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Würde bekleidet.« (Curtius.) Den Willen und Ratschluß der Gottheit erkannte der Priester durch Zeichen am Himmel, [* 2] namentlich durch den Donner und Blitz und durch den Flug der Vögel, [* 3] durch Opfer (wobei sowohl die Weihrauchdämpfe als auch die Eingeweide [* 4] der Opfertiere betrachtet wurden), durch Träume und selbst durch ganz unwillkürliche Dinge, wie z. B. das Niesen. Aber vielfach fiel, namentlich in Delphi, die Auslegung dieser Zeichen sehr nach dem eignen Ermessen der Priesterschaft zu gunsten der ihr befreundeten Partei aus.
Geistiges Leben. Staatswesen.
Hinsichtlich seines geistigen Lebens stand das griechische Volk nicht nur auf der Höhe seiner Zeit, sondern bietet sich noch der Gegenwart als nachahmungswürdiges Muster dar. Was es in der Wissenschaft und in der Poesie geleistet, darüber s. Griechische Litteratur. Wie in der Poesie, so in den bildenden Künsten erreichte es das Höchste, was den spätesten Geschlechtern noch als Ideal vorschwebte. Jahrtausende haben die Bauten noch nicht ganz vernichten können, welche die griechische Architektur schuf; die Götterbilder aus der Hand [* 5] eines Pheidias und Praxiteles entzücken noch in ihren Nachbildungen das Auge, [* 6] und von den Meisterwerken eines Apelles berichtet wenigstens die Geschichte. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der bildenden Künste bei den Griechen enthalten die Artikel Baukunst [* 7] (mit Tafel IV), Bildhauerkunst [* 8] (mit Tafel II und III) und Malerei, auf die wir zur weitern Belehrung verweisen; über das Wesen und die Ausübung der Musik s. Griechische Musik.
Auch im Staatswesen bekundeten die Griechen ihre außerordentliche Begabung und die Vielseitigkeit ihres Geistes. Aus dem ältesten Zustand des patriarchalischen Königtums entwickelten sich bei den meisten Stämmen republikanische Verfassungen der verschiedensten Art, oligarchische, aristokratische, timokratische und demokratische. Bei den Doriern bewirkte der ernstere, strengere Stammescharakter, daß die aristokratische Verfassungsform sich in mehreren Staaten, so besonders in Sparta (s. d.), dauernd erhielt und die völlige Unterordnung des Individuums unter den Staat, seine Gesetze und Verordnungen systematisch durchgeführt wurde. Im Gegensatz hierzu schritten die Ionier, namentlich Athen [* 9] (s. d.), von der Aristokratie durch das Mittelstadium der Tyrannis ziemlich rasch zur Timokratie und zur reinen Demokratie vor, die schließlich zur Ochlokratie ausartete und nach reaktionären und revolutionären Zuckungen zum völligen Verfall des Staatswesens führte.
Auch sträubten sich die nichtdorischen Griechen gegen die Unterdrückung der Rechte der Individuen durch den Staat. Die freiere Entwickelung des öffentlichen Lebens, welche die Folge hiervon war, war freilich auch von heftigen, aufreibenden Parteikämpfen begleitet. Dennoch haben mehrere griechische Staaten, namentlich Athen, mustergültige politische Institutionen geschaffen. Verderblicher wirkte der Stammespartikularismus der Griechen, welcher dem Individualismus in den einzelnen Staaten entsprach, insofern, als er neben geographischen Verhältnissen hauptsächlich die nationale Einigung des Hellenenvolkes gehindert und dadurch dessen Untergang herbeigeführt hat. Selbst in der Heldenzeit der Perserkriege haben nur wenige Staaten ihre Eifersucht, ihren Stammeshaß, ihren Ehrgeiz dem Gemeinwohl der Nation unterzuordnen vermocht, und mit Gewalt die andern Stämme zur Einheit zu zwingen, war kein Staat mächtig genug. Näheres s. unter Geschichte.
Kriegswesen.
