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je weiter man von N. nach S. fortschreitet, und ist auf der Ostseite reicher entwickelt und für den Seeverkehr geeigneter als auf der Westseite, wo das Land meist in schroffen Klippen [* 2] gegen das Meer abfällt. Dem Umstand, daß dem Osten trefflichere Häfen offen stehen, ist es zuzuschreiben, daß die Bewohner von Anfang an mehr auf den Verkehr mit dem Osten als mit dem Westen hingewiesen waren. Der Meerbusen von Arta, der Golf von Lepanto oder Korinth, [* 3] der weite Busen von Arkadia, die Busen von Navarino und Modoni, der prächtige Golf von Koron (Messene), der noch größere von Marathonisi (Lakonien), der schöne Golf von Nauplia (Argolis), der Busen von Hydra, der buchtenreiche Golf von Ägina, die golfartige Straße zwische ^[richtig: zwischen] Euböa und Attika mit dem Evripos, der unmittelbar in den Golf von Zituni führt und durch den Kanal [* 4] von Trikeri mit dem Busen von Volos in Verbindung steht: alle diese Golfe sind tief, geschützt und für die Schiffahrt sehr günstig. Der Buchten, Baien und Häfen geringern Umfangs sind unzählige. Unter den Meerengen sind die bedeutendsten die von Trikeri, Talanti und Evripos; unter den Landengen ist die berühmteste die von Korinth.
[Bewässerung.]
Große Längenthäler fehlen, und längere Flüsse [* 5] können sich nicht entwickeln. Sehr häufig dagegen sind die Sackthäler, die sich gegen das Meer hin öffnen, sehr zahlreich, aber kurz die Küstenflüsse. Der größte Fluß ist der vom Peristeri kommende Aspropotamo (Acheloos), der einen schiffbaren Unterlauf besitzt, seit 1881 ganz Griechenland [* 6] angehört und der Insel Kephalonia gegenüber in das Ionische Meer mündet; ihm parallel fließt westlich der auf türkischem Gebiet entspringende Artinos (Arachthos), welcher in den Meerbusen von Arta mündet, östlich der Phidari (Euenos), welcher in den Golf von Patras, und der Morno, welcher in den Golf von Korinth fällt.
Gegen O. fließen in Thessalien der Salamvrias (Peneios) mit zahlreichen Zuflüssen von türkischem (Norden) [* 7] und griechischem Gebiet; in Livadien: der Alamana oder Hellada (Spercheios) zum Meerbusen von Zituni, der Mavronero (Kephisos), der sich in den See Topolias (Kopais) ergießt, und der Vuriendi oder Asopos zum Ägeischen Meer. Auf Morea sind zu erwähnen: der Gastunitiko (Peneios) und der Ruphia (Alpheios), der Hauptfluß der Halbinsel, der sich, wie der vorige, westlich in den Meerbusen von Arkadien ergießt;
die Pernitsa (Pamisos), die südlich in den Golf von Koron, und der Iri (Eurotas), der in den Golf von Marathonisi mündet;
endlich die Panitsa (Inachos), die zum Golf von Nauplia fließt.
Obgleich die Zahl der Quellen ziemlich bedeutend ist, so sind sie doch sehr ungleich verteilt. Auf dem Ostabhang des Taygetos und auf der Nordseite des Kithäron sind sie sehr zahlreich; in Attika dagegen und in Megaris sind sie selten, und auf der Ebene von Argos gibt es gar keine. Andre fließen nur im Winter und Frühjahr und versiegen im Sommer. Seen von einiger Bedeutung sind in Thessalien der Karlasee (Boebe) und der Nezerosee (Xynias), in Livadien der Topoliassee, der Likorisee, der Vrachorisee (Trichonis) und der See von Angelokastron, auf der Halbinsel Morea der Zarakasee (Stymphalis) und der See von Phonia. Seit mehreren Jahren ist man mit der Austrocknung des Topoliassees beschäftigt und gegenwärtig der Tunnel [* 8] und Kanal von Karditza vollendet, welcher dessen Gewässer in den Hyliksee ableitet, von dem eine Verbindung nach dem Meer hergestellt wird (s. Kopaissee). Auch der Zaraka- oder Stymphalissee wird gegenwärtig trocken gelegt. Versumpfungen finden sich besonders in den Hochebenen Arkadiens, am Topolias und der Mündung des Aspropotamo.
