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Perikles die Bürger zur Leistung derselben durch Soldbewilligung geneigter zu machen. Aber die Bevölkerung [* 2] von Attika reichte bald nicht mehr hin, und man mußte daher zu den sogen. Bundesgenossen und zu Mietsoldaten seine Zuflucht nehmen. Die zu einem Feldzug ausgehobene Mannschaft bestand aus Fußsoldaten, entweder Schwerbewaffneten oder Peltasten, mit Wurfspieß und Schild, [* 3] oder Leichtbewaffneten, bloß mit Wurfwaffen Versehenen, und aus Reiterei, die erst seit Themistokles gebräuchlich wurde, und deren Anzahl in den blühendsten Zeiten des Staats nicht über 1200 Mann betrug.
Aus den 10 später von Kleisthenes eingerichteten Stämmen wurden vom Volk jährlich 10 Feldherren gewählt; dieselben bildeten einen Kriegsrat, wobei der Oberbefehl täglich wechselte. In der Folge übertrug man bei wichtigen Gelegenheiten den Oberbefehl Einer Person. Den Strategen waren 10 Taxiarchen untergeordnet; die Reiterei führten 2 Hipparchen und 10 Phylarchen. In der Schlacht bildete das schwerbewaffnete Fußvolk gewöhnlich einen dicht gedrängten Haufen, der wenigstens 8 Mann hoch stand.
Von einer eigentlichen Belagerungskunst findet sich erst in den Zeiten des Peloponnesischen Kriegs ein Anfang. Gewöhnlich schloß man die feindliche Stadt durch eine mit Türmen befestigte Verschanzung ein, um sich gegen die Ausfälle der Belagerten zu sichern, und griff dann die Mauern mit verschiedenen Kriegsmaschinen an. Die bekanntesten unter letztern sind: das Schirm- oder Sturmdach, womit man sich bei Ausfüllung der Gräben deckte, auf Rädern bewegliche Türme, der Widder oder Mauerbrecher, die Wurfmaschine etc. Ehrenkränze, Waffen, [* 4] höherer Rang etc. wurden denen, welche ausgezeichnete Tapferkeit bewiesen, zuteil.
Die Gefallenen ehrte man durch feierliche Grabreden und ließ deren hinterlassene Kinder auf Staatskosten erziehen. Die Feigheit traf bürgerliche Entehrung. Um die Gründung der athenischen Seemacht hatte Themistokles das größte Verdienst. Überwiegende politische Bedeutung erhielt dieselbe jedoch erst, seitdem auf Kimons Vorschlag die verbündeten Inseln statt eigner Schiffe [* 5] Geldbeiträge leisten mußten. Die Kriegsschiffe wurden hauptsächlich durch Ruder in Bewegung gesetzt und hatten von der Zahl der übereinander liegenden Ruderreihen ihren Namen (dreiruderige, vierruderige, fünfruderige).
Bei jeder Flotte gab es außerdem Lastschiffe zum Transport des Proviants und kleinere Schiffe (Boote) zu Nebenzwecken. Die Bemannung der Schiffe machten aus: die Ruderer, deren Arbeit je nach ihren höhern oder niedern Sitzen mehr oder minder beschwerlich war, die Matrosen und die Seesoldaten, meist Schwerbewaffnete. Den Oberbefehl führte der Nauarch, unter welchem Trierarchen etc. standen. Die hauptsächlichste Waffe war der eherne Schiffsschnabel, mit welchem man die Seite des feindlichen Schiffs zu treffen suchte, um es in Grund zu bohren oder durch Beschädigung des Ruderwerks unbrauchbar zu machen.
Gewerbe. Häusliches Leben.