Die Griechen waren im allgemeinen ein kriegerisches Volk. Als Waffen [* 10] bediente man sich zum Angriff des Streitkolbens, der Schleuder, [* 11] des Bogens und der Pfeile, des Wurfspießes und der Lanze, gewöhnlich von Eschenholz, des Schwerts von verschiedener Form und Länge, zum Schutz des Helms, aus Fell, Leder oder Erz verfertigt, des Harnisches, der Beinschienen, des Schildes. Das Heer bestand im Heroenzeitalter aus Fußvolk, wovon nur der kleinere Teil vollständig gerüstet, der größere nur mit Wurfspießen, auch Bogen [* 12] und Pfeilen versehen war.
Reiterei gab es noch nicht. Die Heroen und Führer bedienten sich allgemein des wahrscheinlich aus Asien [* 13] stammenden Streitwagens und des Zweigespanns. In dicht gedrängten Haufen folgten die Krieger ihren Anführern, die nicht sowohl die Bewegungen des Heers zu leiten, als vielmehr zum Kampf zu ermuntern und durch persönliche Tapferkeit voranzuleuchten hatten. Bei der Annäherung der streitenden Heere aneinander wurde zuerst der Wurfspieß gebraucht; dann brachen die Wagenstreiter hervor und suchten in Zweikämpfen oder durch heftiges Eindringen in die feindlichen Scharen den Sieg zu gewinnen.
Beim Friedensschluß wurden schon frühzeitig gottesdienstliche Gebräuche beobachtet; im Angesicht beider Heere verrichteten die Anführer oder deren Abgeordnete gesetzmäßige Opfer und Libationen, riefen die den Meineid rächenden Götter zu Zeugen an und gaben sich einander den Handschlag. In Sparta bildeten den Kern des Heers die eigentlichen Spartaner, an die sich Bundesgenossen und Heloten anschlossen. Die Spartaner dienten in der Regel vom 20. bis zum 60. Jahr und wurden zu jedem Feldzug nach Altersklassen anfangs durch die Könige, später durch die Ephoren aufgeboten.
Ihre Waffen waren: ein kurzes, gekrümmtes Schwert, ein langer Speer, Helm und Schild; [* 14]
ein Kranz schmückte das Haupt, und das sonst schmuck- und farblose Gewand war purpurfarben.
Den Hauptteil des Heers machte das Fußvolk aus, welches sowohl durch persönlichen Mut der einzelnen als durch Leichtigkeit und Sicherheit der Bewegungen und Stellungen im Kampf auf freiem Feld bis nach dem Peloponnesischen Krieg den Vorrang vor allen griechischen Heeren behauptete. Die Reiterei war neben dem Fußvolk ein ziemlich unbedeutender Bestandteil des Heers. An der Spitze des ganzen Heers stand einer der beiden Könige, dem in spätern Zeiten einige von den Ephoren, auch wohl ein besonderer Rat von 10-30 Personen zur Seite gestellt wurden.
Opfer, eins zu Hause, das andre an der Grenze des Landes von dem König vollzogen, eröffneten den Feldzug und schlossen ihn. Die Strafen und Belohnungen im Krieg waren vornehmlich auf die Nährung des Ehrgeizes berechnet. In Athen waren nach der Solonischen Klassifikation die Bürger der ersten Klasse zum Stellen und Ausrüsten der Kriegsschiffe, die der zweiten zum Kriegsdienst zu Pferde [* 15] verpflichtet; die dritte Klasse stellte die Schwerbewaffneten, die vierte die Leichtbewaffneten und Matrosen.
Die Schutzverwandten (Metöken) und die Sklaven sollten nur in der dringendsten Not zum Kriegsdienst beigezogen werden. Achtzehn Jahre alt, ward der Athener in die Liste der Soldaten eingeschrieben, diente aber während der beiden ersten Jahre nur innerhalb des attischen Gebiets. Nach Ablauf [* 16] derselben war er bis zum 40. Jahr gesetzmäßig zu jedem auswärtigen Dienst verpflichtet. Als sich infolge der Erweiterung der athenischen Seeherrschaft auch die Kriegsdienste mehrten, suchte man seit ¶
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Perikles die Bürger zur Leistung derselben durch Soldbewilligung geneigter zu machen. Aber die Bevölkerung [* 18] von Attika reichte bald nicht mehr hin, und man mußte daher zu den sogen. Bundesgenossen und zu Mietsoldaten seine Zuflucht nehmen. Die zu einem Feldzug ausgehobene Mannschaft bestand aus Fußsoldaten, entweder Schwerbewaffneten oder Peltasten, mit Wurfspieß und Schild, oder Leichtbewaffneten, bloß mit Wurfwaffen Versehenen, und aus Reiterei, die erst seit Themistokles gebräuchlich wurde, und deren Anzahl in den blühendsten Zeiten des Staats nicht über 1200 Mann betrug.