[Klima.]
Die klimatischen Verhältnisse Griechenlands zeigen jene Abwechselung und Mannigfaltigkeit, die den Hauptcharakter seines geographischen Baues ausmacht. Auf der kurzen Strecke von sechs Breitengraden findet man in Griechenland klimatische Unterschiede, wie sie weiter westlich sich auf eine nordsüdliche Erstreckung von 15 Grad (von Mitteldeutschland bis Sizilien) [* 9] verteilen. Denn noch im Pindos und Parnaß herrschen die Waldbäume Deutschlands, [* 10] Eiche und Buche, vor.
Wenig südlicher treten schon Palmen [* 11] auf, während die Olive, die in Italien [* 12] weiter nach N. reicht, nördlich vom Othrys sich selten findet. In den ringsum von Bergkesseln umschlossenen Thälern, z. B. in Böotien, bei Sparta und im Innern Arkadiens, ist die Hitze des Sommers eine sehr hohe (bis 45, ja 50° C.), die Kälte im Winter oft - 12° C., während in den der Seeluft offenen Landschaften, z. B. in Attika, das Thermometer [* 13] in den Sommermonaten selten über 30° C. steigt und nur in strengen Wintern auf - 3 bis 4° C. sinkt.
Der regelmäßige Seewind, der sich nachmittags von 2-3 Uhr [* 14] einstellt, mildert die Hitze des Sommers. Die Luft ist im ganzen ungemein rein und trocken, namentlich auf den Bergen. [* 15] In den sumpfigen Niederungen Böotiens, die indessen jetzt ihrer Trockenlegung entgegensehen, ist der nachteiligen Ausdünstungen wegen der Aufenthalt nur im Winter möglich, und die Bewohner verlassen nach gemachter Aussaat ihre dortigen Winterhütten, um erst zur Erntezeit wiederzukommen.
Zur Schönheit und Gesundheit des griechischen Klimas tragen die häufigen Winde [* 16] viel bei, obschon dieselben oft, wie namentlich die im November und Februar herrschenden Nordwinde, eine außerordentliche Heftigkeit annehmen. Zeugnis davon sind die zahlreichen krumm gewachsenen Feigenbäume. Auch die hohe Lage des Landes begünstigt die Annehmlichkeit des Klimas. Die Jahreszeiten [* 17] prägen sich scharf aus. Mit dem März tritt der Frühling in seiner ganzen Schönheit auf und währt bis Juni, wo sich der Sommer mit großer Hitze einstellt, welche bis Ende August anhält.
Während dieser Zeit fällt kein Regen, der Boden ist dürr, die meisten Flüsse sind ausgetrocknet, und die Vegetation wird nur durch den nächtlichen Tau in etwas unterhalten. Der griechische Himmel [* 18] bewahrt in dieser Zeit seine berühmte Schönheit; er ist stets rein und wolkenleer, die Nächte sind hell, und die Durchsichtigkeit der Atmosphäre ist so groß, daß der Raum sich zu verengern und der entfernteste Gegenstand dem Auge [* 19] nahegerückt scheint. Mit dem September stellen sich erfrischende Gewitterstürme ein, und es beginnt der bezaubernde Herbst. Ende November folgt dann die Regenzeit; der Winter macht sich geltend, doch werden seine naßkalten Tage oft vom lachendsten Lenzwetter unterbrochen.
Schnee [* 20] fällt während dieser Zeit nur in den Gebirgen, und die Gipfel des Parnaß und Taygetos halten ihn wohl bis Ende Mai. Auf der Ebene und in den Thälern ist er selten oder schmilzt bald, und allgemein strenge Winter sind eine Ausnahme. In den Thälern Arkadiens, des Liakura (Parnaß) und des Paläo Vuno (Helikon) verscheucht der Scirocco oft nach zwei oder drei Tagen den Winter; doch gibt es auch Jahre, wo die Temperatur bedeutend unter Null sinkt (bis auf 12° C.) und so mehrere Wochen anhält. Die mittlere Jahrestemperatur zu Athen, [* 21] für welches allein genaue Beobachtungen existieren, ist 18,2° C. 1883 sind in Kalamata, Tripolitsa, Paros, Laurion und Larissa meteorologische Stationen errichtet worden. ¶
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Areal und Bevölkerung.
