Tausch nährt den lebhaftesten auswärtigen Handel. In den Handelsstädten der Türkei, [* 35] Italiens, [* 36] Österreichs, Rußlands, Frankreichs, Englands, Kleinasiens und Ägyptens sind griechische Kaufleute angesiedelt, die daselbst ansehnliche Geschäfte betreiben.
Unter den Haupthandelsplätzen Griechenlands sind als Einfuhrhäfen hervorzuheben: Hermupolis (teils für den Verbrauch der umliegenden Inseln, teils zur Wiederausfuhr nach der Türkei, Kleinasien und Kandia), Piräeus, der Hafen Athens (zur Versorgung dieser Hauptstadt, des nördlichen Teils von Livadien und eines Teils von Morea), und Patras (teils für den Absatz in Westgriechenland, teils zur Wiederausfuhr nach den Ionischen Inseln, der Türkei); als Ausfuhrhäfen: Patras, Kalamata, Nauplia, Korfu, [* 37] Katakolo.
Die Handelsflotte Griechenlands hat seit dem Befreiungskrieg einen wunderbaren Aufschwung genommen und ist vorzugsweise im Besitz der Inseln. 1882 zählte die griechische Handelsmarine 3224 Seeschiffe (langer Fahrt) von 250,143 Ton. Tragfähigkeit und 28,000 Mann Bemannung, darunter 60 Dampfer von 30,782 T. Die Schiffahrtsbewegung, die sich in den Häfen von Korfu, Hermupolis, Piräeus (Athen) und Patras am lebhaftesten gestaltete, ergab 1883: 6872 einlaufende Seeschiffe von 2,061,682 T. und 4874 auslaufende von 1,991,865 T. Am stärksten beteiligt sind dabei England, dann Österreich [* 38] (seit 1882), Frankreich, Rußland, Türkei und Italien. [* 39]
Was den Handel anlangt, so liegen folgende Angaben für die Jahre 1881 und 1882 vor. Die Einfuhr, deren wichtigste Gegenstände Getreide und Mehl, [* 40] Gewebe, [* 41] Holz, [* 42] Zucker, [* 43] Felle, Eingemachtes und Kaviar, Metalle, Getränke und Spirituosen, Kohle etc. sind, betrug 1881: 130,667,908 alte Drachmen (à 72,5 Pf.), 1882: 160,173,491 alte Drachmen;
die Ausfuhr (Hauptartikel: Korinthen, Metalle, Olivenöl, Feigen, Weine, Knoppern, Felle, Tabak, [* 44] Schwämme, Blei, Garn und Seife) 1881: 78,524,839 alte Drachmen, 1882: 85,780,116 alte Drachmen. Näheres ergibt sich aus der folgenden Tabelle; darin erscheint der Handel mit Deutschland [* 45] unbedeutend, doch soll die deutsche Einfuhr nach in den letzten Jahren auf 8-9 Mill. Mk. gestiegen sein. Die griechische Statistik bezeichnet aber sämtliche über Triest [* 46] eingeführte Waren, wovon etwa ein Drittel deutschen Ursprungs ist, als österreichische.
Einfuhr 1881 | 1882 | Ausfuhr 1881 | 1882 | |
---|---|---|---|---|
Großbritannien | 37344295 | 45082656 | 41082032 | 39098563 |
Österreich | 22180832 | 34131726 | 6490553 | 7823748 |
Rußland | 23839105 | 24669364 | 1993983 | 1530347 |
Türkei | 21071207 | 22722130 | 3173445 | 5040876 |
Frankreich | 14753564 | 20416112 | 12937878 | 23323426 |
Italien | 6317923 | 6866778 | 3209307 | 1340365 |
Deutschland | - | 30013 | 2384318 | 1408650 |
Mit geringern Beträgen sind ferner Ägypten, [* 47] Amerika, [* 48] Belgien, [* 49] die Donaustaaten, Niederlande, [* 50] Rumänien [* 51] etc. beteiligt.
Für den Seeverkehr ist durch ein wohl eingerichtetes Lotsenwesen und Leuchtfeuersystem gut gesorgt. Regelmäßige Dampfschiffahrten werden von drei griechischen Dampfschiffahrtsgesellschaften nach den Inseln und längs der Küsten sowie von österreichischen Lloyd-, italienischen, niederländischen, französischen (zwei Gesellschaften) und ägyptischen Dampfern nach dem Ausland unterhalten. An Fahrstraßen leidet dagegen Griechenland noch großen Mangel. Noch vor wenigen Jahren waren die Straße von Athen nach Theben und die 20 km lange von Lerna nach Tripolitsa die beiden einzigen fahrbaren Straßen im Land. 1883 und 1884 sind 430 km neue Straßen gebaut worden, darunter 270 km Hauptstraßen von einer französischen Gesellschaft.
Auf dem Gebiet des Eisenbahnbaues herrscht jetzt große Rührigkeit. Vor 1883 gab es nur 21 km (Athen-Piräeus und Katakolo-Pyrgos); seitdem aber folgten Athen-Kephisia, Athen-Laurion, Athen-Korinth (weiter über Patras bis Pyrgos im Bau), Volos-Larissa und Velestinos-Pharsalos. Projektiert ist eine Bahn von Athen bis Salonichi. Die Telegraphenlinien hatten 1884 eine Länge von 5104, die Drähte von 6293 km; es bestanden 149 Büreaus. Im Sommer 1884 wurden sämtliche Inseln durch Kabel miteinander und mit dem übrigen griechischen Telegraphennetz verbunden.
Nach dem Ausland gibt es fünf verschiedene Linien. Postbüreaus gab es 1883: 212, welche 5 Mill. Briefe u. Postkarten, 3,4 Mill. Drucksachen und Zeitungen beförderten. Zur Beförderung des Handels und Verkehrs dienen außerdem Handels- u. Schiffahrtsverträge mit den meisten Staaten Europas, 10 Handelskammern nebst dem General-Handelskomitee in Athen, vorzugsweise aber die 1842 ins Leben getretene Nationalbank zu Athen und die Ionische Bank (früher in Korfu, seit 1864 ebenfalls in Athen), die beide das alleinige Recht der Notenemission im Staat haben. Im ganzen gab es 1875 in Griechenland 10 Versicherungen, 16 industrielle, 18 metallurgische, 5 Kreditgesellschaften, zusammen mit einem nominellen Kapital von 134 Mill. Drachmen (davon emittiert 74 Mill.). Die gesetzliche Münze ist die Drachme; die alte Drachme galt 0,725 Mk. = 88 Cent., geteilt in 100 Lepta; 28 Drachmen = 1 Pfd. Sterl. 1883 ist die neue Drachme = 0,80 Mk. eingeführt, so daß 100 neue Drachmen = 112 alten Drachmen sind.
Seit ist in Griechenland, welches 1868 der sogen. lateinischen Münzkonvention beitrat, die französische Münzwährung eingeführt, wobei nur Silber als Scheidemünze dient; die Benennungen Drachme und Lepta bleiben für Frank und Centime. Ein Gesetz von 1836 verfügte die Einführung des französischen metrischen Maß- und Gewichtssystems mit Beibehaltung der vorher üblichen Benennungen unter dem Zusatz »königliche«. Längenmaß ist danach die (königliche) Piki = 10 Palmen [* 52] (à 10 Zoll à 10 Linien) = 1 m (früher = ¾ m); Wegmaß das Stadion - 1000 Piki = 1 km (das alte Stadion = 184,2 m); Getreidemaß das ¶