Aus den 10 später von Kleisthenes eingerichteten Stämmen wurden vom Volk jährlich 10 Feldherren gewählt; dieselben bildeten einen Kriegsrat, wobei der Oberbefehl täglich wechselte. In der Folge übertrug man bei wichtigen Gelegenheiten den Oberbefehl Einer Person. Den Strategen waren 10 Taxiarchen untergeordnet; die Reiterei führten 2 Hipparchen und 10 Phylarchen. In der Schlacht bildete das schwerbewaffnete Fußvolk gewöhnlich einen dicht gedrängten Haufen, der wenigstens 8 Mann hoch stand.
Von einer eigentlichen Belagerungskunst findet sich erst in den Zeiten des Peloponnesischen Kriegs ein Anfang. Gewöhnlich schloß man die feindliche Stadt durch eine mit Türmen befestigte Verschanzung ein, um sich gegen die Ausfälle der Belagerten zu sichern, und griff dann die Mauern mit verschiedenen Kriegsmaschinen an. Die bekanntesten unter letztern sind: das Schirm- oder Sturmdach, womit man sich bei Ausfüllung der Gräben deckte, auf Rädern bewegliche Türme, der Widder oder Mauerbrecher, die Wurfmaschine etc. Ehrenkränze, Waffen, höherer Rang etc. wurden denen, welche ausgezeichnete Tapferkeit bewiesen, zuteil.
Die Gefallenen ehrte man durch feierliche Grabreden und ließ deren hinterlassene Kinder auf Staatskosten erziehen. Die Feigheit traf bürgerliche Entehrung. Um die Gründung der athenischen Seemacht hatte Themistokles das größte Verdienst. Überwiegende politische Bedeutung erhielt dieselbe jedoch erst, seitdem auf Kimons Vorschlag die verbündeten Inseln statt eigner Schiffe [* 19] Geldbeiträge leisten mußten. Die Kriegsschiffe wurden hauptsächlich durch Ruder in Bewegung gesetzt und hatten von der Zahl der übereinander liegenden Ruderreihen ihren Namen (dreiruderige, vierruderige, fünfruderige).
Bei jeder Flotte gab es außerdem Lastschiffe zum Transport des Proviants und kleinere Schiffe (Boote) zu Nebenzwecken. Die Bemannung der Schiffe machten aus: die Ruderer, deren Arbeit je nach ihren höhern oder niedern Sitzen mehr oder minder beschwerlich war, die Matrosen und die Seesoldaten, meist Schwerbewaffnete. Den Oberbefehl führte der Nauarch, unter welchem Trierarchen etc. standen. Die hauptsächlichste Waffe war der eherne Schiffsschnabel, mit welchem man die Seite des feindlichen Schiffs zu treffen suchte, um es in Grund zu bohren oder durch Beschädigung des Ruderwerks unbrauchbar zu machen.
Gewerbe. Häusliches Leben.
Unter den friedlichen Beschäftigungen des Heroenzeitalters der Hellenen stehen Ackerbau und Viehzucht [* 20] obenan. Herden aller Art machten vorwiegend den Reichtum aus; zum Ackerbau und zwar sowohl zum Pflügen als zum Dreschen bediente man sich hauptsächlich der Stiere. Auch von der Obstkultur, besonders aber von der Pflege des Weinstocks ist in diesem Zeitalter schon die Rede. Immer aber blieb die Jagd, als zweckmäßige Vorübung zum Krieg, eine Lieblingsbeschäftigung der Heroen.