Das Königreich hat gegenwärtig einen Flächeninhalt von 65,229 qkm oder nach Strelbitskys Berechnung von nur 64,689 qkm (1174,9 QM.) und einschließlich der 20,523 Land- und Seesoldaten und der abwesenden Matrosen (5180) nach der Zählung von 1879 eine faktische Bevölkerung [* 23] von 1,679,884 Seelen, wozu 1883 noch 293,028 Bewohner in den neuerworbenen Provinzen gezählt wurden. Flächeninhalt und Bevölkerung verteilen sich auf die einzelnen Nomen, in welche das Königreich geteilt ist, wie folgt:
Nomen | QKilometer nach Behm | Strelbitsky | Einwohner |
---|---|---|---|
Attika und Böotien | 6426 | 6306.2 | 185364 |
Euböa | 4148 | 4199.1 | 95136 |
Phthiotis und Phokis | 6149 | 6084.3 | 128440 |
Akarnanien und Ätolien | 7833 | 7489.1 | 138444 |
Achaia und Elis | 5253 | 5074.8 | 181632 |
Arkadien | 4346 | 4301.0 | 148600 |
Lakonien | 4228 | 4239.9 | 121116 |
Messenien | 3443 | 3341.5 | 155760 |
Argolis und Korinth | 5232 | 5243.8 | 136081 |
Kykladen | 2485 | 2694.6 | 132020 |
Kerkyra (Korfu) | 1107 | 1092.0 | 106109 |
Kephalonia | 783 | 815.0 | 80957 |
Zakynthos | 427 | 437.9 | 44522 |
Neue Gebietsteile: | |||
Larissa ) | 6420 | 144621 | |
Trikkala ) | 13369 | 5700 | 117229 |
Arta ) | 1250 | 31178 | |
Soldaten und abwesende Matrosen (1879) | - | - | 25703 |
Zusammen: | 65229 | 64689.2 | 1972912 |
Die Bevölkerung Griechenlands, welche 1822 (die Ionischen Inseln inbegriffen) nur auf 970,000 Seelen geschätzt wurde, betrug bei der Zählung von 1870 (in den alten Provinzen) 1,457,894 Seelen. Die jährliche Zunahme belief sich in dem Zeitraum von 1861 bis 1870 durchschnittlich auf 1 Proz., von 1870 bis 1879 aber auf 1,69 Proz. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist eine geringe, da nur 30 Einwohner auf 1 qkm entfallen. Am dichtesten bevölkert sind die Ionischen Inseln (Zakynthos mit 102, Kephalonia mit 99 und Kerkyra mit 95 Seelen auf 1 qkm), am schwächsten Akarnanien-Ätolien mit 19 Seelen auf 1 qkm. Bei der Zählung von 1879 stellte sich die männliche Bevölkerung auf 52,45 Proz., die weibliche nur auf 47,55 Proz. der Gesamtbevölkerung. Im J. 1882 betrug die Zahl der Eheschließungen 11,186, der Lebendiggebornen 43,157, der Todesfälle 32,194. Unter den 116 Städten, welche 1879 gezählt wurden, hatten nur 4 mehr als 20,000 Einw., nämlich Athen, Patras, Hermupolis und Piräeus.
Die Bevölkerung Griechenlands besteht aus zwei vorherrschenden Volksstämmen, den Griechen (Neugriechen), den mit slawischem, romanischem und türkischem Blut gemischten Nachkommen der alten Hellenen, die besonders in Südgriechenland und (reinern Bluts) auf den Inseln weit überwiegen, und den Albanesen (s. d.), die sich vorherrschend im nördlichen, besonders nordwestlichen Griechenland vorfinden. Sie bilden einen weniger durch Zahl als durch industrielle Thätigkeit bemerkenswerten Teil der Bevölkerung, da sie vorzügliche Ackerbauer und die unternehmendsten Seeleute liefern.