Unter den friedlichen Beschäftigungen des Heroenzeitalters der Hellenen stehen Ackerbau und Viehzucht [* 6] obenan. Herden aller Art machten vorwiegend den Reichtum aus; zum Ackerbau und zwar sowohl zum Pflügen als zum Dreschen bediente man sich hauptsächlich der Stiere. Auch von der Obstkultur, besonders aber von der Pflege des Weinstocks ist in diesem Zeitalter schon die Rede. Immer aber blieb die Jagd, als zweckmäßige Vorübung zum Krieg, eine Lieblingsbeschäftigung der Heroen.
Statt des gemünzten Geldes galt beim Handel, der übrigens in geringer Achtung stand, gewöhnlich Kleinvieh als Maß des Werts. Der Lykurgischen Verfassung gemäß durfte der Spartaner kein bürgerliches Gewerbe treiben, nur Krieg und Jagd waren des freien Bürgers würdige Beschäftigungen. Die Ländereien bestellten die Heloten, die zugleich auch für Herbeischaffung der sonstigen Bedürfnisse des Lebens sorgen mußten. Alles dies änderte sich, als nach dem Peloponnesischen Krieg asiatische Üppigkeit Eingang fand und die einfachen Sitten der Vorzeit allmählich untergrub; bis dahin aber waren die Spartaner gewiß der ärmste unter den griechischen Stämmen.
Der Gebrauch des Silbers und Goldes war, wenn auch nicht gerade verboten, doch gewiß sehr beschränkt, und man bediente sich in der frühern Zeit des rohen Eisens, welches aus den inländischen Bergwerken gewonnen ward, später vielleicht auch eiserner Münze zum Handel. Der begüterte athenische Bürger konnte sich, da er für seinen Unterhalt nicht zu sorgen brauchte, ungestört den Staatsangelegenheiten widmen. Indes beschäftigten sich viele mit Landwirtschaft; den Bergbau [* 7] ließ man betreiben.
Was die städtischen Gewerbe betrifft, so beschäftigte sich nur der ärmere Bürger mit Handwerken; der reichere ließ in seinen Fabriken und Manufakturen Sklaven arbeiten. Von Bedeutung war der athenische Handel, welchen ebensowohl die glückliche Lage des Landes und vortreffliche Häfen wie die Notwendigkeit, viele Produkte aus dem Ausland zu holen, schon frühzeitig begünstigten. Gegenstände der Einfuhr waren: Getreide [* 8] aus Ägypten, [* 9] Sizilien [* 10] und besonders aus dem heutigen Südrußland, Honig, Wachs, Wolle, Leder von den Küsten des Schwarzen Meers, gesalzene Fische, [* 11] Zimmer- und Schiffbauholz aus Thrakien und Makedonien, Teppiche, Bettdecken und Wolle aus Phrygien und Milet, Wein und alle Arten von Südfrüchten von den Inseln des Ägeischen Meers, Sklaven aus Thrakien, Thessalien etc. Ausfuhrartikel waren außer den Landeserzeugnissen besonders Fabrikate, Luxus- und Kunstgegenstände.
Das häusliche Leben in der Heroenzeit trägt dem Geiste des Zeitalters gemäß das Gepräge hoher Einfalt an sich, nur die Vornehmern erhoben sich zu einem freilich noch sehr bescheidenen Luxus. Die Speisen, nicht nur der Spartaner, waren allein auf Befriedigung des Bedürfnisses gerichtet. Brot, [* 12] früher von Gerste, [* 13] dann gewöhnlich von Weizen, sodann eine Art Mehlbrei, Lauch, Zwiebeln, Hülsenfrüchte und namentlich geröstetes Fleisch von Rindern, Schafen, Wild etc., auch wohl getrocknete Fische spielen die Hauptrolle.