Statt des gemünzten Geldes galt beim Handel, der übrigens in geringer Achtung stand, gewöhnlich Kleinvieh als Maß des Werts. Der Lykurgischen Verfassung gemäß durfte der Spartaner kein bürgerliches Gewerbe treiben, nur Krieg und Jagd waren des freien Bürgers würdige Beschäftigungen. Die Ländereien bestellten die Heloten, die zugleich auch für Herbeischaffung der sonstigen Bedürfnisse des Lebens sorgen mußten. Alles dies änderte sich, als nach dem Peloponnesischen Krieg asiatische Üppigkeit Eingang fand und die einfachen Sitten der Vorzeit allmählich untergrub; bis dahin aber waren die Spartaner gewiß der ärmste unter den griechischen Stämmen.
Der Gebrauch des Silbers und Goldes war, wenn auch nicht gerade verboten, doch gewiß sehr beschränkt, und man bediente sich in der frühern Zeit des rohen Eisens, welches aus den inländischen Bergwerken gewonnen ward, später vielleicht auch eiserner Münze zum Handel. Der begüterte athenische Bürger konnte sich, da er für seinen Unterhalt nicht zu sorgen brauchte, ungestört den Staatsangelegenheiten widmen. Indes beschäftigten sich viele mit Landwirtschaft; den Bergbau [* 21] ließ man betreiben.
Was die städtischen Gewerbe betrifft, so beschäftigte sich nur der ärmere Bürger mit Handwerken; der reichere ließ in seinen Fabriken und Manufakturen Sklaven arbeiten. Von Bedeutung war der athenische Handel, welchen ebensowohl die glückliche Lage des Landes und vortreffliche Häfen wie die Notwendigkeit, viele Produkte aus dem Ausland zu holen, schon frühzeitig begünstigten. Gegenstände der Einfuhr waren: Getreide [* 22] aus Ägypten, [* 23] Sizilien [* 24] und besonders aus dem heutigen Südrußland, Honig, Wachs, Wolle, Leder von den Küsten des Schwarzen Meers, gesalzene Fische, [* 25] Zimmer- und Schiffbauholz aus Thrakien und Makedonien, Teppiche, Bettdecken und Wolle aus Phrygien und Milet, Wein und alle Arten von Südfrüchten von den Inseln des Ägeischen Meers, Sklaven aus Thrakien, Thessalien etc. Ausfuhrartikel waren außer den Landeserzeugnissen besonders Fabrikate, Luxus- und Kunstgegenstände.
Das häusliche Leben in der Heroenzeit trägt dem Geiste des Zeitalters gemäß das Gepräge hoher Einfalt an sich, nur die Vornehmern erhoben sich zu einem freilich noch sehr bescheidenen Luxus. Die Speisen, nicht nur der Spartaner, waren allein auf Befriedigung des Bedürfnisses gerichtet. Brot, [* 26] früher von Gerste, [* 27] dann gewöhnlich von Weizen, sodann eine Art Mehlbrei, Lauch, Zwiebeln, Hülsenfrüchte und namentlich geröstetes Fleisch von Rindern, Schafen, Wild etc., auch wohl getrocknete Fische spielen die Hauptrolle.
Von Großgriechenland aus verbreitete sich später eine feinere Küche, welche Seefischen, Schaltieren, Gemüsen etc. den Vorzug gab. Nie wurde jedoch in Griechenland [* 28] die Schlemmerei so Mode wie in Rom. [* 29] Vielmehr fand man das Hauptvergnügen im Trinkgelage, welches auf die Mahlzeit folgte und durch Gespräche, Musik, Tanz und mimische Darstellungen gewürzt wurde. Dabei wurde der Wein stets mit der doppelten oder einer noch größern Quantität Wasser gemischt. Wenn die Teilnehmer dieser Symposien auch meist berauscht aufbrachen, so war doch Trunksucht im ganzen selten. Die Kleidung, besonders der Dorier, bestand aus einem hemdartigen, kurzen Untergewand mit oder ohne Ärmel (Chiton), [* 30] welches bei Geschäften mittels eines Gürtels aufgeschürzt wurde, und aus einem mantelartigen Oberkleid, welches, mit einer Spange zusammengehalten, über den Schultern hing. Die Athener trugen bis auf Perikles den Chiton lang herabwallend, wie die Ionier in Kleinasien. Die Gewänder waren bei den Doriern gewöhnlich aus Wolle, bei ¶