In dem Peloponnes finden sich nur einige albanesische Dörfer. Außerdem leben in Griechenland Kutzowlachen oder Zinzaren (im Pindos und am obern Aspropotamo), Türken (sogen. Koniariden, im ebenen Thessalien, zum Teil seit einigen Jahren ausgewandert), wenige Armenier, noch weniger Westeuropäer (Franken) und Juden. Die Zählung von 1879 ergab in Griechenland (ohne Thessalien und Arta) 31,969 Ausländer, davon 23,133 Osmanen, 3104 Italiener und 2187 Engländer; unter den griechischen Unterthanen verstanden 58,858, meist Albanesen, nicht die griechische Sprache.
Die Neugriechen tragen unverkennbare Spuren der Ähnlichkeit [* 24] mit den alten Hellenen an sich. Die Männer sind meist schön, groß und kräftig gebaut, von scharf geschnittenen, edlen Gesichtszügen, dunkeln Augen, schwarzem Haar, [* 25] das sie mit dem türkischen Fes bedecken, und lebhaften, feurigen Geistes. Greise in vollster Kraft [* 26] von 90-100 Jahren gehören nicht zu den Seltenheiten. Dagegen wird ein schönes Weib, wie es die Alten schildern, jetzt nicht häufig gefunden. Da sich die Mädchen schon mit dem 11.-12. Jahr verheiraten, so sind sie mit 20 Jahren verblüht, und eine 30jährige Frau gleicht oft einer alten Matrone.
Wenn die Behauptung aufgestellt worden ist (Fallmerayer), die heutigen Griechen hätten mit den Hellenen des Altertums keinen Zug gemein, so kann zwar nicht geleugnet werden, daß die Reinheit der griechischen Abstammung durch Beimischung fremder Elemente und durch Beeinflussung seitens der Türken, Slawen und Italiener sehr getrübt worden ist (die Schädelmessung hat neuerdings ergeben, daß die Neugriechen viel brachykephaler geworden sind, als die alten Griechen waren); allein vielfache Ähnlichkeit mit den alten Hellenen tritt doch offenkundig hervor, was mit schlagenden Gründen nachgewiesen wurde, so durch Fauriel (»Chants populaires de la Grèce moderne«, Par. 1824; deutsch von W. Müller, Leipz. 1825),
Bybilakis (»Neugriechisches Leben, verglichen mit dem altgriechischen«, Berl. 1840),
Firmenich (»Neugriechische Volksgesänge«, das. 1840-67, 2 Tle.) und B. Schmidt (»Das Volksleben der Neugriechen und das hellenische Altertum«, Leipz. 1870).
Religion.
Nach dem Religionsbekenntnis verteilt sich die Bevölkerung Griechenlands folgendermaßen: orientalische Griechen 1,902,800, Christen andrer Kulte 14,677, Israeliten 5792, Mohammedaner 24,165. Staatsreligion ist die der orientalisch-griechischen Kirche, welche früher von dem Patriarchen in Konstantinopel [* 27] beaufsichtigt wurde, 1833 aber sich von der kirchlichen Herrschaft desselben lossagte und durch Einsetzung eines einheimischen obersten Kirchenregiments zur Nationalkirche gestaltete.
Die oberste geistliche Behörde ist die permanente heilige Synode zu Athen, die aus fünf Mitgliedern besteht, welche von dem König, als dem Oberhaupt der Kirchenverwaltung, aus der höchsten Geistlichkeit gewählt werden, deren Beschlüsse aber der königlichen Bestätigung bedürfen. Die Zahl der Geistlichkeit ist bedeutend, war aber früher noch beträchtlicher. Es beläuft sich die Zahl der hohen geistlichen Ämter (in den alten Provinzen) auf 31, nämlich 1 Metropolit (zu Athen, Präsident der heiligen Synode), 14 Erzbischöfe und 16 Bischöfe.
Sowohl Bischöfe als Erzbischöfe werden vom König gewählt. 1879 gab es (in den alten Provinzen) 145 Mönchs- und 23 Nonnenklöster mit 2116 Mönchen, 1142 Laienbrüdern und 541 Nonnen; vor 1833 dagegen 400 Mönchs- und 110 Nonnenklöster. Geistliche überhaupt zählte man 7952. Unter der Türkenherrschaft besaß der Klerus fast ein Viertel des Bodens, und auch jetzt noch ist er im Besitz bedeutender Ländereien. Das Vermögen der seit 1833 aufgehobenen Klöster wurde zu gunsten des Kirchen- und Schulwesens verwendet. Der niedere Klerus selbst, der sich verheiraten darf, ist kärglich ¶