Von Großgriechenland aus verbreitete sich später eine feinere Küche, welche Seefischen, Schaltieren, Gemüsen etc. den Vorzug gab. Nie wurde jedoch in Griechenland [* 14] die Schlemmerei so Mode wie in Rom. [* 15] Vielmehr fand man das Hauptvergnügen im Trinkgelage, welches auf die Mahlzeit folgte und durch Gespräche, Musik, Tanz und mimische Darstellungen gewürzt wurde. Dabei wurde der Wein stets mit der doppelten oder einer noch größern Quantität Wasser gemischt. Wenn die Teilnehmer dieser Symposien auch meist berauscht aufbrachen, so war doch Trunksucht im ganzen selten. Die Kleidung, besonders der Dorier, bestand aus einem hemdartigen, kurzen Untergewand mit oder ohne Ärmel (Chiton), [* 16] welches bei Geschäften mittels eines Gürtels aufgeschürzt wurde, und aus einem mantelartigen Oberkleid, welches, mit einer Spange zusammengehalten, über den Schultern hing. Die Athener trugen bis auf Perikles den Chiton lang herabwallend, wie die Ionier in Kleinasien. Die Gewänder waren bei den Doriern gewöhnlich aus Wolle, bei ¶
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den Ioniern von Leinenzeug, je nach der Jahreszeit dünner oder dichter gewebt. Weiß wurde zwar viel getragen, war aber doch nicht so vorherrschend, wie man oft annimmt. Die Frauentracht war zwar schmuckreicher, läßt sich jedoch in der Hauptsache auf jene beiden ursprünglichen Arten von Kleidungsstücken zurückführen. Auf dem Haupte trug man nur im Krieg, auf Reisen etc. eine Bedeckung; auch der Fußbekleidung (meist Sandalen [* 18] mit Leder-, zum Teil auch Korksohlen) bediente man sich nur auf der Straße; Haar [* 19] und Bart ließ man in früherer Zeit lang wachsen (s. Tafel »Kostüme [* 20] I« [* 21] und die Abbildungen bei den betreffenden Artikeln).
Die Wohnungen der Heroenzeit und selbst noch die späterer Epochen waren einfach (s. untenstehenden Plan). Durch die Hausthür, welche meist einen kleinen Vorraum (Propyläon) hatte, gelangte man in die Hausflur, auf deren beiden Seiten sich Werk- und Geschäftsräume befanden, und von da in den offenen, auf drei Seiten mit Säulen [* 22] umgebenen Hof, [* 23] in dessen Mitte der Altar [* 24] des Zeus, [* 25] des Schutzpatrons des Hauswesens, stand. Die aus den Längsseiten des Hofs befindlichen Gemächer dienten zu Speise- und Schlafzimmern, Vorratskammern, auch zum Aufenthalt für die Sklaven etc.; an der säulenlosen vierten Seite, der Hausflur gegenüber, lag der Saal (die sogen. Prostas), der Versammlungsort der Familie bei den gemeinsamen Mahlzeiten und bei Opfern, an den sich auf der einen Seite das eheliche Schlafgemach, auf der andern der Amphithalamos, wahrscheinlich das Schlafzimmer der Töchter, anschlossen.
Eine Thür in der Hinterwand des Saals führte in die Arbeitsräume der Mägde. Das Dach [* 26] war meist platt; ihr Licht [* 27] erhielten die Zimmer durch die nach dem Hofe führenden Thüren. Hatte das Haus einen Oberstock, so befanden sich in diesem zumeist die Gemächer für die Frauen und Kinder. Die Frauen beschäftigten sich mit Spinnen [* 28] und Weben [* 29] sowie mit der Verfertigung und Reinigung der Kleidungsstücke; Mahlen, Backen, Kochen und Wassertragen überließen sie den Sklavinnen.
Bei zunehmendem Verkehr mit dem Ausland und namentlich mit dem Orient lockerten sich natürlich die Sitten, selbst der Spartaner; ihre gemeinsamen, frugalen Mahlzeiten wurden üppiger, ihre einfache Tracht reicher, die Frauen zügelloser, die Häuser und Geräte kostbarer und prunkvoller. Die alte Gewohnheit der Hellenen, alle Pracht und allen Schmuck auf die Tempel [* 30] und sonstigen öffentlichen Gebäude zu verwenden und die Privathäuser klein und bescheiden anzulegen, hörte in der makedonischen Zeit auf. Nun scheuten sich auch Privatleute nicht, Gebäude zu errichten, die selbst die öffentlichen an Eleganz u. Pracht weit hinter sich ließen. Dieselben hatten mit dem Haus der ältern Zeit nur den oft doppelt vorhandenen Hof als Hauptbestandteil, nach welchem sich die einzelnen Zimmer öffneten, gemeinsam.
[Litteratur.]
Zur Landes- und Volkskunde Altgriechenlands vgl. Bursian, Geographie von Griechenland (Leipz. 1862-72, 2 Bde.);
Neumann u. Partsch, Physikalische Geographie von Griechenland, mit besonderer Rücksicht auf das Altertum (Bresl. 1885);
Curtius, Peloponnesos (Gotha [* 31] 1851-52, 2 Bde.);
Wagner, Hellas (6. Aufl. Leipz. 1885, 2 Bde.);
Hermann, Lehrbuch der griechischen Antiquitäten (neu bearbeitet von Blümner u. a., Freiburg [* 32] 1882 ff., 4 Bde.);
Derselbe, Kulturgeschichte der Griechen und Römer [* 33] (Götting. 1857-58, 2 Bde.), Wachsmuth, Hellenische Altertumskunde (2. Aufl. Halle [* 34] 1843-46, 2 Bde.);
Schömann, Griechische Altertümer (3. Aufl., das. 1871-73, 2 Bde.);
Gilbert, Griechische Staatsaltertümer (Leipz. 1881-85, 2 Bde.);
»Griechenland, geographisch, geschichtlich und kulturhistorisch«, Bd. 1-4 (Separatausgabe aus Ersch u. Grubers Encyklopädie, das. 1870);
Becker, Charikles, Bilder altgriechischer Sitte (neu bearbeitet von Göll, Berl. 1878);
Guhl u. Koner, Das Leben der Griechen und Römer (5. Aufl., das. 1882);
J. ^[Jakob] v. Falke, Hellas und Rom.
Eine Kulturgeschichte des klassischen Altertums (Stuttg. 1879); Köchly und Rüstow, Geschichte des griechischen Kriegswesens (Aarau [* 35] 1852); Seyffert, Lexikon der klassischen Altertumskunde (Leipz. 1882, populär).
Geschichte Altgriechenlands.
Der Schauplatz der griechischen Geschichte im Altertum beschränkt sich nicht auf die Landschaften und Inseln, welche das heutige Königreich Griechenland bilden. Außer Epirus und Thessalien umfaßt er die Inseln und Küsten des Ägeischen Meers auch im Norden [* 36] und Osten. Gleiches Klima [* 37] und die bequeme Verkehrsstraße des Meers verbinden diese durch bedeutende Küstenentwickelung und reiche Mannigfaltigkeit der Bodenform und Produkte ausgezeichneten Gebiete; der Einwirkung der Bewohner aufeinander wie der fremder Kultureinflüsse waren die Wege geebnet. Die Verschmelzung der in viele Stämme zersplitterten Bevölkerung zu Einem Kulturvolk war durch diese geographischen Verhältnisse wesentlich erleichtert, weniger die Herstellung eines einheitlichen politischen Gemeinwesens, obwohl diese auch keineswegs ausgeschlossen war.
Die ältesten Bewohner dieser gesegneten Lande gehören dem großen arischen oder indogermanischen Völkerstamm an und zwar dem südeuropäischen Zweig desselben, der, aus den Kelten, Griechen und Italikern bestehend, sich später als der nordeuropäische vom Urvolk lostrennte und, nach Westen wandernd, Kleinasien und das südliche und westliche Europa [* 38] bevölkerte. Nach der frühzeitigen Loslösung der Kelten haben die Gräko-Italiker eine Zeitlang als ein Volk fortbestanden, bis die Italiker die Apenninhalb-